Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Vinzenz Ferrer
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Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Gott ist perfekt.
In Gott ist keine Sünde.
Gott kann nicht sündigen.
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.

Wenn die Sünde Gottes Wesen also dermaßen fremd ist, frage ich mich, ob Gott die Sünde überhaupt „wahrnehmen“ kann, denn dafür bräuchte es so etwas wie „Rezeptoren“ für Sünde.

Hierzu Goethe:
Wär nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt es nie erblicken.
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
wie könnt uns Göttliches entzücken?
Man modifiziere das Gedicht auf die Fragestellung:

Müsste Gott also nicht zumindest zur Sünde fähig sein, um sie erkennen zu können?
Weiß Gott was Sünde ist?
Was ist die Sünde für Gott?
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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mtoto
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von mtoto »

Hallo Vinzenz Ferrer,

dem halte ich entgegen, das Wahrnehmung nur durch die Differenz, die Kontrastierung möglich ist.

Beispiel:

Vollkommen weißes Blatt auf vollkommen weißer Wand ist nicht sichtbar, nicht wahrnehmbar. Vollkommen weißes Blatt auf schwarzer Wand ist sehr gut wahrnehmbar.

Gott ist vollkommen ohne Sünde, deshalb fällt Ihm unsere Sünde auch sehr deutlich auf. ;)

LG mtoto

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Erstens findet sich in Gott sowieso nichts von der menschlichen Kognition. Weder nimmt Gott wahr, noch abstrahiert er Konzepte von dem Wahrgenommenen, noch manipuliert er diese Konzepte dann um z.B. Vergleiche anzustellen... Er ist ein reiner Geist, hat keine Wahrnehmungsorgane, und er ist ewig und unverändlich, so daß es in ihm keinerlei Gedankenprozeß geben kann. Gott erkennt alles schlicht durch den kontinuierlichen Akt der Schöpfung, der Daseinserhaltung der Welt, an sich. Man kann da nicht wirklich eine menschliche Analogie zu finden, aber nur so als Denkanstoß: Wenn wir im Dunkel vor eine Tafel stehen, und ich schreibe etwas mit Kreide an die Tafel, dann kannst Du es nicht wahrnehmen, und weißt nicht was ich geschrieben habe. Ich aber weiß es, schlicht weil ich es geschrieben habe, ohne jede externe Lichtquelle.

Zweitens ist das Schlechte / Böse im Allgemeinen und die Sünde (als durchdachter und gewollter Akt des Bösen) im Speziellen sowieso keine wahrnembare Sache. Es ist vielmehr das Fehlen von etwas, und wird wahrgenommen durch irgendeinen Mangel an einer wahrnehmbaren Sache. Ein platter Reifen ist schlecht weil ihm die Luft fehlt. Ein Herzinfarkt ist übel weil er die Blutzirkulation stört und dann bald den Zellen der Sauerstoff fehlt. Und - wenn auch zugegebenermaßen abstrakter - ein Mord ist eine Sünde weil dem Opfer dabei sein Leben genommen wird (und dies das eigentliche Ziel des Täters ist). Das alles Schlechte / Böse nicht wirklich existiert sondern nur ein Fehler im Existenten ist, ist notwendig, denn ansonsten würde Gott ja direkt das Schlechte / Böse schaffen.

Nun kann man diese beiden Punkte kombinieren, und das beantwortet Deine Frage. Wenn Du blind eine Mauer baust, und dabei einen Ziegelstein auslässt, so daß die Mauer ein Loch kriegt, dann weißt Du daß da ein Loch ist ohne es sehen zu müssen. In diesem Sinne erkennt auch Gott das Schlechte / Böse als Fehlstelle in dem Guten das er schafft. Die Sünde ist dabei ein wenig komplizierter, weil Menschen ja echte Entscheidungen treffen und so die Welt quasi mitschöpfen durch ihre Handlungen. Es ist als ob die Mauer selber sagen kann ob der nächste Stein gesetzt wird oder nicht. Obwohl es dann immer noch der Maurer ist der den Stein plaziert, oder nicht, hat dann die Mauer selber Schuld wenn sie am Ende löchrig ist...

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Juergen
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Juergen »

KKK hat geschrieben: II Das Wesen der Sünde

1849 Die Sünde ist ein Verstoß gegen die Vernunft, die Wahrheit und das rechte Gewissen; sie ist eine Verfehlung gegen die wahre Liebe zu Gott und zum Nächsten aufgrund einer abartigen Anhänglichkeit an gewisse Güter. Sie verletzt die Natur des Menschen und die menschliche Solidarität. Sie wurde definiert als „ein Wort, eine Tat oder ein Begehren im Widerspruch zum ewigen Gesetz" (Augustinus, Faust. 22, 27) [Vgl. Röm 1,28-32; 1 Kor 6,9-10; Eph 5,3-5; Kot 3,5-8; 1 Tim 1,9-10; 2Tim 3,2-5].

1850 Die Sünde ist eine Beleidigung Gottes: „Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was dir mißfällt" (Ps 51,6). Die Sünde lehnt sich gegen die Liebe Gottes zu uns auf und wendet unsere Herzen von ihm ab. Wie die Ursünde ist sie ein Ungehorsam, eine Auflehnung gegen Gott durch den Willen, „wie Gott" zu werden und dadurch Gut und Böse zu erkennen und zu bestimmen (Gen 3,5). Die Sünde ist somit „die bis zur Verachtung Gottes gesteigerte Selbstliebe" (Augustinus, civ. 14,28). Die Sünde ist wegen dieser stolzen Überheblichkeit dem Gehorsam Jesu [Vgl. Phil 2,6-9], der das Heil wirkt, völlig entgegengesetzt.

1851 Gerade in der Passion, in der die Barmherzigkeit Christi die Sünde überwindet, zeigt sich am besten, wie gewalttätig und vielgestaltig diese ist: Unglaube, mörderischer Haß, Verstoßung und Verspottung durch die Führer und das Volk, Feigheit des Pilatus und Grausamkeit der Soldaten, der für Jesus so bittere Verrat des Judas, die Verleugnung durch Petrus und die Flucht der Jünger. Doch gerade in der Stunde der Finsternis und des Fürsten dieser Welt [Vgl. Joh 14,30] wird das Opfer Christi im Verborgenen zur Quelle, aus der unerschöpflich die Vergebung unserer Sünden strömt.
Gruß Jürgen

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Vinzenz Ferrer
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 4. Januar 2020, 03:57
Erstens findet sich in Gott sowieso nichts von der menschlichen Kognition. Weder nimmt Gott wahr, noch abstrahiert er Konzepte von dem Wahrgenommenen, noch manipuliert er diese Konzepte dann um z.B. Vergleiche anzustellen... Er ist ein reiner Geist, hat keine Wahrnehmungsorgane, und er ist ewig und unverändlich, so daß es in ihm keinerlei Gedankenprozeß geben kann.
Wie verhält sich diese Aussage mit dem Gottmenschen Jesus Christus, der ganz Mensch und ganz Gott ist? Hat die zweite Person Gottes (Gott-Sohn) ihr Menschsein mit in den Dreieinigen Gott hineingenommen?
Trisagion hat geschrieben:
Samstag 4. Januar 2020, 03:57
Gott erkennt alles schlicht durch den kontinuierlichen Akt der Schöpfung, der Daseinserhaltung der Welt, an sich. Man kann da nicht wirklich eine menschliche Analogie zu finden, aber nur so als Denkanstoß: Wenn wir im Dunkel vor eine Tafel stehen, und ich schreibe etwas mit Kreide an die Tafel, dann kannst Du es nicht wahrnehmen, und weißt nicht was ich geschrieben habe. Ich aber weiß es, schlicht weil ich es geschrieben habe, ohne jede externe Lichtquelle.
Sehr schönes Beispiel.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 12:10
Wie verhält sich diese Aussage mit dem Gottmenschen Jesus Christus, der ganz Mensch und ganz Gott ist? Hat die zweite Person Gottes (Gott-Sohn) ihr Menschsein mit in den Dreieinigen Gott hineingenommen?
Eine direkte Antwort auf Deine Frage fällt schwer, da Verschiedenes gemeint sein könnte. Dazu das Symbolum von Chalkedon, meine Hervorhebungen:
...ein und derselbe ist Christus, der einziggeborene Sohn und Herr, der in zwei Naturen unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar erkannt wird, wobei nirgends wegen der Einung der Unterschied der Naturen aufgehoben ist, vielmehr die Eigentümlichkeit jeder der beiden Naturen gewahrt bleibt und sich in einer Person und einer Hypostase vereinigt; der einziggeborene Sohn, Gott, das Wort, der Herr Jesus Christus, ist nicht in zwei Personen geteilt oder getrennt, sondern ist ein und derselbe, ...
Die beiden Häresien die dem entgegenstehen sind der Eutychianismus, der die Vermischung der Naturen behauptet, und der Monophysitismus, der die Entstehung einer neuen Gott-Mann Natur annimmt. Die orthodoxe Ansicht ist hingegen, daß die Vereinigung alleine in der Person / Hypostase geschieht, nicht in den Naturen.

