Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Protasius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Protasius »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:56
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:46
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:37
Rein hypothetisch gefragt: Was wäre, wenn der Bischof bzw. sein Zensor das Nihil obstat verweigert?
Das ist ja auch geschehen.
Der hier bereits genannten Knox-Bibel wurde in erster Fassung das Nihil obstat vom zuständigen Zensor deputatus (Pater Reginald Ginns O.P. 1893-1987) wegen allzu großer Freiheiten in der Übersetzung verweigert. Eine überarbeitete Fassung konnte dann erscheinen.
Mit dieser Antwort auf die Frage von Protasius erweckst du den Eindruck, als sei das Nihil obstat doch zwingend.
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen. Abgesehen davon war Msgr. Ronald Arbuthnott Knox von der englisch-walisischen Bischofskonferenz beauftragt worden die später unter seinem Namen bekannt gewordene Übersetzung anzufertigen.

Ich habe jetzt doch mal einen Blick in den CIC geworfen. In Bezug auf die Bibel ist die Lage anscheinend doch nicht ganz so einfach; entweder braucht es die Bischofskonferenz oder den heiligen Stuhl. Ein einzelner Bischof reicht in diesem Fall wohl nicht aus.
Can. 823 — § 1. Um die Unversehrtheit der Glaubenswahrheiten und der Sittenlehre zu bewahren, ist es Pflicht und Recht der Hirten der Kirche, darüber zu wachen, daß nicht durch Schriften oder den Gebrauch der sozialen Kommunikationsmittel Glaube oder Sitten der Gläubigen Schaden nehmen; ebenso haben sie zu verlangen, daß von Gläubigen herauszugebende Schriften, die den Glauben oder die Sitten berühren, ihrem Urteil unterworfen werden; schließlich haben sie Schriften zurückzuweisen, die dem rechten Glauben oder den Sitten schaden.

§ 2. Die in § 1 aufgeführten Pflichten und Rechte kommen den Bischöfen zu, sowohl als einzelnen, wie auch in Partikularkonzilien oder Bischofskonferenzen versammelt, in bezug auf die ihrer Sorge anvertrauten Gläubigen; der obersten Autorität der Kirche aber kommen sie zu in bezug auf das ganze Volk Gottes.

Can. 824 — § 1. Wenn nichts anderes bestimmt ist, ist der Ortsordinarius, dessen Erlaubnis oder Genehmigung zur Herausgabe von Büchern nach Maßgabe der Canones dieses Titels zu beantragen ist, der eigene Ortsordinarius des Autors oder der Ordinarius des Ortes, an dem die Bücher veröffentlicht werden.

§ 2. Was in den Canones dieses Titels über Bücher festgelegt wird, ist auf alle Schriftwerke anzuwenden, die zur öffentlichen Verbreitung bestimmt sind, sofern nichts anderes feststeht.

Can. 825 — § 1. Die Bücher der Heiligen Schrift dürfen nicht herausgegeben werden, ohne daß sie vom Apostolischen Stuhl oder von der Bischofskonferenz genehmigt sind; ebenso wird auch bei der Herausgabe ihrer Übersetzungen in eine Landessprache verlangt, daß sie von derselben Autorität genehmigt und zugleich mit notwendigen und hinreichenden Erklärungen versehen sind.

§ 2. Katholische Gläubige können mit Erlaubnis der Bischofskonferenz Übersetzungen der Heiligen Schrift, versehen mit entsprechenden Erklärungen, auch gemeinsam mit den getrennten Brüdern erarbeiten und herausgeben.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen.
Das ist eine Einschränkung für Priester, nicht für Laien.
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Abgesehen davon war Msgr. Ronald Arbuthnott Knox von der englisch-walisischen Bischofskonferenz beauftragt worden die später unter seinem Namen bekannt gewordene Übersetzung anzufertigen.
Richtig, das macht einen großen Unterschied.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Lycobates
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Lycobates »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:11
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen.
Das ist eine Einschränkung für Priester, nicht für Laien.

Etiam a laicis
(can. 1385§1 im überlieferten Kirchenrecht).
Also bis 1983 jedenfalls, auch für Laien.
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:11
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Abgesehen davon war Msgr. Ronald Arbuthnott Knox von der englisch-walisischen Bischofskonferenz beauftragt worden die später unter seinem Namen bekannt gewordene Übersetzung anzufertigen.
Richtig, das macht einen großen Unterschied.
Was aber nicht bedeutet, daß kein censor deputatus das Werk durchgeht und u.U. ablehnt.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Trisagion
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:50
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 16:31
Und es würde mich auch schwer wundern, wenn das alles kostenlos abliefe, selbst wenn es angenommen wird. Ich vermute es liegt im Ermessen des Bischofs ob er sich etwas anschauen will (sprich: an einen Zensor weitergeben will), und dann gibt es ein Art Kostentabelle bzgl. der Vergoldung der Nase, so nach Art des Textes, Anzahl Seiten, usw.?
Es wäre ein Skandal, wenn ein solches Verfahren kostenpflichtig für den Bibelübersetzer wäre! :aergerlich:
Findest Du? Ist ja nun nicht gerade ein Sakrament und Simonie, oder?

