Warum werden wir nicht katholisch?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Protasius hat geschrieben: Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Schade, dass der Patsch des Tages schon vergeben ist. Wir merken Dich für morgen vor.

In der Zwischenzeit wäre die Lektüre der Leuenberger Konkordie zu empfehlen...
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Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Moser hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben: Aber bei Bekenntnisunionen besteht immer nur ein Kompromiss. Und ein Kompromiss ist eben nicht ausreichend.
Das Leben besteht nunmal aus Kompromissen. Auch das Glaubensleben.
Melanchton hat geschrieben: Ich empfinde die lutherischen Bekenntnisschriften nicht als "überholt". Deshalb bin ich gegen solche Unionen, da sie gegen meinen Glauben widersprechen.
Dann dürftest Du aber strenggenommen nicht in die Ev. Kirche in Mitteldeutschland eintreten, die ja ebenfalls uniert ist.

[Werbeblock ein]
Also, Württemberg ist lutherisch :breitgrins:
[Werbeblock aus]

Wobei, einen starken reformatorischen Einschlag haben wir ja auch...in dem Fall wäre vielleicht Bayern nicht schlecht...
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland ist eine Verwaltungsunion. :P

Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben: Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Schade, dass der Patsch des Tages schon vergeben ist. Wir merken Dich für morgen vor.

In der Zwischenzeit wäre die Lektüre der Leuenberger Konkordie zu empfehlen...
No Comment. :kugel:

Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Melanchthon hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:Mir ist nicht klar, was eine solche von Dir vorgeschlagene innerevangelische "Profilschärfung" bringen soll. Wenn man Deinen Gedanken weiterdenkt müsste man auch die Leuenberger Konkordie rückgängig machen.
Wie gesagt, ich bin nicht gegen Verwaltungsunionen, bei denen das jeweilige andere Bekenntnis geachtet und respektiert wird. Aber bei Bekenntnisunionen besteht immer nur ein Kompromiss. Und ein Kompromiss ist eben nicht ausreichend. Gegen eine Einheit hingegen habe ich nichts.
Ich kann noch nicht nachvollziehen, wie das praktisch aussehen soll. Auch weiß ich nicht, wo 'Bekenntnisunionen' ein 'Kompromiss' sein sollen. Denn: In einer unierten Kirche bestehen ja beide Bekenntnisse, mithin kann ein Lutheraner lutherisch bleiben und ein Reformierter reformiert. Die 'Einschränkungen', die er hinnehmen muß, bestehen u.U. darin, dass es eine für die gesamte Landeskirche einheitliche liturgische Ordnung gibt und dass er notwendigerweise Kirchengemeinschaft mit der jeweils anderen Tradition pflegen muss. Letzteres sollte - wir sprachen ja von Leuenberg - kein Problem mehr sein.

Ich frage auch nach der Praxis, weil ich natürlich meine eigene Landeskirche vor Augen habe, die uniert ist. Anders als in anderen Teilen Deutschlands, ist es bei uns schier unmöglich, eine klare Trennung zwischen lutherischer und reformierter Tradition vorzunehmen, da das über Jahrhunderte in äußerst verworrenen Prozessen durcheinandergelaufen ist. Mein Dorf ist traditionell lutherisch, ebenso wie die ganze Region, weil sie zu einem selbständigen Staat gehörte, der bis 1918 und sogar noch darüber hinaus bestand. Unsere selbständige lutherische Landeskirche wurde erst 1934 - nach der Auflösung unseres Staates mit der benachbarten größeren Landeskirche vereinigt. Diese Landeskirche des größeren Staates war seit der Reformation lutherisch. Im Rahmen eines größeren Reformprogramms im frühen 17. Jahrhundert wuchs jedoch der reformierte Einfluss, sodass die Kirche quasi reformiert wurde, ohne das lutherische Bekenntnis (CA) außer kraft zu setzen. Trotzdem hielt sich in einigen Regionen dieses Staates eine starke lutherische Minderheit - bis heute. Hinzu kam die Ansiedlung vieler hugenottischer Glaubensflüchtlinge, die in ihren Dörfern natürlich ein ganz klar reformiertes Erbe pflegen - ebenso bis heute. Und dann kamen noch ein paar andere kleinere Territorien hinzu, die ebenfalls ihre eigene konfessionelle Geschichte hatten, einige davon dezidiert lutherisch, andere dezidiert reformiert, wieder andere gemischt oder 'uniert'.

Bei Einführung der ersten gemeinsamen Agende gab es ca. 40 verschiedene Gottesdienstordnungen, die im Gebiet der Landeskirche in Gebrauch waren. Das ist also etwas völlig anderes als bei einem großen Flächenstaat wie Sachsen oder Hannover, für den ein einheitliches Bekenntnis galt.

Aber funktionieren tut es wunderbar.
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Protasius
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Protasius »

Melanchthon hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben: Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Schade, dass der Patsch des Tages schon vergeben ist. Wir merken Dich für morgen vor.

In der Zwischenzeit wäre die Lektüre der Leuenberger Konkordie zu empfehlen...
No Comment. :kugel:
Konkordie kurz überflogen und festgestellt, daß die Reformierten das Abendmahl wohl nicht nur als reines Gedächtnismahl betrachten, wie ich bisher dachte. Nach meinen bisherigen Kenntnissen hatte Zwingli das Abendmahl auf einen reinen Gedächtnisakt ohne Realpräsenz reduziert, aber ich ziehe mich aus dieser Diskussion jetzt einfach zurück, als Katholik ist das ja nicht meine Tasse Tee.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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overkott
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von overkott »

Ich denke nicht, dass Jesus Christus zwangserlösen wollte. Ihm kam es - auch im Hinblick auf den Wundertäter vom anderen Bekenntnis - nicht auf die unmittelbare Personalunion an. Viel wichtiger ist ihm mit dem heiligen Vater im Himmel die geistige Gemeinschaft in Erfüllung des Guten. Was das im Einzelnen ist, muss jeder ganz subsidiar in seinem Herz selber spüren. Daher kann auch der gebürtige Protestant nur katholisch werden, wenn es ihm vom Geist gegeben ist.

Pilgerer
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Pilgerer »