Insofern hat die zweite Person Gottes das Menschsein nicht so in die Gottheit aufgenommen, daß man nun Gott an sich irgendwelche menschlichen Eigenschaften zusprechen könnte. Vielmehr ist das Menschsein nun eine separate Art und Weise dieselbe zweite Person Gottes zu sein. Insofern kann man sagen, daß die zweite Person Gottes als Mensch über Dinge nachdenken muß. Aber als Gott tut sie das eben nicht. Genauso kann man sagen, daß die zweite Person Gottes als Mensch am Kreuz litt und starb; aber als Gott kann sie weder leiden noch sterben. Andererseits hat die zweite Person Gottes nicht als Mensch die Welt erschaffen, und vergibt als Mensch auch keine Sünden. Dies tut sie als Gott. Man kann vereinfachend das "als Mensch" und "als Gott" überall weglassen, aber eben nur wenn man bei genauerem Nachfragen willens ist die jeweilige Unterscheidung nach den Naturen hinzuzufügen.

Es gibt nicht wirklich eine gute menschliche Analogie für diesen Zustand. Aber mit ein wenig mehr technologischer Entwicklung gibt es die vielleicht bald... Stell Dir eine Zukunft vor, in der jemand wie Stephen Hawking per ins Hirn verdrahteten Schaltkreis Kontrolle über einen komplexen Roboter erlangt. Dann wäre diese Person "als Mensch" bewegungslos an den Rollstuhl gebunden, aber "als Roboter" würde sie sich frei bewegen. Ob ein menschliches Hirn es schafft simultan im menschlichen Körper und im Roboter "bewußt anwesend" zu sein, weiß ich nicht, aber vielleicht geht das bis zu einem gewissen Grade. Dann hätte man eine technisch-menschliche Analogie, quasi eine Person gleichzeitig als Mensch und als Roboter präsent. Schon klar, daß die Analogie in vielerlei Hinsicht hinkt, aber sie macht deutlich wieso die obige Sprachregelung Sinn macht: "Ich (als Mensch) muß aufs Klo, ich (als Roboter) kann im Infraroten sehen, ..."

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Sempre
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 15:45
Stell Dir eine Zukunft vor, in der jemand wie Stephen Hawking per ins Hirn verdrahteten Schaltkreis Kontrolle über einen komplexen Roboter erlangt. Dann wäre diese Person "als Mensch" bewegungslos an den Rollstuhl gebunden, aber "als Roboter" würde sie sich frei bewegen. Ob ein menschliches Hirn es schafft simultan im menschlichen Körper und im Roboter "bewußt anwesend" zu sein, weiß ich nicht, aber vielleicht geht das bis zu einem gewissen Grade. Dann hätte man eine technisch-menschliche Analogie, quasi eine Person gleichzeitig als Mensch und als Roboter präsent.
Ob nun
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mit Händen und Füßen lenkt
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mittels Sprachbefehlen lenkt
  • ein Fahrer mit ein paar Drähten und einem Sender im Hirn ein Fahrzeug darüber lenkt
was sollte es da für einen qualitativen Unterschied geben?

Es gibt ja auch bereits Neuroprothesen, so daß es Erfahrung damit gibt (wenn auch die Technik in den Kinderschuhen steckt).

Welchen Grund siehst Du, den Materialisten folgend Verstand und Bewußtsein im Hirn zu verorten und nicht als Funktion/Vermögen der Seele anzusehen?
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Ralf

Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Ralf »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.
Woher weißt Du das?

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 17:25
Ob nun
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mit Händen und Füßen lenkt
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mittels Sprachbefehlen lenkt
  • ein Fahrer mit ein paar Drähten und einem Sender im Hirn ein Fahrzeug darüber lenkt
was sollte es da für einen qualitativen Unterschied geben?
In der direkten Wahrnehmung und Kontrolle. In den ersten beiden Fällen nehme ich durch Sinnesorgane des biologischen Körpers wahr, und steure die Maschine letztendlich mittles Muskelkontraktionen desselben Körpers. Im letzten Fall der angenommenen Zukunftstechnik werden die Nervenbahnen zur Wahrnehmung und Kontrolle direkt mit der Technik verbunden. Ob dann der "mechanische" Teil des kombinierten Körpers überhaupt noch anders zu bewerten ist als der "biologische" Teil ist eine interessante Frage. Auf jeden Fall besteht da aber ein qualitativer Unterschied, nämlich daß die Technik die "Eingabe/Ausgabe"-Organe des biologischen Körpers nicht mehr benötigt, und somit eine praktische Grenze des Selbst überschreitet.
Sempre hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 17:25
Welchen Grund siehst Du, den Materialisten folgend Verstand und Bewußtsein im Hirn zu verorten und nicht als Funktion/Vermögen der Seele anzusehen?
Häh? Ich habe nichts dergleichen gesagt. Ich habe schlicht eine Analogie zwischen der hypostatischen Union und eines zukünftigen Menschen mit "Doppelkörper" aufgestellt, um zu veranschaulichen, wie es vielleicht sein kann, daß eine Person in zwei Naturen existiert. Es ging überhaupt nicht um eine Diskussion von Hirn, Seele, usw.

Wenn ein solcher "Cyborg" tatsächlich in Zukunft existieren sollte, dann wird man die Form dieses "Doppelkörpers" Seele nennen können, und im wesentlichen die gleichen Argumente für die nichtkörperlichen Funktionen dieser Seele vorbringen können.

(Wobei nebenbei bemerkt nach klassischer Argumentation der abstrahierende Intellekt, nicht aber das Bewußtsein, eine nichtkörperliche Komponente braucht. Was wiederum sehr gut zu modernen Forschungsergebnissen passt. Denn viele Tiere haben sicher ein Bewußtsein, aber eben keinen abstrahierenden Intellekt.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Ralf hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 22:09
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.
Woher weißt Du das?
Weil Gott perfekt ist. In der Perfektion ist noch nicht einmal das Potential zum Bösen.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 11:55
Ralf hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 22:09
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.
Woher weißt Du das?
Weil Gott perfekt ist. In der Perfektion ist noch nicht einmal das Potential zum Bösen.
Hinter dieser Aussage steht die menschliche Erfahrung, daß man eine Sünde "im Kopf" erwägen kann, ohne sie auszuführen. Es ist dann sicherlich besser, und nötig für die Perfektion, nicht einmal solche sündigen Gedanken zu haben.

Aber Gott hat keinerlei Abfolge von Gedanken und Taten, denn dies ist nur in der Zeit möglich, nicht in der Ewigkeit. Er hat auch sowieso keinen identifizierbaren Gedanken, denn dies würde die Möglichkeit einer echten Unterscheidung innerhalb Gottes bedeuten, aber Gott hat keine unterscheidbaren Teile. Außerdem hat Gott schlicht überhaupt kein Potential zu irgendwas. Er ist "actus purus", reiner Akt.

Insofern macht die obige Diskussion ungefähr soviel Sinn wie die Diskussion ob eine Zombie-Banane Auto fahren kann...

Andererseits, wenn man hier "umgangssprachliche Theologie" treiben will, dann muß man sicher sagen, daß Gott zumindestens "über die Sünde nachdenken kann" (rein als Analogie zum Menschen verstanden, in keiner Weise als direkte Aussage über Gott gemeint). Ansonsten machen große Teile der Bibel überhaupt keinen Sinn, angefangen von Gottes Umgang mit der Erbsünde. Gottes Reaktion dort ist ja nicht gerade ein komplettes Unverständnis der Situation...

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Sempre
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 01:11
Sempre hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 17:25
Ob nun
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mit Händen und Füßen lenkt
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mittels Sprachbefehlen lenkt
  • ein Fahrer mit ein paar Drähten und einem Sender im Hirn ein Fahrzeug darüber lenkt
was sollte es da für einen qualitativen Unterschied geben?
In der direkten Wahrnehmung und Kontrolle. In den ersten beiden Fällen nehme ich durch Sinnesorgane des biologischen Körpers wahr, und steure die Maschine letztendlich mittles Muskelkontraktionen desselben Körpers. Im letzten Fall der angenommenen Zukunftstechnik werden die Nervenbahnen zur Wahrnehmung und Kontrolle direkt mit der Technik verbunden. Ob dann der "mechanische" Teil des kombinierten Körpers überhaupt noch anders zu bewerten ist als der "biologische" Teil ist eine interessante Frage. Auf jeden Fall besteht da aber ein qualitativer Unterschied, nämlich daß die Technik die "Eingabe/Ausgabe"-Organe des biologischen Körpers nicht mehr benötigt, und somit eine praktische Grenze des Selbst überschreitet.
Inwiefern würden denn Neuroprothesen, die menschliche Sinnesorgane in halbwegs konkurrenzfähiger Weise ersetzen und auch die Fernsteuerung von Maschinen erlauben, eine praktische Grenze des Selbst in einer Weise überscheiten, wie wir das nicht schon kennen? Das Reiten auf Pferden und das Fahren mit der Eisenbahn überschreitet ja bereits eine praktische Grenze des Selbst. Ob ich jetzt mittels Sender im Hirn eine Maschine steuere, oder mit den Händen und einer Fernbedienung? Ob ich ein herkömmliches Mikroskop verwende, oder eines, das an meinen Augen vorbei mit meinem Hirn kommuniziert? Das ist ja nicht wesentlich unterschiedlich!? Worin siehst Du da einen qualitativen Unterschied?


