Positionierung der Anglikaner

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.

Was ist die anglikanische Kirche

eine katholische Kirche (aber nicht römisch)
5
24%
eine protestantische Kirche (nicht evangelisch)
9
43%
eine evangelische Kirche
1
5%
eine Kirche ganz eigener Tradition und Ausrichtung
5
24%
katholisch und "reformiert"
1
5%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 21

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Christ86
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Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Da es hier immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt, wo die Anglikanische Kirche einzuordnen sei, und die Diskussion teilweise auch in einer Schmähtirade gegen die Episcopal Church und andere anglikanische Kirchen ausartet, würde es mich interessieren, wie die Anglikaner aus Mehrheitssicht (die aber nicht ausschlaggebend für den ekklesiologischen Gehalt der anglikanischen Kirchen ist) eingeordnet wird.

Für mich sind die anglikanischen Kirchen "catholic but not Roman" :doktor:

Und: woher kommt eigentlich der Groll?
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

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Sebastian
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Sebastian »

Für doofe Leut, wie mich:

Warum unterscheidest Du zwischen evangelisch und protestantisch.

Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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Christ86
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Sebastian hat geschrieben:Für doofe Leut, wie mich:

Warum unterscheidest Du zwischen evangelisch und protestantisch.
Evangelisch ist wer Prinzipien wie sola scriptura angenommen hat, protestantisch kann aber auch eine Kirche sein, die während der Reformation ihren Protest gegen Rom erhoben hat.
Sebastian hat geschrieben:Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
Wie ist das zu verstehen? Das mit dem mittlerweile?
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Sebastian
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Sebastian »

Christ86 hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
Wie ist das zu verstehen? Das mit dem mittlerweile?
Na dahin (in die protestantische Ecke) hat sie sich m.E. durch FO und gewissen Änderungen, was gleichgeschlechtliche, fleischliche, Partnerschaften angeht, selber begeben. Aber das ist meine Meinung.
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Christ86
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Sebastian hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
Wie ist das zu verstehen? Das mit dem mittlerweile?
Na dahin (in die protestantische Ecke) hat sie sich m.E. durch FO und gewissen Änderungen, was gleichgeschlechtliche, fleischliche, Partnerschaften angeht, selber begeben. Aber das ist meine Meinung.
:hmm: Ist das denn "protestantisch"? Oder nicht vielmehr einfach nur liberal?
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Sebastian
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Sebastian »

Christ86 hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
Wie ist das zu verstehen? Das mit dem mittlerweile?
Na dahin (in die protestantische Ecke) hat sie sich m.E. durch FO und gewissen Änderungen, was gleichgeschlechtliche, fleischliche, Partnerschaften angeht, selber begeben. Aber das ist meine Meinung.
:hmm: Ist das denn "protestantisch"? Oder nicht vielmehr einfach nur liberal?
Von einigen "hochkirchlichen" und puritanischen Bewegungen abgesehen, kann man das fast schon pauschal als protestantisch bezeichnen, finde ich ... aber ich lass mich auch gerne eines Besseren belehren (im Ernst!).
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Lutheraner
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Lutheraner »