Melanchthon hat geschrieben:Ich bin ebenfalls gegen einen engen Konfessionalismus. Aber wofür dann Unionen, wenn wir schon Leuenberg haben? Reformierte und Lutheraner sollten natürlich eng zusammen arbeiten und als gleichberechtigte Partner innerhalb der EKD fungieren, aber den Sinn von Bekenntnisunionen erschließt sich mir nicht.
Die Reformierten und Lutheraner haben sich heute stark angenähert. Weder gibt es bei den Reformierten noch die Askese und Kirchenzucht früherer Jahrhunderte noch gibt es bei den Lutheranern das klassische Abendmahlsverständnis. Da wir faktisch bereits eine unierte Konfession haben, wäre es sinnvoll, das auch theologisch zu begründen. Anknüpfend an das christlich-katholische Kirchenverständnis der Reformation könnte sich die EKD als Teil der einen weltweiten christlich-katholischen Kirche sehen, die durch Christus, die Bibel und altkirchliche Bekenntnisse katholisch ist. Dabei sind die ewig gültigen Grundsätze der Bibel bedeutsam, welche eigentlich auch vorher bestanden, aber von der komplizierten Lehre eher verstellt als enthüllt waren.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:Mir ist nicht klar, was eine solche von Dir vorgeschlagene innerevangelische "Profilschärfung" bringen soll. Wenn man Deinen Gedanken weiterdenkt müsste man auch die Leuenberger Konkordie rückgängig machen.
Wie gesagt, ich bin nicht gegen Verwaltungsunionen, bei denen das jeweilige andere Bekenntnis geachtet und respektiert wird. Aber bei Bekenntnisunionen besteht immer nur ein Kompromiss. Und ein Kompromiss ist eben nicht ausreichend. Gegen eine Einheit hingegen habe ich nichts.
Ich kann noch nicht nachvollziehen, wie das praktisch aussehen soll. Auch weiß ich nicht, wo 'Bekenntnisunionen' ein 'Kompromiss' sein sollen. Denn: In einer unierten Kirche bestehen ja beide Bekenntnisse, mithin kann ein Lutheraner lutherisch bleiben und ein Reformierter reformiert. Die 'Einschränkungen', die er hinnehmen muß, bestehen u.U. darin, dass es eine für die gesamte Landeskirche einheitliche liturgische Ordnung gibt und dass er notwendigerweise Kirchengemeinschaft mit der jeweils anderen Tradition pflegen muss. Letzteres sollte - wir sprachen ja von Leuenberg - kein Problem mehr sein.

Ich frage auch nach der Praxis, weil ich natürlich meine eigene Landeskirche vor Augen habe, die uniert ist. Anders als in anderen Teilen Deutschlands, ist es bei uns schier unmöglich, eine klare Trennung zwischen lutherischer und reformierter Tradition vorzunehmen, da das über Jahrhunderte in äußerst verworrenen Prozessen durcheinandergelaufen ist. Mein Dorf ist traditionell lutherisch, ebenso wie die ganze Region, weil sie zu einem selbständigen Staat gehörte, der bis 1918 und sogar noch darüber hinaus bestand. Unsere selbständige lutherische Landeskirche wurde erst 1934 - nach der Auflösung unseres Staates mit der benachbarten größeren Landeskirche vereinigt. Diese Landeskirche des größeren Staates war seit der Reformation lutherisch. Im Rahmen eines größeren Reformprogramms im frühen 17. Jahrhundert wuchs jedoch der reformierte Einfluss, sodass die Kirche quasi reformiert wurde, ohne das lutherische Bekenntnis (CA) außer kraft zu setzen. Trotzdem hielt sich in einigen Regionen dieses Staates eine starke lutherische Minderheit - bis heute. Hinzu kam die Ansiedlung vieler hugenottischer Glaubensflüchtlinge, die in ihren Dörfern natürlich ein ganz klar reformiertes Erbe pflegen - ebenso bis heute. Und dann kamen noch ein paar andere kleinere Territorien hinzu, die ebenfalls ihre eigene konfessionelle Geschichte hatten, einige davon dezidiert lutherisch, andere dezidiert reformiert, wieder andere gemischt oder 'uniert'.

Bei Einführung der ersten gemeinsamen Agende gab es ca. 40 verschiedene Gottesdienstordnungen, die im Gebiet der Landeskirche in Gebrauch waren. Das ist also etwas völlig anderes als bei einem großen Flächenstaat wie Sachsen oder Hannover, für den ein einheitliches Bekenntnis galt.

Aber funktionieren tut es wunderbar.
Dann wäre vielleicht eine Reform nötig, die diese lutherischen Inseln aus der ohnehin schon reformierten Landeskirche heraustrennt und eine neue, lutherische Landeskirche bildet. Um welche Landeskirche handelt es sich eigentlich?

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asderrix
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von asderrix »

Moser hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben: Aber bei Bekenntnisunionen besteht immer nur ein Kompromiss. Und ein Kompromiss ist eben nicht ausreichend.
Das Leben besteht nunmal aus Kompromissen. Auch das Glaubensleben.
Stimmt und die meisten die bei Kirchens in letzter Zeit geschlossen wurden stinken zum Himmel.
Jedes Gedächtnismahl sagt: Das Beste kommt noch!

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Heinrich II
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Heinrich II »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben: Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Schade, dass der Patsch des Tages schon vergeben ist. Wir merken Dich für morgen vor.

In der Zwischenzeit wäre die Lektüre der Leuenberger Konkordie zu empfehlen...
Und ich wollte Dich schon dafür loben, dass Du zwei Seiten vorher einen sachlichen und umfangreichen Beitrag zu Clemens Buch mit diskutierbaren Inhalten geliefert hast.
Warum jetzt wieder diese aggressive Ton?

Und so klar ist es ja wohl doch nicht:
Leuenberger Konkordie hat geschrieben: Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, läuft Gefahr, den Sinn des Abendmahls zu verdunkeln.
Was sagt mir das jetzt in Hinblick auf Protasius Frage?

Ergänzung: Wie drückte es Luther aus: „Es ist mir schrecklich, zu hören, dass in einer Kirche oder bei einem Altar beide Teile ein Sakrament empfangen, und ein Teil glaube, es empfange nichts als Brot und Wein, das andere aber glaube, es empfange den wahren Leib und das wahre Blut Christi.
Wer euch ein anderes Evangelium verkündet, als ihr angenommen habt, der sei verflucht. Geht es mir denn um die Zustimmung der Menschen, oder geht es mir um Gott?

Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Melanchthon hat geschrieben: Dann wäre vielleicht eine Reform nötig, die diese lutherischen Inseln aus der ohnehin schon reformierten Landeskirche heraustrennt und eine neue, lutherische Landeskirche bildet. Um welche Landeskirche handelt es sich eigentlich?
Abgesehen davon, dass das niemand will, wäre das auch nicht möglich. Denn es gibt zwar einige Gemeinden oder Regionen, die sich klar der einen oder anderen Seite zuordnen könnten, bei anderen ist das aber gar nicht (mehr) möglich. Wenn etwa in einem Ort eine ursprünglich lutherische Gemeinde bestand, die dann durch landgräfliche Reformen zu einer de facto reformierten Gemeinde mit lutherischem Bekenntnis wurde und im 18. Jahrhundert zusätzlich noch einige hugenottische Familien aufnahm, die reformiert geprägt waren - wie soll man diese Gemeinde heute als lutherisch oder reformiert bezeichnen?
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Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben: Dann wäre vielleicht eine Reform nötig, die diese lutherischen Inseln aus der ohnehin schon reformierten Landeskirche heraustrennt und eine neue, lutherische Landeskirche bildet. Um welche Landeskirche handelt es sich eigentlich?
Abgesehen davon, dass das niemand will, wäre das auch nicht möglich. Denn es gibt zwar einige Gemeinden oder Regionen, die sich klar der einen oder anderen Seite zuordnen könnten, bei anderen ist das aber gar nicht (mehr) möglich. Wenn etwa in einem Ort eine ursprünglich lutherische Gemeinde bestand, die dann durch landgräfliche Reformen zu einer de facto reformierten Gemeinde mit lutherischem Bekenntnis wurde und im 18. Jahrhundert zusätzlich noch einige hugenottische Familien aufnahm, die reformiert geprägt waren - wie soll man diese Gemeinde heute als lutherisch oder reformiert bezeichnen?
Stephen. :D :huhu:

Es geht mir vor allem um Verwaltungsunionen. Das klappt ja auch wunderbar in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Wieso nicht auch in deiner Landeskirche? Man sollte eben jene bekenntnisunierte Gemeinden vor die Wahl stellen: entweder, oder? Wenn diese Gemeinden im Endeffekt sowieso reformiert sind, wird es diesen Gemeinden auch sicherlich nicht sonderlich schwer fallen, das lutherische Bekenntnis aufzugeben. Das wäre dann wenigstens ehrlich gegenüber lutherischen Christen. Da könnte sich die Evangelische Kirche vielleicht etwas von der katholischen Kirche abschauen: hart, aber sanft, durchgreifen. :D

Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Melanchthon hat geschrieben: Es geht mir vor allem um Verwaltungsunionen. Das klappt ja auch wunderbar in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Wieso nicht auch in deiner Landeskirche? Man sollte eben jene bekenntnisunierte Gemeinden vor die Wahl stellen: entweder, oder? Wenn diese Gemeinden im Endeffekt sowieso reformiert sind, wird es diesen Gemeinden auch sicherlich nicht sonderlich schwer fallen, das lutherische Bekenntnis aufzugeben. Das wäre dann wenigstens ehrlich gegenüber lutherischen Christen. Da könnte sich die Evangelische Kirche vielleicht etwas von der katholischen Kirche abschauen: hart, aber sanft, durchgreifen. :D
Die meisten Gemeinden wären damit überfordert. Es hat sich über viele Generationen eine Identität des 'Evangelischseins' herausgebildet, die nicht zwischen lutherisch und reformiert differenziert. Ausnahmen sind Orte oder Gemeinden, in denen es tatsächlich einmal zwei Gruppen gab und wo es zu Bekenntnisstreitigkeiten kam. In meiner Region, die immer monokonfessionell lutherisch war, wissen die Leute das gar nicht. Sie würden mit den Achseln zucken, wenn Du sie fragtest, ob sie reformiert oder lutherisch sind. Und dabei sieht man es an den Kirchen ganz deutlich, die sind nämlich noch voller vorreformatorischer Kunstwerke bis hin zum Marienaltar... :freude:

Was damit gewonnen wäre, diesen Gemeinden jetzt eine konfessionelle Identität jenseits der gewachsenen überzustülpen (sei sie nun reformiert oder lutherisch), weiß ich nicht.

Mußte Mitteldeutschland nicht diesen Weg gehen, weil eine traditionell lutherische Landeskirche (Thüringen) mit einer Kirche der altpreußischen Union (Kirchenprovinz Sachsen) eine neue Landeskirche bildete? Die Thüringer hätten es bestimmt nicht hingenommen, jetzt mal eben zu 'Unierten' erklärt zu werden, oder?
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Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Die meisten Gemeinden wären damit überfordert. Es hat sich über viele Generationen eine Identität des 'Evangelischseins' herausgebildet, die nicht zwischen lutherisch und reformiert differenziert. Ausnahmen sind Orte oder Gemeinden, in denen es tatsächlich einmal zwei Gruppen gab und wo es zu Bekenntnisstreitigkeiten kam. In meiner Region, die immer monokonfessionell lutherisch war, wissen die Leute das gar nicht. Sie würden mit den Achseln zucken, wenn Du sie fragtest, ob sie reformiert oder lutherisch sind. Und dabei sieht man es an den Kirchen ganz deutlich, die sind nämlich noch voller vorreformatorischer Kunstwerke bis hin zum Marienaltar...

Was damit gewonnen wäre, diesen Gemeinden jetzt eine konfessionelle Identität jenseits der gewachsenen überzustülpen (sei sie nun reformiert oder lutherisch), weiß ich nicht.

Mußte Mitteldeutschland nicht diesen Weg gehen, weil eine traditionell lutherische Landeskirche (Thüringen) mit einer Kirche der altpreußischen Union (Kirchenprovinz Sachsen) eine neue Landeskirche bildete? Die Thüringer hätten es bestimmt nicht hingenommen, jetzt mal eben zu 'Unierten' erklärt zu werden, oder?
Und genau das ist es, was ich bedaure. Dass Gläubige nicht mehr wissen, ob sie reformiert oder lutherisch sind. Ich schlussfolgere daraus, dass die Evangelische Kirche bedeutenden Nachholbedarf in Sachen Katechumenenunterricht hat. :D

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Clemens
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Clemens »

Hier die versprochene Antwort auf die Argumente von Stephen:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Es geht um das Kapitel 'Sola scriptura' oder Apostolizität: http://www.kath.net/detail.php?id=3782
Die Bibel (Altes und Neues Testament) gilt uns als Wort Gottes, als Heilige Schrift. Sie enthält aber nicht jede Information, die uns heute interessieren würde.

Die Idee, dass allein die Bibel der Maßstab für die kirchliche Lehre sein solle, entstand erst im Hochmittelalter als Reaktion auf mancherlei kirchliche Missstände. Das reformatorische Prinzip „sola scriptura“ (allein die Schrift) ist auch aus den Zuständen der Reformationszeit verständlich. 

In den Schmalkaldischen Artikeln schrieb Luther: „Gottes Wort soll Artikel des Glaubens stellen und sonst niemand, auch kein Engel.“

Hier wird bereits ein zentrales Problem dieses Kapitels deutlich. Es werden zwei Aussagen und theologische Positionen miteinander vermischt, ohne das klar zu benennen. Das erste ist das, was die Theologie unter dem reformatorischen 'sola scriptura' zusammenfasst: Den Gedanken, dass die Schrift allein höchster Maßstab und Richtschnur der Lehre und Praxis der Kirche sein darf. In der Kirche darf nichts gelehrt werden, was nicht im Einklang mit der Schrift steht oder ihr widerspricht. Dies lässt neben der biblischen Überlieferung auch Traditionsgut zu, bindet dieses aber an die Schrift, d.h. nur solches Traditionsgut ist beizubehalten, das mit der Schrift in Einklang steht. So haben etwa alle reformatorischen Bekenntnisse die altkirchlichen Symbole (Apostolicum, Nicänum, Athanasianum) beibehalten, die ja nicht dem biblischen Kanon zuzurechnen sind, aber im Sinne der Reformatoren mit diesem im Einklang stehen.

Die zweite Position, die hier anklingt, ist der klassische 'enge' Biblizismus, also eine Haltung, die in der Kirche nur zulassen will, was so direkt in der Bibel vorkommt oder geboten ist. Die Kirche habe sich in Lehre und Gottesdienst von allem zu reinigen, das nicht direkt biblisch begründet und verordnet ist. Nun ist dies eine Haltung, die in der Reformation nur von einigen radikalen Randgruppen vertreten wurde und bis heute vor allem in einigen evangelikalen Gruppen vorkommt. Es ist dies keinesfalls das Schriftprinzip, das die reformatorischen Bekenntnisse mit ihrem 'sola scriptura' beschreiben.