Trisagion hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 01:11
Sempre hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 17:25
Welchen Grund siehst Du, den Materialisten folgend Verstand und Bewußtsein im Hirn zu verorten und nicht als Funktion/Vermögen der Seele anzusehen?
Häh? Ich habe nichts dergleichen gesagt. Ich habe schlicht eine Analogie zwischen der hypostatischen Union und eines zukünftigen Menschen mit "Doppelkörper" aufgestellt, um zu veranschaulichen, wie es vielleicht sein kann, daß eine Person in zwei Naturen existiert. Es ging überhaupt nicht um eine Diskussion von Hirn, Seele, usw.
Du hattest geschrieben:
Trisagion hat geschrieben:Ob ein menschliches Hirn es schafft simultan im menschlichen Körper und im Roboter "bewußt anwesend" zu sein, weiß ich nicht, aber vielleicht geht das bis zu einem gewissen Grade.
Das klingt in meinen Ohren materialistisch. Der Geist kann irgendwo "bewußt anwesend" sein, aber das Hirn doch nicht!? Ebenso auch, was Du jetzt schreibst:
Trisagion hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 01:11
Wobei nebenbei bemerkt nach klassischer Argumentation der abstrahierende Intellekt, nicht aber das Bewußtsein, eine nichtkörperliche Komponente braucht.
Du redest von "das Bewusstsein". Als sei das ein einständig Ding, möglicherweise mit körperlicher Komponente. Bewusstsein ist aber doch ein Zustand des Geistes!?



Trisagion hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 01:11
Wenn ein solcher "Cyborg" tatsächlich in Zukunft existieren sollte, dann wird man die Form dieses "Doppelkörpers" Seele nennen können, und im wesentlichen die gleichen Argumente für die nichtkörperlichen Funktionen dieser Seele vorbringen können.
Wenn ein Fahrzeug, das über ein Implantat im Hirn des Fahrers gesteuert wird, zum Körper des Fahrers gehören sollte, warum dann nicht auch eines, das über eine herkömmliche Fernbedienung in der Hand des Fahrers gesteuert wird? Oder eines, das der Fahrer mittels Lenkrad und Pedalen steuert? Worin, denkst Du, besteht da der qualitative Unterschied?
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Sempre
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott ist perfekt.
In Gott ist keine Sünde.
Gott kann nicht sündigen.
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.

Wenn die Sünde Gottes Wesen also dermaßen fremd ist, frage ich mich, ob Gott die Sünde überhaupt „wahrnehmen“ kann, denn dafür bräuchte es so etwas wie „Rezeptoren“ für Sünde.
Das ist nicht logisch. Gott braucht die Sünde nicht einmal zu denken. Er ist allwissend, er kennt sie sowohl theoretisch als Folge des freien Willens als auch in allen von den Engeln und Menschen praktizierten, praktizierbaren und nicht praktizierbaren Formen.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Ralf

Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Ralf »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 11:55
Ralf hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 22:09
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.
Woher weißt Du das?
Weil Gott perfekt ist. In der Perfektion ist noch nicht einmal das Potential zum Bösen.
Die Perfektion hat kein Potential, alles zu denken? Seltsame Vorstellung.

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Ob ich ein herkömmliches Mikroskop verwende, oder eines, das an meinen Augen vorbei mit meinem Hirn kommuniziert? Das ist ja nicht wesentlich unterschiedlich!? Worin siehst Du da einen qualitativen Unterschied?
Wie bereits in dem von Dir zitierten Pargraphen recht ausführlich erläutert, der qualitative Unterschied besteht genau in der Direktheit sowohl der Wahrnehmung als auch der Steuerung / Kontrolle. Ein Mensch benutzt Technik, wenn er Objekte mit seinen biologisch-körperlichen Sinnen wahrnimmt, und mittels Muskelkontraktionen und der damit bewegten biologisch-körperliche Masse steuert / kontrolliert. Man kann geradezu sagen, daß die Grenze zwischen Innenwelt und Außenwelt, zwischen Körper und Umgebung, hierdurch definiert wird. Ein abgeschnittener Finger z.B. ist nicht mehr richtig Teil meines Körpers, da ich weder mit ihm fühlen noch mit ihm manipulieren kann. Wenn die Technik direkt in die Nervenbahnen geschaltet wird, wird unklar, inwiefern sie noch ein "Fremdkörper" ist den man benutzt. Denn schließlich werden auch die Sinnesorgane und Muskeln unseres biologischen Körpers so angesteuert. Ob man dann nur aufgrund der Machart (mechanisch/elektronisch bzw. biologisch/chemisch) noch eine Unterscheidung treffen sollte ist fraglich. Ich würde erwarten, daß eine solche nervenverbundene Technik schnell gefühlt ein Teil des eigenen Körpers wird, und wer möchte dem Eigner dieser Technik das dann absprechen? Diese Probleme gibt es so mit heutiger Technik schlicht nicht. Mein Auto ist eindeutig nicht ein Teil von mir, selbst wenn ich darin fahre.
Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Das klingt in meinen Ohren materialistisch. Der Geist kann irgendwo "bewußt anwesend" sein, aber das Hirn doch nicht!?
Wo Bewußtsein genau zu verorten ist, ist weder der Philosophie noch der Wissenschaft bekannt. Da es jedoch ziemlich eindeutig ist, daß viele höhere Tiere ein ziemlich entwickeltes Bewußtsein besitzen (z.B. durch einfache Experimente: Affen einen Fleck auf den Kopf malen wenn der schläft / betäubt ist, Affe verhält sich normal, Spiegel bringen, Affe sieht sein Spiegelbild und beginnt sofort an dem Fleck zu reiben...) muß man jedenfalls im scholastischen Schema davon ausgehen, daß eine empfindende Seele für Bewußtsein reicht. Die aber hat, jedenfalls nach klassischer Lehre, keine nicht-körperlichen Funktionen (die Seele des Tiers stirbt mit dem Körper). In diesem Sinne ist Bewußtsein wohl eher "körperlich".

Abgesehen davon ging es mir in der zitierten Stelle nicht um diese Fragen. Selbst wenn Bewußtsein eine nicht-körperliche Funktion der vernünftigen Seele des Menschen wäre, so folgt nicht, daß sie unabhängig von der "Hirnleistung" wäre. Jeder der schon einmal betrunken war, weiß daß der Hirnzustand eine wichtige Rolle beim Umsetzen von geistigen Akten spielt. Und ob unser Hirn in der Lage ist an zwei Körper gleichzeitig anzukoppeln ist doch recht fraglich. Wenn z.B. sowohl Daten von den Augen des biologischen Körpers im Rollstuhl als auch von der Kamera des umherlaufenden Roboter in den visuellen Kortex gefüttert werden, was passiert dann? Kann das separat aber gleichzeitig wahrgenommen werden? Es kann gut sein, daß ein Mensch in einer solchen Situation quasi per Aufmerksamkeit sich entweder in den Rollstuhl oder den Roboter konzentrieren muß, um funktionsfähig zu bleiben.

Aber wenn dem so wäre, dann wäre dies keine gute Analogie für die Einheit der zweiten Person Gottes in zwei separaten Naturen mehr... und alleine darum ging es mir ja, diese Analogie zu konstruieren. Diese ganze Nebendiskussion hier ist schlicht auf Deinem Mist gewachsen.
Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Du redest von "das Bewusstsein". Als sei das ein einständig Ding, möglicherweise mit körperlicher Komponente. Bewusstsein ist aber doch ein Zustand des Geistes!?
Es ist leider alles andere als klar, was Bewußtsein denn nun genau ist. Es kann durchaus sein, daß wir da eine bestimmte Form der integrativen Wahrnehmung mit ihrer anschließenden Analyse durch den Intellekt in einem Wort vermischen. Wie gesagt, falls Tiere Bewußtsein haben, dann ist Bewußtsein (nach klassische Lehre) jedenfalls nicht "geistig" im Sinne von "nicht-körperlich".