Sebastian hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Sebastian, hat sein kreuz bei protestantisch gemacht. Das war die "anglikanische Kirche" m.E. jedoch nicht immer, sondern ist es eher "mittlerweile" ...
Wie ist das zu verstehen? Das mit dem mittlerweile?
Na dahin (in die protestantische Ecke) hat sie sich m.E. durch FO und gewissen Änderungen, was gleichgeschlechtliche, fleischliche, Partnerschaften angeht, selber begeben. Aber das ist meine Meinung.
Diese Definition von "protestantisch" kann ich Dir leider nicht mal verübeln, da sie von liberalen und reformierten Kreisen propagiert wird. Mit der eigentlichen Bedeutung von protestantisch hat das aber überhaupt nichts zu tun.
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Christ86
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Sebastian hat geschrieben:
Von einigen "hochkirchlichen" und puritanischen Bewegungen abgesehen, kann man das fast schon pauschal als protestantisch bezeichnen, finde ich ... aber ich lass mich auch gerne eines Besseren belehren (im Ernst!).
Verlangen nicht auch einige römischen Kreise die Einführung der FO etc.? Ich sehe darin eher eine Zeiterscheinung, die auf der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau beruht, als eine Bewegung, die im Protestantismus ihre Wurzeln hat. Dort wurde die FO einfach zuerst eingeführt, weil viele protestantische Kirchen von liberalen Theologen und Mitgliedern bestimmt werden und weil es vielfach keine Lehrinstanz gibt, die etwas dagegen unternehmen könnte (auch wenn es aus protestantischer Sicht vielleicht vorher unnannehmbar gewesen war).
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Lioba
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Re: Positionierung Anglikaner

Beitrag von Lioba »

Zu evangelisch und protestantisch.
War hier schon mal Thema

http://de.wikipedia.org/wiki/Protestation_zu_Speyer

http://de.wikipedia.org/wiki/Evangelisch

Evangelisch betont für mich mehr den Lehraspekt, wenn man ganz pingleig sein will. können eigentlich nur die Kirchen, die auf die ev. Gemeinschaften der 6 Fürstentümer und 14 Reichsstädte zurückgehen sich protestantisch nennen, das entspricht aber nicht dem heute gängigen Sprachgebrauch.
Zuletzt geändert von Lioba am Dienstag 22. September 2009, 13:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Amandus2
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Amandus2 »

Die Anglikanische Kirche ist nicht nur evangelisch, sondern sogar reformiert-calvinistisch. Die 39 Artikel haben nach wie vor Geltung. Sie sind geschichtlich besonders vom Calvinismus, nicht von Luther, beeinflusst.

In kaum einem Land ist die Apathie gegen alles Römisch-katholische bzw gegen den Papst so groß wie in England. Das ist u.a. auch der Grund für die gegenseitige Abneigung zwischen den "reformiert-anglikanischen Engländern und den römisch-katholischen Iren, die von den meisten Engländern immer noch als eine Art Unterschicht betrachtet werden.

Die Anglikanische Kirche ist sozusagen eine reformierte Kirche in Verkleidung. Äußerlich trägt sie katholische Gewänder und zeigt eine Liturgie, die der römisch-katholischen ähnlich ist. Innen, also von der offiziellen Lehre her, ist sie durch und durch protestantisch-reformiert. Das hindert einzelne Gruppen in diesen Kirche nicht daran, "katholische Kirche" zu spielen, mit Rom zu flirten und römische Gebräuche nachzuäffen. Die Alt-katholische Kirche ist dabei das Mittel zum Zweck, mit der zusammen man um das Wohlwollen Roms buhlt.

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Christ86
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Amandus2 hat geschrieben:Die Anglikanische Kirche ist nicht nur evangelisch, sondern sogar reformiert-calvinistisch. Die 39 Artikel haben nach wie vor Geltung. Sie sind geschichtlich besonders vom Calvinismus, nicht von Luther, beeinflusst.

In kaum einem Land ist die Apathie gegen alles Römisch-katholische bzw gegen den Papst so groß wie in England. Das ist u.a. auch der Grund für die gegenseitige Abneigung zwischen den "reformiert-anglikanischen Engländern und den römisch-katholischen Iren, die von den meisten Engländern immer noch als eine Art Unterschicht betrachtet werden.

Die Anglikanische Kirche ist sozusagen eine reformierte Kirche in Verkleidung. Äußerlich trägt sie katholische Gewänder und zeigt eine Liturgie, die der römisch-katholischen ähnlich ist. Innen, also von der offiziellen Lehre her, ist sie durch und durch protestantisch-reformiert. Das hindert einzelne Gruppen in diesen Kirche nicht daran, "katholische Kirche" zu spielen, mit Rom zu flirten und römische Gebräuche nachzuäffen. Die Alt-katholische Kirche ist dabei das Mittel zum Zweck, mit der zusammen man um das Wohlwollen Roms buhlt.
Wo genau siehst du denn reformierte Lehre in der Church of England vertreten?
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Miserere Nobis Domine
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Amandus2 hat geschrieben:Die 39 Artikel haben nach wie vor Geltung.
Stimmt nicht, sie gelten als historisches Dokument.