Da hier beide Ansichten vermischt werden, entsteht aber der Eindruck, die Evangelischen würden genau diesen Biblizismus mit 'sola scriptura' meinen. Es mag vereinzelt solche Leute geben, zumal im schwäbischen Pietismus, aber im Hinblick auf die protestantische Lehrbildung und die normativen Bekenntnisse ist das nicht der Fall.
Aber ich denke, aus dem bisher Geschriebenen wurde deutlich: das „sola scriptura“ als theologisches Grundprinzip blendet wichtige Teile der göttlichen Wahrheit aus.
Sola Scriptura: theologisch reflektierte evangelische Haltung versus pietistische Verengung.
Ja, zugegeben: hier hätte ich mehr differenzieren können. Wie in meiner gestrigen Kurzantwort schon skizziert sind die Zielgruppe des Büchleins allerdings die biblizistischen Evangelikalen.
Und die Grundlinie des Buches, der „rote Faden“ verläuft so und das macht hoffentlich auch die Argumentationsstruktur deutlich:

These: Kirchenspaltung ist ein Problem, mit dem man sich nicht einfach abfinden darf.
Gegenthese (evangelikaler Einwand): Aber die Katholiken haben doch lauter unbiblische und antichristliche Lehren, die man als wahrer Christ ablehnen muss.

These: Alle diese „Sonderlehren“ können akzeptiert werden, wenn wir auf das Sola Scriptura verzichten und erkennen, dass die Kirche von Anfang an viel mehr an Praxis und Lehre hatte, als in den situationsbedingten Ausschnitten aus dem kirchlichen Leben („Fotoalbum“), die die Bibel zeigt, definitiv beschrieben ist.

Zur Verdeutlichung wird das dann an den (in evangelikalen Augen!) wesentlichen Kontroversfragen durchexerziert.

Ergebnis: Alle katholischen Dogmen sind mit der Schrift vereinbar, wenn auch nicht unbedingt aus ihr ableitbar. Keine katholische „Sonderlehre“ rechtfertigt daher, dass wir uns weiterhin von der Gemeinschaft mit der Kirche fernhalten.

Daraus wird hoffentlich klar, dass es mir nicht darum ging, alle Feinheiten des Sola-Scriptura-Dogmas (doch, das gibt es – zumindest in meinem bisherigen kirchlichen Umfeld ist es sogar das wichtigste, das Schibboleth, an dem man wahre von falschen Christen unterscheidet) zu beleuchten, sondern deutlich zu machen, dass sein Ansatz selbst grundfalsch ist und von der Kirche Christi wegführt.

Stephen Dedalus hat geschrieben: Nein, das ist keineswegs deutlich. Zum einen nicht, weil das 'sola scriptura' nicht entsprechend seiner Bedeutung in den evangelischen Bekenntnissen erklärt wurde und ja durchaus schriftergänzende Traditionen zulässt (solange sie schriftkonform sind), zum anderen, weil diese Aussage intendiert, es gebe wesentliche Glaubenswahrheiten, die in der Bibel quasi fehlen. Da würde mich dann doch interessieren, welche das sind.
Ganz wichtig: die Lehre von Eucharistie und apostolischem Amt wird in der Bibel nicht ausgeführt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Nähme man das Gegenteil an, wäre die logische Folgerung, die apostolischen Väter der 2.Generation hätten diese Lehren neu erfunden. Darauf gibt es aber keinen Hinweis (ich weiß, argumenta e silentio gefallen nicht jedem – in diesem Fall finde ich es geradezu schlagend).

Außerdem:
die Heiligen- und Marienverehrung. Sie ist – wesentlich bedingt durch die zeitliche Nähe zu den Aposteln – in der Bibel nicht explizit feststellbar, gehört aber zur Lehre und Praxis der Alten Kirche definitiv dazu.

Drittens:
Der Primat des Papstes (nicht unbedingt im mittelalterlichen Sinn!) ist schon für das 2.Jhdt. in der Praxis fassbar (Clemens, Irenäus).
Stephen Dedalus hat geschrieben:


Ein besseres Kriterium für die Wahrheit und Richtigkeit der kirchlichen Lehre sehe ich in der „Apostolizität“. Das für alle Kirchen verbindliche Glaubensbekenntnis von Nicäa und Konstantinopel hält fest: „Ich glaube … die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. 

Wie Theurer richtig schreibt, bekennen alle Kirchen diesen Glaubenssatz verbindlich. Daraus leitet sich - zwingend - ab, dass auch die Evangelischen an die Apostolizität der Kirche glauben. Damit wird schon deutlich, dass die hier angebotene Alternative 'sola scriptura' oder Apostolizität eine Scheinalternative ist.
Jein. Siehe oben!
Stephen Dedalus hat geschrieben: Richtig ist: Auch die Evangelischen glauben an die Apostolizität der Kirche. Die Rückbindung der Lehre und Praxis an die Heilige Schrift ist genau das Mittel, mit dem die ev. Traditionen diese Apostolizität gewährleisten (wollen).

Nicht die Frage, ob jede kirchliche Handlung in der Bibel detailliert beschrieben ist, ist demnach der entscheidende Maßstab, sondern ob sie mit dem übereinstimmt, was die Apostel in ihren Gemeinden gelehrt und praktiziert haben.
Das ist völlig richtig. Der erste Satz bezieht sich auf einen Biblizismus, den die ev. Kirche (zumal die lutherischen und reformierten Kirchen) nicht vertreten. Den zweiten Satz würden sie hingegen ohne zu zögern unterschreiben. Jedoch muß hier die Frage gestellt werden: Woher wissen wir denn, was die Apostel gelehrt und praktiziert haben? Denn die Quellenlage aus der apostolischen Zeit ist dünn und authentische Zeugnisse aus der Feder Apostel haben wir nicht - abgesehen natürlich vom vom Kanon des NT. Und genau diesen halten die Reformatoren für eine wichtige Grundlage und für den Maßstab dessen, was apostolisch ist.

Im Hintergrund steht hier wohl die Meinung, die katholische Kirche wisse (besser als die evangelische), was die Apostel gelehrt und praktiziert haben, weil sie dies - unverfälscht - in ihrer eigenen Lehre und Praxis aufbewahrt habe. Das könnte man dann wohl deutlich so sagen. Vielleicht geschieht das aber an anderer Stelle des Buches. Trotzdem hielte ich diese Auffassung in dieser verkürzten Form für etwas naiv.
Es darf nicht sein, dass im Laufe der Zeit neue Lehren entstehen, von denen die Apostel nichts wussten, oder schlimmer noch: die dem entgegenstehen, was die ersten Christen glaubten. Dieser Gedanke liegt übrigens nicht nur der römisch-katholischen Theologie zugrunde, sondern auch für die Reformatoren Luther, Melanchthon und ihre Anhänger war das selbstverständlich.
Wo liegt denn dann der Gegensatz zwischen der katholischen und der ev. Position? Oder anders: Warum kam es dann überhaupt zum Konflikt?


