Heidnische Reste in christl. Landen

Ostkirchliche Themen.
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tanatos
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Heidnische Reste in christl. Landen

Beitrag von tanatos »

Folgender Strang hat rudimentär noch Andeutungen an die Priesterfrauen, da er von da stammt aber das Hauptthema ist ein anderes.
Alexander hat geschrieben:Es gibt keinen solchen Kanon für Priesterfrauen.
Das will ich ja gar nicht behaupten!

Wohl aber trifft es anscheinend zu, daß manches öffentlich verbreitet wird, wie Priesterfrauen sein sollten, was allerdings kirchenrechtlich gar nicht abgesichert ist.

Dies entspricht wahrscheinlich auch dem, was in manchen orthodoxen Gegenden (auch von studierten Priestern!) verbreitet wird. In Rumänien, welches ich gut kenne, haben mir studierte Priester z.B. von den skurilsten Bestattungriten berichtet, von denen ich mir einfach nicht vorstellen kann, daß sie irgendwo schriftlich niedergelegt bzw. christlich-theologisch begründbar sind. Aber trotzdem gibt es sie dort und der Priester malte die tollsten göttlichen Strafen aus, wenn man sie nicht befolgt.
Mein Eindruck war , daß hier offiziell gelehrter christlicher Glaube und faktisch vorhandener volkstümlicher Aberglaube auch im Denken und Lehren der Priester Hand in Hand gingen, und die Priester hierbei fest davon überzeugt waren, streng rechtgläubige Positionen zu vertreten.
Zuletzt geändert von tanatos am Mittwoch 31. August 2011, 18:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Alexander
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Alexander »

Ja, das kommt vor. Erzähl mal das mit den Begräbnisriten!
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
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tanatos
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von tanatos »

Alexander hat geschrieben:Ja, das kommt vor. Erzähl mal das mit den Begräbnisriten!
Meine entsprechenden Gespräche liegen schon einige Zeit zurück, leider bekomme ich die Details nicht mehr zusammen.

Das besonders Seltsame hing irgendwie mit toten Hühnern (oder ihrem Blut????) zusammen, mit denen irgendetwas am Grabe gemacht werden sollte.

Außerdem gab es irgendwelche verpflichtenden Riten, die eine bestimmte Anzahl von Frauen an einem bestimmten Tag zu unternehmen hatte. Außerdem erinnere ich, daß man als guter orthodoxer Hinterbliebener in bestimmten Abständen eine vorgegebene Anzahl von Personen zu vorgegebenen Speisen zum Essen einladem muß.

Letzteres kann ich mir durchaus als Weg erklären, den Hinterbliebenen im Verarbeiten der Trauer zu unterstützen. Was aber das Abschlagen des Kopfes eines Federviehs mit der christlichen Auferstehungshoffnung zu tun haben soll (und hierauf wurde großer Wert gelegt), konnte und kann ich mir christlich-theologisch nicht erklären. Wie gesagt: Ich halte das für volkstümlichen Aberglauben, der vom Kirchenvolk und (zumindest) den lokalen Priestern "verchristlich" wurde.

Um einmal ehrlich zu sein: Diese Mischung von volkstümlichem Aberglauben und christlicher Botschaft nervt mich genauso wie eine unangemessene Mischung von Kirche und Politik - sei es nun in der protestantischen Spielart, wo zumindest gegenwärtig linke Ideologien Einfluß nehmen (Ich denke hierfür muß ich keine Beispiele nennen), sei es in der orthodoxen Spielart, wo ich zumindest in Rumänien einen übergroßen Einfluß nationalistischen Gedankengutes wahrnahm (so war -wie mir Betroffene erzählten- die orthodoxe Fakultät in Hermannstadt-Sibiu ein Zentrum der Jugendorganisation der Nachfolgeorganisation der Eisernen Garde (http://de.wikipedia.org/wiki/Eiserne_Garde) und neuerbaute Kirchen fielen im von vielen Nationalitäten bewohnten Siebenbürgen zum Teil dadurch auf, daß die Nationalfarben -wohl speziell in Abgrenzung von ethnisch Anderen- als wichtiger Schmuck des Kirchbaus verwendet wurden. Oder mir fällt der Dekan der orthodoxen Fakultät der Stadt ein, der in einer Predigt betonte, daß die Rumänen das gläubigste Volk der Welt seien. Die Liste ließe sich weiterführen).

