Hmm. Ich glaube eher, Schiller hätte als Kind seiner Zeit vermutlich zur Zerschlagung des Staates Israel als Beispiel für eine voraufklärerische Theokratie aufgerufen, Goethe hätte mitunterschrieben, aber aus anderen, heute politisch höchst unkorrekten Gründen. Und zumindest Thomas Mann war in Sachen Israel und Judentum ein ausgesprochen politischer Opportunist, dem es sowieso nie um die Sache ging, sondern um sich selbst. Der "Kampf gegen den Antisemitismus" war für Mann wohl nichts weiter als ein höchst bürgerlicher und auch unreflektierter Bestandteil der "Anständigkeit" seiner "Bügelfaltenliteratur", stets mit "Ernst und Pathos" vorgetragen. Auch sein Bruder war nicht frei von antisemitischen Einflüssen. Nein, die meisten erfolgreichen (und daher leider oft auch eingebildeten, s. Grass) Literaten taugen nicht als Zeugen für eine Sache oder eine Idee, sondern lediglich als Zeugen für sich selbst. Als wirklichen Fürsprecher für das Judentum aus der deutschen Literaturgeschichte würde ich Lion Feuchtwanger gelten lassen, dessen "Jüdische Trilogie" auch weniger anstrengend als die doch im sehr manierierten (wenn nicht gar affektierten) Mann-Literatendeutsch verfasste Josephs-Trilogie geschrieben ist. Auch ist die Verteidigung des Judentums von Feuchtwangers Seite authentischer - wenn er auch kein gläubiger Jude war, sondern wohl überzeugter Kommunist - und als solchen gab es für ihn sowieso nur Klassen und keine Ethnien. Insofern ist auch seine Fürsprache fürs Judentum nur eingeschränkt, auch wenn er einen säkularen jüdischen Staat guthieß.Pilgerer hat geschrieben:Goethe, Schiller und die Mann-Brüder sind Beispiele für größere deutsche Literaten, und sie hätten sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich intelligenter ausgedrückt.
In dieser interessanten Diskussionssendung des Deutschlandradio Kultur kann man sich übrigens einen kleinen Durchschnitt der Bevölkerungsmeinung abseits der offiziösen Presse zum Thema Grass anhören.