Bibelübersetzungen/-ausgaben

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Lupus
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Lupus »

Wenn ich mich recht erinnere, hat Papst Benedikt XVI. darum gebeten, stets "der Herr" anstatt "Jahwe" zu übersetzen. Ein Entgegenkommen gegenüber den Juden.
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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Lupus hat geschrieben:
Samstag 15. Juni 2019, 08:46
Wenn ich mich recht erinnere, hat Papst Benedikt XVI. darum gebeten, stets "der Herr" anstatt "Jahwe" zu übersetzen. Ein Entgegenkommen gegenüber den Juden.
Kannst du erklären, wieso das ein "Entgegenkommen" ist? :hae?: :hmm:
Ich hätte das Entgegenkommen umgekehrt vermutet. :hmm:
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Protasius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Protasius »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Samstag 15. Juni 2019, 17:02
Lupus hat geschrieben:
Samstag 15. Juni 2019, 08:46
Wenn ich mich recht erinnere, hat Papst Benedikt XVI. darum gebeten, stets "der Herr" anstatt "Jahwe" zu übersetzen. Ein Entgegenkommen gegenüber den Juden.
Kannst du erklären, wieso das ein "Entgegenkommen" ist? :hae?: :hmm:
Ich hätte das Entgegenkommen umgekehrt vermutet. :hmm:
Die Juden sprechen des Tetragrammaton JHWH nicht aus, sondern sagen stattdessen bei der Lesung Adonai (Herr) oder haSchem (der Name).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

In aller Regel wird der Name nicht ausgesprochen, wie oben gesagt.
Aber keine Regel ohne Ausnahme.
Siehe die Übersetzung des Juden Elieser ben Gavriel Goldschmidt (1871 – 1950).
Ist übrigens nicht die Einzige, die an wie immer gearteten Konventionen und Traditionen vorbei verdeutscht!

1 »Höret dies, Haus Jaakob, die mit dem Namen Jißrael genannt werden
und aus dem Borne Jehudas hervorgegangen;
die beim Namen
Jehovas schwören und den Gott Jißraels anrufen,
doch nicht in Wahrheit, nicht in Aufrichtigkeit.
2. Ja, nach der heiligen Stadt werden sie genannt, stützen sich auf den Gott Jißraels;
Jehova der Heerscharen ist sein Name. (…)«


Das Buch Jesaia Kap. 48 in: Lazarus Goldschmidt, Die heiligen Bücher, Bd. 3: Die letzten Propheten. Jüdische (!) Übersetzung, Berlin 1925.

P.S.: Kennt jemand einen gläubigen Juden, der katholische Bibel inkl. NT liest bzw. an einer katholischen Messe teilnimmt, so dass er sich am ausgesprochenen "Jahwe" stören müsste? Oder ist an Konvertiten gedacht?

Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

birnbaum hat geschrieben:
Freitag 14. Juni 2019, 14:46
Ich antworte für Br. Donald – in der Hoffnung, er hätte keine Einwände gehabt...
Alles gut, danke, du hast es auch tausendmal besser erklärt als ich es je hingekriegt hätte :tuete:
birnbaum hat geschrieben:
Freitag 14. Juni 2019, 14:46
N.B.: Br. Donald, falls Du etwas anderes meintest, dann melde Dich!
Es ist schon richtig, ich bevorzuge es, wenn der Eigenamme Jehowa (bzw. alternative Schreibweisen) auch so dasteht, anstatt der Umschreibung mit HERR, Herr (oder whatever).

Einerseits kann ich das "Entgegenkommen" nachvollziehen, andererseits empfinde ich diese Umschreibung als irgendwie "verfälschend".
In einer christlichen Bibel kann ja ruhig Jehowa stehen, beim (lauten) Lesen kann man es ja wie die Juden dann immer noch mit "Herr" wiedergeben.

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 10:34
birnbaum hat geschrieben:
Freitag 14. Juni 2019, 14:46
Ich antworte für Br. Donald – in der Hoffnung, er hätte keine Einwände gehabt...
Alles gut, danke, du hast es auch tausendmal besser erklärt als ich es je hingekriegt hätte :tuete:
birnbaum hat geschrieben:
Freitag 14. Juni 2019, 14:46
N.B.: Br. Donald, falls Du etwas anderes meintest, dann melde Dich!
Es ist schon richtig, ich bevorzuge es, wenn der Eigenamme Jehowa (bzw. alternative Schreibweisen) auch so dasteht, anstatt der Umschreibung mit HERR, Herr (oder whatever).