Weil die Reformatoren die kirchliche Tradition ins Prokrustesbett ihres Biblizismus gepresst haben. Die altkirchlichen Symbole haben sie wohl anerkannt - aber nicht, weil sie von der Kirche verfasst, sondern weil sie vom Heiligen Geist gewirkt, bzw. als mit der Bibel übereinstimmend gewertet wurden. Ansonsten haben sie (und ihre Epigonen) alles abgeschnitten und abgehackt, was über die biblische Lehre hinausging. (Wohlgemerkt: ich schrieb für Evangelikale!)
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Nach katholischer Auffassung gilt: „Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes“. Schrift und Tradition widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich.
Ja, das ist die katholische Position. Nur wird weiterhin nicht wirklich klar, worin der Widerspruch liegt.
Der Widerspruch liegt gar nicht darin, dass die einen das Prinzip der Apostolizität hätten, währen die anderen 'Sola Scriptura' haben. Beide versuchen, die Apostolizität der Kirche zu gewährleisten, allerdings auf unterschiedliche Weise:
Die Evangelen tun dies durch das Verbleiben in der Lehre und Praxis der Apostel, gewährleistet durch die Treue zur Schrift.
Die Katholiken hingegen gewährleisten die Apostolizität der Kirche durch das Amt und durch die zwei Säulen Schrift und (außerbiblische) Tradition.
Auf das Amt geh Theurer offenbar in einem anderen Kapitel ein. Das Manko dieses Kapitels ist aber, den eigentlichen Gegensatz im Vergleich nicht klar genug herausgearbeitet zu haben.

Es entsteht der Eindruck, die einen hätten die Apostolizität, während die anderen sich auf die Bibel berufen. Bibel und Apostolizität gibt es in beiden Traditionen, sie werden jedoch unterschiedlich gewichtet und aufeinander bezogen.
Nach der apostolischen Zeit aufgekommene Lehren können demnach auch in der katholischen Kirche niemals zur Glaubensgrundlage für die ganze Christenheit werden. Neue Lehren kann es nicht geben, wohl aber kann sich die Lehre entfalten, so wie ein Baum zwar identisch mit dem Samenkorn ist, aber doch viel ausdifferenzierter im Detail.
Das ist die bekannte Theorie. Da Theurer aber vor allem für evangelische Leserinnen und Leser schreibt, dürften die Rückfragen wohl auf der Hand liegen. Will er etwa ernsthaft glauben, dass das 187 erklärte Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit zu den Lehren gehörte, die die Apostel von Christus empfangen haben? Ich halte das für hanebüchen und für einen naiven Blick auf die katholische Lehr- und Traditionsbildung, den selbst die meisten katholischen Theologen ablehnen würden.
Der Sache nach: ja! Grob verkürzt dargestellt (ausführlicher wurde die Frage hier im KG ja schon mehrmals besprochen): Mt.16,18 belegt den Primat der nachfolger Petri über den Rest der Kirche. Die Unfehlbarkeit folgt daraus ("Roma locuta, causa finita") - nicht gleich per definitionem, aber als Reflex der altkirchlichen Praxis.

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Clemens
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Clemens »

San Marco hat geschrieben: Eine kleine Frage:
Auf Seite 12 schreibst du über den Heiligen Paulus:

"Wozu hätte er die Firmung oder die Weihe zum Amt des Diakons oder Priesters genauer beschreiben sollen ? Offenbar bestand damals kein Bedarf, diese Riten, die längst eingeführt waren, nochmals in einem Brief zu erklären."

Woher beziehst du das Wissen, dass in den paulinischen Gemeinden schon in der Zeit um 50 nach Chr. Diakone und Priester wirkten und zudem geweiht waren ? Beschreibt der Heilige Paulus in 1. Tim 2,5 nicht selbst FÜR DIESE Zeit einen anderen Zustand, der funktionsmäßig eben den Priester der späteren Zeit noch gar nicht kennt ?
Meinst du wirklich diese Bibelstelle? Die hat doch gar nichts mit der Frage nach den Ämtern zu tun.
Zugegeben: die Bezeichnungen für die verschiedenen Ämter oszillieren zur biblischen Zeit noch ein bißchen. Dass sie sich aber grundsätzlich gewandelt hätten (Abschaffung, Neueinführung), glaube ich nicht. Dass die Weihe erst später erfunden wurde, glaube ich auch nicht. Paulus schreibt an Timotheus und Titus hinreichend deutlich von einem Einführungsritus, dessen wesentlicher Kern auch heute noch in jeder kirchlichen Weihehandlung enthalten sein dürfte.
(Das Alternativmodell eines tiefgreifenden liturgisch-theologischen Bruches zwischen 60 und 90 n.Chr. halte ich nicht für überzeugend.)

Pilgerer
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Pilgerer »

Clemens hat geschrieben:These: Alle diese „Sonderlehren“ können akzeptiert werden, wenn wir auf das Sola Scriptura verzichten und erkennen, dass die Kirche von Anfang an viel mehr an Praxis und Lehre hatte, als in den situationsbedingten Ausschnitten aus dem kirchlichen Leben („Fotoalbum“), die die Bibel zeigt, definitiv beschrieben ist.
Ist denn die "Heilige Schrift" noch heilig, wenn sie der Tradition gleichgestellt oder gar untergeordnet wird? Es geriet im Lauf der Kirchengeschichte in Vergessenheit, dass aus dem Glauben die Gerechtigkeit kommt (siehe Römer- und Galaterbrief). Wenn die einfachen Wahrheiten der heiligen Schrift, die der Kirche zugrunde liegen, in Vergessenheit geraten oder von anderen Traditionen überlagert werden, ist es nötig, von der Schrift ausgehend die Fehlentwicklungen zur korrigieren. Solange das im Verantwortungsbereich des römischen Papstes nicht geschieht, hat Gott das Recht, ihm Teile der Kirche zu entziehen.

Darüber hinaus war es ein schwerer Irrtum der mittelalterlichen Papst-Verehrung, "daß er weder Gott noch Mensch sei, sondern ein gemischter Gott, ein irdischer Gott" (http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... der_kirche). Diese Überhöhung des Papstes über das apostolischen Amt hinaus wirkt vereinzelt heute noch fort und wirkt nach wie vor irritierend auf Protestanten.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

San Marco
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von San Marco »

Hallo Clemens, wenn deine Zielgruppe von Anfang an klar gewesen wäre ("Zielgruppe des Büchleins allerdings die biblizistischen Evangelikalen" dann hätte ich mir meine kritischen Postings sparen können.

Du hast meine volle Unterstützung. Denn diese Zielgruppe ist ja in der Württembergischen Landeskirche gerade ein großes Problem, das jeden modernen Menschen abschreckt. Ich kenne inzwischen drei Neu-Katholiken, die sich nach intensiver Beschäftigung mit der Lehre der Kirchen von der Landeskirche abgewendet haben. Ihnen war diese biblizistische, pietistische und evangelikale Haltung einfach zuviel.
Und deine Zielgruppe muss natürlich mit einfachem Deutsch bedient werden.

Viel Glück auf deinem Weg.

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Florianklaus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Florianklaus »

Pilgerer hat geschrieben:
Ist denn die "Heilige Schrift" noch heilig, wenn sie der Tradition gleichgestellt wird?
Ja klar, wieso nicht?