Eine Bibelübersetzung auf Unbedenklichkeit zu prüfen ist eine enorme Arbeit. (Ich wollte eigentlich "Heidenarbeit" sagen, aber das würde dann ein sehr merkwürdiger Satz...) Ich sehe jetzt erstmal keine guten Grund, warum eine der Arbeit entsprechende Entlohnung für den Zensor ein Skandal sein sollte? Es kann natürlich durchaus sein, daß sich ein Zensor findet der das quasi als Liebesarbeit nebenher macht. Und es kann auch sein, daß der Bischof viele gebildete Priester zur Verfügung hat, und dann auf einen verzichten und ihn zu dieser Arbeit abstellen kann. Aber es scheint mir doch leicht gewagt zu sein, das eine oder andere als selbstverständlich zu erwarten?

Aber ich bin da ganz ehrlich ahnungslos. Vielleicht ist das ja Tradition oder gar Kirchenrecht? Falls ja, würde das zumindestens zum Teil erklären, warum die Katholiken den Protestanten bei der Bibelproduktion so furchtbar hinterherhinken...

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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Trisagion »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Ich habe jetzt doch mal einen Blick in den CIC geworfen. In Bezug auf die Bibel ist die Lage anscheinend doch nicht ganz so einfach; entweder braucht es die Bischofskonferenz oder den heiligen Stuhl. Ein einzelner Bischof reicht in diesem Fall wohl nicht aus.
Allerdings kann man vermutlich eine bereits mit nihil obstat / imprimatur versehene Bibelübersetzung nehmen, der Kommentare hinzufügen, und nur die (also die zusätzlichen Kommentare) dann von einem einzelnen Bischof mit nihil obstat / imprimatur absegnen lassen. Ich denke das würde dann auch für's Gesamtwerk reichen.

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Protasius
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Protasius »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:11
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen.
Das ist eine Einschränkung für Priester, nicht für Laien.
Das gilt nach CIC/1983 (wie auch nach CIC/1917) allgemein für alle Bücher, die den Glauben und die Moral betreffen; bei der Einschränkung auf Priester war ich wohl einer falschen Erinnerung aufgesessen.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Siard
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Siard »

Ich habe in meiner Bibliothek einige Bücher stehen, die unter die Regelung fallen, aber kein Imprimatur haben.
Und nicht etwas von Modernisten.

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Juergen
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Juergen »

Siard hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 21:37
Ich habe in meiner Bibliothek einige Bücher stehen, die unter die Regelung fallen, aber kein Imprimatur haben. Und nicht etwas von Modernisten.
In den meisten der mir vorliegenden Bibel- oder Bibelteil-Übersetzungen ist ein Imprimatur eines Generalvikars oder, soweit ich das auswendig weiß, eines Ordensoberen drin.
Gruß Jürgen

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Siard
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Siard »

Juergen hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 21:47
In den meisten der mir vorliegenden Bibel- oder Bibelteil-Übersetzungen ist ein Imprimatur eines Generalvikars oder, soweit ich das auswendig weiß, eines Ordensoberen drin.
Es ging oben auch um andere Bücher. :ja:
Bei "katholischen" Bibeln gibt es meist eine Druckerlaubnis. Aber hieß es oben nicht, daß es da die BK sein muß?

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Siard
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Siard »

Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:45
Umso weniger verstehe ich, wieso sich kein Verlag findet, der z.b. die Kommentare der Igantius Bible übersetzt und abdruckt...
Naja gut, in dem Fall gibt es bestimmt noch andere ( rechtliche) Gründe...
Dazu müsste man die Rechte kaufen, da der Text nicht gemeinfrei ist.
Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:45
Aber irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass auch keiner Interesse daran hat.
Wahrscheinlich wäre es der DBK nicht recht – eher im Gegenteil.

