Warum argumentieren CDU und SPD so oft und so vehement gegen ihre eigenen Wähler?
Es ist fraglich, ob -ähnlich wie bei Strom- oder Mobilfunkverträgen- Union und SPD gewiß sein können, daß ihre alten Wähler aus Trägheit bei der Stange bleiben. Es ist auch nicht sicher, ob die angepeilte Zielgruppe die Änderung des bisherigen Parteiprogramms akzeptiert. Schließlich wurde - wie der Bericht schreibt - auch die Vegetarier nicht eifrige Kunden bei McDonald's, nur weil die einen "Veggie-Burger" anbieten...Markensoziologisch lassen sich stets zwei Ursachen für erodierendes Vertrauen und schwindende Markentreue benennen:
1. Die Marke hält ihre Zusageverlässlichkeit nicht mehr ein. Die Kundschaft wird irritiert, verunsichert und erkennt ihre Marke nicht mehr. Schließlich ist sie bereit für einen Wechsel.(...)
2. Die Marke will durch die Orientierung an neuen bzw. fremden Zielgruppen wachsen. Jeder Inhaber eines Mobilfunkvertrages weiß, dass die besten Angebote nicht die Stammkunden, sondern immer die Neukunden erhalten. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern langfristig zerstörerisch.
Es ist ebenfalls zweifelhaft, ob ein anderer Gesichtspunkts - man wolle nicht mit seinen "Konsumenten"/Wählern sterben und sei deshalb gezwungen, sich "zu verjüngen" und "neue Zielgruppen" zu erschließen - erfolgreich ist. Zwar würde kurzfristig in den Medien über den Wechsel berichtet und dieser auch begrüßt (weil sie sich mit der Lebenswirklichkeit der Medienmacher deckt), langfristig könnte aber nur die Besinnung auf den alten Markenkerne eine Umkehr erwirken.
Die Frage lautet:
Wird die Union zu einer solchen Umkehr noch in der Lage sein?Was kann unsere Wählerschaft als Antwort in Hinblick auf unsere Geschichte von uns erwarten?“. Damit entzieht sich eine Partei der Beliebig- und Austauschbarkeit und entwickelt Resonanz. Denn darum geht es: Parteien bündeln nicht Lifestyle, sondern Erwartungshaltungen. Den Lohn dafür nennt man Vertrauen. Vertrauen ist übrigens keine Beschlussfindung, sondern Resultat eines Prozesses, der darauf beruht, dass man zunächst sich selbst treu ist.