Hallo Staubkorn,
was für eine Überraschung.
Denn nach deinem Rätsel:
Dann gleich etwas zu meiner "eigenen kulturellen Brille". Wie eine Brille zwei Brillengläser hat, so bin ich in zwei "Kulturen" groß geworden. Du darfst raten, in welchen beiden.
In dem Sinne wünsche ich Dir Bсeгo хoрoшeгo
hätte ich doch wirklich auf eine andere Herkunft getippt; wohl nicht nur ich, sieht ja nicht ganz armenisch aus.
Allerdings nach deinem "Outing" lassen sich einige deiner Ausführungen besser verstehen.
Ich möchte meinerseits aber doch auch paar Anführungen machen:
Ich spreche über meine Erfahrungen im Kaukasus. Es heißt zwar, offiziell das Georgien christlich geprägt ist und und dort nur ein geringe Prozentzahl an muslimisch geprägten Menschen leben, aber gleichzeitig muss man beachten, das Georgien ein multiethisches Land ist. Es leben dort auch noch Armenier, Osseten, Russen, Abchasen, Aramäer usw. und diese sind Christen. Natürlich gibt es auch "Georgier" die sich als Christen bezeichnen, aber immer mehr werden auch Muslime (siehe unten- Ansiedlung von Türken- aber gibt es auch Muslime im Land u.a. Adscharen, Aseris).
Multi-ethnisch stimmt schon; nur sollte man nicht vergessen dass die Georgier inzwischen ca 80% der Bevölkerung stellen, der Rest sind die anderen.
Abchasen und Osseten lassen wir bitte jetzt mal aussen vor; das Thema ist einfach zu umfangreich und spielt hier auch keine Rolle.
Was die kleinen christlichen Minderheiten im Land betrifft, sind es gerade Griechen und Armenier die am meisten aus dem Land auswandern (Georgien hat eine der grössten Auswanderungsraten der Welt), wobei man sagen muss, dass die Regierung nicht viel unternimmt, die Leute im Land zu halten.
Die Armenier in Georgien leben in einem ziemlich geschlossenen Gebiet angrenzend zu Armenien in dem sie auch die Befölkerungsmehrheit sind. Die Gegend ist sehr isoliert, sodass der Kontakt nach aussen oft über Armenien selbst abläuft.
Dass Georgier und Armenier sich nicht wirklich sehr gern haben, ist eine alte Geschichte und spielt sich ungefähr auf dem selben Level ab, wie europäische Nachbarvölker untereinander so "mögen".
Unterschiede bestehen vor allem auch dadurch, dass beide Völker verschiedenen Kirchen angehören, deren bilateralen Beziehungen nur langsam besser werden.
Aber eine regelrechte Vertreibung findet nicht statt.
Das "christliche" Armenien, bzw. die Armenier dort "spüren" leider nur wenig von dem "angeblich" so geprägten christlichen Staat Georgien. Seit 1990 sind über 45 armenische Kirchen von Georgier beschlagnahmt worden oder sogar zerstört worden.
Der Grund ist dafür auch, das die Armenier zur ältesten Kirche der Welt gehören, sie sind genau genommen armenisch- apostolisch. Weiterhin natürlich auch die Geschichte von Georgien, denn die Hauptstadt Tiflis wurde ehemals von Armenier gegründet.
Es gibt Animositäten zwischen den beiden Kirchen, allerdings, das was Du da anfürst solltest Du doch etwas konkreter erklären, am besten mit einem Link.
Den Grund den Du anfürst klingt nicht besonders einleuchtend, denn dass die armenische Kirche, neben der Antiochenischen zu den ältesten Kirchen gehört, wissen alle und auch dass die Armenier mit Anteil haben an der christianisierung Georgiens.
Allerdings hat sich die georg. Kirchen für die byz. Kirche entschieden und das hat das langsame Auseinanderdriften der beiden christlichen Völker begünstigt.
Noch mehr Geschichte wäre hier wohl zuviel.