Bruder Donald

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Bruder Donald »

Siard hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 22:11
Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:45
Umso weniger verstehe ich, wieso sich kein Verlag findet, der z.b. die Kommentare der Igantius Bible übersetzt und abdruckt...
Naja gut, in dem Fall gibt es bestimmt noch andere ( rechtliche) Gründe...
Dazu müsste man die Rechte kaufen, da der Text nicht gemeinfrei ist.
Es würde mich echt interessieren, wie das so im Verlagswesen abläuft.
Ich stelle mir das im Grunde recht einfach vor:
Derjenige, welcher die Rechte am Text hat, hier also vielleicht Scott Hahn oder Ignatius Press, gehen auf einen Verlag im Ausland zu und fragen: "Hey, habt ihr Interesse dieses und jenes Buch ins Deutsche zu übersetzen?" oder halt andersherum, ein deutscher Verlag geht auf die zu und fragt, ob sie dieses oder jenes Buch übersetzen und herausgeben können.
Vielleicht zu einfach gedacht?
Siard hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 22:11
Wahrscheinlich wäre es der DBK nicht recht – eher im Gegenteil.
Nun, wenn man es hier jetzt richtig verstanden habe, braucht man ja auf die DBK keine Rücksicht nehmen, oder?

Trisagion
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 23:30
Ich stelle mir das im Grunde recht einfach vor:
Derjenige, welcher die Rechte am Text hat, hier also vielleicht Scott Hahn oder Ignatius Press, gehen auf einen Verlag im Ausland zu und fragen: "Hey, habt ihr Interesse dieses und jenes Buch ins Deutsche zu übersetzen?" oder halt andersherum, ein deutscher Verlag geht auf die zu und fragt, ob sie dieses oder jenes Buch übersetzen und herausgeben können.
Vielleicht zu einfach gedacht?
Wenn Geld keine Rolle spielt, dann ist das sicher ungefähr so... Wenn sich das für alle rechnen muß, wird es etwas komplizierter.

Wenn Du das wirklich als Privatperson angehen willst, würde ich "Kickstarter" oder derlei empfehlen. Das ursprüngliche biblioteca Projekt hat z.B. US$ 1.4 Millionen eingesammelt um eine ASV Bibel zu drucken.

Ich habe schon oft "crowdfunding" Projekte mit Geld unterstützt. Ob ich das in naher Zukunft tun kann wird sich zeigen (es ist gerade ziemlich Land unter an den britischen Unis), aber im Prinzip bin ich immer interessiert sowas zu fördern.

Raphael

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 8. Juni 2020, 14:31
Raphael hat geschrieben:
Montag 8. Juni 2020, 07:03
Ein paar Fragen an Dich als Spezialisten:
  • Wird mit diesen teilweise absichtsvoll anderen Übersetzungen nicht der Häresie resp. den Häresien der Boden bereitet?
Mein Name ist nicht birnbaum, aber ich antworte trotzdem mal:
  • Gegenfrage, hat es je in der Geschichte an Häresien gemangelt? Noch eine Gegenfrage, ist zuviel Studium der Bibel wohl der wesentliche Grund für die Häresie und Unglauben in der westlichen Welt? Sicherlich kann das Fehlverstehen der Bibel ein Auslöser für Häresie sein. Aber ich würde sagen, daß Eisegese sehr viel wahrscheinlicher ist: man kann Häresie sehr viel leichter in die Bibel hereinlesen, als herauslesen. Was absichtlich verfälschte Übersetzungen angeht: caveat emptor gilt auch hier. Für Katholiken gibt es ja das "Gütesiegel" imprimatur. Wer keine Ahnung hat und nur zur Erbauung Bibel lesen will, soll sich eine "freigestempelte" katholische Bibel kaufen und fertig. Die Leute die Dutzende Bibeln haben, wissen meist auch um die potentiellen Probleme.
Ein Mangel an Häresien wäre kein Malum. 8)

Und prinzipiell haben Häresien in ihrer Folge in aller Regel zu einer Präzisierung des katholischen Glaubens geführt. Das jedoch macht die Häresie selber nicht zu einem Bonum. :huhu:

Es sind zwei Gefahren, auf die ich mit meiner Frage aufmerksam machen wollte:
  • Die erste zeigt sich im Protestantismus und dem bultmann'schen Projekt der Entmythologisierung der Hl. Schrift. Hier wird absichtsvoll an dem Ast gesägt, auf dem die Christenheit sitzt. Ins Psychologische übertragen ist das so etwas wie Autoaggression, die mit dem Liebesgebot des Christentums nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann.
  • Historisch betrachtet ist die Anzahl der Häresien meines Wissens niemals so hoch gewesen wie zur Jetztzeit. Und ein Zweites tritt hinzu, nämlich die Selbstverständlichkeit und die Selbstüberschätzung bei der Vertretung dieser Häresien. Das Schlimme hierbei ist, daß dies bis weit in die Kirche hineingreift, sodaß man sich spontan an die arianische Krise erinnert fühlt, in der geschätzt 90% eher dem unseligen Arius als dem Hl. Athanasius zugeneigt waren.