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Alexander
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Alexander »

Da wird einem echt mulmig, wenn man das mit den Hühnern liest.
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Joseph
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Joseph »

tanatos hat geschrieben:....Das besonders Seltsame hing irgendwie mit toten Hühnern (oder ihrem Blut????) zusammen, mit denen irgendetwas am Grabe gemacht werden sollte.
....das ist Orthodoxes Voodoo... weiß das nicht jedes Kind? :pfeif:
Außerdem gab es irgendwelche verpflichtenden Riten, die eine bestimmte Anzahl von Frauen an einem bestimmten Tag zu unternehmen hatte.
Kochen und Geschirrspülen? oder Bettzeug waschen?
Außerdem erinnere ich, daß man als guter orthodoxer Hinterbliebener in bestimmten Abständen eine vorgegebene Anzahl von Personen zu vorgegebenen Speisen zum Essen einladem muß.
Bitte mehr spezifisch. Volksfrömmigkeit gibt es in den wildesten Variationen. Hier in NA dreht es sich um Feuer unter Metallrosten auf denen dann Fleisch verbrannt wird. An diesen Bräuchen ist, solange nicht gegen den Glauben verstoßen wird, nichts auszusetzen.... Es fehlt hier nur an der nötigen Katechese...und bischöflicher Aufsicht (nach dem Kommunismus in Romania nicht verwunderlich. Die NA Unsitten haben allerdings mit der langzeitigen Unterdrückung durch den Kapitalismus zu tun).
Natürlich gedenkt man der Toten in bestimmten Abständen, am 3. Tag, am 9. Tag, am 4. Tag, ein halbes Jahr und ein Jahr nach ihrem Entschlafen, was ist da so verwunderlich. Ob das nun mit einer Tanzveranstaltung, (der reiche, böse Onkel hat Geld hinterlassen), einem großen Festessen im Andenken an gute Freunde und Familie geschieht ist doch wohl weltweit eine verbreitete Sitte (wenn man mal die neu-deutschen nihilistisch-säkularen Verbrennungs- und Vergessensriten ausklammert). [sarcasm off] :hmm:

Sieh hier: http://www.orthodox.net/articles/commem ... hurch.html

Ich bleibe dabei, dieser Thread ist 'weird,' bringt nichts und ist z.T. unerträglich in den der Fragestellung unterliegenden Annahmen....

Gruß
Joseph
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anneke6
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von anneke6 »

Ist off-topic aber: Volksaberglauben im Bezug auf (Un-)Tote gab es in Rumänien schon vor dem Kommunismus. Nicht umsonst kommt der Glaube an Vampire ja aus der Ecke. (Obwohl das Wort selbst slawischen Ursprungs ist, in Rumänien nennt man sie "strigoj"…es gibt wirklich interessante Literatur zu dem Thema.)
???

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holzi
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von holzi »

anneke6 hat geschrieben:Ist off-topic aber: Volksaberglauben im Bezug auf (Un-)Tote gab es in Rumänien schon vor dem Kommunismus. Nicht umsonst kommt der Glaube an Vampire ja aus der Ecke. (Obwohl das Wort selbst slawischen Ursprungs ist, in Rumänien nennt man sie "strigoj"…es gibt wirklich interessante Literatur zu dem Thema.)
Den Aberglauben gab es vermutlich auch schon lange vor dem Christentum...

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anneke6
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von anneke6 »

Ja, es ist ein heidnisches Substrat, wobei beim Vampir strenggenommen zwei Elemente verquickt wurden: Die Strigoi, die ähnlich dem griechischen Vrukolakas sind, und der Upir, ein slawisches übersinnliches Wesen, das Federn hat. (Auch die Krabat-Sage ist mit dem Upir-Glauben verknüpft.) Als allerletztes I-Tüpfelchen kommt dann noch der Schriftsteller Bram Stoker, der den Vampirglauben in Verbindung mit Vlad Tepes, dem Fürsten der Walachei, in Verbindung brachte, und Dracula war geboren.
Leider ist diese Spökenkiekerei bis heute nicht ausgemerzt.
???