Im Übrigen sind sie nicht inhaltlich calvinistisch.

conscientia
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von conscientia »

Katholisch, aber nicht römisch.
Denn die Anglikaner haben den historischen Episkopat in dem Rahmen, den das kirchliche Dogma im 16. Jh. vor Trient für sinnvoll hielt bewahrt; Apostolicae curae hat nicht so viel Gewicht, weil es so abschließend nicht gemeint war, Saepius officio glänzend dagegengesprochen hat und die anglikanisch/römisch-katholischen Kommissionen zu Ergebnissen gekommen sind, die Apostolicae curae inhaltlich überholt haben.
Die 39 Artikel und den angeblichen Calvinismus der Anglikaner hänge ich nicht so hoch, weil es einen fast häretischen, untergründig wirksamen Augustinismus auch in der römischen Kirche gibt, besonders was die Reflexion der Sünden gegen das sechste Gebot angeht. Zwar hat die römische Kirche den Jansenismus unterdrückt, aber in anderer Form hat der Augustinismus immer wieder Urständ gefeiert. Soll ich es mir darum anmaßen, die Anglikaner für nicht-katholisch zu halten?
Es gibt viele Themen des kirchlichen Dogmas, der kirchlichen Praxis und der von jedem einzelnen gelebten Spiritualität zwischen Himmel und Erde, die sich nicht mit einer konfessionalistischen Latte messen lassen.
Abgesehen davon, dass mir als Europäer vom Kontinent ein Urteil über die spezifisch englische Inkulturation von Christentum, die "Anglikanismus" heißt und sich ans Book of Common Prayer und seine Derivate hält, kaum zusteht.

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ad-fontes
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von ad-fontes »

Amandus2 und conscientia: Danke für eure beiden Beiträge! Welche Sichtweise ist jetzt die zutreffendere?

Für mich ist die AC einfach schwer einzuordnen und irgendwie Janusgesichtig.

Bei der Anerkennung der Bischofsweihen der sog. Porvoo-Kirchen (Schwedischen Kirche etc.), sehe ich die Gefahr, dass die evangelischen Kirchen (in Deutschland und anderswo) durch die Hintertür als katholische Kirchen anerkannt werden.

Die Römer erkennen die altkath. Kirchen als Kirchen an.
Die Altkatholiken erkennen die anglikanischen Kirchen als Kirchen an.
Die Anglikaner erkennen die Lutheraner in Skandinavien, Island und dem Baltikum als Kirchen an.
Diese erkennen die evangelischen Kirchen Mitteleuropas als Kirchen an.

Die Grenzen der Katholizität verwischen und rauskommt eine Ökumene auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Dieser Form, die ersehnte Einheit herzustellen, kann ich nichts abgewinnen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

TillSchilling

Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von TillSchilling »

Kann der User, den dieses Thema anscheinend brennend interessiert und der per PN lange Beiträge an andere User schreibt und mich dabei auf copy setzt, dies bitte unterlassen. Die Natur eines Forums ist ja gerade dass man sich öffentlich austauscht. Wer das nicht möchte, soll es doch lassen.