Herr v. Liliencron
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Von "überliefertem Kirchenrecht" würde ich beim 1917er CIC nicht sprechen. An sich war die Kodifikation des Kirchenrechts selbst ein gewisser Tradionsbruch. Wenn auch in einer auch profanjuristischen Tendenz der Zeit liegend, die sogar schon länger zurückreichte.

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen. Abgesehen davon war Msgr. Ronald Arbuthnott Knox von der englisch-walisischen Bischofskonferenz beauftragt worden die später unter seinem Namen bekannt gewordene Übersetzung anzufertigen.
Wir halten fest:
Knox war erstens Priester und zweitens offiziell von der Kirche beauftragt mit der Bibelübersetzung. Beide (!) Parteien hatten explizit die Absicht, eine offizielle kirchliche Publikation (Bibelübersetzung) herauszugeben, die vollumfänglich im Einklang mit der Lehre der katholischen Kirche steht.

Genau deshalb sagt der Fall Knox also wenig bis nichts darüber aus, ob ein Laie als „Privatperson“ seine eigenmächtig erstellte Impuls-Übersetzung bei einem Verlag ohne ausdrückliche kirchliche Druckerlaubnis veröffentlichen darf.

Es steht übrigens noch im Raum, ob Knox nach der Erstellung der offiziellen Knox-Bibel als Privatperson seine erste von der Kirche verworfene Version hätte ohne Imprimatur veröffentlichen dürfen.
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Lycobates
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Lycobates »

Herr v. Liliencron hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 08:01
Von "überliefertem Kirchenrecht" würde ich beim 1917er CIC nicht sprechen. An sich war die Kodifikation des Kirchenrechts selbst ein gewisser Tradionsbruch. Wenn auch in einer auch profanjuristischen Tendenz der Zeit liegend, die sogar schon länger zurückreichte.
Sapientis est ordinare.

Kodifizieren ist dazu etwas Urrömisches. Anarchisten und Solipsisten diverser Couleur, so sympathisch sie sein können, mögen das nicht.
Allerdings war die Kodifikation 1917 formal ein Novum, inhaltlich rezipiert der CIC/1917 aber das alte, stark verzettelte Recht, insofern ist es sehr wohl das "überlieferte".

Dazu braucht man Kardinal Gasparri als Menschen oder Kirchenpolitiker nicht zu mögen.
(Ein gutes, wenn auch unschönes Bild von ihm bekommt man bei der Lektüre seiner nicht für die Öffentlichkeit gedachten Memoiren, die teilweise von Giovanni Spadolini, Il Cardinale Gasparri e la questione romana, 1972, veröffentlicht wurden)
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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 20:30
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:11
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Wenn ein Priester ein Buch veröffentlichen will, das Glauben und/oder Moral tangiert, muß er ein Nihil obstat von seinem Bischof bekommen.
Das ist eine Einschränkung für Priester, nicht für Laien.
Das gilt nach CIC/1983 (wie auch nach CIC/1917) allgemein für alle Bücher, die den Glauben und die Moral betreffen; bei der Einschränkung auf Priester war ich wohl einer falschen Erinnerung aufgesessen.
Gibt es denn überhaupt Bücher, die nicht „Glauben und Moral“ tangieren? In einem weiteren Sinne der Begriffe, machen das doch nämlich wirklich fast alle Bücher.
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HeGe
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von HeGe »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 18:06
Ich habe jetzt doch mal einen Blick in den CIC geworfen. In Bezug auf die Bibel ist die Lage anscheinend doch nicht ganz so einfach; entweder braucht es die Bischofskonferenz oder den heiligen Stuhl. Ein einzelner Bischof reicht in diesem Fall wohl nicht aus.
Can. 823 — § 1. Um die Unversehrtheit der Glaubenswahrheiten und der Sittenlehre zu bewahren, ist es Pflicht und Recht der Hirten der Kirche, darüber zu wachen, daß nicht durch Schriften oder den Gebrauch der sozialen Kommunikationsmittel Glaube oder Sitten der Gläubigen Schaden nehmen; ebenso haben sie zu verlangen, daß von Gläubigen herauszugebende Schriften, die den Glauben oder die Sitten berühren, ihrem Urteil unterworfen werden; schließlich haben sie Schriften zurückzuweisen, die dem rechten Glauben oder den Sitten schaden.

§ 2. Die in § 1 aufgeführten Pflichten und Rechte kommen den Bischöfen zu, sowohl als einzelnen, wie auch in Partikularkonzilien oder Bischofskonferenzen versammelt, in bezug auf die ihrer Sorge anvertrauten Gläubigen; der obersten Autorität der Kirche aber kommen sie zu in bezug auf das ganze Volk Gottes.

