taddeo hat geschrieben:Pilger hat geschrieben:Entweder ist das Ehesakrament unauflöslich oder eben nicht. Das Evangelium und die Lehre der Kirche dazu sind kristallklar.
Tja, wenn es denn so wäre ...
Das ist eben das Problem - Christus sagt dazu (lt. Vulgata) in Mt 19, 9: "Dico autem vobis quia quicumque dimiserit uxorem suam,
nisi ob fornicationem, et aliam duxerit, moechatur ”. "nisi" heißt "wenn nicht, außer" - ohne große Inhaltsverbiegung scheint der Satz auszusagen, dass eine Scheidung aus Willkür absolut dem Willen Gottes widerspreche, ein Ehebruch jedoch einen anderen Fall konstatiere und die Ehe in diesem Fall auflösbar sei. Interessant ist aber die unmittelbare Reaktion der Jünger, die sofort meinen, unter diesen Umständen sei es besser, erst gar nicht zu heiraten. Sie scheinen das Gebot durchaus absolut aufzufassen (die Reaktion bleibt trotzdem interessant). Ich öffne jetzt nicht das Fass der Textkritik, ich wollte das nur eingeworfen haben.
Natürlich ist hier die kirchliche Tradition maßgeblich in der Umsetzung. Wir hätten ja ein Problem, würden wir diese Stelle ohne Tradition beleuchten - wäre ein einmaliger Ehebruch genug für eine Scheidung? Oder braucht es dazu schon "Hartnäckigkeit"? Ab wann wäre die Ehe dann definitiv unrettbar?
Das alles sind Fragen, die sich im Lehramt nicht stellen, entsprechend spart Franziskus sie aus - auch mit der berühmten Fußnote. Wo da ein Kreis ist, der quadriert werden müsste, sehe ich nicht wirklich. Gleichzeitig gibt es Grenzfälle, in denen FC zumindest m. E. keine Antwort gibt - nehmen wir an (einen vergleichbaren Fall kenne ich), eine Frau wird von ihrem im Nachhinein als nicht gläubig erkannten Mann verlassen und er weigert sich, beim Annullierungsverfahren irgendwie mitzuspielen. Die Ehe wäre zwar ganz offensichtlich ungültig, die formelle Nichtigkeitserklärung würde aber an der Nicht-Kooperation des Partners bzw. am anderweitigen Platzen des Prozesses scheitern. Die Frau findet nach geraumer Zeit einen gläubigen Partner, der mit ihr eine Ehe im Sinne des Evangeliums führen will; eine kirchliche Trauung scheitert am Formalen. Muss sie nun mit dem neuen, gläubigen Partner eine Josefsehe führen, weil ein Dokument fehlt?
Der Papst hat vermutlich auch mit solchen Hintergedanken die Annullierungsverfahren vereinfacht - wenn jetzt jemand sich aufgrund der Neuerung bemüßigt fühlt, eine gültige Ehe durch Vorspiegelung falscher Tatsachen annullieren zu lassen, tut er das nicht mit Rückendeckung des Papstes, der zumindest in meiner Wahrnehmung seine Beweggründe sehr deutlich gemacht hat. Wer so handelt, hat sich ggf. vor einem ganz anderen Richter zu verantworten.