Bruder Donald hat geschrieben: ↑Sonntag 1. November 2020, 18:18
Jedenfalls scheint es mir so, dass uns mit "De triplici via" (s)ein theoretisches Konzept der (Beschauungs-)Mystik vorliegt, angefangen mit der Betrachtung (meditatio), dann mit dem Gebet (oratio) und endend mit der Beschauung (contemplatio).
Wie gesagt, ich habe das Werk nicht gelesen. Aber im allgemeinen wird die
contemplatio als nur durch Gottes Gnade erreichbar gesehen, und insofern kriegt man dann keine methodische Diskussion, sondern höchtens eine theologische. Und die
oratio folgt im allgemeinen spontan / natürlich aus der
meditatio, man wird halt durch die Betrachtung zum Gebet inspiriert (und gelegentlich aus dem Gebet zur Beschauung im eigentlichen Sinne inspiriert). Insofern wird auch das Gebet dann meist nicht bzgl. Methodik diskutiert, sondern wenn da was besprochen wird geht es da meist um etwas zwischen Psychologie und Theologie. Die spezifische Methodik des Gebets ist hier ja gerade die Inspiration durch die Betrachtung. Kurz, ich wette der Unterschied ist letztlich nur wieviel Theorie es zu
meditatio -spontan->
oratio -Gnade->
contemplatio gibt. Diese Abfolge ist halt mittelalterlicher "Standardlehre", z.B. auch bzgl. der
lectio divina.
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Sonntag 1. November 2020, 18:18
Die Beschauungsmystik erscheint mir etwas mit der Achtsamkeitsmeditation gemeinsam zu sein. Was meinst du dazu?
Hmm, eher nicht. Achtsamkeitsmeditation im Sinne dessen was wir da aus dem Osten importiert haben ist zum großen Teil überhaupt keine richtige Mystik oder Religion, sondern Konzentrations-, Kontroll- und Beruhigungsübung. Im Zen nennt man das "Bompu Zen", bedeutet so in etwa "gewöhnliches Zen". Man könnte es netter auch "Meditation zum geistigen und körperlichen Wohlbefinden" nennen. Die Aspekte der Achtsamkeitsmeditation die man zur Mystik rechnen kann würde ich dann eher zur "stillen" Meditation rechnen. Ein Anfänger der "Zazen" lernt ("stille" Meditation im Zen), wird ja auch angewiesen sowohl auf Körperhaltung als auf Atmung zu achten, eventuell sogar Atemzüge zu zählen. Wenn Du so willst geht Achtsamkeitsmeditation in "stille" Meditation über wenn der Übende nicht mehr auf seine körperliche Gegebenheiten achten muß (weil der recht Körperzustand unterbewußt beibehalten wird) aber seine Aufmerksamkeit nicht abschaltet (wie wir das normalerweise tun wenn unser Körper "automatisch" agiert und sonst nichts los ist).
Der Betrachtungsmystik entspricht im Zen jedenfalls eher das Meditieren über Koans. (Wobei sowohl die betrachtende als auch die stille christliche Mystik durchaus verschieden ist von dem was ich aus dem Zen kenne, sowohl in der Methodik als auch in der Ausrichtung. Aber das wäre für mich noch das Ähnlichste...)