taddeo hat geschrieben: ↑Freitag 1. September 2017, 21:35
Selbst wenn Franziskus das
ex cathedra verkünden würde, würde kein Dogma daraus. Die konkrete Gestalt der Liturgie, um die es in der Liturgiereform ging, ist kein Gegenstand unabänderlichen göttlichen Rechts. Er bräuchte nur auf seinen Vorgänger Pius V. schauen, um die Unhaltbarkeit seiner Aussage zu erkennen. Schon sein Nachfolger könnte die Liturgiereform von 1970ff mit einem Federstrich abändern. (Daß das
praktisch kaum passieren dürfte, ist eine andere Frage, für die der Pontifex aber ebenfalls keine lehramtliche Autorität beanspruchen kann.)
Eine Frage ist, ob der Papst in dieser Angelegenheit definitiv lehren kann, eine andere Frage ist, inwieweit seine Nachfolger daran gebunden sind. Ich bin kein Kirchenrechtsexperte, halte es aber für möglich, dass das Liturgieverständnis durchaus ein Gegenstand für unfehlbares Lehren im Sinne von can. 747 § 1 sein könnte. Liest man den Kanon genau, wird deutlich, dass das Lehramt in dieser Hinsicht nicht nur für das depositum fidei im engeren Sinne zuständig ist, sondern für alles was dazu dient, das depositum fidei “heilig zu bewahren“. Diese weite Fassung ermöglicht es dem Papst in fast allen theologischen Streitfragen unfehlbar zu lehren.
Hubertus hat geschrieben: ↑Freitag 1. September 2017, 20:23
Das ist in der Tat ein schweres Geschütz. Zudem ist dies kein Satz, der einfach so dahingesagt worden wäre. Sollte die Übersetzung stimmen, ist sogar das päpstliche 'Wir' wieder da. Und in der Tat kann man
auf diesem Video sehen, daß Franz die Rede abliest. Die Worte waren also bewußt, mit Bedacht gewählt. Es ist zumindest wieder einmal klar geworden, woher der Wind wehrt.
*) Quelle: https://cruxnow.com/vatican/2017/08/24/ ... eversible/
Die Wortwahl und die weit gefasste Begründung (von Pius X. bis Paul VI.) sind Indizien, dass eine defintive Entscheidung vorbereitet wird. Unabänderlich oder unwiderruflich sind kirchenamtliche Ausdrücke für unfehlbares Lehren.
Interessant ist der Gebrauch von “wir“. Das könnte ein Hinweis sein, dass Franziskus gar nicht an eine ex cathedra Entscheidung (can. 749 § 1) denkt, sondern an einer Entscheidung im Sinne von can. 749 § 2 Halbsatz 2 arbeitet: Auch das über die Welt verstreute Bischofskollegium kann in Gemeinschaft mit dem Papst unfehlbar lehren. Papst Franziskus würde in diesem Fall den Konsens (hier über den NOM) einfach nur feststellen. Das kann er praktisch im Alleingang tun, wenn keine größere Gruppe widerspricht. Ein kollegialer Akt ist dazu nicht erforderlich. Die hier diskutierte Papstansprache könnte der erste Schritt in diesem Prozess sein.
Fazit: Eine definitive Entscheidung über eine Frage aus dem Sekundärbereich des Lehramts, durchgesetzt durch die Hintertür, indem ein Konsens des Bischofskollegiums festgestellt wird.