Kinder im Gottesdienst

Sonstiges und drumherum.
Dieter
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Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Dieter »

Vor einigen Wochen war es wieder so weit: Ich war in einem katholischen Gottesdienst. Alles stimmte, die Menschen, die Predigt, die Liturgie.

Aber: Zwei Reihen hinter mir saß eine Mutter mit einem Kleinkind. Dieses Kind schrie die ganze Zeit über wie am Spieß. Die Mutter blieb seelenruhig und kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dass ihr Kind die anderen Gottesdienstbesucher stören könnte. Diese ließen sich auch tatsächlich nicht von dem Geschrei stören, jedenfalls merkte man es ihnen nicht an.

Gibt es Lösungen?

Ja, man sollte es so machen wie in den meisten evangelischen Kirchen: Das Kind mit in die Kirche nehmen und die ersten 15 Minuten mit ihm in der Kirche zusammen verbringen. Danach ist es von der Gemeinde in vielen Fällen so organisiert, dass eine Ehrenamtliche sich in einem Nebenraum um die Kinder kümmert.

Eine andere Lösung wäre es, im hinteren Teil einen Raum zur Verfügung zu stellen, in den Mutter und Kleinkind sich während des Gottesdienstes aufhalten können. Oft ist dieser Raum mit einer Glasscheibe von der übrigen Kirche getrennt. Ebenso wird der Gottesdienst mit einem Lautsprecher in diesen Raum übertragen. Diese Lösung wird in vielen evangelischen Freikirchen bevorzugt.

Beide Lösungen funktionieren allerdings nur dann, wenn die Eltern nicht so dickfällig sind und diese Lösungen auch akzeptieren.

Ich wundere mich immer wieder, wie Katholiken diesen Lärm aushalten. Richten sie sich mehr nach Jesus ("lasset die Kinder zu mir kommen...") als die Evangelischen?

Sascha B.
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Sascha B. »

In orthodoxen Liturgien gehen die Mütter dann entweder kurz mit dem Kind raus oder beschäftigen es in dem sie zu einer der Ikonen gehen oder eine Kerze anzünden.
Da man sich also auch etwas bewegen kann sind die Liturgien irgendwie Familientauglicher.
Der Kreuzgang ist doch total am Ende.

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Protasius
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Protasius »

Ich kenne das zwar eher so, daß Eltern sich bemühen ein Kind zu beruhigen anstatt es unbekümmert weiter schreien zu lassen (beispielsweise leise rumgehen und Kreuzwegstationen angucken); aber grundsätzlich gilt wohl schon, was ein mittlerweile verstorbener Priester nach der Messe sagte, als meine Schwester mit meinem etwas unruhigen Neffen in der Messe war und sich entschuldigen wollte: <sehr tiefe Stimme>Das gehört dazu.</sehr tiefe Stimme>
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Dieter
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Dieter »

ch kenne das zwar eher so, daß Eltern sich bemühen ein Kind zu beruhigen anstatt es unbekümmert weiter schreien zu lassen

In Berlin gibt es wenig soziale Kontrolle. Man merkt es in der U-Bahn, wenn einzelne Personen in ihr Handy schreien oder laut die privatesten und intimsten Dinge erzählen. Auch unterhält man sich gerne über die Köpfe anderer Fahrgäste hinweg, wobei man oft schreien muss, da manchmal 5 Meter Luftlinie überbrückt werden muss.

Eltern, die ihre Kinder im Gottesdienst nicht beruhigen, kommen wahrscheinlich gar nicht auf die Idee, dass sie stören könnten. Vielleicht ist das in kleineren Städten anders als in einer Stadt wie Berlin.

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Juergen
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Juergen »

Wenn Kinder hin und wieder quengeln, dann ist das relativ normal. Daran wird sich hoffentlich auch niemand stören.
Wenn ein Kind aber immer lauthals rumplärrt, dann halte ich es für angebracht, wenn die Eltern mal mit dem Kind rausgehen, bis es sich beruhigt hat, sofern sie es nicht durch Umhergehen/-tragen und Ablenkung (wie schon gesagt wurde: Bilder zeigen, Kerze anzünden o.ä,) auch in der Kirch beruhigen können.

