Doch das stehe dahin. Ich will einmal anderswo beginnen. Die Liturgie lebt von Symbolen: von solchen, die auch bewirken, was sie bezeichnen – signa et res –, also wirkmächtigen Zeichen, den Sakramenten, aber auch von Sakramentalien und vielen weiteren zeichenhaften Handlungen. Ich erinnere mich immer noch lebhaft an die leuchtenden Augen meiner Tochter in ihrer ersten Christmette, als das Licht anging; wie sie in der Osternacht die Kerze entzündet bekam und mit ihr an meiner Hand in der Prozession in den Saal schritt. Bei den Kindern sehen wir die Wirkung solcher Symbole besonders deutlich, aber mich selber leiten solche liturgischen Zeichen ja auch.
Ein Zeichen, von dem ich hier sprechen möchte, ist die liturgische Kleidung. Ich finde, es ist liturgischem Tun besonders angemessen, wenn die Funktion des Handelnden neben den Worten und Gesten auch in seinem Äußeren, namentlich im Gewand zum Ausdruck kommt. Das betrifft nicht bloß den Liturgen selbst, sondern auch seine Helfer: so etwa den Lektor und den „Kommunionhelfer“ (ein garstiges Wort, um ehrlich zu sein).
Durch die Abschaffung der „niederen Weihen“ (ehemals keiner Sakramente, sondern Sakramentalien) hat man diese Funktionen vom eigentlichen Klerikerstand abgekoppelt. Vielfach wird aber empfunden, daß hier die symbolische Darstellung des liturgischen Tuns zu kurz kommt, und man kleidet diese Personen wieder in liturgische Gewänder wie Alben. Ein gutes Zeichen, das dem Charakter der Handlung entspricht.
Ob man dann nicht statt allzu profan erscheinender „bischöflicher Beauftragung“ auch wieder an die alten, sakramentalischen „niederen Weihen“ denken sollte – ohne sie notwendigerweise als Vorstufe zum Priesterberuf aufzufassen –, möchte ich bloß als einen Gedanken am Rande stehen lassen. Denn die Sache hat einen ganz andern Haken. Da ziehen nun auf einmal auch Frauen, meist ältere Frauen, gleichwie Kleriker in Albe zum Introitus mit dem Priester in die Kirche ein.
Auch ein Symbol – jedoch eines, das in eine gefährliche Richtung weist. Denn wo es sich um erwachsene Frauen handelt, da wird deutlich, worüber man bei den kleinen Ministrantinnen noch leichthin hinwegsieht. Gewiß gibt es keinen dogmatischen Grund, der das vom Glauben her verböte. Aber die Symbolik des ganzen weist den Frauen einen Platz im liturgischen Dienst, im Altardienst zu. Weshalb aber sollten das nur Hilfsdienste sein? Sind denn Frauen minderen Rechts, oder sind sie weniger wert?
Es stellt sich schnell und unmittelbar die Frage nach den nächsten Schritten – bis hin zu jenem Konflikt, wo die Kirche von Glaubens wegen sagen muß: Hier führt kein Weg mehr weiter. Damit aber führt man die Frauen in eine Sackgasse und läßt sie drinnen stecken, und man das stellt ganze vor den Augen des gläubigen Volks in Symbolen dar, die es in diese Sackgasse mit hineinführen.
Nein, wenn Liturgie die Vergegenwärtigung des Dienstes und des Opfers Jesu Christi ist und wenn der Liturge als Repräsentant Christi ein Mann sein muß, dann kann es nur angemessen sein, wenn auch die, deren liturgische Funktionen unmittelbar auf seinen Dienst als Lehrer des Volks und als Opferpriester »nach der Ordnung Melchisedeks« hingeordnet sind, männlichen Geschlechts sind.
Dies gilt natürlich auch dort, wo die Lektoren oder Kommunionhelfer keine Alben tragen. Und eben für die Ministranten. Bei diesen kommen dann auch noch ganz praktische Gründe hinzu. Das wurde ja oben bereits angedeutet. In jenem Alter, in welchem Ministranten ihren Dienst normalerweise beginnen, bringt man Mädchen und Jungen nur schwer zu gemeinsamem Tun zusammen. Gerade die Jungen schreckt man in der Mehrzahl ab, wenn man sie mit einer Schar Mädchen konfrontiert. Kein Junge läßt sich in diesem Alter gern nachsagen, sich »mit den Weibern« abzugeben. (Das mag noch so „kindisch“ sein: Aber man muß die Kinder in ihrer Entwicklung auch ernst nehmen.)
Wenn die „Ministrantinnen und Ministranten“ älter werden, dann stellt sich ein neues Problem ein: die erwachende Sexualität. Das ist zunächst mal selbstverständlich völlig normal und natürlich, bei gemeinsamem liturgischem Dienst wird es aber zu einem Faktor, der womöglich mehr zu fesseln vermag als der Dienst, um den es eigentlich geht – und der somit von der Liturgie weglenkt. Auch für die Priester, die ja keine Neutren sind, kann daraus ein beträchtliches Problem erwachsen.
Doch für mindestens gleich schwerwiegend wie diese praktischen Probleme erachte ich, wie gesagt, die liturgische Symbolik. Wenn ich nun aber zu dem klaren Ergebnis komme, daß auch die nicht mit der sakramentalen Weihe verbundenen liturgischen Dienste allein von Männern und Jungen wahrgenommen werden sollen, dann muß ich mich fragen lassen: Was wird mit den Frauen, mit den Mädchen?
Daher mein im Nachbarstrang geäußertes Interesse am Beruf der gottgeweihte Jungfrau „in der Welt“, unabhängig von der monastischen Berufung. Daher auch meine Anregung, über neue Formen, über neue (oder erneuerte) kirchliche Dienste der Frauen nachzudenken. Ich gebe zu, daß ich hier selber noch mitten im Prozeß des Nachdenkens bin. Aber das ist ja das nebenan behandelte Thema.
Mit den Mädchen – den kleinen Mädchen und den jungen Mädchen – ist es aber ähnlich. Es geht nicht darum, ihnen den Ministrantendienst „wegzunehmen“, sondern ihnen etwas Besseres, ihnen Gemäßeres zu geben. Ich nenne einmal, ganz ins Unreine, was mir spontan einfällt: die Sorge für die Agape statt für die Liturgie; Aufsicht über die Kleinkinder; der Blumenschmuck der Kirche; die liturgischen Gewänder; vielleicht auch schon Krankenbesuche; und sicher auch der Chor. Wer weiß mehr? Eine eigene, neue Mädchenpastoral wird doch mehr vermögen, als überall die Mädchen neben die Jungen zu stellen!