Die Kirche sollte

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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overkott
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von overkott »

Aletheia hat geschrieben:Gott kennt jeden von uns - und daher hat er auch keine Erwartungen - er hofft, dass wir schon in dem Leben hier auf Erden, erkennen, was sein Wille ist, damit wir am Ende nicht noch mehr enttäuscht werden, wenn wir im Tod dann erkennen.
Alles das weiß Gott. Er braucht nur zu warten - auf uns.
Sein Warten ist aber auch ein beständiges Rufen.
Das klingt zwar fromm, ist aber nicht stimmig. Verstehst du seine Gebote nicht als Erwartungen?[/quote]

Erwartung als Begriff macht nur Sinn bei unvollkommenem Wissen - also ist das nur uns angemessen - Hoffnung und Erwartung. Sie sollte begründet sein und daher verweist unsere Hoffnung und Erwartung auf Christus, der seine Wiederkunft angekündigt hat. Diesem Wort glaube ich.

Die Gebote verstehe ich als Gesetz, d.h. wenn ich mich nicht daran halte, entstehen entsprechende Folgen, für die ich dann auch zur Verantwortung gezogen werde.
Halte ich mich an die Gebote erfahre ich auch ihren Sinn und sie erweisen sich auch als Lebenshilfe für uns, als menschliche Gemeinschaft.
Halte ich mich nicht an die Gebote, dann erfahre ich auch ihren Sinn, nämlich dass meine Handlung Gemeinschaft zerstört.
Sie sind also Hilfe für uns und unsre Gemeinschaft untereinander.
Gott erwartet also nicht, dass ich die Gebote halte, sondern er weiß, welche Folgen es für mich hat, wenn ich nicht die Gebote halte.
Es ist so, wie wenn du von einem Hochhaus springen willst und ich weiß, dass du unten tot ankommen wirst. Ob ich dich davon abhalten kann, hängt davon ab, ob du um meinetwillen nicht springst.[/quote]
Also, nicht nur in den Geboten kommen Erwartungen zum Ausdruck. Auch das Wort Jesus drückt Erwartungen aus: Das Joch, das ich euch heute auferlege, ist nicht nicht drückend und seine Last ist leicht. Es ist also nicht so, dass es die Gebote gibt nach dem Motto, kann sowieso keiner erfüllen. Das Gegenteil ist der Fall. Natürlich kann ein Menschen Gott und seine Nächsten lieben und er soll es auch. Aber er soll sich auch nicht 1000 Zusatzgebote erfinden, die es ihm schwer machen.

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overkott
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von overkott »

Aletheia hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Aletheia hat geschrieben:Gott kennt jeden von uns - und daher hat er auch keine Erwartungen - er hofft, dass wir schon in dem Leben hier auf Erden, erkennen, was sein Wille ist, damit wir am Ende nicht noch mehr enttäuscht werden, wenn wir im Tod dann erkennen.
Alles das weiß Gott. Er braucht nur zu warten - auf uns.
Sein Warten ist aber auch ein beständiges Rufen.
Das klingt zwar fromm, ist aber nicht stimmig. Verstehst du seine Gebote nicht als Erwartungen?
Erwartung als Begriff macht nur Sinn bei unvollkommenem Wissen - also ist das nur uns angemessen - Hoffnung und Erwartung. Sie sollte begründet sein und daher verweist unsere Hoffnung und Erwartung auf Christus, der seine Wiederkunft angekündigt hat. Diesem Wort glaube ich.

