Bibelübersetzungen/-ausgaben

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Tinius,
ich vergaß die Bären. Die "zwei" sind feminin, die Bären maskulin. Zwei ist, soweit ich erinnere, die einzige Zahl, die feminin und maskulin benannt wird: schtaim (f) und "schnaim" (m).
Solche Konstruktionen, auch Pluralnomina mit Singularverb, kommen öfter in der Schrift vor, daher die verschiedenen Übersetzungsvarianten.

Ich wünsche Dir einen gesegneten Herrentag! Schlaf gut! Nett, mit Dir ausgetauscht zu haben!

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Ich habe Dir, Tinius, einen kleinen illustrierten Brief geschrieben:

hier: https://www.bibelpedia.com/index.php?title=Ich_und_Du

Natürlich auch für alle anderen, die o. g. Diskussion verfolgt bzw. Interesse daran haben.
Es geht um die in 2 Könige 2 von Bären getöteten 42 Kinder und einiges mehr.

Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

Also....ich bin wirklich gerührt... :heul: :heul: :klatsch: :klatsch:

Ich danke dir.

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Gern geschehen!
Teilst Du die Leidenschaft deines Namensgebers, der angeblich 50 Tsd Bücher "gehortet" hat?

(Mal davon ausgehend, daß Tinius ein Pseudonym ist ! Gut, daß Du das "t" vor dem u nicht trägst,
sonst wärst Du meine personifizierte Malaise)

RomanesEuntDomus
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von RomanesEuntDomus »

Birnbaum hat geschrieben:Der hebräische Begriff "na´ar" bezeichnet kleine Kinder und Jungs; da aber "klein" davorgesetzt ist, sind tatsächlich kleine Kinder gemeint.
Na'ar bezeichnet so einiges; nicht nur "junge Männer" im engeren Sinne, sondern häufig auch Diener und Hilfsarbeiter aller Art.

Nur drei kleine Beispiele, locker aus dem Buch der Richter zusammengetragen, wörtlich zitiert nach Einheitsübersetzung:

Ri 9,54:
Da rief er seinen Waffenträger und sagte zu ihm: Schnell, zieh dein Schwert und töte mich! Man soll nicht von mir sagen: Eine Frau hat ihn umgebracht. Der junge Mann durchbohrte ihn, und er starb.
Ri 17,7:
In Bethlehem in Juda lebte (damals) ein junger Mann [aus der Sippe Juda]. Er war Levit und lebte dort als Fremder.
Ri 19,11:
Als sie dort waren, war der Tag schon fast zu Ende gegangen. Darum sagte der Knecht zu seinem Herrn: Komm, wir wollen in der Jebusiterstadt hier einkehren und übernachten.
(Unterstreichungen von mir, Klammern im Original.)

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Danke für diese Hinweise, R. e. D.,

In den Richter– Passagen fehlt jedoch jeweils das Adjektiv "klein".

In der 2 Könige 2–Stelle heißt es in V. 23
»n´arim k´tanim« , "kleine Kinder",
»pueri parvi« für die Römer, wörtlich nach Hieronymus.
Zuletzt geändert von birnbaum am Donnerstag 14. November 2019, 14:49, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Hier findet sich übrigens eine gute Darstellung an einem Beispiel (Taufe Jesu), warum die HSK-Übersetzung (Hamp-Stenzel-Kürzinger) deutlich besser ist als die - hier alte - EÜ:

https://www.vaticarsten.de/theologie/nt ... _maike.pdf

Fand ich hochinteressant zu lesen.

(Daß Nestle-Aland hier ständig als "Original" bezeichnet wird, spielt für den Vergleich keine Rolle, zumal sich beide Übersetzungen darauf beziehen.)