Pilgerer
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Pilgerer »

Die Tradition besteht zum großen Teil aus Schriften. Also haben wir da eine Vielzahl an Schriften, die nebeneinander gültig sind und von denen die Bibel eine ist. Welchen Vorzug hat die Bibel dann noch, wenn sie nicht stärker als andere Schriften einbezogen wird?
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Melanchthon
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Melanchthon »

Florianklaus hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Ist denn die "Heilige Schrift" noch heilig, wenn sie der Tradition gleichgestellt wird?
Ja klar, wieso nicht?
Dann ist mein örtlicher Kaffeeautomat genauso heilig. Den stelle ich auch mal eben gleich. :patsch:

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Florianklaus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Florianklaus »

Melanchthon hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Ist denn die "Heilige Schrift" noch heilig, wenn sie der Tradition gleichgestellt wird?
Ja klar, wieso nicht?
Dann ist mein örtlicher Kaffeeautomat genauso heilig. Den stelle ich auch mal eben gleich. :patsch:
:nuckel:

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lifestylekatholik
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von lifestylekatholik »

Pilgerer hat geschrieben:Die Tradition besteht zum großen Teil aus Schriften.
Nein. Hier wirst du geholfen: Was soll das sein, Tradition?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben:
Sola Scriptura: theologisch reflektierte evangelische Haltung versus pietistische Verengung.
Ja, zugegeben: hier hätte ich mehr differenzieren können. Wie in meiner gestrigen Kurzantwort schon skizziert sind die Zielgruppe des Büchleins allerdings die biblizistischen Evangelikalen.
Und die Grundlinie des Buches, der „rote Faden“ verläuft so und das macht hoffentlich auch die Argumentationsstruktur deutlich:

These: Kirchenspaltung ist ein Problem, mit dem man sich nicht einfach abfinden darf.
Gegenthese (evangelikaler Einwand): Aber die Katholiken haben doch lauter unbiblische und antichristliche Lehren, die man als wahrer Christ ablehnen muss.

These: Alle diese „Sonderlehren“ können akzeptiert werden, wenn wir auf das Sola Scriptura verzichten und erkennen, dass die Kirche von Anfang an viel mehr an Praxis und Lehre hatte, als in den situationsbedingten Ausschnitten aus dem kirchlichen Leben („Fotoalbum“), die die Bibel zeigt, definitiv beschrieben ist.

Zur Verdeutlichung wird das dann an den (in evangelikalen Augen!) wesentlichen Kontroversfragen durchexerziert.

Ergebnis: Alle katholischen Dogmen sind mit der Schrift vereinbar, wenn auch nicht unbedingt aus ihr ableitbar. Keine katholische „Sonderlehre“ rechtfertigt daher, dass wir uns weiterhin von der Gemeinschaft mit der Kirche fernhalten.

Daraus wird hoffentlich klar, dass es mir nicht darum ging, alle Feinheiten des Sola-Scriptura-Dogmas (doch, das gibt es – zumindest in meinem bisherigen kirchlichen Umfeld ist es sogar das wichtigste, das Schibboleth, an dem man wahre von falschen Christen unterscheidet) zu beleuchten, sondern deutlich zu machen, dass sein Ansatz selbst grundfalsch ist und von der Kirche Christi wegführt.

Danke für die Erklärung. Mit diesem Vorgehen wirst Du natürlich niemanden überzeugen, der sich ein wenig tiefergehender mit evangelischer Theologie befaßt hat. Ich halte es im Grundsatz für unklug, eine pietistisch-evangelikale Zerrform des 'sola scriptura' mit dem reformatorischen Schriftprinzip zu vermischen, um es dann zu 'widerlegen'. Dabei entsteht unweigerlich der Eindruck, dass Du die evangelische Seite falsch darstellst, um sie dann leichter zu demontieren.

Viel sinnvoller und theologisch fruchtbarer wäre hier m. E. ein anderes Vorgehen gewesen. Du hättest in einem ersten Schritt erklären können, dass der enge pietistisch-evangelikale Biblizismus nicht dem Schriftprinzip entspricht, das die Reformatoren unter dem Begriff 'sola scriptura' entwickelt haben. Damit hättest Du die Perspektive der evangelischen Leser zunächst einmal geöffnet.

Mit diesem Verständnis des Schriftprinzips (keine Lehre gegen die Schrift, aber schriftkonforme Lehren sind durchaus denkbar, auch wenn sie explizit nicht in der Schrift erwähnt werden) hättest Du dann in einem zweiten Schritt Punkt für Punkt katholische Sonderlehren erklären können und jeweils eine Lesart anbieten können, wie diese im Einklang mit der Schrift gelesen werden können.

Damit wäre ein Weg eröffnet worden, auf dem auch evangelische Christen, die das evangelische Schriftprinzip bejahen, die Legitimität katholischer Lehren hätten erkennen können.

Indem Du aber den Strohmann 'Sola-Scriptura-Dogma' aufbaust und dann bekämpfst, vergraulst Du theologisch gebildtete Leser und schaffst zugleich eine Entweder-Oder-Situation, die sicher mehr Leser abschreckt als überzeugt.
Ganz wichtig: die Lehre von Eucharistie und apostolischem Amt wird in der Bibel nicht ausgeführt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Nähme man das Gegenteil an, wäre die logische Folgerung, die apostolischen Väter der 2.Generation hätten diese Lehren neu erfunden. Darauf gibt es aber keinen Hinweis (ich weiß, argumenta e silentio gefallen nicht jedem – in diesem Fall finde ich es geradezu schlagend).
Non sequitur.
Was zur Eucharistie in der Schrift fehlen soll, ist mir nicht ersichtlich. Wir haben die Einsetzungsberichte aus den Evangelien, wir haben Paulus in Kor und wir haben Joh 6. Darauf kann eine gesunde Eucharistielehre aufgebaut werden.

Die Frage des apostolischen Amtes ist schwieriger. Zunächst ist es das Amt der Apostel, dazu gibt es genug im NT. In den Gemeinden der frühen Kirche gibt es zahlreicher Ämter, wir finden davon eine ganze Menge Spuren in der Schrift. Klar ist, dass es eine einheitliche Amtsstruktur im Sinne des späteren dreistufigen Amtes mit monarchischem Bischofsamt zu biblisch-apostolischer Zeit noch nicht gegeben hat. Auch klar ist, dass die Ämterstruktur nicht in allen Gemeinden gleich war. Alles andere wäre eine Behauptung gegen jegliche seriöse wissenschaftliche Evidenz (ganz unabhängig vom konfessionellen Standpunkt). Das genannte dreistufige Amt in einer geordneten Form ist eine nachapostolische, spätere Entwicklung.

Das festzustellen heißt wiederum nicht, dass das spätere dreistufige Amt eine 'Erfindung' des 2. Jahrhunderts war. (Ich muß mich hier auch über den etwas unreflektierten Begriff 'Erfindung' wundern, Du benutzt ihn häufiger...) Das dreistufige Amt der geordneten Apostelnachfolge ist eine Entwicklung des 2. Jahrhunderts.
Außerdem:
die Heiligen- und Marienverehrung. Sie ist – wesentlich bedingt durch die zeitliche Nähe zu den Aposteln – in der Bibel nicht explizit feststellbar, gehört aber zur Lehre und Praxis der Alten Kirche definitiv dazu.
Auch dies ist eine historisch spätere Entwicklung, sie läßt sich recht gut nachvollziehen und belegen. Besonders für die Marienverehrung gibt es eine recht gute Basis in der Schrift, aber nachweisbar ist der Kultus (Feste, Gedenktage, liturgische Texte, Kirchenpatrozinien) trotzdem erst deutlich später. Auch hier ist es völlig unnötig anzunehmen, der Kultus der Heiligen und der Gottesmutter gehöre quasi zu einem Bündel von 'Geheimwissen', das der Herr den Aposteln anvertraut habe, das aber nicht zum Bestand des NT gehöre.
Drittens:
Der Primat des Papstes (nicht unbedingt im mittelalterlichen Sinn!) ist schon für das 2. Jhdt. in der Praxis fassbar (Clemens, Irenäus).