Can. 824 — § 1. Wenn nichts anderes bestimmt ist, ist der Ortsordinarius, dessen Erlaubnis oder Genehmigung zur Herausgabe von Büchern nach Maßgabe der Canones dieses Titels zu beantragen ist, der eigene Ortsordinarius des Autors oder der Ordinarius des Ortes, an dem die Bücher veröffentlicht werden.

§ 2. Was in den Canones dieses Titels über Bücher festgelegt wird, ist auf alle Schriftwerke anzuwenden, die zur öffentlichen Verbreitung bestimmt sind, sofern nichts anderes feststeht.

Can. 825 — § 1. Die Bücher der Heiligen Schrift dürfen nicht herausgegeben werden, ohne daß sie vom Apostolischen Stuhl oder von der Bischofskonferenz genehmigt sind; ebenso wird auch bei der Herausgabe ihrer Übersetzungen in eine Landessprache verlangt, daß sie von derselben Autorität genehmigt und zugleich mit notwendigen und hinreichenden Erklärungen versehen sind.

§ 2. Katholische Gläubige können mit Erlaubnis der Bischofskonferenz Übersetzungen der Heiligen Schrift, versehen mit entsprechenden Erklärungen, auch gemeinsam mit den getrennten Brüdern erarbeiten und herausgeben.
Wenn sich jemand an diese Canones nicht halten sollte und eine Bibelübersetzung ohne kirchliche Erlaubnis veröffentlicht, gibt es zwei Möglichkeiten, was passieren kann: ist es eine moderne Übersetzung, sagt offiziell kein Bischof etwas, der Herausgeber wird die nächsten Jahre von allen möglichen kirchlichen Bildungshäusern zu Diskussionen eingeladen, bekommt einen Posten beim ZdK und irgendwann entschuldigt sich ein Papst im Namen der Kirche für das grausame Unrecht, das dem Herausgeber angetan wurde. Ist es eine traditionelle Übersetzung, werden der Herausgeber und alle Personen, die ihn kennen, exkommuniziert, irgendwo wird für irgendwen ein apostolischer Kommissar bestellt und irgendwann entschuldigt sich ein Papst im Namen der Kirche für das grausame Unrecht, das [hier beliebige Minderheit einfügen] angetan wurde. Kirchensteuer zahlen muss der traditionalistische Herausgeber aber trotz Exkommunikation natürlich trotzdem. :narr: ;)
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:53
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:47
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 17:37
Rein hypothetisch gefragt: Was wäre, wenn der Bischof bzw. sein Zensor das Nihil obstat verweigert
Grundgesetz Artikel 5.1
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
[Hervorhebungen: V.F.]
Das gilt nicht für das kirchliche Forum.
Auch wenn die Kirche als „Tendenzbetrieb“ (schlimmes Wort, ich weiß) sicherlich selbst auch Rechte hat, die es zu berücksichtigen gilt, gibt es im Geltungsbereich des Grundgesetzes natürlich grundsätzlich (!) keine Räume, in denen das Grundgesetz ausgesetzt wäre.
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Die Herder-Bibel (2012) weist übrigens keine explizite Druckerlaubnis auf.
Die Neue Jerusalemer Bibel (2007) hingegen weist eine Druckerlaubnis auf.
Die Allioli-Bibel weist neben der Druckerlaubnis sogar einen Segen von Papst Pius X. auf. :)
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Lycobates
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 9. Juni 2020, 19:48
Eine Bibelübersetzung auf Unbedenklichkeit zu prüfen ist eine enorme Arbeit. (Ich wollte eigentlich "Heidenarbeit" sagen, aber das würde dann ein sehr merkwürdiger Satz...) Ich sehe jetzt erstmal keine guten Grund, warum eine der Arbeit entsprechende Entlohnung für den Zensor ein Skandal sein sollte? Es kann natürlich durchaus sein, daß sich ein Zensor findet der das quasi als Liebesarbeit nebenher macht. Und es kann auch sein, daß der Bischof viele gebildete Priester zur Verfügung hat, und dann auf einen verzichten und ihn zu dieser Arbeit abstellen kann. Aber es scheint mir doch leicht gewagt zu sein, das eine oder andere als selbstverständlich zu erwarten?