Welcher Anteil des menschlichen Geistes "nur" neuronale Hirnfunktion ist, ist schlicht nicht bekannt. Ich halte durchaus viel von z.B. der Diskussion von "Qualia", also der Frage ob man Erlebnis in einem mechanistischen Ansatz verorten kann. Aber das führt mir jetzt zu weit.
Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Wenn ein Fahrzeug, das über ein Implantat im Hirn des Fahrers gesteuert wird, zum Körper des Fahrers gehören sollte, warum dann nicht auch eines, das über eine herkömmliche Fernbedienung in der Hand des Fahrers gesteuert wird? Oder eines, das der Fahrer mittels Lenkrad und Pedalen steuert? Worin, denkst Du, besteht da der qualitative Unterschied?
Siehe oben. Du denkst Dein Arm ist Teil von Dir. Warum eigentlich? Obwohl wir der Gewohnheit halber unsere Hautoberfläche als die Grenze betrachten, ist das nicht wirklich entscheidend. In Wirklichkeit geht es um Wahrnehmung und Steuerung / Kontrolle, unser Körper ist was auch immer das Hirn als "Schnittstelle" zur Welt erfährt und benutzt. Klassisches Experiment in der Psychologie: rubber arm (Video auf Englisch, sollte aber nichts ausmachen, man sieht sofort was los ist). Technik wird Körper werden, wenn wir sie direkt ins Hirn schalten.

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Hmm, obiges Video ist zwar hübsch anschaulich, aber die Kommentare daß da geschauspielert wird um mehr her zu machen für YouTube haben vermutlich recht. Oder die sind einfach alle ein bißchen "hyper" im Video. Hier eine Version die sicher nicht gestellt ist: rubber hand. Auf jeden Fall klappt der Kram wirklich.

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Sempre
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 01:59
Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Ob ich ein herkömmliches Mikroskop verwende, oder eines, das an meinen Augen vorbei mit meinem Hirn kommuniziert? Das ist ja nicht wesentlich unterschiedlich!? Worin siehst Du da einen qualitativen Unterschied?
Wie bereits in dem von Dir zitierten Pargraphen recht ausführlich erläutert, der qualitative Unterschied besteht genau in der Direktheit sowohl der Wahrnehmung als auch der Steuerung / Kontrolle. Ein Mensch benutzt Technik, wenn er Objekte mit seinen biologisch-körperlichen Sinnen wahrnimmt, und mittels Muskelkontraktionen und der damit bewegten biologisch-körperliche Masse steuert / kontrolliert. Man kann geradezu sagen, daß die Grenze zwischen Innenwelt und Außenwelt, zwischen Körper und Umgebung, hierdurch definiert wird. Ein abgeschnittener Finger z.B. ist nicht mehr richtig Teil meines Körpers, da ich weder mit ihm fühlen noch mit ihm manipulieren kann. Wenn die Technik direkt in die Nervenbahnen geschaltet wird, wird unklar, inwiefern sie noch ein "Fremdkörper" ist den man benutzt. Denn schließlich werden auch die Sinnesorgane und Muskeln unseres biologischen Körpers so angesteuert. Ob man dann nur aufgrund der Machart (mechanisch/elektronisch bzw. biologisch/chemisch) noch eine Unterscheidung treffen sollte ist fraglich. Ich würde erwarten, daß eine solche nervenverbundene Technik schnell gefühlt ein Teil des eigenen Körpers wird, und wer möchte dem Eigner dieser Technik das dann absprechen? Diese Probleme gibt es so mit heutiger Technik schlicht nicht. Mein Auto ist eindeutig nicht ein Teil von mir, selbst wenn ich darin fahre.
Dort New bionics let us run, climb and dance führt der MIT-Forscher Hugh Herr seine Beinprothesen vor. Die Elektroden sind außen auf der Haut des Beinstumpfes angebracht, und messen "the electrical pulse of my muscles". Das wäre dann nach Deiner Einteilung eine Prothese, die durch Muskelkontraktion gesteuert wird, eine Prothese "alter Qualität", Technik, die "benutzt" wird.

Professor Herr zeigt nun in einem Video im Video auch eine Patientin, die implantierte, an Nerven angeschlossene Elektroden hat. Ebenfalls implantiert ein Transceiver der bidirektional mit der Prothese kommuniziert. Das wäre nach Deiner Definition dann die neue Qualität.

In dem Artikel Eine Prothese mit Gefühl wird beschrieben, daß (bereits) die Prothese von Prof. Herr vom Gehirn „adoptiert“ werde: Der AMI-Patient konnte nach einiger Zeit die Bewegungen seiner Prothese fühlen. Er empfand das bionische Ersatzbein schon bald als Teil seines eigenen Körpers, heißt es dort.

Das Beispiel stützt meine Einschätzung, daß der von Dir postulierte qualitative Unterschied nicht gegeben ist. Es kommt nicht darauf an, ob die Elektroden außen am Körper oder innen direkt an den Nerven angeschlossen sind.


Trisagion hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 01:59
Wo Bewußtsein genau zu verorten ist, ist weder der Philosophie noch der Wissenschaft bekannt. Da es jedoch ziemlich eindeutig ist, daß viele höhere Tiere ein ziemlich entwickeltes Bewußtsein besitzen (z.B. durch einfache Experimente: Affen einen Fleck auf den Kopf malen wenn der schläft / betäubt ist, Affe verhält sich normal, Spiegel bringen, Affe sieht sein Spiegelbild und beginnt sofort an dem Fleck zu reiben...) muß man jedenfalls im scholastischen Schema davon ausgehen, daß eine empfindende Seele für Bewußtsein reicht. Die aber hat, jedenfalls nach klassischer Lehre, keine nicht-körperlichen Funktionen (die Seele des Tiers stirbt mit dem Körper). In diesem Sinne ist Bewußtsein wohl eher "körperlich".
Von der Körperpflege, die Tiere vornehmen, auf Bewußtsein zu schließen, halte ich für verwegen. Man kann einen Roboter entsprechend programmieren, und niemand käme auf die Idee, der Maschine deswegen Bewußtsein zuzusprechen.

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 01:59
Sempre hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 19:33
Wenn ein Fahrzeug, das über ein Implantat im Hirn des Fahrers gesteuert wird, zum Körper des Fahrers gehören sollte, warum dann nicht auch eines, das über eine herkömmliche Fernbedienung in der Hand des Fahrers gesteuert wird? Oder eines, das der Fahrer mittels Lenkrad und Pedalen steuert? Worin, denkst Du, besteht da der qualitative Unterschied?
Siehe oben. Du denkst Dein Arm ist Teil von Dir. Warum eigentlich? Obwohl wir der Gewohnheit halber unsere Hautoberfläche als die Grenze betrachten, ist das nicht wirklich entscheidend. In Wirklichkeit geht es um Wahrnehmung und Steuerung / Kontrolle, unser Körper ist was auch immer das Hirn als "Schnittstelle" zur Welt erfährt und benutzt. Klassisches Experiment in der Psychologie: rubber arm (Video auf Englisch, sollte aber nichts ausmachen, man sieht sofort was los ist). Technik wird Körper werden, wenn wir sie direkt ins Hirn schalten.
Du legst einfach eine willkürliche Neudefinition vor, was unser Körper sei. Dazu dann eine willkürliche Definition in welcher Weise eine Prothese, ein Exoskelett oder sonst ein technisches Gerät an den eigentlichen Körper anzuschließen sei, damit "Technik Körper werde". Reine Wortspielerei.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 12:44
In dem Artikel Eine Prothese mit Gefühl wird beschrieben, daß (bereits) die Prothese von Prof. Herr vom Gehirn „adoptiert“ werde: Der AMI-Patient konnte nach einiger Zeit die Bewegungen seiner Prothese fühlen. Er empfand das bionische Ersatzbein schon bald als Teil seines eigenen Körpers, heißt es dort. Das Beispiel stützt meine Einschätzung, daß der von Dir postulierte qualitative Unterschied nicht gegeben ist. Es kommt nicht darauf an, ob die Elektroden außen am Körper oder innen direkt an den Nerven angeschlossen sind.
Was ist denn der Unterschied zwischen einem Auto und dieser Prothesentechnik? Genau das - wie ich schon die ganze Zeit sage - in dieser Prothesentechnik die normale Eingabe durch Sinneswahrnehmungen und Ausgabe durch Körpermasse bewegt von Muskeln umgangen wird, und statt dessen direkt an die Nervenbahnen gekoppelt wird. Wenn man dies mit einer externen Elektrode tut, ist das schlicht technisch weniger gut, aber ändert nichts am Prinzip. Selbst wenn diese Elektrode Muskelzucken registiert, statt direkt die Nervenimpulse, ändert das immer noch nichts am Prinzip. Denn die Prothese wird ja eben nicht von diesen zuckenden Muskeln selber bewegt, als externes Objekt, sondern das Zucken dient schlicht als Signalverstärker für die elektrisch schwachen Nervenimpulse. Es geht um das Signal, die vom Gehirn kommende Information, nicht um die Kraft der Kontraktion. Diese Information wird nun an die Prothese weitergeleitet, intern, und dort erst per Motoren in externe Bewegung umgesetzt. Das ist also schlicht eine der noch unzureichenden Technik geschuldete, umständliche Signalleitung. Es geht um die Weiterleitung des Nervenimpuls in die Prothese, nicht darum mit dem menschlichen Körper und seinen Muskeln selbst etwas zu bewegen. Aber wenn ich an dem Steuerrad eines Auto drehe, tue ich genau das. Mein Gehirn steuert meine Arm- und Handmuskulatur an um das externe Objekt Steuerrad zu bewegen. Darum sind Arm und Hand gefühlt "mein Körper", das Steuerrad aber nicht. Und was ẃürde man nun bei dieser Prothese erwarten? Nun, da ich sie direkt ansteuere (wenn auch technisch kompliziert), würde ich erwarten, daß sie gefühlt Teil des Körpers wird. Und genau das ist ja auch der Fall!