Der Sache nach: ja! Grob verkürzt dargestellt (ausführlicher wurde die Frage hier im KG ja schon mehrmals besprochen): Mt.16,18 belegt den Primat der nachfolger Petri über den Rest der Kirche. Die Unfehlbarkeit folgt daraus ("Roma locuta, causa finita") - nicht gleich per definitionem, aber als Reflex der altkirchlichen Praxis.
Mt 16,18 ist ein klassisches Beispiel. Die katholische Kirche liest hier etwas in den Text hinein, das nie dort stand. Es ist eine Projektion einer späteren Wirklichkeit in die Worte des NT. Das läßt sich auch nicht mit außerbiblischem Wissen erklären, das den Aposteln mündlich anvertraut worden wäre. Ein Fakt ist, dass das altkirchliche Verständis von Mt. 16,18 eine Interpretation dieser Stelle im Hinblick auf die Sonderstellung eines einzelnen Petrusnachfolgers nicht kannte. Die altkirchliche Exegese sieht im 'Felsen', auf den der Herr seine Kirche bauen wolle, vor allem den Glauben des Petrus. Als Nachfolger des Petrus wurden weiter alle Bischöfe verstanden, nicht aber der Bischof von Rom. Eine Ausdeutung von Mt 16,18 auf den römischen Bischof (als Petrusnachfolger) findet sich erst Jahrhunderte später erstmals.

Wäre der Gedanke eines Papstamtes Teil der apostolischen Urtradition gewesen, wäre es also offenbar über Jahrhunderte hinweg vergessen worden, um dann wieder aufzutauchen, als die (kirchen)politischen Verhältnisse passten. Zudem hätten alle Kirchen des Ostens, die ja wohl kaum als weniger 'apostolisch' anzusehen sind als die römisch-katholische Kirche, diesen entscheidenen Punkt aus ihrer apostolischen Überlieferung getilgt.

Der Hinweis auf Irenäus und Clemens trägt hier leider gar nicht, da deren Vorstellung eines römischen Primats (einer Ehrenstellung des römischen Bischofs) nun gar nichts mit dem zu tun hat, was das Papstamt sich später anmaßte. Zu diesem Themenkomplex ist wirklich sehr hilfreich das umfangreiche Buch des katholischen Theologen Wolfgang Klausnitzer, Der Primat des Bischofs von Rom (Herder Verlag).

Es könnte freilich durchaus theologische und praktische Gründe für ein 'Petrusamt' in der Kirche geben. Die wären zu nennen. Man sollte allerdings nicht versuchen, dies mit Mt. 16,18 zu begründen, denn dafür gibt es exegetisch leider überhaupt keine Basis.
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Pilgerer
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Pilgerer »

Soweit ich weiß, haben die Kirchenväter die Tradition in schriftliche Form gegossen. Dazu auch die kirchlichen Texte, die im Lauf der Zeit entstanden, seien es Konzilsbeschlüsse, päpstliche Schreiben oder die theologischen Arbeiten. Es gibt also kaum etwas, was von der Tradition nicht verbalisiert wurde.
Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon hat geschrieben:Im erstern Falle entsteht die »göttliche Tradition« (traditio divina), welche allein zum übernatürlichen Glauben verpflichtet, während die »rein apostolische oder menschliche Überlieferung« (traditio mere apostolica sive humana) bloß Anspruch auf Verehrung und Hochachtung erhebt. Noch viel mehr gilt natürlich die Bezeichnung traditio humana von Anordnungen der rechtmäßigen Nachfolger der Apostel, d. h. der Päpste und Bischöfe (z. B. die altkirchliche Bußdisciplin, Einsetzung von Fest- und Fasttagen, Zusätze zum Meßcanon).
Oft machte die Praxis den Eindruck, als sei es umgekehrt: erst das Wort des Papstes, dann die kirchliche und göttliche Tradition und ganz zum Schluss die Bibel. Das ist es, was Hus und Luther kritisierten.
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Lutheraner »

Protasius hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:Für mich wäre eine perfekte Evangelische Kirche in Deutschland, wenn die jeweiligen Landeskirchen wieder ihr jeweiliges Bekenntnis stärker betonen würden. Bekenntnisunionen sollten aufgelöst werden. Ich habe nichts gegen Verwaltungsunionen, solange die jeweilige Gemeinde strikt lutherisch oder reformiert bleibt. Zwar bin ich in dieser Hinsicht wie ein typischer Konvertit, der die Andersartigkeit der anderen stark betont, aber ich glaube, das würde der Evangelischen Kirche in Deutschland gut tun, die Hervorhebung des jeweiligen Bekenntnisses.

Somit würden sich Probleme, die San Marco bei den Laien beschreibt, sofort auflösen.
Das sehe ich genau andersherum. Die bekenntnisspezifischen Unterschiede (die der normale Gläubige ohnehin nicht versteht) müssen mehr und mehr überwunden werden.
Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Das ist nur ein einziger von vielen Unterschieden und die Tatsache, dass hier ständig (auch von r.k.-Seite) darauf herumgeritten wird, sagt mir, dass die eigentlichen Unterschiede zwischen den Konfessionen kaum mehr verstanden werden, so wie die Unterschiede im Abendmahlsverständnis faktisch auch nicht mehr verstanden werden (das merkt man an deiner Frage).
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Lutheraner »

San Marco hat geschrieben:Du hast meine volle Unterstützung. Denn diese Zielgruppe ist ja in der Württembergischen Landeskirche gerade ein großes Problem, das jeden modernen Menschen abschreckt. Ich kenne inzwischen drei Neu-Katholiken, die sich nach intensiver Beschäftigung mit der Lehre der Kirchen von der Landeskirche abgewendet haben. Ihnen war diese biblizistische, pietistische und evangelikale Haltung einfach zuviel.
Jetzt zieht es schon die "Modernisten" nach Rom...
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Lutheraner »

Moser hat geschrieben:
Schmalkaldische Artikel hat geschrieben: Hier ist der erste und Hauptartikel:
1. Daß Jesus Christus, unser Gott und Herr, »um unserer Sünden willen gestorben
und um unserer Gerechtigkeit willen auferstanden« sei (Röm 4, 25),
und er allein das Lamm Gottes ist, das der Welt Sünde tragt« (Joh 1, 29),
und »Gott unser aller Sünde auf ihn gelegt hat« (Jes 53, 6), ferner: »Sie sind
allzumal Sünder und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch
die Erlösung Jesu Christi in seinem Blut« etc. (Röm 3, 23-25).
Dieweil nun solches geglaubt werden muß und sonst mit keinem Werk, Gesetz
noch Verdienst erlangt oder gefaßt werden kann, so ist es klar und gewiß,
daß allein solcher Glaube uns gerecht mache, wie Röm 3,28 S. Paulus
spricht: »Wir halten, daß der Mensch gerecht werde ohne Werke des Geset3
zes durch den Glauben«, ferner: »Auf daß er alleine gerecht sei und gerecht
mache den, der da ist des Glaubens an Jesus« (Röm 3,26).
Von diesem Artikel kann man nicht weichen oder nachgeben, es falle Himmel
und Erde oder was nicht bleiben will; denn es »ist kein anderer Name
den Menschen gegeben, dadurch wir können selig werden«, spricht S.
Petrus (Apg 4,12). »Und durch seine Wunden sind wir geheilt« (Jes 53,5).
Und auf diesem Artikel steht alles, was wir gegen den Papst, Teufel und
Welt lehren und leben. Darum müssen wir dessen gar gewiß sein und nicht
zweifeln. Sonst ist's alles verloren und behält Papst und Teufel und alles
gegen uns Sieg und Recht.