Aber ich bin da ganz ehrlich ahnungslos. Vielleicht ist das ja Tradition oder gar Kirchenrecht? Falls ja, würde das zumindestens zum Teil erklären, warum die Katholiken den Protestanten bei der Bibelproduktion so furchtbar hinterherhinken...
Es gab in jedem Bistum einen oder mehrere vom Ordinarius bestellte (deputati) Zensoren, die nichts anderes taten, als das. Sie waren zuständig für die im Bistum ansäßigen katholischen Verleger, bzw. für die in ihm wirkenden Autoren (an Hochschulen etwa).
Auch jede Ordensprovinz hatte ihren Zensor, für die Überwachung der Produktion ihrer Mitglieder. Diese waren aber zusätzlich auch noch dem diözesanen Zensor unterworfen. Deshalb haben Bücher von Ordensmitgliedern in der Regel ein doppeltes Nihil obstat, und ein Imprimatur des Bistums.

Ein schönes Beispiel, das ich hier gerade zur Hand habe: Das Summarium theologiae moralis von Pater Antonio Arregui S.J., 11. Auflage, Bilbao 1930. (Jede Neuauflage wird erneut geprüft.)
Es trägt oben ein Nihil obstat von Pater Genaro Llona S.J. ("Censor ordinis"), darunter das Imprimi potest von Pater Severiano Azcona S.J. ("Praepositus provinciae Castellanae"), sodann das Nihil obstat von Pater Casimiro Climent S.J. ("Censor ecclesiasticus", der Zensor des Bistums war also da auch Jesuit), und letztlich das Imprimatur des Bischofs von Vitoria, Don Mateo Múgica y Urrestarazu, vom 12. November 1930.
Das Vorwort Arreguis ist datiert vom 27. Juni. Also ein Prozedere von gut vier Monaten, für ein Buch von 650 Seiten.
Die Namen der Zensoren müssen nach getaner Arbeit im Buch veröffentlicht werden, obwohl das auch nicht immer geschah.


Eine interessante historische Übersicht der censura praevia bietet der Artikel der Catholic Encyclopaedia:
https://www.catholic.com/encyclopedia/C ... p-of-Books
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Bruder Donald

Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Bruder Donald »

Also, was ist jetzt der Stand?
Kann ich als Laie den CIC übergehen und dann meine Studienbibel auch ohne offizielle Druckerlaubnis herausgeben?

Trisagion
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 07:13
Die erste zeigt sich im Protestantismus und dem bultmann'schen Projekt der Entmythologisierung der Hl. Schrift. Hier wird absichtsvoll an dem Ast gesägt, auf dem die Christenheit sitzt.
Ein Ausflug in den Universitätsbetrieb sei gestattet. Wie wird man Professor? Indem man über lange Zeit hinweg neue Dinge sagt, die die Leute im eigenen Fach als interessant und/oder herausfordernd betrachten. In Folge werden die eigenen Veröffentlichungen viel zitiert, man wird zu Vorträgen eingeladen, gewinnt Preise, kurz man macht sich seinen Namen. Und mit etwas Glück und Beziehungen macht man dann auch Karriere.

Das funktioniert ganz hervorragend, solange in dem Fach nicht viel bekannt ist. Denn dann wählt es Entdecker aus, oder auch Integratoren die das von den Entdeckern flüchtig durchwanderte Gebiet konsolidieren. Jedenfalls hat das viel von der Eroberung des Wilden Westens, nur halt geistig.

Was passiert aber in diesem System, wenn schon sehr viel bekannt und gesichert ist? Man kann sich auf kleine Details stürzen, die vielleicht nocht nicht ganz geklärt sind. Aber das gibt nur wenig her. Ansonsten besteht hier schlicht der Zwang, am Bekannten und Gesicherten zu rütteln, es aufzusprengen und den geistigen Freiraum zu schaffen in dem man sich seinen Namen machen kann. Sonst hat es sich was mit der Professur.

Kurz, solange wenig bekannt ist, ist der Universitätsbetrieb genial dafür gemacht, von den schlausten Köpfen so schnell wie möglich Wahrheiten finden zu lassen. Ist hingegen viel bekannt, dann zwingt er die schlausten Köpfe zur Unwahrheit, zum Zerstörden der Fundamente, zum Fabulieren, zur Zeitverschwendung. Das ist den Leuten übrigens selten bewußt, sondern das Lügen und Betrügen wird ihnen quasi vom System beigebracht. Und perdiferweise ist es ja genau das Verhalten das früher mal so sehr zum Guten wirkte. Die Vorbilder der Vergangenheit werden hier langsam aber sicher zu Irrlichtern.