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ad-fontes
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von ad-fontes »

TillSchilling hat geschrieben:Kann der User, den dieses Thema anscheinend brennend interessiert und der per PN lange Beiträge an andere User schreibt und mich dabei auf copy setzt, dies bitte unterlassen. Die Natur eines Forums ist ja gerade dass man sich öffentlich austauscht. Wer das nicht möchte, soll es doch lassen.
Keine Ahnung von wem du sprichst, aber läßt sich das nicht einfach per PN klären?
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

conscientia
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von conscientia »

@ad-fontes: verwischte Grenzen der Katholizität - das ist wahr.
Allerdings sollten die Anhänger einer episkopalen Kirchenverfassung einmal die Lutheraner, Kalviner und Unierten des deutschen Sprachraums an den Beffchen packen und sagen: Jungs, ohne Bischöfe, historischen Episkopat und apostolische Sukzession geht es nicht, außerdem praktiziert ihr das schon seit Jahren selber. Es gibt ja genügend deutsche Landesbischöfe = Kirchenpräsidenten, deren defectus ordinis mittlerweile durch eine Inthronisation unter Beteiligung eines skandinavischen lutherischen Bischofs saniert ist.
Mein Verdacht: In jedem mitteleuropäischen landeskirchlichen Evangelischen nagt der Zweifel, ob die Abschaffung der episkopalen Kirchenverfassung so sehr das Gelbe vom Ei war.
Ich selbst meine, sogar mit dem Kern des theologischen und spirituellen Anliegen des Johannes Calvin lässt sich eine episkopale Kirchenverfassung vereinbaren.
Das eigentliche Problem ist nicht der Monepiskopat an sich, sondern wie er bei den Römern teilweise gelebt worden ist (oder vielleicht noch gelebt wird) (Stichwort: Bischof als Reichsfürst; das Vergnügen, wenigstens so zu tun, als wäre man einer).

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Siard
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Siard »

rein technisch gesehen ist die anglikanische kirche eine reformierte kirche (also nicht lutherisch oder katholisch im konfessionellen sinne).
allerdings heißen in deutschland einige landeskirchen auch "lutherisch" und haben mit luther kaum mehr als den namen gemeinsam.

mit dem monepiskopat sollten die landeskirchen wenig probleme haben, schließlich galt er dort bis 1918. ;D

ich sehe in den landeskirchen keine zahlenmäßig ernst zu nehmenden gruppen, die sich eine episkopale kirchenverfasssung wünschen.
die kreise, die dafür sind ernten, wenn sie glück haben, ein müdes lächeln und werden nur ein bißchen gemobbt.

die beteiligung eines skandinavischen lutherischen bischofs könnte nur sanierend wirken, wenn dies von diesem bischof intendiert ist und selbst dann...
die amtseingeführten legen in den seltensten fällen darauf wert, ehr im gegenteil.

Huldreich
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Huldreich »

Diese ganze Diskussion darum, wer nun gültig oder nicht gültig oder halb-gültig geweiht ist, ist für einen Reformierten so abschreckend, dass er froh ist, einer Kirche anzugehören, für die dies alles kein Thema mehr ist.

In der Reformierten Kirche sind alle Menschen vor Gott gleich. Es gibt keine Unterteilung zwischen Klerikern in bunten Gewändern einerseits und sogenannten "Laien" andererseits. Dies ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die uns aus dem finsteren Mittelalter mit seinem Standesdenken befreit hat.

Und wenn ich in die Situation kommen würde, den Papst persönlich ansprechen zu müssen, so wäre der für mich nicht der "Heilige Vater" oder "Eure Heiligkeit", denn nur Gott ist der Heilige Vater ("Unser Vater im Himmel"). Vielleicht würde ich Herrn Ratzinger mit "Herr Papst" ansprechen...

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Christ86
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Siard hat geschrieben:rein technisch gesehen ist die anglikanische kirche eine reformierte kirche (also nicht lutherisch oder katholisch im konfessionellen sinne).
Was genau ist denn reformiert (falls du reformiert im konfessionellen Sinne meinst)? Kennst du die Reformierten, also ich meine die richtigen Reformierten Zürcher und Genfer Tradition?
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Miserere Nobis Domine
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Dass die 39 Artikel calvinistisch sind, könnte falscher nicht sein, denn der 10. Artikel lehrt ausdrücklich den freien Willen.