Die Gebote verstehe ich als Gesetz, d.h. wenn ich mich nicht daran halte, entstehen entsprechende Folgen, für die ich dann auch zur Verantwortung gezogen werde.
Halte ich mich an die Gebote erfahre ich auch ihren Sinn und sie erweisen sich auch als Lebenshilfe für uns, als menschliche Gemeinschaft.
Halte ich mich nicht an die Gebote, dann erfahre ich auch ihren Sinn, nämlich dass meine Handlung Gemeinschaft zerstört.
Sie sind also Hilfe für uns und unsre Gemeinschaft untereinander.
Gott erwartet also nicht, dass ich die Gebote halte, sondern er weiß, welche Folgen es für mich hat, wenn ich nicht die Gebote halte.
Es ist so, wie wenn du von einem Hochhaus springen willst und ich weiß, dass du unten tot ankommen wirst. Ob ich dich davon abhalten kann, hängt davon ab, ob du um meinetwillen nicht springst.
Also, nicht nur in den Geboten kommen Erwartungen zum Ausdruck. Auch das Wort Jesus drückt Erwartungen aus: Das Joch, das ich euch heute auferlege, ist nicht nicht drückend und seine Last ist leicht. Es ist also nicht so, dass es die Gebote gibt nach dem Motto, kann sowieso keiner erfüllen. Das Gegenteil ist der Fall. Natürlich kann ein Menschen Gott und seine Nächsten lieben und er soll es auch. Aber er soll sich auch nicht 1000 Zusatzgebote erfinden, die es ihm schwer machen.

Aletheia
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Aletheia »

overkott hat geschrieben: Also, nicht nur in den Geboten kommen Erwartungen zum Ausdruck. Auch das Wort Jesus drückt Erwartungen aus: Das Joch, das ich euch heute auferlege, ist nicht nicht drückend und seine Last ist leicht. Es ist also nicht so, dass es die Gebote gibt nach dem Motto, kann sowieso keiner erfüllen. Das Gegenteil ist der Fall. Natürlich kann ein Menschen Gott und seine Nächsten lieben und er soll es auch. Aber er soll sich auch nicht 1000 Zusatzgebote erfinden, die es ihm schwer machen.
Es kommt darauf an, in welchem Sinn ich das Wort "soll" verstehe. Wenn ich es als Steuerungsgröße sehe - als Soll-Wert - damit optimale Lebensbedingungen erreicht sind, dann ist das eine sachliche Angelegenheit. Z.B. die Körpertemperatur soll 42 Grad nicht überschreiten, ansonsten ist Ende.

Nach meiner Ansicht drückt Jesus auch keine Erwartungen aus, sondern Fakten, die sich aber erst erfahren lassen, wenn man diesen Worten glaubt. Es ist kein Gebot, Jesu Joch auf sich zu nehmen, wer es aber tut, der soll wissen, dass es keine Last ist. Das ist also ein Hinweis, an die, die meinen, die Nachfolge sei eine Bürde, ganz schwer, ja eigentlich unmöglich.
Ich sehe es auch so, dass ich auf das Joch Jesu schauen soll, wenn mir etwas als Last bzw. lästig erscheint. Ihm war nichts an seinem Menschsein Last oder lästig.

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overkott
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von overkott »

Aletheia hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Also, nicht nur in den Geboten kommen Erwartungen zum Ausdruck. Auch das Wort Jesus drückt Erwartungen aus: Das Joch, das ich euch heute auferlege, ist nicht nicht drückend und seine Last ist leicht. Es ist also nicht so, dass es die Gebote gibt nach dem Motto, kann sowieso keiner erfüllen. Das Gegenteil ist der Fall. Natürlich kann ein Menschen Gott und seine Nächsten lieben und er soll es auch. Aber er soll sich auch nicht 1000 Zusatzgebote erfinden, die es ihm schwer machen.
Es kommt darauf an, in welchem Sinn ich das Wort "soll" verstehe. Wenn ich es als Steuerungsgröße sehe - als Soll-Wert - damit optimale Lebensbedingungen erreicht sind, dann ist das eine sachliche Angelegenheit. Z.B. die Körpertemperatur soll 42 Grad nicht überschreiten, ansonsten ist Ende.