Von „Spielecken“, die es inzwischen in einigen Kirchen gibt, halte ich gar nichts. Ebensowenig halte ich zeitgleichen „Kindergottesdiensten“ oder „Kinderkirchen“ oder ähnlichem religionspädagogischen Quark, in denen die Kinder verwahrt und professionell betreut werden, solange die Eltern in der Messe sind.
Gruß Jürgen

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Raphaela
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Raphaela »

Dieter hat geschrieben:Vor einigen Wochen war es wieder so weit: Ich war in einem katholischen Gottesdienst. Alles stimmte, die Menschen, die Predigt, die Liturgie.

Aber: Zwei Reihen hinter mir saß eine Mutter mit einem Kleinkind. Dieses Kind schrie die ganze Zeit über wie am Spieß. Die Mutter blieb seelenruhig und kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dass ihr Kind die anderen Gottesdienstbesucher stören könnte. Diese ließen sich auch tatsächlich nicht von dem Geschrei stören, jedenfalls merkte man es ihnen nicht an.

Gibt es Lösungen?

Ja, man sollte es so machen wie in den meisten evangelischen Kirchen: Das Kind mit in die Kirche nehmen und die ersten 15 Minuten mit ihm in der Kirche zusammen verbringen. Danach ist es von der Gemeinde in vielen Fällen so organisiert, dass eine Ehrenamtliche sich in einem Nebenraum um die Kinder kümmert.
Wer Kinder aus dem normalen Sonntagsgottesdienst, von der Eucharistiefeier ausschließt, darf sich nicht wundern, wenn diese Kinder später keinen Bezug dazu bekommen. Warum sonst, wird die Erstkommunion mit einem "Extraprogramm" gestaltet?
Kinder sollen von Anfang an dabei sein dürfen.

Mich stört das Geschrei von Kindern übrigens nicht, aber das Verhalten von Erwachsenen, die sich im Gottesdienst die ganze Zeit unterhalten, für die Kirche kein heiliger Ort mehr ist....
Ich bin gerne katholisch, mit Leib und Seele!

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Hubertus
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Hubertus »

Raphaela hat geschrieben:Wer Kinder aus dem normalen Sonntagsgottesdienst, von der Eucharistiefeier ausschließt, darf sich nicht wundern, wenn diese Kinder später keinen Bezug dazu bekommen. Warum sonst, wird die Erstkommunion mit einem "Extraprogramm" gestaltet?
Kinder sollen von Anfang an dabei sein dürfen.
Bei Hubertilus gab es (gut, in der aoF wenig überraschend ;D ) kein "Extraprogramm".
Er ist praktisch seit Anbeginn den normalen Meßablauf gewohnt und will auch keine Änderungen haben (die einige Wochen später stattfindende Erstkommunion seines Cousins in der oF war ein echter Kulturschock für ihn).
Überhaupt wehre ich mich gegen die Darstellung, wenn für Kinder kein "Extraprogramm" geboten wird, würden sie dadurch "ausgeschlossen". Das Gegenteil ist der Fall. Das Kind muß in die normale Hl. Messe hineinwachsen, keine möglichst abstrusen Extrawürste gebraten bekommen. Kinder, die nur solcherlei Veranstaltungen erleben (gestaltet durch die dann plötzlich gaaaanz kreativen Muttis, die man sonst freilich nie erblickt), tauchen meiner Erfahrung nach später nicht mehr auf.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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martin v. tours
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von martin v. tours »