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Danke, Ralf, für diesen Hinweis! Außerordentlich aufschlußreich! Ein Text nach meinem Geschmack, den ich noch nicht kannte.
Nachdem die H–S–K –, die Henne–Rösch und die Riesler–Storr -Übersetzungen nur noch antiquarisch zu bekommen sind, stelle ich mit Bedauern fest, daß momentan nur noch zwei r.-k.– Vollbibeln auf dem Markt sind, die Gute Nachricht Bibel mal nicht mitgezählt.
Es sieht zur Zeit auch nicht so aus, als ob sich das ändern würde! Vielleicht druckt der Sarto– Verlag ja irgendwann mal nach, so wie bei Augustin Arndt geschehen. Aber denen wars ja um eine Übersetzung nach der Vulgata...
Nichtsdestoweniger finde ich, daß die Einheitsüs 2016 der 1980er Ausgabe durchaus überlegen ist!

Gesegneten Herrentag Dir!

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Gerne, ich fand ihn auch sehr aufschlußreich - befürchte allerdings, daß die EÜ2016 auch da nicht gut abschneiden würde (wenn auch besser als die alte, da gebe ich Dir Recht).

Die H-S-K hatte ich mal in der Großdruck Rosina Wachtmeister Ausgabe, jetzt freue ich mich auf die Ausgabe als Ikonen-Bibel (günstiger als am großen Fluß gefunden).

Mal was anderes: nutzt jemand hier im Forum die Logos-Bibelsoftware? Oder gar die katholische Verbum-Variante?

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Ralf hat geschrieben:
Freitag 15. November 2019, 22:11
Gerne, ich fand ihn auch sehr aufschlußreich - befürchte allerdings, daß die EÜ2016 auch da nicht gut abschneiden würde (wenn auch besser als die alte, da gebe ich Dir Recht).
Ich habe mal die im Artikel besprochene Stelle bei der EÜ2016 nachgeschaut. Wenn die neue EÜ besser wird, dann deswegen, weil sie größtenteils wortwörtlich(!) Kürzinger übernimmt. SEHR interessant und spricht natürlich für HSK.

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Ralf hat geschrieben:
Freitag 15. November 2019, 22:11
Mal was anderes: nutzt jemand hier im Forum die Logos-Bibelsoftware? Oder gar die katholische Verbum-Variante?
Niemand? Kennt sie denn jemand?

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

birnbaum hat geschrieben:
Freitag 15. November 2019, 08:28
Nachdem die H–S–K –, die Henne–Rösch und die Riesler–Storr -Übersetzungen nur noch antiquarisch zu bekommen sind, ...
Aufgrund deiner Seite habe ich die HSK hier komplett online entdeckt (erfreue mich natürlich lieber meiner Ausgabe als Ikonenbibel, ein echtes Prachtexemplar):

http://www.vulgata.info/index.php?title ... Vulgata:AT

http://www.vulgata.info/index.php?title ... Vulgata:NT

(Du schriebst selber auf bibelpedia, daß HSK nichts mit der Vulgata zu tun hat, ist ein Fehler des Autoren der Vulgata-Seite)

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Ja, Ralf, das ist richtig.
Ich habe dem Verantwortlichen damals geschrieben, dass V. Hamp & M. Stenzel überwiegend nach der Hebraica übersetzt haben. Im Vorwort zur 1° des AT heißt es sinngemäß:

Angaben der Textvorlagen:
Übersetzt wurde nach den Grundtexten, also nach den hebräischen und aramäischen Schriften. Die Septuaginta wird nicht genannt, ist aber bei den deuterokanonischen Schriften "mit von der Partie". Eigennamen sind nach der Vulgata geschrieben.
Meinrad Stenzel schrieb zu Freising, im November 1955, ein einseitiges Vorwort; darin heißt es zur Übersetzung u. a.:
»Wie das Titelblatt ausweist, wurde die vorliegende Ausgabe nach den Grundtexten, soweit sie uns erreichbar sind, veranstaltet. Es ist also nicht durchweg der hebräische Text, der unsere Vorlage bildet. Um den Grundtexten nahezukommen und damit den Sinn der ersten Verfasser annähernd richtig zu treffen, mußte recht oft zu den Übersetzungen der alten Zeit gegriffen werden, oft mußten auch Textverbesserungen neueren Datums berücksichtigt werden. Hie und da wirden offenkundige Glossen, d. h. Bemerkungen, die nicht zum ursprünglichen Text gehören, fortgelassen. So erklärt es sich, daß unsere Ausgabe bisweilen von anderen katholischen Bibelausgaben abweicht.«

Ich bezweifle, daß Stenzel die V als Grundtext bezeichnete; eventuell aber bei den Deuterokanonen.