Einerseits kann ich das "Entgegenkommen" nachvollziehen, andererseits empfinde ich diese Umschreibung als irgendwie "verfälschend".
In einer christlichen Bibel kann ja ruhig Jehowa stehen, beim (lauten) Lesen kann man es ja wie die Juden dann immer noch mit "Herr" wiedergeben.
In deiner neulich gekauften Herderbibel steht also "Jehowa"?
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 10:38
In deiner neulich gekauften Herderbibel steht also "Jehowa"?
Genau!
(Aber welche Schreibvariante des Eigennamesn genau, weiß ich jetzt nicht mehr so recht...)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 10:42
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 10:38
In deiner neulich gekauften Herderbibel steht also "Jehowa"?
Genau!
(Aber welche Schreibvariante des Eigennamesn genau, weiß ich jetzt nicht mehr so recht...)
Wird auch "Jahwe" verwendet oder konsequent "Jehowa"?
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 11:01
Wird auch "Jahwe" verwendet oder konsequent "Jehowa"?
Wenn es mir möglich ist, schaue ich nach und reiche die Antwort nach :daumen-rauf:

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 11:23
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 11:01
Wird auch "Jahwe" verwendet oder konsequent "Jehowa"?
Wenn es mir möglich ist, schaue ich nach und reiche die Antwort nach :daumen-rauf:
Sehr gut :ikb_thumbsup:
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Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 11:01
Wird auch "Jahwe" verwendet oder konsequent "Jehowa"?
So, ich habe jetzt in mehreren Büchern des AT (Jerusalem Bibel 1969) durchgeguckt und in allen fand ich nur die Variante "Jahwe".

Ich habe noch in meiner Pattloch-Bibel (Druck 2007, Imprimatur 1962) nachgesehen, in dieser wird "Herr" benutzt.

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Br. Donald,
lies noch mal nach! Es kann schlicht nicht sein, dass in einer Herder Bibel das Tetragramm mit "Jehova" wiedergegeben ist. Entweder sie liest "Herr" oder "Jahwe" (wie ich oben schrieb)!

Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

birnbaum hat geschrieben:
Dienstag 18. Juni 2019, 08:05
Br. Donald,
lies noch mal nach! Es kann schlicht nicht sein, dass in einer Herder Bibel das Tetragramm mit "Jehova" wiedergegeben ist.
Lieber Birnbaum,

tut es auch nicht.

Entweder sie liest "Herr" oder "Jahwe" (wie ich oben schrieb)!
Du hast ja auch recht und ich habe es ja auch entsprechend bestätigt:
Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 21:10
So, ich habe jetzt in mehreren Büchern des AT (Jerusalem Bibel 1969) durchgeguckt und in allen fand ich nur die Variante "Jahwe".
;)


Sorry, ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt, indem ich "Jehowa" ins Spiel gebracht habe :tuete: ich wollte damit nicht ausdrücken, dass genau dieses Wort benutzt wird, sondern eine Version des Tetragramms an sich (und nicht "Herr/HERR" oder whatever).

de_las_casas
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von de_las_casas »

birnbaum hat geschrieben:
Dienstag 18. Juni 2019, 08:05
Br. Donald,
lies noch mal nach! Es kann schlicht nicht sein, dass in einer Herder Bibel das Tetragramm mit "Jehova" wiedergegeben ist. Entweder sie liest "Herr" oder "Jahwe" (wie ich oben schrieb)!
Eine Bibel, die lesen kann. Wow! 8)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 21:10
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 17. Juni 2019, 11:01
Wird auch "Jahwe" verwendet oder konsequent "Jehowa"?
So, ich habe jetzt in mehreren Büchern des AT (Jerusalem Bibel 1969) durchgeguckt und in allen fand ich nur die Variante "Jahwe".

Ich habe noch in meiner Pattloch-Bibel (Druck 2007, Imprimatur 1962) nachgesehen, in dieser wird "Herr" benutzt.
Danke, für deine Bibelarbeit.
Das hätten wir geklärt.
Ist ein wichtiges Thema.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Schaut mal bitte, über was ich gestolpert bin:
Psalm 8,6:

Einheitsübersetzung 2016:
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.