Weiterhin holen die Georgier immer mehr Türken in ihr Land um die dageblieben Armenier und andere Minderheiten gänzlich zu vertreiben. So entsteht aber auch ein "Wischi- Waschi" von "Religion", denn wie wir wissen, sind Türken Muslime und diese haben die Armenier immer wieder versucht zu ermorden- Genozid.
Aber es ist ein langes Thema.
Lang ist das Thema eigentlich gar nicht.
Im Land gibt es inzwischen mehr Türken als vor der Wende; das sind aber vor allem Händler, denn die Türkei stellt in der ganzen Schwarzmeerregion eine wichtige Handelsmacht dar und so findet man in allen Anrainerstaaten Handelsvertretungen und somit mehr Türken.
Von "Türken ins Land holen" kann nicht die Rede sein.
Es gibt aber ein "Türkenproblem" im Land, nähmlich das der Mescheten; keine Türken aber ein Turkvolk.
Die wurden 1944 von Stalin kurzerhand nach Zentralasien deportiert und dort blieben sie bis zur Wende. Nach einem Porgrom an diesem Volk 1989 in Usbekistan hat Russland 50000 Menschen dieses Volkes nach Krasnodar/Russland ausgeflogen.
Dort war man dann der Meinung Georgien müsse diese Leute wieder in ihren ursprünglichen Gebieten ansiedeln.
Da jetzt aber diese Gebiete just in der Region des Landes sich befinden, in denen auch die Armenier leben gingen die auf die Barrikaden, denn sie hatten sich längst in den verlassenen Dörfern der anderen niedergelassen und deren Land bekommen.
Die Vertreibung der einen ist immer der auch der Profit der anderen; da stellen die Armenier keine Ausnahme.
Da das Ganze die Region fast vor einen Bürgerkrieg gebracht hat, sah sich die georg. Regierung gezwungen auf den russ. Vorschlag nicht einzugehen.
Noch ein Vertriebenenschiksal in diesem Teil der Welt.
So entsteht aber auch ein "Wischi- Waschi" von "Religion", denn wie wir wissen, sind Türken Muslime und diese haben die Armenier immer wieder versucht zu ermorden- Genozid.
Dass Türken Muslime sind und einen Genozid an den Armeniern verursacht haben, wissen wir und dem gibt es nichts hinzufügen.
Aber was verstehst Du unter "Wischi-Waschi" von Religion?
Die georgische Kirche etwa? Kann nicht wirklich angehen. Die funktioniert rein orthodox und kann auf "muslimischen" Beistand wirklich verzichten. Sie hat einen starken Rückhalt im Volk und war Jahrhundertelang Symbol nationaler Eigenständigkeit. Genau wie bei den Armeniern.
Heutzutage hat sie den Status einer Staatskirche mit Verfassungsrang.
Georgien und Aserbaidschan sind sozusagen "Verbündete" mit der Türkei.
Etwas seltsamer Satz, wenn man bedenkt, dass alle drei Länder völlig unterschiedliche Relationen zueinander haben, sowohl in Geschichte als auch in der Gegenwart.
Türkei ist klar-Genozid.
Zwischen Aserbeidschan und Armenien gab es Krieg um den Karabagh.
Das sich diese beiden Länder einig sind in ihrer Abneigung gegen Armenien kann sich gut vorstellen, aber mit Georgien gab es nie Krieg oder Ähnliches.
Insofern, wozu sollte sich Georgien mit den anderen gegen Armenien "verbünden". Und wenn es nicht Bestrebungen seitens der Armenier gibt, sich mit ihren Siedlungsgebieten ans "Mutterland" anschliessen zu wollen, gibt es keine Grund ihnen "Probleme" zu machen.
Ach ja, noch was:
Ich kenne aber auch viele "kleinere" Gemeinden bzw. Eremiten/Eremitinnen, die ein "kleine" private russisch- orthodoxe "Hauskirche" (und nicht nur russische) "betreiben".
Wenn es sich nicht um die unierten Urkrainier handelt, hätte es mich sehr interessiert wo es bei uns solche Eremitinnen gibt.
LG Songul