Evagrios Pontikos hat geschrieben:Diskriminierungsopfer? Benachteiligung? Die Rahmenbedingungen waren doch von vorneherein klar! Diskriminierung kann nur vorliegen, wenn jemand gegen geltendes Recht benachteiligt wird. Wenn ich Mitglied im "Verein der internationalen militanten Vegetarier" bin, dann darf ich nicht böse sein, wenn ich im Jägerverein nicht in den Vorstand gewählt werde. Es kann durchaus Rechtsgrößen geben, die in sich konsistent sind, aber einander gegenseitig ausschließen. Das gehört zu unserer pluralistischen Gesellschaft dazu. Und die Kirche hat das Recht, dies für sich einzufordern.
Wenn Du Recht hättest, dann nur unter der Voraussetzung, dass man grundsätzlich den Rechtsraum der Kirchen als eigenen Rechtsraum ablehnt. Natürlich gibt es diese Forderung in der öffentlichen Diskussion auch, z.B. beim aktuellen Fall, wo die Gewerkschaften gegen das Streikverbot für Angestellte der EKD protestierten.
Aber auch aus einer innerkirchlichen Perspektive kann ich Deiner Argumentation des Entweder-Oder nicht folgen: ein Unrecht kann ein anderes nicht rechtfertigen. Das Unrecht der Homopfarrhäuser rechtfertigt nicht das Unrecht der interreligiösen Pfarrerehe.
Auch geltendes Recht kann diskriminierend sein. So hat z. B. das Bundesverfassungsgericht auch schon Bundesgesetze für ganz oder partiell verfassungswidrig erklärt, weil sie Grundrechte verletzt hätten.
Die Kirche ist ein von staatlichen Gesetzen unabhängiger Rechtsraum. Da bin ich mit Dir einverstanden. Allerdings stehen kirchliche Ordnungen nicht über Schrift und Bekenntnis, sondern darunter. Wenn man also in anderen Angelegenheiten (FO, Homo-Ehe) „kirchliches Recht“ faktisch über die Schrift und Bekenntnis stellt, nicht zuletzt um der „gesellschaftlichen Weiterentwicklung“ Rechnung zu tragen, dann kann man nicht einfach jemanden wegen einer interreligiösen Ehe schlechter behandeln als einen anderen wegen einer homosexuellen Beziehung, zumal die Bibel die Ehe einer Christin mit einem Nicht-Christen nicht verbietet, auch wenn es nicht besonders vorbildlich und glaubwürdig ist, als Vikarin in einer interreligiösen Ehe zu leben.
Entweder hält man sich an Schrift und Bekenntnis oder weicht beides zu Gunsten der Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten auf. Was mich hier stört, ist die Inkonsequenz, die letztlich zu nicht mehr nachvollziehbaren Diskriminierungen führt. Man kann nicht in bibel- und bekenntniswidriger Manier, Pfarrer, die Homosexualität praktizieren, dulden und dann, sobald es um eine interreligiöse Ehe geht, nicht bereit sein, auch hier tolerant zu sein. Das führt dann nämlich zu einer Vorgehensweise und Behandlung, welche aus Sicht der Betroffenen eine Diskriminierung darstellt.
Oder um es nachvollziehbarer darzustellen: Eine Vikarin, die einen Nicht-Christen heiratet, handelt wenig glaubwürdig, nicht aber dadurch sündhaft.
Ein Pfarrer, der Homosexualität praktiziert, handelt nicht nur nicht vorbildlich, sondern sündhaft.
Darum ist der 2. Fall sogar schwerwiegender als der 1. Fall. Wenn ich jetzt im 2. Fall Toleranz zeige und den 1. Fall schließlich mit einer Entlassung sanktioniere, so diskriminiere ich die Person.
Man darf Gleiches nicht ungleich und Ungleiches nicht gleich behandeln. Ebenso muss die Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Wo gegen diesen Grundsatz verstoßen wird, liegt eine Diskriminierung vor, selbst wenn sie eine vermeintliche Rechtfertigung durch irgendeine kirchliche Ordnung hat/hätte. Dem steht schlicht höheres Recht (göttliches Recht) entgegen.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)