Hubertus hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Wer Kinder aus dem normalen Sonntagsgottesdienst, von der Eucharistiefeier ausschließt, darf sich nicht wundern, wenn diese Kinder später keinen Bezug dazu bekommen. Warum sonst, wird die Erstkommunion mit einem "Extraprogramm" gestaltet?
Kinder sollen von Anfang an dabei sein dürfen.
Bei Hubertilus gab es (gut, in der aoF wenig überraschend ;D ) kein "Extraprogramm".
Er ist praktisch seit Anbeginn den normalen Meßablauf gewohnt und will auch keine Änderungen haben (die einige Wochen später stattfindende Erstkommunion seines Cousins in der oF war ein echter Kulturschock für ihn).
Überhaupt wehre ich mich gegen die Darstellung, wenn für Kinder kein "Extraprogramm" geboten wird, würden sie dadurch "ausgeschlossen". Das Gegenteil ist der Fall. Das Kind muß in die normale Hl. Messe hineinwachsen, keine möglichst abstrusen Extrawürste gebraten bekommen. Kinder, die nur solcherlei Veranstaltungen erleben (gestaltet durch die dann plötzlich gaaaanz kreativen Muttis, die man sonst freilich nie erblickt), tauchen meiner Erfahrung nach später nicht mehr auf.
:klatsch: :daumen-rauf:
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

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Juergen
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Juergen »

Hubertus hat geschrieben:
Überhaupt wehre ich mich gegen die Darstellung, wenn für Kinder kein "Extraprogramm" geboten wird, würden sie dadurch "ausgeschlossen". Das Gegenteil ist der Fall. Das Kind muß in die normale Hl. Messe hineinwachsen, keine möglichst abstrusen Extrawürste gebraten bekommen. Kinder, die nur solcherlei Veranstaltungen erleben (gestaltet durch die dann plötzlich gaaaanz kreativen Muttis, die man sonst freilich nie erblickt), tauchen meiner Erfahrung nach später nicht mehr auf.
Doch, die kommen immer dann, wenn es sonntags keine normale Messe gibt, sondern ein „Extraprogramm“. Die wollen ihre Erfahrungen aus der (Klein)kindzeit auch als Erwachsene weiter anwenden. Sie sind das geblieben, zu dem man sie erzogen hat: liturgische Kleinkinder.
Gruß Jürgen

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Schwenkelpott
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Re: Kinder im Gottesdienst

Beitrag von Schwenkelpott »

Hubertus hat geschrieben:Bei Hubertilus gab es (gut, in der aoF wenig überraschend ;D ) kein "Extraprogramm".
Er ist praktisch seit Anbeginn den normalen Meßablauf gewohnt und will auch keine Änderungen haben (die einige Wochen später stattfindende Erstkommunion seines Cousins in der oF war ein echter Kulturschock für ihn).
Das glaube ich gerne. Habe letztes Jahr eine Erstkommunion in der aoF erlebt - das einzig "besondere" war, dass auf die Erstkommunion in der Predigt eingegangen wurde und die Kinder natürlich auch als erste der Gemeinde den Leib Christi empfingen (der Zelebrant hatte natürlich auch den Erstkommunionunterricht gegeben).

Dieses Jahr war ich dann zufällig bei einer Erstkommunion in der oF (fand im "timeslot" der 11h-Eucharistiefeier statt). Wenn auch die Kirche so voll war, dass ich gerade eben noch in der letzten Reihe ein Platz bekam, so erblickte ich eigentlich keinen der "Stamm"-Kirchgänger , sondern war nur von Menschen umgeben, die weder akklamierten noch mitsangen noch knieten ... Vom Programm ganz zu schweigen. DAS war eine außergewöhnliche Form ...

Was die "Extrawürste" angeht: Nachdem ich mir mal einen Familiengottesdienst angetan habe, entschied ich, dass ich diese Gottesdienstform zukünftig meiden werde (und jener Familiengottesdienst war von regelmäßigen KirchgängerInnen gestaltet gewesen) ... Allerdings könnte so etwas (oder der parallel laufende Kindergottesdienst) auch ein "niedrigschwelliges" Angebot für die eher kirchenfernen Taufscheinkatholiken sein. Wer sonst auch nicht zur Messe geht, hält auch kaum eine normale oF-Eucharistiefeier durch - wie soll denn jemand, der es selbst nicht gewohnt ist, seine Kinder daran gewöhnen können?
Der Katholik steht und will stehen in Allem auf historischem Boden; nur das Erdreich der Überlieferung gibt ihm Festigkeit und Nahrung; nur was sich an Überliefertes anschließt, gedeiht und treibt zu neuen Blüten und neuem Samen.
H. Bone, Cantate! 1847

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