Josef Kürzinger hat nur in den ersten beiden Auflagen seines NT 1953 und ´54 nach der V übertragen, danach konsequent nach dem Griechischen.

Ein "Br. Johannes Markus", der – soweit ich mich erinnere – für diese Webseite verantwortlich zeichnet, hat aber nicht reagiert. So isses bis heut geblieben.

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bibel für über eine Million Euro versteigert
In Hamburg ist am Montag eine mittelalterliche Bibel versteigert worden - für 1.050.000 Euro. Laut einer Sprecherin ist sie damit die teuerste Bibel, die jemals in Deutschland ersteigert worden ist. Ein privater Schweizer Sammler habe den Zuschlag für das zweibändige Werk erhalten. Die Gebote wurden per Telefon abgegeben. Die Bibel befand sich zuvor in Familienbesitz. Der reine Verkaufspreis beträgt 840.000 Euro, dazu kommt eine Provision von 25 Prozent.
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/ ... el210.html
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Da diese mittelalterliche Bibel für meine Art des Bibelstudiums eher nicht taugt,
hab ich – nach längerem Zögern – davon abgesehen, mich an der Ersteigerung zu beteiligen!

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ad-fontes
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von ad-fontes »

Lohnt sich die neue Vulgata deutsch?

Wenn ich das lese, habe ich so meine Zweifel:
Der lateinische Text wurde in ein modernes, klares Deutsch übertragen, ohne dabei jedoch inhaltliche Veränderungen oder theologische Deutungen vorzunehmen.

Nach der Reformation wurde eine korrigierte Version der Vulgata erstellt, die aber nicht mehr dem Original entspricht, wie der Mitherausgeber Andreas Beriger am Beispiel der Maria erläutert, die laut der Katholischen Kirche eine Jungfrau war: „Wenn man die lateinische Vulgata liest, steht da lediglich, dass sie eine junge Frau war,“ so Beriger. „Eine andere Interpretation lässt sich hier schlichtweg nicht herauslesen. Und wir übersetzen auch konsequent mit ‚junge Frau‘, um dem Leser nicht die Deutung vorwegzunehmen.“ Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen, das die Relevanz der Neuübersetzung vor Augen führt.
https://www.degruyter.com/dg/newsitem/3 ... hieronymus
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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taddeo
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von taddeo »

ad-fontes hat geschrieben:
Samstag 7. Dezember 2019, 16:34
Lohnt sich die neue Vulgata deutsch?

Wenn ich das lese, habe ich so meine Zweifel:
Der lateinische Text wurde in ein modernes, klares Deutsch übertragen, ohne dabei jedoch inhaltliche Veränderungen oder theologische Deutungen vorzunehmen.

Nach der Reformation wurde eine korrigierte Version der Vulgata erstellt, die aber nicht mehr dem Original entspricht, wie der Mitherausgeber Andreas Beriger am Beispiel der Maria erläutert, die laut der Katholischen Kirche eine Jungfrau war: „Wenn man die lateinische Vulgata liest, steht da lediglich, dass sie eine junge Frau war,“ so Beriger. „Eine andere Interpretation lässt sich hier schlichtweg nicht herauslesen. Und wir übersetzen auch konsequent mit ‚junge Frau‘, um dem Leser nicht die Deutung vorwegzunehmen.“ Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen, das die Relevanz der Neuübersetzung vor Augen führt.
https://www.degruyter.com/dg/newsitem/3 ... hieronymus
Die Reihe "Tusculum" bürgt im allgemeinen für höchste philologische Qualität der Ausgaben. Wenn diese Vulgata-Edition genauso gut ist wie die anderen, dann wäre es für den wissenschaftlich Interessierten sicher eine Anschaffung wert. Man darf halt nicht erwarten, eine Vulgata "mit kirchlichem Touch" zu kriegen, aber das dürfte auch nicht der Sinn dieser Ausgabe sein.

Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

"Tusculum" steht einfach für absolute Qualität. Ich frage mich allerdings, ob ich mir den Band mit dem Neuen Testamant für meine Sammlung kaufen soll. Denn was bezweckt diese Übersetzung und nach welchen Kriterien wurde sie durchgeführt?

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taddeo
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von taddeo »

Tinius hat geschrieben:
Sonntag 8. Dezember 2019, 15:49
Denn was bezweckt diese Übersetzung und nach welchen Kriterien wurde sie durchgeführt?
Wenn sie in der Reihe Tusculum erscheint, dann gehe ich von folgenden Prämissen aus:
1. Es soll eine möglichst originalgetreue textkritische Ausgabe des lateinischen Urtextes von Hieronymus sein;
2. die Übersetzung soll nach rein philologischen Kriterien den Urtext möglichst getreu wiedergeben.

Nicht mehr, und nicht weniger. Theologische Einflüsse erwarte ich da nicht, das ist nicht die Aufgabe von Philologen.

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Für diese Vulgata gibt es nichts vergleichbares, jedenfalls nicht auf Deutsch. Wichtig zu wissen ist, daß für die Verdeutlichung nicht ein einzelner, sondern viele Übersetzer Hand angelegt haben, Männer & Frauen, abseits theologischer Hintergründe, denn darum ginge es ja nicht, wie taddeo oben richtig schrieb.
Wenn man sonst eine vulgatische Verdeutschung des NT sucht, dann die Winterswyl– Bearbeitung vom Verlag Nova & Vetera (2013). Das wars – außer, man geht antiquarisch; da ist die Auswahl größer.

Ich habe alle 5 Bände gekauft und bereue es definitiv nicht.

Eine sehr interessante Möglichkeit, die Psalmen der o. g. Vulgata Deutsch mit einer traditionell kirchlichen Übersetzung der alten V zu vergleichen, ergibt sich, wenn man den Psalter im Diurnale Romanum (2016) und dem dazugehörigen Folgeband Nocturne Romanum (2019) von P. Martin Ramm (Priesterbruderschaft St. Petrus) parallel liest.
Die beiden Bände mit zusammen 4500 (in Worten: viertausendfünfhundert) Seiten sind allerdings recht teuer.

Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

Danke für die Einschätzung. Werde mir vielleicht den letzten Band zulegen.

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Lycobates
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Lycobates »

ad-fontes hat geschrieben:
Samstag 7. Dezember 2019, 16:34
Lohnt sich die neue Vulgata deutsch?

Wenn ich das lese, habe ich so meine Zweifel:
Der lateinische Text wurde in ein modernes, klares Deutsch übertragen, ohne dabei jedoch inhaltliche Veränderungen oder theologische Deutungen vorzunehmen.

Nach der Reformation wurde eine korrigierte Version der Vulgata erstellt, die aber nicht mehr dem Original entspricht, wie der Mitherausgeber Andreas Beriger am Beispiel der Maria erläutert, die laut der Katholischen Kirche eine Jungfrau war: „Wenn man die lateinische Vulgata liest, steht da lediglich, dass sie eine junge Frau war,“ so Beriger. „Eine andere Interpretation lässt sich hier schlichtweg nicht herauslesen. Und wir übersetzen auch konsequent mit ‚junge Frau‘, um dem Leser nicht die Deutung vorwegzunehmen.“ Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen, das die Relevanz der Neuübersetzung vor Augen führt.
https://www.degruyter.com/dg/newsitem/3 ... hieronymus
Ja, ich habe die Zweifel auch. Ohne das Buch gesehen zu haben (ich wüßte wahrlich nicht, weshalb ich die Vulgata deutsch lesen würde): das Zitat reicht.
Was „nach der Reformation“ als „korrigierte“, man lese: erste textkritische Druckversion, der Vulgata erschien, kann nur die Sixto-Clementina sein (ab 1592), deren philologische Grundsätze im wesentlichen auch den heutigen entsprächen. (Dazu ist Hetzenauer Wesen und Principien der Bibelkritik maßgeblich zu vergleichen).
Inhaltlich, d.h. in letzter Instanz dogmatisch, kann da zum Kirchenvater Hieronymus keinerlei Differenz bestehen, schon gar nicht, was die Interpretation von „virgo“ angeht.

