Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Warum sollte man die Lehre eigentlich weiterentwickeln?
Ich muss sagen, diese Frage hat mich umgetrieben, ohne dass ich eine befriedigende Antwort darauf gefunden hätte.
Sicherlich kann es keine Veränderung in dem Sinne geben, dass etwas, das früher wesentlich war, nun durch etwas anderes ersetzt würde (etwa, dass wir als Messias nun nicht mehr Jesus, sondern Franziskus hätten).
Bei einer Weiterentwicklung wird es sich um eine Entfaltung handeln, um ein Explizitmachen von etwas, das schon implizit in der ursprünglichen Glaubensverkündigung enthalten ist. Ein klassisches Beispiel dafür sind die christologischen Dogmen, etwa das Glaubensbekenntnis von Nizäa, dass Jesus eines Wesens mit dem Vater ist. Die entsprechenden Begriffe (ομοουσιος = wesensgleich) stehen ja nicht explizit in der Bibel, aber man kann mit gutem Grund argumentieren, dass die gemeinte Sache in der Glaubensverkündigung der Bibel impliziert ist.
Allerdings haben die Streitigkeiten um das Dogma so viel Böses, Hass und Leid hervorgebracht (der Islam hätte sich etwa ohne diesen Streit niemals so ungehindert über christliches Gebiet ausbreiten können), dass ich mich schon frage, ob es nicht auch ohne diese Dogmatisierungen gegangen wäre.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)