Ich sehe mich da also von Deinen Quellen auf ganzer Linie bestätigt.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 12:44
Von der Körperpflege, die Tiere vornehmen, auf Bewußtsein zu schließen, halte ich für verwegen. Man kann einen Roboter entsprechend programmieren, und niemand käme auf die Idee, der Maschine deswegen Bewußtsein zuzusprechen.
Es geht da nicht um die Körperpflege an sich. Der Fleck ist nicht ohne Spiegel sichtbar, und das Tier versucht dementsprechend auch nicht ihn zu entfernen, bis der Spiegel in Spiel kommt. Wenn das Tier dann im Spiegel sieht, daß das Spiegelbild einen Fleck auf dem Kopf hat, dann muß es verstehen, daß das Spiegelbild eine Reflektion des eigenen Körpers ist, nicht etwa ein anderes Tier. Weiterhin muß es verstehen, daß der Fleck im Spiegelbild bedeutet, daß es selber einen Fleck an der entsprechenden Stelle hat, obwohl es ansonsten keine Information diesbzgl. hat. Es muß diese externe Information auf den eigenen Zustand beziehen. Und schließlich muß es diese Information abgleichen mit der üblichen Körperpflege, nämlich es muß die richtige Stelle säubern (nicht einfach irgendeinen Teil des Körpers). Hier wird also eine Wahrnehmung auf das Selbst bezogen und in Verhalten umgesetzt, darum geht es.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 12:44
Du legst einfach eine willkürliche Neudefinition vor, was unser Körper sei. Dazu dann eine willkürliche Definition in welcher Weise eine Prothese, ein Exoskelett oder sonst ein technisches Gerät an den eigentlichen Körper anzuschließen sei, damit "Technik Körper werde". Reine Wortspielerei.
Dir ist aber schon klar, daß Du selber oben folgendes zitiert hast: "Er empfand das bionische Ersatzbein schon bald als Teil seines eigenen Körpers." Also von wegen Wortspielerei, das ist schlicht Beschreibung von gelebter Realität - bereits jetzt schon, und mit fortschreitender Technik wird das alles noch viel zwingender werden. Die Frage ist also nicht, ob das so ist. Das ist schlicht Fakt. Die Frage ist wie man das bewertet. Man kann sagen, daß ist eine "Illusion". Oder man kann sagen, daß wir neu überlegen müssen was wir mit "Körper" eigentlich meinen.

Nebenbei bemerkt, in der Wiederauferstehung kriegen wir alle eine "Total-Prothese", einen komplett nicht-biologischen Körper. Ich denke mal, daß man schlicht von dieser christlichen Lehre her argumentieren kann, daß die Biologie an sich nicht entscheidend ist für die Frage, was wir unseren Körper nennen.

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

@Trisagion

Ich hatte Dich vorher so verstanden, daß Du auf meine konkrete Frage hin betont hast, es käme darauf an, daß direkt Nerven mittels Elektroden angezapft werden. Wie auch immer, wir sind uns einig, daß beide Varianten von Professor Herr keinen qualitativen Unterschied ausmachen, egal ob direkt an Nerven angeschlossen oder über Muskeln.

Nun betonst Du:
Trisagion hat geschrieben:Es geht um die Weiterleitung des Nervenimpuls in die Prothese, nicht darum mit dem menschlichen Körper und seinen Muskeln selbst etwas zu bewegen. Aber wenn ich an dem Steuerrad eines Auto drehe, tue ich genau das.
Was aber, wenn das Steuerrad einen Servoantrieb bedient? Dann wird nicht mit Muskelantrieb gelenkt. Die Muskeln stellen nicht Kraft und Energie für das Lenken bereit, sondern dienen nur dem Zweck, Nervensignale vom Gehirn an den Servoantrieb weiterzuleiten. Ebenso das Gaspedal. Nervensignale vom Gehirn werden über den Fuß an den Motor weitergeleitet. Nicht die Muskeln des Fußes, sondern der Motor treibt das Fahrzeug an.

Davon rede ich ja die ganze Zeit, und jetzt endlich bestätigst Du, daß bereits ein alter Vespa Motorroller als vom Gehirn adoptierte Körpererweiterung fungieren kann, bei der Hirnsignale über Nerven, die Hand und den Gasgriff die PS des Motors entfesseln können.

Ob der Anwender oder ein Beobachter dabei empfindet, daß Technik zu Körper wird, bleibt seiner Phantasie überlassen. :narr:
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 16:52
Nebenbei bemerkt, in der Wiederauferstehung kriegen wir alle eine "Total-Prothese", einen komplett nicht-biologischen Körper. Ich denke mal, daß man schlicht von dieser christlichen Lehre her argumentieren kann, daß die Biologie an sich nicht entscheidend ist für die Frage, was wir unseren Körper nennen.
Nicht-biologischen Körper. Ist das wieder ein Begriffsdefinitionsspiel? Auferstehung des Fleisches! Wie kommst Du auf nicht-biologisches Fleisch?
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Wie auch immer, wir sind uns einig, daß beide Varianten von Professor Herr keinen qualitativen Unterschied ausmachen, egal ob direkt an Nerven angeschlossen oder über Muskeln.
Bei "über die Muskeln" kommt es aber sehr darauf an, was genau damit gemeint ist. Wir reden hier ja eben nicht von einer normalen Muskelaktivität die Gliedmaßen bewegt. Sondern eben von Muskelaktivität die ohne weitere Auswirkung bliebe, wenn sie nicht als Signal technisch registriert und an Motoren weitergeleitet würde. Das ist schlicht etwas anderes als normale Körperbewegung.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Was aber, wenn das Steuerrad einen Servoantrieb bedient? Dann wird nicht mit Muskelantrieb gelenkt.
Selbstverständlich wird dann immer noch mit Muskelantrieb gelenkt. Es ist dann nur so, daß innerhalb der Maschine selber die Kraft des Steuerrades verstärkt wird. Aber das ist komplett irrelevant für die Frage wie die Steuerung seitens des Hirns geschieht.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Davon rede ich ja die ganze Zeit, und jetzt endlich bestätigst Du, daß bereits ein alter Vespa Motorroller als vom Gehirn adoptierte Körpererweiterung fungieren kann, bei der Hirnsignale über Nerven, die Hand und den Gasgriff die PS des Motors entfesseln können. Ob der Anwender oder ein Beobachter dabei empfindet, daß Technik zu Körper wird, bleibt seiner Phantasie überlassen. :narr:
Nein, das bestätige ich in keiner Form und Weise. In der Tat, das ist genau ein Gegenbeispiel. Der Motorroller bleibt letztlich eben immer gefühlt extern, ein Ding das ich mittles meines Körpers benutze, während eine direkt an die Nerven angekoppelte Prothese schnell als Teil des Körpers wahrgenommen wird, in der Wahrnehmung als Ding verschwindet und Teil von mir wird. Das hat mit "Phantasie" auch wirklich garnichts zu tun, es geht im Gegenteil ganz fundamental darum, was das Gehirn als seine körperliche Schnittstelle zur Welt erfährt.

Hier stehen erstmal schlicht Fakten im Raum: die Prothese wird als Teil des Körpers wahrgenommen, die Vespa nicht. Das ist die beobachtete Realität der jeweiligen Benutzer. Meine Hypothese passt dazu, es geht im Wesentlichen um den Bereich direkter Wahrnehmung und Steuerung / Kontrolle. Es geht darum, was der primäre Regelkreis des Hirns umfasst. Das wird dann als "eigener Körper" empfunden. Was hingegen nur indirekt kontrolliert wird, wird "Werkzeug", "Fahrzeug", ... ein benutztes "Zeug" eben.