Virgo, denn darum scheint es den heutigen, wenn auch philologisch bemäntelten, Prurienten vordergründig zu gehen, und ich wäre geneigt, hier Goethe zu zitieren (So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt), ist schon in der Antike natürlich immer zum einen eine „junge (unverheiratete) Frau“, somit aber zum anderen, nach antiker, auch heidnischer Ethik und Auffassung, und erst recht nach jüdischer und christlicher, zwingend eine „Jungfrau”, also virgo intacta (denn für verunglückte junge Mädchen wird grundsätzlich schon lange vor Hieronymus eine andere Wortwahl verwendet), ebenso wie die πάρθενος der LXX.

Damit: Reißwolf.
Quandoque bonum dormitat Tusculum.

Ich empfehle stattdessen Niklas Holzbergs Metamorphosenübersetzung.
Eine Glanzleistung.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
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... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Germanus »

Und das Interessante ist nicht nur die zweifelhafte Wortwahl bei der "virgo"-Übersetzung, sondern der Gedanke, der dahintersteht: "Wir können technisch völlig korrekt übersetzen, ohne die Realia des Lebensgefüges berücksichtigen zu müssen." Mit Verlaub, einen größeren Unsinn kann ich mir nicht vorstellen. (Und das scheint ja auch gründlich schiefgelaufen zu sein... allein, wenn man nur diese eine Stelle vorgesetzt bekommt.) Das würde aber geschehen, wenn ich die Vulgata ohne den notwendigen Hintergrund übersetze.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Lycobates
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Lycobates »

Germanus hat geschrieben:
Mittwoch 11. Dezember 2019, 09:47
Und das Interessante ist nicht nur die zweifelhafte Wortwahl bei der "virgo"-Übersetzung, sondern der Gedanke, der dahintersteht: "Wir können technisch völlig korrekt übersetzen, ohne die Realia des Lebensgefüges berücksichtigen zu müssen." Mit Verlaub, einen größeren Unsinn kann ich mir nicht vorstellen. (Und das scheint ja auch gründlich schiefgelaufen zu sein... allein, wenn man nur diese eine Stelle vorgesetzt bekommt.) Das würde aber geschehen, wenn ich die Vulgata ohne den notwendigen Hintergrund übersetze.
Gruß G.
Völlig richtig!
„So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt“.
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 10. Dezember 2019, 21:45

Virgo, ..... ist schon in der Antike natürlich immer zum einen eine „junge (unverheiratete) Frau“, somit aber zum anderen, nach antiker, auch heidnischer Ethik und Auffassung, und erst recht nach jüdischer und christlicher, zwingend eine „Jungfrau”, also virgo intacta (denn für verunglückte junge Mädchen wird grundsätzlich schon lange vor Hieronymus eine andere Wortwahl verwendet), ebenso wie die πάρθενος der LXX.

Leider (für dich in diesem Fall), ist dem nicht so. Du wünscht dir das nur. Ich habe über das Ehewesen zur Zeit Diokletians promoviert und kann dir sagen, dass mit Virgo eben nicht auf eine weibliche Person mit intaktem Hymen abgehoben wird. Schlimmer noch: hätte Hieronymus das gewollt, hätte er "virgo intacta" verwendet. Denn nur so wäre der theologische Anspruch untermauert worden.