Schlachter 2000:
Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als die Engel; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt.

Das ist doch der Hammer! :glubsch:
Ist der Mensch nun wenig niedriger als Gott oder wenig niedriger als die Engel? :hae?: :achselzuck: :hmm:
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 2. Juli 2019, 12:49
Schaut mal bitte, über was ich gestolpert bin:
Psalm 8,6:

Einheitsübersetzung 2016:
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.

Schlachter 2000:
Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als die Engel; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt.

Das ist doch der Hammer! :glubsch:
Ist der Mensch nun wenig niedriger als Gott oder wenig niedriger als die Engel? :hae?: :achselzuck: :hmm:
Zürcher 2007

Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt.

Elberfelder

Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als Engel, mit Herrlichkeit und Pracht krönst du ihn.

Wichtig: Bei der Elberfelder findet sich hinter "Engel" die erklärende Fußnote, dass "Elohim" hier wohl als Engelswesen oder Engel zu verstehen sei.
Es handelt sich also um eine evangelikale Auslegung, der u.a. auch Schlachter und die Neue Evangelistische folgen.

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Protasius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Protasius »

Tinius hat geschrieben:
Dienstag 2. Juli 2019, 20:45
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 2. Juli 2019, 12:49
Schaut mal bitte, über was ich gestolpert bin:
Psalm 8,6:

Einheitsübersetzung 2016:
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.

Schlachter 2000:
Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als die Engel; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt.

Das ist doch der Hammer! :glubsch:
Ist der Mensch nun wenig niedriger als Gott oder wenig niedriger als die Engel? :hae?: :achselzuck: :hmm:
Zürcher 2007

Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt.

Elberfelder

Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als Engel, mit Herrlichkeit und Pracht krönst du ihn.

Wichtig: Bei der Elberfelder findet sich hinter "Engel" die erklärende Fußnote, dass "Elohim" hier wohl als Engelswesen oder Engel zu verstehen sei.
Es handelt sich also um eine evangelikale Auslegung, der u.a. auch Schlachter und die Neue Evangelistische folgen.
Die Engel stehen auch in der Vulgata:
Minuisti eum paulo minus ab angelis ; gloria et honore coronasti eum.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Juergen
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Juergen »

LXX: Engel
ἠλάττωσας αὐτὸν βραχύ τι παρ' ἀγγέλους δόξῃ καὶ τιμῇ ἐστεφάνωσας αὐτόν

Hebr. Elohim
ותחסרהו מעט מאלהים וכבוד והדר תעטרהו׃

Allerdings ist das Ganze nicht so einfach:
https://offene-bibel.de/wiki/Psalm_8
Heb. אֱלֹהִים;„Gott“ ist die Mehrheitsübersetzung. Soggin hat dagegen eingewandt, dass elohim derart übersetzt im „sonst jahwistischen Psalm“ aus dem Rahmen fiele (Soggin 1971, S. 571) und deshalb wohl als „Engel, himmlische Wesen“ übersetzt werden sollte. Allerdings ist unsicher, ob die Annahme von etwas wie „jahwistischen Psalmen“ überhaupt sinnvoll ist; die Mehrzahl der biblischen Texte legt eher das Gegenteil nahe: Ein israelitischer Autor kann durchaus in der Lage gewesen sein, mehrere verschiedene Gottesnamen zu verwenden. Unter Umständen verweist der Autor mit elohim sogar zurück auf Gen 1,26, was aus der Verwendung dieses Gottesnamens eine bewusste Gestaltungsentscheidung machte (vgl. Terrien 2003, S. 131; ebenso Craigie 1983, S. 98; Kinzer 1995, S. 35; Ross 2011, S. 289; Waltke 2010, S. 267); allerdings ist das eher eine Spekulation. So und so ist hier sowohl die Übersetzung „Gott“ als auch „Götter“ oder „Engel“ möglich; von den Sinnlinien des Psalms her ist aber „Gott“ vorzuziehen (vgl. z.B. Kinzer 1995, S. 35f).