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:38
Nicht-biologischen Körper. Ist das wieder ein Begriffsdefinitionsspiel? Auferstehung des Fleisches! Wie kommst Du auf nicht-biologisches Fleisch?
Na, zum Beispiel 1 Korinther 15,42-49 (hier nach EÜ):
42 So ist es auch mit der Auferstehung der Toten. Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich. 43 Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark. 44 Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib. Wenn es einen irdischen Leib gibt, gibt es auch einen überirdischen. 45 So steht es auch in der Schrift: Adam, der erste Mensch, wurde ein irdisches Lebewesen. Der letzte Adam wurde lebendig machender Geist. 46 Aber zuerst kommt nicht das Überirdische; zuerst kommt das Irdische, dann das Überirdische. 47 Der erste Mensch stammt von der Erde und ist Erde; der zweite Mensch stammt vom Himmel. 48 Wie der von der Erde irdisch war, so sind es auch seine Nachfahren. Und wie der vom Himmel himmlisch ist, so sind es auch seine Nachfahren. 49 Wie wir nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden.
Wir kriegen eine überirdischen, nicht einen irdischen, Körper in der Auferstehung. Unser biologischer Körper ist offenbar was hier mit "irdisch" gemeint ist. Was genau mit dem "überirdischen" Körper gemeint ist, ist nicht so klar, aber daß er wohl nicht einfach dieselbe biochemische Konstruktion voller zeitgebundener Prozesse und Verschleiß sein wird, ist denke ich ziemlich offensichtlich. Wir wissen ja z.B., daß dieser Körper unsterblich sein wird, frei von Schmerz und Fehl für immer. Das geht letztlich nicht mit der Biochemie und Mechanik die wir kennen, mit Entropie und Reibung, außer der Körper würde quasi durch ununterbrochene Wunder ständig zur Perfektion zurück verwandelt. Und wir wissen auch, daß dieser Körper sich außerhalb von normaler Raum und Zeit bewegen kann, jedenfalls unter der wahrscheinlichen Annahme, daß wir "wie Jesus" sein werden, siehe z.B. Lukas 24,30-31 und Johannes 20,19-20. Man bedenke z.B. auch, daß es fundamentale biologische Tätigkeiten wie Liebesbeziehung, Sex und Fortpflanzung nicht mehr gibt, siehe Matthäus 22,30. Da ist jede Menge "normale Biologie" abhanden gekommen.

Wir wissen, daß die Engel Körper annehmen können, wenn sie mit Menschen interagieren wollen. Ich denke unsere "überirdischen Körper" werden ähnlich sein. Nur da wir im Unterschied zu Engeln körperliche Wesen sind, ist das bei uns nicht dann nicht eine Option für spezielle Fälle, sondern eben der Normalzustand. Ich denke die Kontinuität mit unserem gestorbenen und zerfallenen Körper wird dadurch gewahrt werden, daß die Seele eben Form dieses Körpers war. Wenn sie neuen "Stoff" kriegt von Gott, wird sie ihn dann spontan in die bekannte Form bringen. Aber ich glaube nicht, daß dieser "Stoff" an sich aus Aminosäuren, Proteinen usw. bestehen wird. Das wird etwas anderes sein, etwas was sich z.B. auch viel freier durch Raum und Zeit bewegen kann (soweit es die dann noch oder wieder gibt), wie wir es bei Jesus sehen.

Da ist natürlich viel Spekulation dabei, aber an eine schlichte Wiederauflage der bekannten Biologie, nur quasi mit "Fehlerkorrektur", glaube ich eher nicht.

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 00:42
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Wie auch immer, wir sind uns einig, daß beide Varianten von Professor Herr keinen qualitativen Unterschied ausmachen, egal ob direkt an Nerven angeschlossen oder über Muskeln.
Bei "über die Muskeln" kommt es aber sehr darauf an, was genau damit gemeint ist. Wir reden hier ja eben nicht von einer normalen Muskelaktivität die Gliedmaßen bewegt. Sondern eben von Muskelaktivität die ohne weitere Auswirkung bliebe, wenn sie nicht als Signal technisch registriert und an Motoren weitergeleitet würde. Das ist schlicht etwas anderes als normale Körperbewegung.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Was aber, wenn das Steuerrad einen Servoantrieb bedient? Dann wird nicht mit Muskelantrieb gelenkt.
Selbstverständlich wird dann immer noch mit Muskelantrieb gelenkt. Es ist dann nur so, daß innerhalb der Maschine selber die Kraft des Steuerrades verstärkt wird. Aber das ist komplett irrelevant für die Frage wie die Steuerung seitens des Hirns geschieht.
Sempre hat geschrieben:
Samstag 8. Februar 2020, 21:33
Davon rede ich ja die ganze Zeit, und jetzt endlich bestätigst Du, daß bereits ein alter Vespa Motorroller als vom Gehirn adoptierte Körpererweiterung fungieren kann, bei der Hirnsignale über Nerven, die Hand und den Gasgriff die PS des Motors entfesseln können. Ob der Anwender oder ein Beobachter dabei empfindet, daß Technik zu Körper wird, bleibt seiner Phantasie überlassen. :narr:
Nein, das bestätige ich in keiner Form und Weise. In der Tat, das ist genau ein Gegenbeispiel. Der Motorroller bleibt letztlich eben immer gefühlt extern, ein Ding das ich mittles meines Körpers benutze, während eine direkt an die Nerven angekoppelte Prothese schnell als Teil des Körpers wahrgenommen wird, in der Wahrnehmung als Ding verschwindet und Teil von mir wird. Das hat mit "Phantasie" auch wirklich garnichts zu tun, es geht im Gegenteil ganz fundamental darum, was das Gehirn als seine körperliche Schnittstelle zur Welt erfährt.

Hier stehen erstmal schlicht Fakten im Raum: die Prothese wird als Teil des Körpers wahrgenommen, die Vespa nicht. Das ist die beobachtete Realität der jeweiligen Benutzer. Meine Hypothese passt dazu, es geht im Wesentlichen um den Bereich direkter Wahrnehmung und Steuerung / Kontrolle. Es geht darum, was der primäre Regelkreis des Hirns umfasst. Das wird dann als "eigener Körper" empfunden. Was hingegen nur indirekt kontrolliert wird, wird "Werkzeug", "Fahrzeug", ... ein benutztes "Zeug" eben.
Ich hatte Dich gefragt, worin Du den qualitativen Unterschied siehst. Ob nun
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mit Händen und Füßen lenkt
  • ein Fahrer ein Fahrzeug mittels Sprachbefehlen lenkt
  • ein Fahrer mit ein paar Drähten und einem Sender im Hirn ein Fahrzeug darüber lenkt.
Da hast Du geantwortet:
Trisagion hat geschrieben:In der direkten Wahrnehmung und Kontrolle. In den ersten beiden Fällen nehme ich durch Sinnesorgane des biologischen Körpers wahr, und steure die Maschine letztendlich mittles Muskelkontraktionen desselben Körpers. Im letzten Fall der angenommenen Zukunftstechnik werden die Nervenbahnen zur Wahrnehmung und Kontrolle direkt mit der Technik verbunden.
Du hast die Steuerung per Muskelkontraktion als herkömmlich und eine direkt an Nerven angeschlossene Steuerung als Kriterium für die angebliche neue Qualität angeführt.

Dann habe ich Dich auf die Technik von Professor Herr hingewiesen, die zeigt, daß das Patientenempfinden nicht darauf ankommt, ob Muskelkontraktionen oder Nervenaktivitäten gemessen/stimuliert werden. Da hast Du dann gesehen daß Deine "Zukunftstechnik" gegenwärtige Realität ist, und Dein Kriterium bereits widerlegt, und hast fluchs Dein Kriterium verleugnet und behauptet, die Sache bereits so gesehen zu haben, wie von Herr berichtet.

Nun steuert aber Herr Herr seine eigenen Prothesen via Muskelkontraktionen, die mittels Elektroden außen auf der Haut gemessen werden. Keinerlei mit Nerven verbundene Elektroden werden eingesetzt. Herr Herr spannt einen Muskel an, und seine Prothese reagiert.

Das ist genauso wie bei einer Vespa. Die Energie der Muskelbewegung der Hand am Gasgriff ist vernachlässigbar gegenüber der Energie der Wirkung, die sie mithilfe der Technik verursacht.

Du müsstest Dich schon zuerst mit Dir selbst einigen, was nun genau das Kriterium für die von Dir behauptete neue Qualität ist, die es erlaubt zu sagen Technik wird Körper.

Ansonsten ist es ja auch eh völlig gleichgültig, ob irgendjemand sagt "Für mich fühlt es sich an als ob meine alte Vespa ein Teil von mir sei", oder "Meine Prothese gehört zu mir, obwohl sie nicht direkt an Nerven angeschlossen ist", oder "Wenn ich reite fühle ich mich mit meinem Pony eins".
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 01:29
Sempre hat geschrieben:
Trisagion hat geschrieben:Nebenbei bemerkt, in der Wiederauferstehung kriegen wir alle eine "Total-Prothese", einen komplett nicht-biologischen Körper.
[...]

Da ist natürlich viel Spekulation dabei, aber an eine schlichte Wiederauflage der bekannten Biologie, nur quasi mit "Fehlerkorrektur", glaube ich eher nicht.
Ja gut, ob eine verbesserte Biologie oder eine neue Biologie, das spielt ja nicht so die Rolle. Biologie hat nun Lebewesen zum Gegenstand. Ich würde wenn dann von ultimativer Biologie reden, jedenfalls aber nicht von "nicht-biologisch".
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 02:52
Ansonsten ist es ja auch eh völlig gleichgültig, ob irgendjemand sagt "Für mich fühlt es sich an als ob meine alte Vespa ein Teil von mir sei", oder "Meine Prothese gehört zu mir, obwohl sie nicht direkt an Nerven angeschlossen ist", oder "Wenn ich reite fühle ich mich mit meinem Pony eins".
Es ist durchaus klar, wie ein "eins werden" mit dem Gerät oder Tier funktionieren kann, und warum das begrenzt sein muß. Nur wenn der Regelkreis der Sinnesorgane, Muskeln und Gliedmaßen praktisch keinen Aufwand in die Beherrschung des Geräts selber investieren muß, sonden komplett durch das Gerät hindurch arbeiten kann, dann kann das Gerät gefühlt "verschwinden".

