Isidor_von_Sevilla hat geschrieben:
Der Punkt, um den es mir geht ist, jedoch weniger ein ökonomischer, sondern mehr ein politischer. Die in Europa verantwortlichen Politiker haben in der Vergangenheit bewiesen, daß sie Politik gegen ökonomische Sachzwänge machen können. Und das werden sie in Zukunft weiterhin tun.
Der "große Knall" mit einem Zusammenbruch des Euro wird nicht kommen, sondern man wird weiterwursteln.
Natürlich werden die Politiker versuchen, ihre halbgaren "Rettungsversuche" fortzusetzen und weiterwursteln. Allerdings ist irgendwann der Punkt erreicht, wenn es nicht mehr geht und sich die wirtschaftlichen Sachzwänge durchsetzen.
Dafür gibt es genügend Beispiele:
Das System Bretton Woods wurde aufgelöst, die osteuropäischen Planwirtschaften krachten zusammen und erst vor kurzem wurde die Schweizer Nationalbank gezwungen, die lange verteidigte Untergrenze des CHF aufzuheben.
Auf Dauer kann man gegen die wirtschaftlichen Gesetze eben nicht operieren - auch wenn dies den Anhängern des "Primats der Politik" sauer aufstößt.
Ob sich der Euro durch einen großen Knall verabschiedet oder langsam implodiert, weil Staaten eine eigene Währung wieder einführen, wissen wir nicht.
Nach seinen vertraglichen Grundlagen soll er für die "Ewigkeit" geschaffen sein - allerdings wurden seine Verträge schon häufig gebrochen.
Isidor_von_Sevilla hat geschrieben:
Für die von Dir genannten "großen" Länder, gilt
cum grano salis dasselbe wie für das "kleine" Griechenland. Wenn man für Griechenland den ESM mit 4 Mrd. € beansprucht, ist noch genug Luft für größere Problemländer. Und wenn der ESM mit 7 Mrd. € nicht mehr ausreichen sollte, dann wird er eben auf 2 oder 3 Bill. € ausgeweitet. Wer sollte die Politiker daran hindern?

So ganz einfach ist das nicht, obwohl man natürlich der sog. "politischen Elite" großen Einfallsreichtum zutrauen.
Ein Problem könnten z.B. die notwendigen Bareinzahlungen in den ESM sein. Jedes Euro-Land mußte eine Bareinlage leisten, um den ESM überhaupt eine gewisse "Glaubwürdigkeit" auf den Finanzmärkten zu verschaffen. Die gesamte Höhe betrug bisher 8 Mrden € - also ca. 11% des ESM-Volumens; der deutsche Anteil liegt bei 21,7 Mrden € und mußte über mehrere Haushaltsjahre verteilt werden. So flüssig war selbst D. nicht.....
http://de.statista.com/statistik/daten/ ... ismus-esm/
Wie sollen die klammen Euro-Länder IT oder F bei einer Verdrei- oder sogar Vervierfachung des ESM-Volumens denn ihre Einlagen leisten?
Ein anderer wichtiger Punkt ist die teilweise Aufgabe der eigenen Haushaltshoheit, um Mittel zu erhalten. Ist es wirklich vorstellbar, daß z.B. die franz. Nationalversammlung z.B. Kürzungen im Sozialbereich durch "Brüssel" (bzw. "Berlin") akzeptieren würde?
Nein, die mit Sicherheit (EuGH) oder mit großer Wahrscheinlichkeit (BVerfG) wohl nicht, sondern die politische Entwicklung.
Ich bezweifle, daß es der Politik gelingen wird, einen Ausgleich zwischen den Ausgabenwünschen der südeuropäischen Staaten und ihren Problemen (Arbeitslosigkeit, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit) und der Zahlungsbereitschaft der stärkeren nordeuropäischen Ländern zu finden.
Im Süden werden die Demonstrationen weitergehen und im Norden wird man für jede Steuererhöhung bzw. Kürzung der Sozialausgaben "Griechenland" und/oder dem Euro die Schuld geben. Es werden sich (sofern noch nicht vorhanden) neue politische Parteien gründen, die die Sorgen der Bürger ernst nehmen und nichts ist für einen "Volksvertreter" bedrohlicher, als seinen Sitz im Parlament zu verlieren.
Wahrscheinlich wird D. nicht in der Speerspitze dieser Entwicklung zu finden sein, obwohl die jüngsten Abstimmungsergebnisse zeigen, daß die Unterstützung der Kanzlerin in ihrer eigenen Partei schwindet. Auch die "Gedanken über einen Ministerrücktritt" von Schäuble am gestrigen Tage zeigen, wie brüchig inzwischen das Einvernehmen über die "Rettungspolitik" in der Bundesregierung ist.
Könnte Merkel ohne Schäuble ein drittes (oder gar viertes) Hilfspaket für GR in ihrer Partei durchsetzen? Daran sind wohl Zweifel angebracht.
Bei allem sollte man nicht vergessen:
Die wirtschaftliche Situation ist im Augenblick sehr gut - Weichwährung, billiges Öl, Wachstum.
Wir wissen, daß diese Verhältnisse nicht dauernd anhalten werden. Was geschieht, wenn es zu einer starken Rezession kommt?
Keines der Probleme aus der "Eurorettung" ist gelöst - dafür sitzt man jetzt auf einem weitaus höherem Schuldenberg.
Wahrlich keine guten Aussichten für die "Gemeinschaftswährung".