Nach meiner Ansicht drückt Jesus auch keine Erwartungen aus, sondern Fakten, die sich aber erst erfahren lassen, wenn man diesen Worten glaubt. Es ist kein Gebot, Jesu Joch auf sich zu nehmen, wer es aber tut, der soll wissen, dass es keine Last ist. Das ist also ein Hinweis, an die, die meinen, die Nachfolge sei eine Bürde, ganz schwer, ja eigentlich unmöglich.
Ich sehe es auch so, dass ich auf das Joch Jesu schauen soll, wenn mir etwas als Last bzw. lästig erscheint. Ihm war nichts an seinem Menschsein Last oder lästig.
Der ganze Glaube ist die gemeinsame und persönliche Beziehung zu Gott. Gott offenbart sich durch Gebot und Gesetz: in der Schöpfung und in der Schrift. Davon handelt auch das öffentliche Auftreten Jesu. Er führt das Gebot auf seinen Anfang zurück. Sein Gebot ist die Liebe. Das ist seine Erwartung und sein Joch. Seine Schüler können und sollen es erfüllen. Er selbst lebt es vor. Er steht zu seinem Wort bis zum Tod am Kreuz. Dadurch befreit er viele vom Gesetz, durch das die Sünde kam. Durch seine Liebe zum himmlischen Vater erweist er sich als sein Sohn. Schon kurz nach seinem Tod verbreitet sich die Botschaft vom leeren Grab. Seiner Gemeinde erscheint er als Auferstandener. Er hinterlässt ihr seinen heiligen Geist. Es ist der Geist der Gottes- und Nächstenliebe. Von da an wird Gott als der Vater im Himmel mit dem Sohn im Heiligen Geist in allen Sprachen verehrt und angebetet.

Aletheia
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Aletheia »

overkott hat geschrieben: Der ganze Glaube ist die gemeinsame und persönliche Beziehung zu Gott. Gott offenbart sich durch Gebot und Gesetz: in der Schöpfung und in der Schrift. Davon handelt auch das öffentliche Auftreten Jesu. Er führt das Gebot auf seinen Anfang zurück. Sein Gebot ist die Liebe.
Das ist das Gebot, das "Soll". Ich sehe es als die Bedingung für unser Menschsein.
Das ist seine Erwartung und sein Joch.
Wenn wir uns auf dieses Gebot einlassen, dann erfahren wir unser wahres Menschsein. Und wer Jesus nachfolgt, von dem erwartet auch Jesus, dass er sich auf dieses Gebot einlässt - er macht das ja zur Bedingung. Nur er weiß auch, dass kein Mensch diese Erwartung erfüllen kann, sondern dass sie nur durch die Liebe und Gnade Gottes erfüllbar ist und am Ende aller Zeiten auch erfüllt sein wird.
In dem Begriff "Erwartung" steckt eine Haltung des Anspruchs, die dem, was Kirche ist, nicht angemessen ist. Wenn man es als Bedingung hingegen versteht, wird es m.E. einsichtig, dass bestimmte Folgen ausbleiben, wenn nicht bestimmte Bedingungen gegeben sind.

Wenn ich nun von der Kirche erwarte, sie soll bestimmten Bedingungen entsprechen, damit sie wahre Kirche ist, dann mache ich mich zum Richter über die Kirche.

Wenn ich andererseits sehe, dass die Kirche bestimmte Haltungen von mir erwartet, damit sie mich als katholisch identifiziert, dann macht sie sich zum Richter über mich. Aber es sind die Bedingungen, unter die ich mich begebe, wenn ich katholisch sein will. Dann ist es heute freie Entscheidung und damit kann ich auch leben - heute ist das möglich.

Die Ekklesiologie befasst sich mit diesen beiden Seiten der Kirche -
Joseph Cardinal Ratzinger: Weggemeinschaft des Glaubens. Kirche als Communio.

Liebe in dieser Weggemeinschaft bedeutet für mich in erster Linie erkennen zu wollen, was den Weggefährten hindert, mit zu gehen und dann ihm seine Last zu erleichtern.
Und das ist dann kein Anspruch an "die Kirche" - sondern an mich oder auch an diejenigen, denen ich sagen kann, wo ich glaube, dass es mangelt. Denn es sind die Personen der Kirche, die lieben und nicht die Kirche, als Institution.