Gruß Jürgen

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

»Und doch ließest du ihn nur wenig mangeln an Gottheit;
Und mit Herrlichkeit und Majestät kröntest du ihn.«

:: Karl Bernhard Moll, Der Psalter. 1884::

»Du hast ihm fast die Würde / eines himmlischen Wesens gegeben.
Mit Schönheit und Adel hast du ihn gekrönt.«

:: Jörg Zink, Er wird meine Stimme hören. 1967::

»Du ließest ihn um geringes niedriger sein als die Götter, /
Du hast ihn gekrönt mit Himmelslicht und erhabenem Glanz.«

:: Friedrich Behrmann: Die Sonntags– Evangelien. 1989::

»Kleinstes nur ließt du ihn mangeln:
Daß er gottgleich sich betracht´t.«

::Matthias Hermann, Die Psalmen, nachgedichtet. Erstes Buch. 2015::

Vier von unzähligen Varianten, die zu verdeutschen versuchen, was die Hebraica zum Errätseln aufgibt …
Mit solchen kleinen Wortstudien könnt´ ich Stunden und Tage verbringen! Danke, VF, für die Anregung!
Manche der Übertragungen können durchaus helfen, sich dem Gehalt der hebräischen Bilder– und Symbolsprache anzunähern...

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Aus der Frühzeit der Übersetzungen ins Deutsche (hier: 1545) dolmetschte Martin Luther – und sogar erst in der Mitte des 19. Jhdts "berichtigt":

»Du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von Gott verlassen seyn /
aber mit Ehren und Schmuck wirst du ihn krönen.«


Noch eine bemerkenswerte Übertragung, metrisch, von Hermann Eytel 1864:

»Und doch hast Du so nah den Stufen /
Verklärter Geister ihn gerückt,
Zur Königsherrschaft ihn berufen,
Des Adels Bild ihm aufgedrückt.«


Vinzenz F., du hast mich angesteckt mit Deinem Eifer des Vergleichens und Fragens …

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Juergen
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Juergen »

Bubers Martin verdeutscht es so:

Ließest ihn ein Geringes nur mangeln,
göttlich zu sein,
kröntest ihn mit Ehre und Glanz,
hießest ihn walten
der Werke deiner Hände.
Gruß Jürgen

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Die Verdeutschung von Martin Buber ist nach meiner Einschätzung so etwa das Feinste, was es betreffs jüdischer BÜ überhaupt gibt. Der rheinische Katholik Heinz Pangels hat 64 Psalmen von Buber "entschärft" für sein Buch
"Die Psalmen nach der Verdeutschung aus dem Hebräischen von Martin Buber übertragen in mein heutiges Sprachverständnis" (2006) und gibt diesen Vers wieder

»Um ein Geringes nur hast du ihn unter die Engel gestellt, /
hast ihn gekrönt mit Ehr und Herrlichkeit..«


Den Begriff ´Elohim` hier als ´Engel` wiederzugeben, zeigt die Evolution an, die der Bibeltext im Lauf der Jahrhunderte nahm und immer noch nimmt. Der im römischen Katholizismus als "Psalmenpapst" fungierende Theologe Erich Zenger (leider †) hat denn auch im Kommentar zum Ps 8 vermerkt:

„Die LXX und der Targum [aramäische Übertragung] haben durch die Übersetzung von Elohim mit »Engel« die hohe Anthropologie von Ps 8 etwas zurückgenommen; der Mensch wird nun unter die Engel eingeordnet womit vermutlich der in der Formulierung ´ben_Adam` herausgelesene Aspekt der menschlichen Sündhaftigkeit berücksichtigt werden soll.“ (Herders theologischer Kommentar zum AT)

Dieser Abstieg in eine tiefere Herrschaftsebene leuchtet ein und ist in den verschiedenen Übersetzungen berücksichtigt. Schon aus diesem Grunde finde ich es wichtig, nicht nur aus einer Bibelausgabe zu lesen und lernen, sondern verschiedene Üs zu benutzen. Auf diese Weise wurde VF auch sensibilisiert.

Der alte Kirchenvater S. E. Hieronymus hat die Psalmen sowohl aus der LXX als auch aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzt (Vulgata); die lateinische Version der LXX lautet

»minuisti eum paulo minus ab ANGELIS…«

der aus der Hebraica
»minues eum paulo minus a DEO…«

(Andreas Beriger, Biblia Sacra Vulgata / deutsch, Bd. III. 2018

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Juergen
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Juergen »

birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 15:31
Die Verdeutschung von Martin Buber ist nach meiner Einschätzung so etwa das Feinste, was es betreffs jüdischer BÜ überhaupt gibt…

Ja, z.B. im Hohelied:

Wie eine Karmesinschnur sind deine Lippen
und anmutig dein Redegerät.