Dabei ist die doppelte Prädestination eines der Hauptmerkmale des Calvinismus.

Amandus2
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Amandus2 »

Christ86 hat geschrieben:
Siard hat geschrieben:rein technisch gesehen ist die anglikanische kirche eine reformierte kirche (also nicht lutherisch oder katholisch im konfessionellen sinne).
Was genau ist denn reformiert (falls du reformiert im konfessionellen Sinne meinst)? Kennst du die Reformierten, also ich meine die richtigen Reformierten Zürcher und Genfer Tradition?



Im Book of Common Prayer gilt die Abendmahlslehre nach calvinistischem (nicht zwinglianischen) Verständnis sowie die lutherische Rechtfertigungslehre. Thomas Cranmer stand mit Calvin in regelmäßigem Briefwechsel. Ebenso ist die Anglikanische Kirche von Martin Bucer beeinflußt.

Wohlverstanden: Es geht um die Lehre, nicht um die äußerliche Liturgie!

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Christ86
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Amandus2 hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:
Siard hat geschrieben:rein technisch gesehen ist die anglikanische kirche eine reformierte kirche (also nicht lutherisch oder katholisch im konfessionellen sinne).
Was genau ist denn reformiert (falls du reformiert im konfessionellen Sinne meinst)? Kennst du die Reformierten, also ich meine die richtigen Reformierten Zürcher und Genfer Tradition?



Im Book of Common Prayer gilt die Abendmahlslehre nach calvinistischem (nicht zwinglianischen) Verständnis sowie die lutherische Rechtfertigungslehre. Thomas Cranmer stand mit Calvin in regelmäßigem Briefwechsel. Ebenso ist die Anglikanische Kirche von Martin Bucer beeinflußt.

Wohlverstanden: Es geht um die Lehre, nicht um die äußerliche Liturgie!
Die anglikanische Kirche lehrt doch die Realpräsenz, wie soll das mit dem calvinistischen Verständnis übereinstimmen?

Ausserdem: Liturgie ist Ausdruck des Glaubens.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Königin Elisabeth I. über die holy communion:
Christ was the word that spake it.
He took the bread and break it;
And what his words did make it
That I believe and take it.
Dieses Zitat gilt als klassische anglikanische Eucharistielehre.

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Florianklaus
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Florianklaus »

conscientia hat geschrieben:Katholisch, aber nicht römisch.
Denn die Anglikaner haben den historischen Episkopat in dem Rahmen, den das kirchliche Dogma im 16. Jh. vor Trient für sinnvoll hielt bewahrt; Apostolicae curae hat nicht so viel Gewicht, weil es so abschließend nicht gemeint war, Saepius officio glänzend dagegengesprochen hat und die anglikanisch/römisch-katholischen Kommissionen zu Ergebnissen gekommen sind, die Apostolicae curae inhaltlich überholt haben.
Die 39 Artikel und den angeblichen Calvinismus der Anglikaner hänge ich nicht so hoch, weil es einen fast häretischen, untergründig wirksamen Augustinismus auch in der römischen Kirche gibt, besonders was die Reflexion der Sünden gegen das sechste Gebot angeht. Zwar hat die römische Kirche den Jansenismus unterdrückt, aber in anderer Form hat der Augustinismus immer wieder Urständ gefeiert. Soll ich es mir darum anmaßen, die Anglikaner für nicht-katholisch zu halten?
Es gibt viele Themen des kirchlichen Dogmas, der kirchlichen Praxis und der von jedem einzelnen gelebten Spiritualität zwischen Himmel und Erde, die sich nicht mit einer konfessionalistischen Latte messen lassen.
Abgesehen davon, dass mir als Europäer vom Kontinent ein Urteil über die spezifisch englische Inkulturation von Christentum, die "Anglikanismus" heißt und sich ans Book of Common Prayer und seine Derivate hält, kaum zusteht.