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Peti
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Peti »

Ich hab dieses Thema reingestellt, weil ich hier immer wieder lese, was die Priester ,Bischöfe und der Papst alles tun sollen. Das ist sicher wichtig.
"Die Kirche soll" fängt aber bei mir an: Ich soll. "Und was will Gott wirklich von uns?" Das ist die letzte Frage, die Peter Seewald Joseph Ratzinger in seinen Buch "Salz de Erde" stellt. Joseph Ratzinger antwortete:
"Daß wir Liebende werden, dann sind wir nämlich seine Ebenbilder. Denn er ist wie der heilige Johannes sagt die Liebe, und er möchte, daß es Geschöpfe gibt, die ihm ähnlich sind und dadurch aus der Freiheit ihres eigenen Liebens heraus wie er werden und mit ihm zusammengehören und damit sozusagen das Leuchten seiner selbst ausbreiten."
Zuletzt geändert von Peti am Freitag 27. März 2009, 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

Aletheia
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Aletheia »

Peti hat geschrieben:Ich hab dieses Thema reingestellt, weil ich hier immer wieder lese, was die Priester ,Bischöfe und der Papst alles tun sollen. Das ist sicher wichtig.
"Die Kirche soll" fängt aber bei mir an: Ich soll. "Und was will Gott wirklich von uns?" Das ist die letzte Frage, die Peter Seewald Joseph Ratzinger in seinen Buch "Salz de Erde" stellt. Joseph Ratzinger antwortete:
"Daß wir Liebende werden, dann sind wir nämlich seine Ebenbilder. Denn er ist wie der heilige Johannes sagt die Liebe, und er möchte, daß es Geschöpfe gibt, die ihm ähnlich sind und dadurch aus der Freiheit ihres eigenen Liebens heraus wie er werden und mit ihmzusammengehören und damit sozusagen das Leuchten seiner selbst ausbreiten."
Danke.

Clementine
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Clementine »

Peti hat geschrieben:"Und was will Gott wirklich von uns?" Das ist die letzte Frage, die Peter Seewald Joseph Ratzinger in seinen Buch "Salz de Erde" stellt.
Gott will nichts von Dir. Er will Dich.
Es gibt drei Arten von Menschen: Haie, Haifischfutter und Menschen, die es gelernt haben mit den Haien zu schwimmen ohne gefressen zu werden.

Halte Deine Stadt sauber! Iß täglich eine Taube!

Aletheia
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von Aletheia »

Clementine hat geschrieben:
Peti hat geschrieben:"Und was will Gott wirklich von uns?" Das ist die letzte Frage, die Peter Seewald Joseph Ratzinger in seinen Buch "Salz de Erde" stellt.
Gott will nichts von Dir. Er will Dich.
Sehr schön. Ja.

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overkott
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Re: Die Kirche sollte

Beitrag von overkott »

Aletheia hat geschrieben:Wenn wir uns auf dieses Gebot einlassen, dann erfahren wir unser wahres Menschsein. Und wer Jesus nachfolgt, von dem erwartet auch Jesus, dass er sich auf dieses Gebot einlässt - er macht das ja zur Bedingung. Nur er weiß auch, dass kein Mensch diese Erwartung erfüllen kann, sondern dass sie nur durch die Liebe und Gnade Gottes erfüllbar ist und am Ende aller Zeiten auch erfüllt sein wird.
Der Gedanke, mit Jesus unterwegs zu sein, scheint mir ganz wesentlich für Christen. Jesus begegnen wir am intensivsten im Evangelium. Dort lesen, hören und sehen wir ihn. Wir schließen uns ihm an, wenn wir versuchen, ihn zu verstehen und von ihm zu lernen. Ich glaube wirklich, dass er alles Wesentliche über Gott und sein Gebot gesagt hat: Gott ist nicht fern. Er ist der Vater aller Menschen. Er will, dass die Menschen sich als Brüder und Schwestern lieben. Er will, dass sich die Menschen vertragen und einander helfen. Er weiß, dass sie das können. Und er verzeiht, wenn Menschen unter ihren Fehlern leiden und zugeben: Ich habe es nicht geschafft.

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