2. Der andere Artikel:
Daß die Messe im Papsttum der größte und schrecklichste Greuel sein muß,
der stracks und gewaltig gegen diesen Hauptartikel strebt und doch über und
vor allen anderen päpstlichen Abgöttereien der höchste und schönste gewesen
ist; denn es ist gehalten, daß solch Opfer oder Werk der Messe (auch
durch einen bösen Buben getan) den Menschen helfe von Sünden, beides,
hier im Leben und dort im Fegefeuer, welches doch allein das Lamm Gottes
tun soll und muß, wie droben gesagt etc. Von diesem Artikel ist auch nicht
zu weichen oder nachzulassen;
denn der erste Artikel leidet’s nicht.
Hervorhebungen von mir.
Anmerkung: Luthers drastische Formulierungen macht man sich heute natürlich nicht mehr zueigen.
Aber inhaltlich? Die Unterschiede in Rechtfertigungslehre und Messopfer bestehen doch weiterhin?
Wieviel Prozent der Landeskirchenprotestanten würden das noch als Unterschiede benennen (können)? Und wieviele haben kein Problem damit an der Kath.Eucharistie teilzunehmen?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Florianklaus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Florianklaus »

Protasius hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:Für mich wäre eine perfekte Evangelische Kirche in Deutschland, wenn die jeweiligen Landeskirchen wieder ihr jeweiliges Bekenntnis stärker betonen würden. Bekenntnisunionen sollten aufgelöst werden. Ich habe nichts gegen Verwaltungsunionen, solange die jeweilige Gemeinde strikt lutherisch oder reformiert bleibt. Zwar bin ich in dieser Hinsicht wie ein typischer Konvertit, der die Andersartigkeit der anderen stark betont, aber ich glaube, das würde der Evangelischen Kirche in Deutschland gut tun, die Hervorhebung des jeweiligen Bekenntnisses.

Somit würden sich Probleme, die San Marco bei den Laien beschreibt, sofort auflösen.
Das sehe ich genau andersherum. Die bekenntnisspezifischen Unterschiede (die der normale Gläubige ohnehin nicht versteht) müssen mehr und mehr überwunden werden.
Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Es ist nicht schwer zu verstehen. Man muß es aber verstehen wollen. An diesem Willen fehlt es den meisten Ökumeneeuphorikern.

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Niels
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Niels »

Moser hat geschrieben:
Das sehe ich genau andersherum. Die bekenntnisspezifischen Unterschiede (die der normale Gläubige ohnehin nicht versteht) müssen mehr und mehr überwunden werden.
Er kennt sie gar nicht. Das ist ein nicht unbedeutender Unterschied.
Meine protestantischen Freunde und Bekannten - sie gehören zur unierten "evangelischen Kirche im Rheinland"- wissen gar nicht, ob sie lutherisch oder reformiert sind, weil die meisten unierten Gemeinden gar kein Profil haben. Hingegen kommt es nicht selten vor, dass ein "eher lutherischer" Pastor einem "eher reformierten" folgt und umgekehrt, was die Verwirrung meist komplettiert.
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Pilgerer »

Florianklaus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:
Moser hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:Für mich wäre eine perfekte Evangelische Kirche in Deutschland, wenn die jeweiligen Landeskirchen wieder ihr jeweiliges Bekenntnis stärker betonen würden. Bekenntnisunionen sollten aufgelöst werden. Ich habe nichts gegen Verwaltungsunionen, solange die jeweilige Gemeinde strikt lutherisch oder reformiert bleibt. Zwar bin ich in dieser Hinsicht wie ein typischer Konvertit, der die Andersartigkeit der anderen stark betont, aber ich glaube, das würde der Evangelischen Kirche in Deutschland gut tun, die Hervorhebung des jeweiligen Bekenntnisses.

Somit würden sich Probleme, die San Marco bei den Laien beschreibt, sofort auflösen.
Das sehe ich genau andersherum. Die bekenntnisspezifischen Unterschiede (die der normale Gläubige ohnehin nicht versteht) müssen mehr und mehr überwunden werden.
Was ist daran so schwer zu verstehen, ob Christus jetzt im Abendmahl real gegenwärtig ist oder nicht?
Es ist nicht schwer zu verstehen. Man muß es aber verstehen wollen. An diesem Willen fehlt es den meisten Ökumeneeuphorikern.
Man könnte anknüpfend an das gemeinsame Taufverständnis erstmal darauf aufbauen und eine gemeinsame Tauffrömmigkeit entwickeln. Dazu gehört das Bewusstsein für die Bekehrung, die eigentlich mit der Taufe verbunden ist (ob vorher oder nachher): was heißt es Christ statt Nichtchrist zu sein? Was bewirkt Gott im eigenen Leben?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Clemens »

Lutheraner hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben:Du hast meine volle Unterstützung. Denn diese Zielgruppe ist ja in der Württembergischen Landeskirche gerade ein großes Problem, das jeden modernen Menschen abschreckt. Ich kenne inzwischen drei Neu-Katholiken, die sich nach intensiver Beschäftigung mit der Lehre der Kirchen von der Landeskirche abgewendet haben. Ihnen war diese biblizistische, pietistische und evangelikale Haltung einfach zuviel.
Jetzt zieht es schon die "Modernisten" nach Rom...
Damit da keine Missverständnisse entstehen: Innerhalb des evangelischen Spektrums zähle ich mich ebenfalls zu den Evangelikalen. Ich habe für die Evangelikalen geschrieben, um sie zu überzeugen, dass es für bibeltreue Christen keinen zwingenden Grund gibt, nicht katholisch zu werden.

Das zielt jetzt auf niemanden bestimmtes persönlich: aber diejenigen, deren Hermeneutik und exegetisches Gewissen es beispielsweise zulässt, Homosexuelle zu trauen oder die Auferstehung Jesu als nur ins Kerygma geschehen zu betrachten, habe ich nicht als Publikum intendiert. Die sollen ruhig Protestanten bleiben!

Die Unterscheidung von Denkenden und Nicht-Denkenden anhand dieser Frontlinie empfinde ich übrigens nur als Polemik. Ich bemühe mich jedenfalls (hoffentlich erfolgreich), die analoge Unterscheidung zwischen Glaubenden und Nicht-Glaubenden NICHT anhand der oben skizzierten Kampflinie zu ziehen.

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