Inwieweit ist Apostolicae Curae überholt? Soweit ich weiß, werden konvertierte anglikanische Priester neu geweiht und zwar nicht einmal "sub conditione".

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Christ86
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Christ86 »

Florianklaus hat geschrieben:
conscientia hat geschrieben:Katholisch, aber nicht römisch.
Denn die Anglikaner haben den historischen Episkopat in dem Rahmen, den das kirchliche Dogma im 16. Jh. vor Trient für sinnvoll hielt bewahrt; Apostolicae curae hat nicht so viel Gewicht, weil es so abschließend nicht gemeint war, Saepius officio glänzend dagegengesprochen hat und die anglikanisch/römisch-katholischen Kommissionen zu Ergebnissen gekommen sind, die Apostolicae curae inhaltlich überholt haben.
Die 39 Artikel und den angeblichen Calvinismus der Anglikaner hänge ich nicht so hoch, weil es einen fast häretischen, untergründig wirksamen Augustinismus auch in der römischen Kirche gibt, besonders was die Reflexion der Sünden gegen das sechste Gebot angeht. Zwar hat die römische Kirche den Jansenismus unterdrückt, aber in anderer Form hat der Augustinismus immer wieder Urständ gefeiert. Soll ich es mir darum anmaßen, die Anglikaner für nicht-katholisch zu halten?
Es gibt viele Themen des kirchlichen Dogmas, der kirchlichen Praxis und der von jedem einzelnen gelebten Spiritualität zwischen Himmel und Erde, die sich nicht mit einer konfessionalistischen Latte messen lassen.
Abgesehen davon, dass mir als Europäer vom Kontinent ein Urteil über die spezifisch englische Inkulturation von Christentum, die "Anglikanismus" heißt und sich ans Book of Common Prayer und seine Derivate hält, kaum zusteht.

Inwieweit ist Apostolicae Curae überholt? Soweit ich weiß, werden konvertierte anglikanische Priester neu geweiht und zwar nicht einmal "sub conditione".
:nein: In den USA wurden sie sub conditione geweiht, nicht nochmals neu. Ich glaube, ein Bischof war darunter, wenn ich mich nicht irre. Muss mal nachfragen.
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Florianklaus
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Florianklaus »

conscientia hat geschrieben:@ad-fontes: verwischte Grenzen der Katholizität - das ist wahr.
Allerdings sollten die Anhänger einer episkopalen Kirchenverfassung einmal die Lutheraner, Kalviner und Unierten des deutschen Sprachraums an den Beffchen packen und sagen: Jungs, ohne Bischöfe, historischen Episkopat und apostolische Sukzession geht es nicht, außerdem praktiziert ihr das schon seit Jahren selber. Es gibt ja genügend deutsche Landesbischöfe = Kirchenpräsidenten, deren defectus ordinis mittlerweile durch eine Inthronisation unter Beteiligung eines skandinavischen lutherischen Bischofs saniert ist.
Mein Verdacht: In jedem mitteleuropäischen landeskirchlichen Evangelischen nagt der Zweifel, ob die Abschaffung der episkopalen Kirchenverfassung so sehr das Gelbe vom Ei war.
Ich selbst meine, sogar mit dem Kern des theologischen und spirituellen Anliegen des Johannes Calvin lässt sich eine episkopale Kirchenverfassung vereinbaren.
Das eigentliche Problem ist nicht der Monepiskopat an sich, sondern wie er bei den Römern teilweise gelebt worden ist (oder vielleicht noch gelebt wird) (Stichwort: Bischof als Reichsfürst; das Vergnügen, wenigstens so zu tun, als wäre man einer).