Die Philosophie hat vermutlich schon in der späten Antike den kritischen Punkt überschritten, wo akademisches Arbeiten anfängt mehr Schlechtes als Gutes zu produzieren. Bei der Theologie war es irgendwann nach dem Hochmittelalter soweit. Und in unseren Zeiten zeigt die am weitesten entwickelte der Naturwissenschaften, die Physik, erste Anzeichen des Verfalls (Paradebeispiel Stringtheorie). Niemand weiß so recht, wie man vom "Erobern des Wilden Westen" auf "in Frieden und Wohlstand leben" umschalten kann.

Bultmann war Professor für Neues Testament an der Universität Marburg im 20. Jahrhundert.
Raphael hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 07:13
Historisch betrachtet ist die Anzahl der Häresien meines Wissens niemals so hoch gewesen wie zur Jetztzeit.
In absoluten Zahlen (Anzahl der Häresien), vielleicht. In relativen Zahlen (Anzahl der Häresien pro tausend Christen), glaube ich nicht. Es gibt jetzt halt sehr viel mehr Christen als jemals zuvor...

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Vinzenz Ferrer
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:44
Also, was ist jetzt der Stand?
Kann ich als Laie den CIC übergehen und dann meine Studienbibel auch ohne offizielle Druckerlaubnis herausgeben?
Schicker ist es natürlich, wenn du die offizielle kirchliche Druckerlaubnis hättest. Zwingend notwendig kann sie nicht sein, denn das Veröffentlichen eines Buches ist primär erst einmal eine „weltliche“ Angelegenheit. Kirchenrechtliches Konfliktpotenzial entstünde außerdem nur, wenn du Häresien verbreiten würdest und diese dann noch als „gut katholisch“ verkaufen wollen würdest.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Aus dem Fehlen des expliziten Ausweises der kirchlichen Druckerlaubnis einer Veröffentlichung kann man im Jahre 2020 nicht schließen, dass die Publikation im Widerspruch zum kirchlichen Lehramt stünde.
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Raphael

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:51
Raphael hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 07:13
Die erste zeigt sich im Protestantismus und dem bultmann'schen Projekt der Entmythologisierung der Hl. Schrift. Hier wird absichtsvoll an dem Ast gesägt, auf dem die Christenheit sitzt.
Ein Ausflug in den Universitätsbetrieb sei gestattet. Wie wird man Professor? Indem man über lange Zeit hinweg neue Dinge sagt, die die Leute im eigenen Fach als interessant und/oder herausfordernd betrachten. In Folge werden die eigenen Veröffentlichungen viel zitiert, man wird zu Vorträgen eingeladen, gewinnt Preise, kurz man macht sich seinen Namen. Und mit etwas Glück und Beziehungen macht man dann auch Karriere.

Das funktioniert ganz hervorragend, solange in dem Fach nicht viel bekannt ist. Denn dann wählt es Entdecker aus, oder auch Integratoren die das von den Entdeckern flüchtig durchwanderte Gebiet konsolidieren. Jedenfalls hat das viel von der Eroberung des Wilden Westens, nur halt geistig.
............
Dem halte ich mit GKC entgegen:
Nine out of ten new ideas are just old mistakes! 8)

Das Projekt des Christentums war/ist die Wiedereroberung des Himmels und derjenige, der es ermöglichte war der Herr. :ja:

Die griechische Philosophie war im Monismus erstarrt und das jüdische Volk wollte lieber eine Deviation von Alexander dem Großen als Messias. Allein es kam anders .......................

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Lycobates
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Lycobates »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 11:04
Aus dem Fehlen des expliziten Ausweises der kirchlichen Druckerlaubnis einer Veröffentlichung kann man im Jahre 2020 nicht schließen, dass die Publikation im Widerspruch zum kirchlichen Lehramt stünde.
Eher umgekehrt :breitgrins:
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
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... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

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Vinzenz Ferrer
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Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:51
Ist hingegen viel bekannt, dann zwingt er die schlausten Köpfe zur Unwahrheit, zum Zerstörden der Fundamente, zum Fabulieren, zur Zeitverschwendung. Das ist den Leuten übrigens selten bewußt, sondern das Lügen und Betrügen wird ihnen quasi vom System beigebracht. Und perdiferweise ist es ja genau das Verhalten das früher mal so sehr zum Guten wirkte. Die Vorbilder der Vergangenheit werden hier langsam aber sicher zu Irrlichtern.
Die Philosophie hat vermutlich schon in der späten Antike den kritischen Punkt überschritten, wo akademisches Arbeiten anfängt mehr Schlechtes als Gutes zu produzieren. Bei der Theologie war es irgendwann nach dem Hochmittelalter soweit. Und in unseren Zeiten zeigt die am weitesten entwickelte der Naturwissenschaften, die Physik, erste Anzeichen des Verfalls (Paradebeispiel Stringtheorie). Niemand weiß so recht, wie man vom "Erobern des Wilden Westen" auf "in Frieden und Wohlstand leben" umschalten kann.
Vergiss bitte nicht das Thema „Negativauslese“ in diesem Zusammenhang zu erwähnen, verursacht durch narzistische Kränkung der Entscheidungsträger: „Niemand soll bitteschön schlauer als der Professor sein!“
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Vinzenz Ferrer
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Bruder Donald hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:44
Also, was ist jetzt der Stand?
Kann ich als Laie den CIC übergehen und dann meine Studienbibel auch ohne offizielle Druckerlaubnis herausgeben?
Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:15
Die Herder-Bibel (2012) weist übrigens keine explizite Druckerlaubnis auf.
Der Herder Verlag hat es offenbar gewagt. ;)
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Raphael