Das ist aber bei normalem Gerät (oder einem Tier) nur begrenzt und für kurze Zeit möglich. Wenn der Lenker der Vespa anfängt zu rütteln, dann hat es sich was mit der gefühlten Einheit. Warum? Weil ich dann in die Beherrschung des Lenkers selber Sinneswahrnehmung und Kraft investieren muß, nicht mehr nur "durch den Lenker hindurch" die Vespa kontrolliere. Und wenn das Pony abdreht um das leckere Gras am Wegesrand zu futtern, dann ist auch die gefühlte Einheit weg, selbst wenn ich Oberhand behalte. Denn ich muß dann meine Kontrolle über das Pony selber etablieren. Abgesehen davon werden normale Geräte eben auch zur Seite gestellt, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. Vielleicht kann ich "eins mit meinem Bogen" werden, aber wenn ich fertig bin mit dem Schiessen und den Bogen zur Seite stelle ist es damit vorbei.

Die (fortgeschrittenen) Prothesen sind da anders weil sie dafür konstruiert sind im obigen Sinne zu "verschwinden", also weitestgehends nicht selber beherrscht werden müssen, und außerdem sind sie sehr lange am Stück in Benutzung (und irgendwann in der Zukunft werden sie sicher so gut wie permanent angebracht sein). Und wenn die erstmal direkt integriert sind, also in alle wesentlichen Nervenbahnen direkt verschaltet sind, dann gibt es praktisch keine Möglichkeit mehr nicht mehr "eins" zu sein. Denn es gibt ja nichts mehr was die Prothese selber wahrnimmt und manipuliert, alles ist in die Prothese geschaltet und von der Prothese ausgeführt. Ich kann die Prothese nicht mehr regeln, ich kann nur noch mit der Prothese regeln, das ist dann ein Körperteil. (Außer ich nehme sie ab. Ich kann quasi mit meinen Augen und Erinnerung und den anderen Gliedmaßen die Separation wiederherstellen, wenn ich das will.)

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Sempre hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 03:05
Ja gut, ob eine verbesserte Biologie oder eine neue Biologie, das spielt ja nicht so die Rolle. Biologie hat nun Lebewesen zum Gegenstand. Ich würde wenn dann von ultimativer Biologie reden, jedenfalls aber nicht von "nicht-biologisch".
Nun ja, ich würde von einem biologischen Körper reden, wenn dieser Körper selber halt am Leben ist. Erwartest Du also, daß der überirdische Körper aus Zellen besteht, die geboren werden, Stoffwechsel betreiben, altern, sich durch Zellteilung vermehren, sterben...? Ich denke eher nicht. Man kann zwar jetzt diese Biologie "verbessern" bis das besser in die himmlische Ewigkeit passt. Also meinetwegen Zellen die für immer am Leben bleiben, deren Stoffwechsel keine Abfallproduke abwirft, deren Proteinsynthese immer perfekt abläuft... Aber für mich hat man dann die Biologie bis zur Unkenntlichkeit hin verbessert, das ist jedenfalls kein Leben wie ich es kenne (was dem am nächsten kommt in unserer Wirklichkeit ist die Krebszelle!).

Ich halte das ehrlich gesagt für unnötig. Obwohl mein Körper aus biologischen Zellen besteht, ist das schlicht nicht worauf mein Körpergefühl basiert. Meine "Biologie" merke ich im wesentlichen nur, wenn ich krank werde. Wenn mir der Schleim die Atemwege verstopft, dann merke ich wohl daß da Zellverbände ihr Ding durchziehen. Wenn ich aber gesund meiner Arbeit nachgehe, merke ich von meinen Zellen und ihrer Biologie praktisch nichts. Das ist nicht das Niveau auf dem ich als Mensch Körper wahrnehme. Und darum ist es m.E. auch nicht nötig daß ein überirdischer Körper "biologisch" sein muß. Als Mensch brauche ich einen Körper um komplett zu sein. Aber der muß nicht aus lebenden Zellen konstruiert sein. Und typische Aussagen zu den Eigenschaften dieses Körpers legen nahe, daß er das nicht ist: unsterblich, schmerzlos, fehlerfrei, ohne Fortpflanzungsdrang, außerhalb der normalen Raum und Zeit beweglich, und nicht zuletzt: immer im perfekten Alter und perfekten Zustand. Das ist alles sehr viel einfacher als eine Art Projektion der Seele in eine Art "Energiekörper" hinein zu verstehen. Schon körperlich, aber aus dem Geist heraus "geboren", ein in die Existenz gewollter Körper als Ausdruck des Geistes. Das passt dann auch zu der oben zitierten biblischen Stelle: aus dem Himmel (Geist) geboren, nicht aus der Erde (konventionelle Materie).

Aber wie gesagt, all dies ist Spekulation. Ich will das überhaupt nicht als "Lehrmeinung" verkaufen, ich denke nur daß es nicht bekannten Dogmen oder der Bibel widerspricht...

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Vinzenz Ferrer
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Ralf hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 22:52
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Freitag 7. Februar 2020, 11:55
Ralf hat geschrieben:
Donnerstag 6. Februar 2020, 22:09
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 29. Oktober 2019, 13:09
Gott kann die Sünde noch nicht einmal denken.
Woher weißt Du das?
Weil Gott perfekt ist. In der Perfektion ist noch nicht einmal das Potential zum Bösen.
Die Perfektion hat kein Potential, alles zu denken? Seltsame Vorstellung.
Im Prinzip „denkt“ Gott überhaupt nicht, denn denken ist ein Verb. Ein deutsches Wort für denken ist „Zeitwort“ und zeigt die Notwendigkeit an, die zeitliche Dimension beim Handeln mitzudenken. Gott steht aber außerhalb der Zeit. Er ist ewiglich in der Ewigkeit. Wir Menschen können uns ein Handeln ohne die Dimension der Zeit nicht vorstellen.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Der unendlich vollkommene Gott braucht seine Geschöpfe nicht. Er hat sie zu seiner Verherrlichung frei erschaffen.

Die katholische Lehre über die Freiheit der göttlichen Schöpfungstätigkeit.

Gottes Wille unterstand keinerlei Notwendigkeit, eine Welt zu erschaffen. De fide.

Die Kirche lehrt die unumschränkte und allseitige Freiheit Gottes im Erschaffen der Dinge.
Gott konnte schaffen und nicht erschaffen, wie er es wollte.
Der Grund hierfür liegt in der unendlichen Vollkommenheit und Seligkeit Gottes.
Nichts kann ihm Gewalt antun, nichts seine Vollkommenheit ergänzen.

Er bedarf der Welt absolut nicht.

Die Annahme, dass die sittlichen Vollkommenheiten Gottes, besonders seine Liebe, Güte und Heiligkeit, ihn zur Weltschöpfung genötigt hätten, ist unrichtig. Er mag schaffen oder nicht, in jedem Fall ist sein Wollen unendlich heilig und gut.
Denn es schliesst das reinste Wollen der eigenen göttlichen Wesenheit ein, und eben dadurch ist er unendlich vollkommen.

Hätte Gott kein Ding erschaffen wollen, so würde dieser Entschluss weder dem Sein noch der sittlichen Güte nach im geringsten von seinem Entschluss, die Welt zu erschaffen, unterschieden haben. ...
Keine Welt, sie mag noch so gut sein, keine noch so grosse Verherrlichung, welche die Schöpfung ihm bereiten könnte, ist imstande, seine Güte und Seligkeit auch nur im geringsten zu erhöhen.

Gott hat die Welt zu seiner Verherrlichung erschaffen. De fide.

Die hl. Schrift bezeugt, dass Gott alles in Liebe erschaffen hat. Gottes Liebe ist aber wirksam in der Spendung von Wohltaten.
Alle Grosstaten Gottes in der Erschaffung der Dinge haben seine Verherrlichung zum Endzweck. Er selbst ist das Endziel aller Dinge.
Darum verkündet die ganze Schöpfung seine Herrlichkeit und sind insbesondere die Vernunftwesen ihm Lob und Preis schuldig.

