Vir probatus schieb
Zitat: „In dem Brief steht lein Wort über die katastrophalen Fehler der Vergangenheit. Es ist eher ein "jetzt erst recht".“
Würde er diese berüchtigten Fehler aufzählen, dann würde aus dem Brief schnell ein Büchlein oder gar ein Buch werden. Täte er dies, so würde der Streit um sie nur noch mehr Porzellan zerschlagen. „Seht, wie sie sich lieben!“ hat unter Christen ja nicht wirklich einen hohen Stellenwert.
Ich schreibe hier als Aussenstehender, aber vor allem als Zeitzeuge, der ein paar Jahrzehnte Kirche er-lebt hat. In der Konzilszeit wurde ich Mitglied der kath. Kirche. Die Messe war ein guter Ankerpunkt damals; ich liebte Latin. Damals waren die Kirchen (zumindest im Rheinland) voll. Na ja, die Frühmesse nicht wirklich. Die Welt schien noch in Ordnung. So bin ich mit zarten 19 Jahren getauft und in die röm.-kath. Kirche eigetreten/aufgenommen worden. Später war ich dann aktiv in der Kirche tätig. Das Wichtigste ist: Ich hege gegen die Kirche keinen. Groll.)
Der erste Streitpunkt war die Muttersprache in der Liturgie. Darüber haben sich damals viele gefreut, auch wenn es anderen überhaupt nicht gefiel. Dass es dem Klerus, vor allem die Älteren unter ihnen, nicht passte, kann ich ja verstehen. Wer lange seine Gebete lateinisch verinnerlicht hat, für den ist wirklich nicht leicht, von jetzt auf gleich das Gleiche in der Muttersprache zu beten. Aber der Streit, der dann unter den Katholiken ausgetragen wurde, war ganz sicher ein katastrophaler Fehler. - Der Streit zermürbte.
Nachdem auch der gesellschaftliche Druck zum sonntäglichen Messbesuch verschwand, wurden die Kirchen leerer.
Vorkonziale Pfarrer gab es sehr viele, die Vorbehalte gegen das Konzil hatten. Sie sahen sich plötzlich umzingelt von Mitbrüdern, die theologisch anders getrimmt waren ... Mit einigen war eine sachliche Diskussion nicht möglich. Es war so, als hätten sie die Wahrheit gepachtet. - Diese Haltung vertreibt Leute.
Auch ein Pfarrer muss Authorität „erwerben“. Mir sind viele Pastöre oder Priester begegnet, die das nicht begriffen. Sie haben „die Zeichen der Zeit“ nicht verstanden. - Ich wundere mich, dass Franskus I. darauf hinweisen muss, dass die Umstrukturierung (wegen Mangel an Fachpersonal) allein keine Wunder vollbringen.
Was damals besonders übel aufstieß, dass Ehe, Empfängsnisverhütung, Abtreibung und Homosexualität immer wieder thematisiert wurde. Ich selbst habe sehr viele Predigten gehört. Irgendwann sind Themen zu Tode geritten. Die kath. Kirche muss ihre Sexualmoral überholen. Dass sie die Chance wohl verspielt hat, liegt an Johannes Paul II. wie auch an seinem Glaubenspräfekten und späteren Papst Benedikt XVI. Am Konzil lag es sicherlich nicht. Obwohl es manche Sicherheit wie die einzig wahre Kirche zuminsdest anknacke.
Dass die Beichte, so wie sie damals praktiziert wurde, keinen Bestand haben würde, war abzusehen. Die intimen Fragen, die dort gestellt wurden, waren einfach nur peinlich. Zu der Zeit fing man auch an, darüber zu sprechen. Selbst unter Berücksichtigung, dass der Beichtvater sich ein genaues Bild von der Tat machen muss, um ein Vergehen richtig zu beurteilen, so waren einige Fragen einfach unangemessen. Aber so etwas spricht sich herum. Und irgendwann geht man nicht mehr zur Beichte. - Das Konzil ist das sicherlich nicht schuld. Wenn man schon einen Sündenbock für die katastrophalen benennen will, dann ist das in dieser Sache der Klerus. Und natürlich auch der Psychologen, bei denen jetzt „gebeichtet“ wird.
Ja, es sind viele katastrophale Fehler bei der Umsetzung des Konzils passiert. Zum Fehler wurden sie immer dann, wenn Konservative und so genannte Moderne, sich bis auf‘s Blut beharkten. Gewonnen haben meistens die Konservativen. - Also die sind Schuld.
Gruß, Ottone