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tanatos
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von tanatos »

Joseph hat geschrieben: Ich bleibe dabei, dieser Thread ist (...) z.T. unerträglich in den der Fragestellung unterliegenden Annahmen....
Welche da wären?
Daß man den im Fernsehen gemachten Aussagen eines russischen Priesters Glauben schenken kann (denn in der Fragestellung ging es ja um den Vortrag von Erzpriester Alexeis Ribakovs)?
Oder -wenn man den weiteren Verlauf der Diskussion betrachtet- daß auch in der Praxis der Ostkirche (wie woanders ja auch) nicht allein die hohe Theologie entscheidend ist, sondern oft auch zutiefst menschelnde Zugaben?
Oder daß man diese zumindest aus meiner Sicht seltsam wirkenden Aspekte (zumindest regionaler) ostkirchlicher Lebenswirklichkeit überhaupt wahrnehmen und ansprechen darf, anstatt sie totzuschweigen?
Joseph hat geschrieben: Ich bleibe dabei, dieser Thread ... bringt nichts
Das mag für Dich gelten, ich sehe das anders.
Meine Erfahrungen im Vielvölkerstaat Rumänien waren die, daß diese volkstümlichen Aspekte (ich nenne es einmal so) in der Außenwahrnehmung der Ostkirche entscheidend waren und mit den eigentlichen theologischen Anschauungen gleichgesetzt wurden. Dies wurde meines Erachtens oft auch von der Priesterschaft in ihren Äußerungen unterstützt.
Die Nicht-Orthodoxen (und das sind u.a. die Angehörigen sämtlicher Völker außer den Rumänen, i.B. Ungarn und Deutsche) bekommen von ihren rumänischen Nachbarn (soweit sie orthodox sind) ein Bild von orthodoxer Kirche dargestellt, daß weitgehend von diesen volkstümlichen Riten geprägt sind. Das bedeutet, daß dort oft Orthodoxie und Aberglauben gleichgesetzt wurden. Historisch hatte dies z.B. in Siebenbürgen zur Folge (es gab natürlich auch bedeutende andere Gründe!), daß in Siebenbürgen die Orthodoxie zwar tolleriert war, aber keine (wie es offiziell hies) "rezipierte Religion" war, daß also die Orthodoxie keinen politischen Einfluß nehmen konnte und ihre Bischofssitze nicht in der Stadt, sondern auf dem Dorf entstand (konkretes Beispiel: das Hirtendorf Rasinari, wo der Metropolit von Siebenbürgen lange Zeit seinen Sitz hatte).
Erst in den letzten Jahren, im Zeichen der Ökumene, kommt es zumindest bei Theologen zu einer Relativierung dieser Erfahrungen mit der Orthodoxie.

Ich denke schon, daß eine Vermittlung des "warums" ostkirchlicher Praxis wichtig ist, um einander zu verstehen.

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Alexander
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Alexander »

tanatos hat geschrieben:Außerdem erinnere ich, daß man als guter orthodoxer Hinterbliebener in bestimmten Abständen eine vorgegebene Anzahl von Personen zu vorgegebenen Speisen zum Essen einladem muß.
Joseph hat geschrieben: Natürlich gedenkt man der Toten in bestimmten Abständen, am 3. Tag, am 9. Tag, am 40. Tag, ein halbes Jahr und ein Jahr nach ihrem Entschlafen
Genau, an diesen Tagen gibt es Totengedenken.
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Alexander
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Alexander »

Es sei noch angemerkt, dass Volksfrömmigkeit, lokale Riten, ja sog ar christianisierte Riten aus heidnischer Zeit usw. durchaus zu achten sind. In einem gewissen Rahmen, natürlich. Hie und da gibt es Dinge, die über diesen Rahmen hinausgehen.
Zuletzt geändert von Alexander am Freitag 2. September 2011, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Alexander
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Re: Priesterfrauen

Beitrag von Alexander »

tanatos hat geschrieben:Historisch hatte dies z.B. in Siebenbürgen zur Folge (es gab natürlich auch bedeutende andere Gründe!), daß in Siebenbürgen die Orthodoxie zwar tolleriert war, aber keine (wie es offiziell hies) "rezipierte Religion" war, daß also die Orthodoxie keinen politischen Einfluß nehmen konnte und ihre Bischofssitze nicht in der Stadt, sondern auf dem Dorf entstand
Das zählte gewiss nicht zu den Gründen.
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