:D
Gruß Jürgen

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Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 13:18
Aus der Frühzeit der Übersetzungen ins Deutsche (hier: 1545) dolmetschte Martin Luther – und sogar erst in der Mitte des 19. Jhdts "berichtigt":

»Du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von Gott verlassen seyn /
aber mit Ehren und Schmuck wirst du ihn krönen.«


Kleiner Hinweis zu Luther hier:

Was sollte er "dolmetschen"? Er konnte kein Hebräisch und so hatte er eben etwas Lateinisches in der Hand. Oder etwa die LXX ???

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Aus Luthers Bibelcollegium waren verantwortlich für die Übersetzerarbeit aus dem Hebräischen:

Caspar Aquila, Matthäus Aurogallus und Caspar Cruciger.

Er hatte also drei Mtarbeiter, die sowas wie "Spezialisten" sein mochten...

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Zitat: "dein Redegerät".

Klingt sehr mechanisch. Der hebräische Begriff "midbareikh" beinhaltet nun mal die Wortwurzel d–b–r, und das ist "Rede".
R. M. Steurer übersetzt "dein(e) Sprachorgan(e)". Nennt man eine ultimativ-formtreue Übersetzung, bei Buber heißts "Leitwort".
Andererseits gibts es mengenweise poetische Übertragungen, wenn es sich anmutig anhören soll.

P.S. das mit dem Zitieren krieg ich alter Mann nicht hin, leider...

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 17:54

P.S. das mit dem Zitieren krieg ich alter Mann nicht hin, leider...
Hallo mods, bitte eine nette Erklärung zum Zitieren verlinken oder erstellen. Vielen Dank. Denn birnbaum ist ein meisterhafter Experte, dessen Seite ich seit vielen Jahre geistig begleite.

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Mir bleibt nichts anderes übrig, als mit diesen Komplimenten umgehen zu lernen.
Danke, Bruder! Freut mich sehr! Ich werde es sicher noch hinbekommen!

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Tinius hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 22:08
birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 17:54

P.S. das mit dem Zitieren krieg ich alter Mann nicht hin, leider...
Hallo mods, bitte eine nette Erklärung zum Zitieren verlinken oder erstellen. Vielen Dank. Denn birnbaum ist ein meisterhafter Experte, dessen Seite ich seit vielen Jahre geistig begleite.
Das kann ich nur unterstreichen!
Lob und Dank sei Birnbaum! :)
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 11:59
»Du ließest ihn um geringes niedriger sein als die Götter, /
Du hast ihn gekrönt mit Himmelslicht und erhabenem Glanz.«

:: Friedrich Behrmann: Die Sonntags– Evangelien. 1989::
"Götter"! Das ist der Plural von Gott!
Alarm! Jetzt wirds spanned! ;D
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Freitag 5. Juli 2019, 12:59
birnbaum hat geschrieben:
Mittwoch 3. Juli 2019, 11:59
»Du ließest ihn um geringes niedriger sein als die Götter, /
Du hast ihn gekrönt mit Himmelslicht und erhabenem Glanz.«

:: Friedrich Behrmann: Die Sonntags– Evangelien. 1989::
"Götter"! Das ist der Plural von Gott!
Alarm! Jetzt wirds spanned! ;D
Fr. Behrmann kommt aus der anthroposophischen Szene (Christengemeinschaft); ob sein theosophischer Ansatz eine Rolle spielte bei der Übertragung von ´Elohim` in ´Götter` (quantitativer Plural anstelle eines "qualitativen"), weiß ich nicht. Möglich wäre ersteres, vor allem, wenn man den Umweg nimmt über Paulus´ Bemerkung in 1 Kor. 8:5,
»Denn wenn es auch sogenannte Götter gibt, sei es im Himmel, sei es auf Erden – es gibt ja wirklich viele Götter und viele Herren –, (…)« (Herder ´68)
Da uns die visuelle Schau in die unsichtbare Welt in der Regel verwehrt ist, ists wohl nicht einfach, genau zu bestimmen, wen Paulus hier konkret benennt. Vor dem Hintergrund des Korinther– Textes kann die Wahl des Plurals, den Behrmann hier verwendet, nicht von vorne herein abgewiesen werden. Nun ist das auch ein Thema, über das man trefflich disputieren (besser: diskutieren) kann.

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