Ego sum alpha et omega, principium et finis.(Ich bin das Alpha und Omega, der Anfang und das Ende).
Quoniam ex ipso et per ipsum et in ipso sunt omnia.( Denn aus ihm und durch ihn und in ihm ist alles).
Quelle: Katholische Dogmatik, Diekamp-Jüssen [Hervorhebungen:VF]

Wie kann die Sünde eine "Beleidigung" Gottes sein, wenn sie ihm doch gar nichts antun kann? 
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Bruder Donald

Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Bruder Donald »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 10. Februar 2020, 12:49
Wie kann die Sünde eine "Beleidigung" Gottes sein, wenn sie ihm doch gar nichts antun kann?
Interessante Frage, die sich mir abrupt auch gestellt hat beim lesen des von dir Zitierten abschnitts.

Mein Gedanke dazu: Bist du auch von jeder Beleidigung betroffen und verletzt, die dir gegeüber ausgesprochen wird?
Ich nehme jetzt einmal an, nein.
Ich denke auch, dass Sünden nicht die macht haben, Gott tatsächlich zu schaden. Aber ist eine Beleidigung nur dann Beleidigung, wenn sie erfolgreich verletzt? Ich denke nicht. MMn ist eine Beleidigung unabhängig von ihrer "Effizienz".
Aber wir müssen davon ausgehen, dass Sünden/Beleidigungen eine böse Quelle haben. Eine böse Quelle kann aber ja nicht Gott sein.
Im Endeffekt schaden wir uns mit unseren Sünden ja nur selbst. Sündigen wir also gegenüber unseren Mitmenschen und unserer Umwelt, fällt es uns am Ende nur auf unsere eigenen Füße. Aber du weißt ja, was wir dem geringsten tun, tun wir ja auch gegenüber Gott.

Trisagion
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 10. Februar 2020, 12:49
Wie kann die Sünde eine "Beleidigung" Gottes sein, wenn sie ihm doch gar nichts antun kann?
Du hast da die zitierte Stelle überintepretiert. Diekamp-Jüssen kommentiert die folgende dogmatische Aussage:
Gottes Wille unterstand keinerlei Notwendigkeit, eine Welt zu erschaffen. De fide.
Wie könnte eine solche Notwendigkeit konkret aussehen? Es könnte erstens sein, daß Gott die Welt erschaffen muß um sich selber voranzubringen, um sich zu beweisen, also in etwa wie ein Künstler seine Ruhm als Künstler eben durch das Schaffen von Kunst begründet. Es könnte zweitens sein, daß es einen äußeren Zwang gibt, sei es "persönlich" (eine andere Gottheit hat im befohlen die Welt zu erschaffen) oder "unpersönlich" (es gibt eine Art "höheres Naturgesetz" was Gott dazu bringt eine Welt zu erschaffen). Der von Dir zitierte Satz
Nichts kann ihm Gewalt antun, nichts seine Vollkommenheit ergänzen.
lehnt schlicht beide Fälle ab. Das ist also einfach eine Erläuterung dessen, was mit dem de fide gemeint ist. Insbesondere ist mit dem "Gewalt antun" eben nur ein wie immer gearteter äußerer Zwang gemeint. Den gibt es für Gott nicht.

Von diesem sehr spezifischen Kommentar zu verallgemeinern auf eine komplett andere Frage (ob Gott beleidigt werden kann) ist m.E. gewagt, aber auf jeden Fall nicht der Quelle selber zuzuschreiben. Das hatte Diekamp-Jüssen hier sicher nicht im Sinn.

Zur Frage ob Gott beleidigt werden kann: selbstverständlich. Er kann nicht beleidigt sein, im Sinne eines emotionalen Zustandes, schlicht weil Gott als Gott keinerlei Emotionen hat. Aber eine Beleidigung ist die "vorsätzliche Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung der Ehre eines anderen", wie unser StGB treffend formuliert. Es geht also darum was der Täter tut, nicht was das Opfer dabei empfindet. Die interessantere Frage ist, was die "Ehre" Gottes ist. Offensichtlich kann man das eng definieren, und sagen wir mal nur die Blasphemie u. ä. als eine direkte Ehrverletzung, also Beleidigung, Gottes sehen. Oder man kann das sehr weit fassen, indem man mit Anselms Satisfaktionslehre den Verstoß gegen Gottes Gebote an sich als Gott entehrend betrachtet. Dann ist jede Sünde, und insbesondere auch die Erbsünde, eine Beleidigung Gottes, für die dann eben Satisfaktion gegeben werden muß.

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Sempre
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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 12:21
Sempre hat geschrieben:
Sonntag 9. Februar 2020, 03:05
Ja gut, ob eine verbesserte Biologie oder eine neue Biologie, das spielt ja nicht so die Rolle. Biologie hat nun Lebewesen zum Gegenstand. Ich würde wenn dann von ultimativer Biologie reden, jedenfalls aber nicht von "nicht-biologisch".
Nun ja, ich würde von einem biologischen Körper reden, wenn dieser Körper selber halt am Leben ist. Erwartest Du also, daß der überirdische Körper aus Zellen besteht, die geboren werden, Stoffwechsel betreiben, altern, sich durch Zellteilung vermehren, sterben...? Ich denke eher nicht. Man kann zwar jetzt diese Biologie "verbessern" bis das besser in die himmlische Ewigkeit passt. Also meinetwegen Zellen die für immer am Leben bleiben, deren Stoffwechsel keine Abfallproduke abwirft, deren Proteinsynthese immer perfekt abläuft... Aber für mich hat man dann die Biologie bis zur Unkenntlichkeit hin verbessert, das ist jedenfalls kein Leben wie ich es kenne (was dem am nächsten kommt in unserer Wirklichkeit ist die Krebszelle!).

Ich halte das ehrlich gesagt für unnötig. Obwohl mein Körper aus biologischen Zellen besteht, ist das schlicht nicht worauf mein Körpergefühl basiert. Meine "Biologie" merke ich im wesentlichen nur, wenn ich krank werde. Wenn mir der Schleim die Atemwege verstopft, dann merke ich wohl daß da Zellverbände ihr Ding durchziehen. Wenn ich aber gesund meiner Arbeit nachgehe, merke ich von meinen Zellen und ihrer Biologie praktisch nichts. Das ist nicht das Niveau auf dem ich als Mensch Körper wahrnehme. Und darum ist es m.E. auch nicht nötig daß ein überirdischer Körper "biologisch" sein muß. Als Mensch brauche ich einen Körper um komplett zu sein. Aber der muß nicht aus lebenden Zellen konstruiert sein. Und typische Aussagen zu den Eigenschaften dieses Körpers legen nahe, daß er das nicht ist: unsterblich, schmerzlos, fehlerfrei, ohne Fortpflanzungsdrang, außerhalb der normalen Raum und Zeit beweglich, und nicht zuletzt: immer im perfekten Alter und perfekten Zustand. Das ist alles sehr viel einfacher als eine Art Projektion der Seele in eine Art "Energiekörper" hinein zu verstehen. Schon körperlich, aber aus dem Geist heraus "geboren", ein in die Existenz gewollter Körper als Ausdruck des Geistes. Das passt dann auch zu der oben zitierten biblischen Stelle: aus dem Himmel (Geist) geboren, nicht aus der Erde (konventionelle Materie).

Aber wie gesagt, all dies ist Spekulation. Ich will das überhaupt nicht als "Lehrmeinung" verkaufen, ich denke nur daß es nicht bekannten Dogmen oder der Bibel widerspricht...
Du schreibst, ich würde von einem biologischen Körper reden, wenn dieser Körper selber halt am Leben ist. Das sehe ich anders. Ein Körper ist niemals "selbst halt am leben". Die Seele ist das, was Pflanzen, Menschen und Tiere lebendig macht.

Das Adjektiv biologisch verstehe ich im Sinne von "was lebendige Dinge angeht", die eben beseelt sind. Biologie ist die Wissenschaft von der belebten bzw. beseelten Natur. Das betrifft dann auch die Auferstandenen, die beseelten Auferstehungsleiber, ganz gleich ob der Biologielehrer wieder in der ersten Klasse ganz neu lernen muß. Ganz gleich ob er dann von Zellen redet, oder wie auch immer die mikroskopischen Details und physikalischen, chemischen Grundlagen "funktionieren".
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Re: Das Wesen der Sünde aus der Perspektive Gottes

Beitrag von Sempre »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Montag 10. Februar 2020, 11:51
Im Prinzip „denkt“ Gott überhaupt nicht, denn denken ist ein Verb. Ein deutsches Wort für denken ist „Zeitwort“ und zeigt die Notwendigkeit an, die zeitliche Dimension beim Handeln mitzudenken. Gott steht aber außerhalb der Zeit. Er ist ewiglich in der Ewigkeit. Wir Menschen können uns ein Handeln ohne die Dimension der Zeit nicht vorstellen.
Am Anfang sagst Du, Gott denke nicht. Am Ende gibst Du zu, daß Dir das halt bloß nicht vorstellbar ist.

Gottes Dasein muß ja schon irgendwie ein paar Sachverhalte einschließen, die man mit Verben beschreiben kann: Gott weiß. Gott schafft. Gott lenkt. Gott belohnt. Gott bestraft. Gott schenkt Gnade. Gott wird Mensch ...
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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