Im Rahmen des Streits zwischen Augustinus und Pelagius wurde die Erbsündenlehre zum Dogma erhoben. Die Synode in Karthogo stellte verbindlich fest.
1.Adam ist zunächst nicht sterblich erschaffen worden.
2.Durch die Zeugung / Geburt hat jedes Kind Anteil an der Sünde Adams
Augustinus beruft sich bei seiner Theorie auf Paulus (Römer 12, 5). Mittlerweile gilt es als erwiesen an, daß sich Augustinus bei der Rechtfertigung seiner Theorie auf eine Falschübersetzung der Vulgata bezogen hat. Die Vulgata liest sich dabei wie folgt „in quo omnia peccaverunt“ also „in dem wir alle gesündigt haben“. Gemeint ist damit Adam. Richtigerweise hätte die Übersetzung lauten müssen „weil wir alle gesündigt haben“.
Bedenkt man, daß die Erbsündenlehre als einzige die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen durch Gott erklärt, ist eine Jahrhunderte hingenommene Fehlübersetzung schon ein ganz schön starkes Stück.
Ebenfalls finde ich äußerst seltsam, daß der Begriff der Erbsünde im Judentum so gut wie nicht vorkommt.
Zwar benutzt Augustinus den Begriff peccatum originale (Ursünde). Die Folgen dieser Ursünde lassen im Deutschen die Übersetzung aber Erbsünde gerechtfertigt. Für Augustinus bedeutete die Erbsünde den Ausschluß von der Anschauung Gottes (und das aus seiner Sicht konsequenterweise auch und gerade für Säuglinge). Lt. Augustinus wurde die Ursünde bei der Zeugung übertragen, also quasi vererbt.
Folgende Verlautbarungen stammen von der katholischen Kirche:
Synode von Karthago hat geschrieben:Kan. 1. Alle auf der heiligen Synode der Kirche von Karthago versammelten Bischöfe ... haben beschlossen: Wer sagt, daß Adam, der erste Mensch, sterblich geschaffen <worden sei>, so daß er, mochte er sündigen oder nicht sündigen, im Leibe gestorben wäre, das heißt, den Leib verlassen hätte nicht aufgrund der Sünde, sondern aus Naturnotwendigkeit, der sei mit dem Anathema belegt.
Konzil von Trient hat geschrieben:2. "Wer behauptet, die Übertretung Adams habe nur ihm und nicht seiner Nachkommenschaft geschadet", die von Gott empfangene Heiligkeit und Gerechtigkeit, die er verloren hat, habe er nur für sich und nicht auch für uns verloren; oder er habe, befleckt durch die Sünde des Ungehorsams, „nur den Tod" und die Strafen „des Leibes auf das ganze menschliche Geschlecht übertragen, nicht aber auch die Sünde, die der Tod der Seele ist": der sei mit dem Anathema belegt, „da er dem Apostel widerspricht, der sagt: 'Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, und so ging der Tod auf alle Menschen über; in ihm haben alle gesündigt’
3. Wer behauptet, diese Sünde Adams, die ihrem Ursprung nach eine ist und, durch Fortpflanzung, nicht durch Nachahmung übertragen, allen - einem jeden eigen - innewohnt, werde entweder durch die Kräfte der menschlichen Natur oder durch ein anderes Heilmittel hinweggenommen als durch das Verdienst des einen Mittlers, unseres Herrn Jesus Christus, der - „uns zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung geworden" - uns in seinem Blute mit Gott wiederversöhnt hat, oder leugnet, daß das Verdienst Christi Jesu selbst durch das in der Form der Kirche rechtmäßig gespendete Sakrament der Taufe sowohl Erwachsenen als auch kleinen Kindern zugewendet wird: der sei mit dem Anathema belegt.
Pius XII. hat geschrieben:37 Wenn es sich aber um eine andere Hypothese handelt, den so genannten Polygenismus, läßt die Kirche nicht die gleiche Freiheit. Darum können Gläubige sich nicht der Meinung anschließen, nach der es entweder nach Adam hier auf Erden wirkliche Menschen gegeben habe, die nicht von ihm, als dem Stammvater aller auf natürliche Weise abstammen, oder daß Adam eine Menge von Stammvätern bezeichne, weil auf keine Weise klar wird, wie diese Ansicht in Übereinstimmung gebracht werden kann mit dem, was die Quellen der Offenbarung und die Akten des kirchlichen Lehramts über die Erbsünde sagen; diese geht hervor aus der wirklich begangenen Sünde Adams, die durch die Geburt auf alle überging und jedem einzelnen zu eigen ist.
Naturwissenschaftlich ist allerdings mittlerweile unstreitig anerkannt, daß der Mensch aus Evolution hervorgegangen ist. Die Theorie des Monogenismus wird mit überwältigender Mehrheit (puritanische Wissenschaftler) abgelehnt.Im Weltkatechismus (Katechismus der katholischen Kirche) ist heute noch zu lesen: hat geschrieben:Im Weltkatechismus (Katechismus der katholischen Kirche) ist heute noch zu lesen:
389. Die Lehre von der Erbsünde [oder Ursünde] ist gewissermaßen die „Kehrseite" der frohen Botschaft, daß Jesus der Retter aller Menschen ist, daß alle des Heils bedürfen und daß das Heil dank Christus allen angeboten wird. Die Kirche, die den „Sinn Christi" [Vgl. 1 Kor 2,16.] hat, ist sich klar bewußt, daß man nicht an der Offenbarung der Erbsünde rühren kann, ohne das Mysterium Christi anzutasten.
390. Der Bericht vom Sündenfall [Gen 3]verwendet eine bildhafte Sprache, beschreibt jedoch ein Urereignis, das zu Beginn der Geschichte des Menschen stattgefunden hat [Vgl. GS 13,1.]. Die Offenbarung gibt uns die Glaubensgewißheit, daß die ganze Menschheitsgeschichte durch die Ursünde gekennzeichnet ist, die unsere Stammeltern freiwillig begangen haben [Vgl. K. v. Trient: DS 1513; Pius XII., Enz. „Humani Generis": DS 3897; Paul VI., Ansprache vom 11. Juli 1966.].
Mich interessiert daher, womit die heutige Kirche die Jahrhunderte andauernde Interpretation der Erbsünde im heutigen wissenschaftlichen Kontext sieht. Schließlich ist die Erbsündenlehre dogmatisiert und damit für ewige Zeiten von Gott den Menschen als Wahrheit geoffenbart.
Wenn allerdings auch Dogmen für jede Zeit eine andere Auslegung erfordern und entsprechend hin und her interpretiert werden können dann müßte man wohl erst den Begriff des Dogmas neu definieren.
Aus der Jungfrauengeburt würde dann eine Interpretation der religiösen Jungfräulichkeit.
Aus der Trinität würde vielleicht eine Quadrität (die vierte Person wäre die Liebe Gottes. Bibelzitate hierfür gäbe es ja reichlich).
Die unbefleckte Empfängnis müßte bei einer Neuauslegung der Erbsündenlehre ebenfalls anders interpretiert werden.
Und meine Frage zum Schluß: Was denken eigentliche Protestanten über die Erbsündenlehre. Für Protestanten sind Dogmen meines Erachtens oftmals nicht so wichtg. Wichtig erscheint ihnen der Glaube an Jesus.