Ich kann Deinen Verdacht nicht teilen. Nach meinem Eindruck ist den Protestanten (und leider auch vielen Katholiken) die Kirchenverfassung bzgl. der geistlichen Ämter herzlich egal. Es ist überhaupt kein Problembewußtsein vorhanden und man muß mühsam erklären, was apostolische Sukzession überhaupt bedeutet. Das Amt wird eher als von der Gemeinde herkommend verstanden.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Schweden die Sukzession haben (was ich nicht glaube), reicht eine Mitwirkung bei einer Amtseinführung eines deutschen Landesbischofs, Präses etc., die ja ausdrücklich keine Weihe oder Ordination sein will, wohl kaum zur Weitergabe des bischöflichen Amtscharismas aus.

Miserere Nobis Domine
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Florianklaus hat geschrieben: Inwieweit ist Apostolicae Curae überholt? Soweit ich weiß, werden konvertierte anglikanische Priester neu geweiht und zwar nicht einmal "sub conditione".
Sie werden sub conditione neu geweiht, da die Anglikaner nun in altkatholischer Sukzession stehen und somit eigentlich auch aus römischer Sicht gültig geweiht sind.

Als der ehemalige anglikanische Bischof Dr. Graham Leonard Römer wurde, wurde er von Basil Kardinal Hume sub conditione zum Priester geweiht.

Dieser schrieb in seiner Presseerklärung dazu:
After extensive research and careful consideration of the factors necessary for validity, the authorities in Rome instructed me to ordain Dr. Leonard to the priesthood conditionally, in accordance with the norms of Canon 845.2. In such a case, during the course of the ordination liturgy the church prays that almighty God will grant the candidate the grace of the Catholic priesthood in case he has not received it through his ordination celebrated in the Anglican Communion.

TillSchilling

Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von TillSchilling »

Die Frage "Ist die anglikanische Kirche eine der katholischen Kirchen?" ist unsinnig. Die katholische Kirche gibt es nur im Singular. Genau das sagt ja das Attribut "katholisch" aus.

Miserere Nobis Domine
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

TillSchilling hat geschrieben:Die katholische Kirche gibt es nur im Singular. Genau das sagt ja das Attribut "katholisch" aus.
Genau, deshalb bezeichnet man ja die Anglican Communion als "a branch of the one, holy, catholic, and apostolic Church".

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Petur
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Petur »

Christ86 hat geschrieben:Da es hier immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt, wo die Anglikanische Kirche einzuordnen sei, und die Diskussion teilweise auch in einer Schmähtirade gegen die Episcopal Church und andere anglikanische Kirchen ausartet, würde es mich interessieren, wie die Anglikaner aus Mehrheitssicht (die aber nicht ausschlaggebend für den ekklesiologischen Gehalt der anglikanischen Kirchen ist) eingeordnet wird.

Für mich sind die anglikanischen Kirchen "catholic but not Roman" :doktor:

Und: woher kommt eigentlich der Groll?
Ja, "catholic but not Roman". Genau.

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Florianklaus
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Re: Positionierung der Anglikaner

Beitrag von Florianklaus »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben: Inwieweit ist Apostolicae Curae überholt? Soweit ich weiß, werden konvertierte anglikanische Priester neu geweiht und zwar nicht einmal "sub conditione".
Sie werden sub conditione neu geweiht, da die Anglikaner nun in altkatholischer Sukzession stehen und somit eigentlich auch aus römischer Sicht gültig geweiht sind.

Als der ehemalige anglikanische Bischof Dr. Graham Leonard Römer wurde, wurde er von Basil Kardinal Hume sub conditione zum Priester geweiht.

Dieser schrieb in seiner Presseerklärung dazu:
After extensive research and careful consideration of the factors necessary for validity, the authorities in Rome instructed me to ordain Dr. Leonard to the priesthood conditionally, in accordance with the norms of Canon 845.2. In such a case, during the course of the ordination liturgy the church prays that almighty God will grant the candidate the grace of the Catholic priesthood in case he has not received it through his ordination celebrated in the Anglican Communion.

Weiß jemand, ob konvertierte Anglikaner immer sub conditione geweiht werden oder ob Rom eine Einzelfallprüfung hinsichtlich einer alt-katholischen Sukzessionslinie vornimmt?

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