Virgo = Mädchen; junge Frau; Jungfrau
intactus, -a, -um (in + PPP von tangere) = unberührt, unbetreten; unverletzt, unversehrt; keusch, rein; frei von; unversucht; unbesungen

Virgo allein kann auch nur Mädchen oder Frau heißen, intacta würde zur Hervorhebung der Jungfräulichkeit benutzt. Die beiden Wörter werden nicht als Pleonasmus aufgefasst.

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

birnbaum hat geschrieben:
Sonntag 8. Dezember 2019, 18:45

Ich habe alle 5 Bände gekauft und bereue es definitiv nicht.

Kannst du bitte mal nachschauen, wie Markus 7, 17-19 übersetzt ist ?

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

17 Und nachdem er von der Menschenmenge weg in ein Haus hineingegangen war,
befragten ihn seine Schüler über das Gleichnis.
18 Und er sagte zu ihnen: »So seid auch ihr unverständig? Seht ihr nicht ein, dass alles, was von außen in den Menschen hineingelangt, ihn nicht erniedrigen kann,
19 weil es nicht in sein Herz hineingelangt, sondern in den Magen, und in die Ausscheidung hinausgeht und dadurch alle Speisen reinigt.«

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

birnbaum hat geschrieben:
Donnerstag 12. Dezember 2019, 20:15
17 Und nachdem er von der Menschenmenge weg in ein Haus hineingegangen war,
befragten ihn seine Schüler über das Gleichnis.
18 Und er sagte zu ihnen: »So seid auch ihr unverständig? Seht ihr nicht ein, dass alles, was von außen in den Menschen hineingelangt, ihn nicht erniedrigen kann,
19 weil es nicht in sein Herz hineingelangt, sondern in den Magen, und in die Ausscheidung hinausgeht und dadurch alle Speisen reinigt.«
Vielen Dank. :) :)

Das Aphedron aus Vers 19 ist der Punkt.

https://en.wikipedia.org/wiki/Aphedron

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Tinius hat geschrieben:
Donnerstag 12. Dezember 2019, 23:54
birnbaum hat geschrieben:
Donnerstag 12. Dezember 2019, 20:15
17 Und nachdem er von der Menschenmenge weg in ein Haus hineingegangen war,
befragten ihn seine Schüler über das Gleichnis.
18 Und er sagte zu ihnen: »So seid auch ihr unverständig? Seht ihr nicht ein, dass alles, was von außen in den Menschen hineingelangt, ihn nicht erniedrigen kann,
19 weil es nicht in sein Herz hineingelangt, sondern in den Magen, und in die Ausscheidung hinausgeht und dadurch alle Speisen reinigt.«
Vielen Dank. :) :)

Das Aphedron aus Vers 19 ist der Punkt.

https://en.wikipedia.org/wiki/Aphedron
Stier übersetzt das Wort mit Grube, Kürzinger wie so oft sehr treffend mit Abort.

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birnbaum
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von birnbaum »

Aus dem reichhaltigen Schatz röm.–kath. Übersetzungen trage ich noch bei:

1) Josef Dillersberger, 1937, als vorweg genommene Kombination von Stier und Kürzinger:

»… weil es nicht ergeht in sein Herz,
sondern in den Bauch
und in die Abortgrube wieder hinausgeht,
die so reinigt alle Speisen?
«

2) Nivard Schlögl, OCist, 1920, mit einer Begrifflichkeit, die möglicherweise seinem niederösterreichischen Lokalkolorit geschuldet ist:

»Es kommt ja nicht in sein Herz,
sondern in seinen Bauch
und kommt wieder heraus in die Kotschleuse,
der ja alle Speisen rein sind.
«

P.S.: Falls ein Österreicher an Bord ist, mag er das bitte kommentieren!

Ralf

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Ralf »

Kotschleuse ist echt super. :D

Tinius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Tinius »

Ralf hat geschrieben:
Freitag 13. Dezember 2019, 10:22
Kotschleuse ist echt super. :D
Wobei die Lutherübersetzung sehr schwächlich ist.

Denn es gehet nicht in sein Hertze / sondern in den Bauch / vnd gehet aus durch den natürlichen Gang / der alle speise ausfeget.

Luther 1545

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