Re: Bibelübersetzungen/-ausgaben

Beitrag von Raphael »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 11:12
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:51
Ist hingegen viel bekannt, dann zwingt er die schlausten Köpfe zur Unwahrheit, zum Zerstörden der Fundamente, zum Fabulieren, zur Zeitverschwendung. Das ist den Leuten übrigens selten bewußt, sondern das Lügen und Betrügen wird ihnen quasi vom System beigebracht. Und perdiferweise ist es ja genau das Verhalten das früher mal so sehr zum Guten wirkte. Die Vorbilder der Vergangenheit werden hier langsam aber sicher zu Irrlichtern.
Die Philosophie hat vermutlich schon in der späten Antike den kritischen Punkt überschritten, wo akademisches Arbeiten anfängt mehr Schlechtes als Gutes zu produzieren. Bei der Theologie war es irgendwann nach dem Hochmittelalter soweit. Und in unseren Zeiten zeigt die am weitesten entwickelte der Naturwissenschaften, die Physik, erste Anzeichen des Verfalls (Paradebeispiel Stringtheorie). Niemand weiß so recht, wie man vom "Erobern des Wilden Westen" auf "in Frieden und Wohlstand leben" umschalten kann.
Vergiss bitte nicht das Thema „Negativauslese“ in diesem Zusammenhang zu erwähnen, verursacht durch narzistische Kränkung der Entscheidungsträger: „Niemand soll bitteschön schlauer als der Professor sein!“
Diese Einlassung erinnert mich direkt an das Schicksal des jüngst verstorbenen Klaus Berger (R.I.P.)! :bedrippelt:

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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Protasius »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:57
Bruder Donald hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:44
Also, was ist jetzt der Stand?
Kann ich als Laie den CIC übergehen und dann meine Studienbibel auch ohne offizielle Druckerlaubnis herausgeben?
Schicker ist es natürlich, wenn du die offizielle kirchliche Druckerlaubnis hättest. Zwingend notwendig kann sie nicht sein, denn das Veröffentlichen eines Buches ist primär erst einmal eine „weltliche“ Angelegenheit. Kirchenrechtliches Konfliktpotenzial entstünde außerdem nur, wenn du Häresien verbreiten würdest und diese dann noch als „gut katholisch“ verkaufen wollen würdest.
Es widerspräche explizit Canon 825/CIC, der eine Genehmigung des Apostolischen Stuhles oder der Bischofskonferenz verlangt. Insofern entstünde m.E. allein durch das Faktum der Veröffentlichung einer nicht genehmigten Übersetzung der Hl. Schrift „kirchenrechtliches Konfliktpotenzial“. Welche Folgen das hat, ist eine andere Frage; strafbewehrt ist dieser Kanon nicht, soweit ich sehe, aber ich bin kein Kanonist.

Eine andere Frage wäre nach meinem Dafürhalten die Veröffentlichung eines reinen Kommentars, sei es nun ohne Bibeltext oder auf Basis einer genehmigten Übersetzung; das würde rein kirchenrechtlich immer noch ein Nihil obstat erfordern, aber das müßte dann nur vom eigenen Bischof bzw. dem des Verlagsortes kommen, weil man ja keine eigene Übersetzung vorlegt. Das ist aber nicht viel mehr als begründetes Mutmaßen meinerseits.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Trisagion
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Re: Nicht-katholische Bibelübersetzungen: für Katholiken erlaubt?

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Mittwoch 10. Juni 2020, 10:44
Kann ich als Laie den CIC übergehen und dann meine Studienbibel auch ohne offizielle Druckerlaubnis herausgeben?
Nein, nicht als guter Katholik (Kanon 827.1 und 827.3). In der Praxis wird sich allerdings kaum jemand darum kümmern, außer Deine Studienbibel ist sowohl super-populär als auch super-häretisch. Dann kriegst Du irgendwann Post von der Inquisition, äh, der Congregatio pro Doctrina Fidei.

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