Bruder Donald hat geschrieben: ↑Dienstag 24. November 2020, 15:04
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 24. November 2020, 01:54
Ich kann jetzt wohl auch mein Problem mit dem Konzept einer unendlichen Zeit erklären, pace Aquinas (denn ich will dem Meister jetzt widersprechen, ich halte dies tatsächlich nicht für logisch möglich).
Na, du traust dich jetzt aber was
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 24. November 2020, 01:54
Mein Problem ist, daß ich nicht weiß wo ich die Marke für die Null setzen soll, wo entlang der unendlichen Zeitlinie "Jetzt" ist.[...]
Da ich ein schlichter Geist bin, komme ich erst überhaupt nicht zu deinem Denkproblem, sondern kapituliere schon lange vorher. Aber gut zu wissen, dass wir quasi zum gleichen "Ergebnis" kommen.
Offensichtlich kann man philosophisch "weiter denken", als man naturwissenschaftlich messen kann. Man sagt ja, das Unviersum sei ja ca. 13,8 Mrd. Jahre alt sein soll und nicht unendlich, also muss es ja einen Anfang geben.
Ich nehme jetzt einfach mal an, dass wir Menschen nur räumlich-zeitlich denken können. Es ist "natürlich" danach zu fragen, im welchem Raum dann das Universum aufgefangen ist. Dann kann man weiter fragen, wo diese Über-Universum sitzt, am Ende kommt ein endlose Kette dabei raus, weil wir immer davon ausgehen, dass Raum in einem anderem Raum enthalten ist.
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 24. November 2020, 01:54
Das ist für uns hier aber eigentlich egal, denn es ging nicht darum, daß die Zeit eine Einbahnstraße ist und Du somit nicht selbst in die Vergangenheit stiefeln kannst, ob nun unendlich weit oder auch nur einen Augenblick.
Doch, schon, eigentlich war das meine Frage.
Ich gestatte mir dazu einen kurzen naturwissenschaftlichen Einschub:
Wenn ich mal die allgemeine Relativitätstheorie voraussetze, sind verschiedene Szenarien möglich; welches Szenario ein Kosmologe für das tatsächlich geltende hält, ist abhängig von Beobachtungsdaten. Es gibt stabile Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen, wenn man eine kosmologische Konstante verwendet, die einem ewig bestehenden Universum entsprechen, und es gibt Lösungen, bei denen das Universum sich ausdehnt. Bei den sich ausdehnenden ist abhängig vom Energieinhalt des Universums entweder ein sich ewig ausdehnendes Universum, eines, dessen Ausdehnung irgendwann zum Stillstand kommt, oder ein Universum, das irgendwann wieder zusammenfällt möglich; im letzteren Falle könnte es prinzipiell immer wieder von neuem beginnen, indem jeder Big Crunch (großes Zermalmen) zu einem neuen Big Bang (Urknall; die beiden Begriffe sind in diesem Paar mE auf englisch etwas griffiger) führt. Die Beobachtungsdaten, die die Astronomie und Kosmologie bislang gesammelt haben, zeigen, daß sich das Universum ausdehnt und deuten daraufhin, daß das wahrscheinlich auch immer so weitergehen wird (bei diesem zweiten Teil ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen). Die Beschreibung ist allerdings nicht vollständig, weil man den Urknall selber (und ggf. das große Zermalmen) ohne die bislang ungelöste Frage nach einer Theorie der Quantengravitation nicht sauber beschreiben kann.
Dieser Diskussionsstrang befaßt sich jedoch mit der abstrakten Denkmöglichkeit, ohne daß das mit Beobachtungsdaten konfrontiert werden müßte. Daß das konkrete Universum, in dem wir uns befinden, nach bestem Wissen und Gewissen einen Anfang hat, ist zunächst mal nicht denknotwendig – man kann sich auch ein Universum vorstellen, daß sich in einem stabilen Zustand befindet (wie oberwähnt, kann man das auch mathematisch beschreiben). Wenn
pro argumento also das Universum unendlich alt wäre und unendlich fortbestünde – im Widerspruch zu sowohl übernatürlicher Offenbarung wie natürlichen Beobachtungsdaten unseres konkret existierenden Universums –, müßte das Universum sich entweder niemals ändern oder periodisch vor sich hin oszillieren. In diesem Falle würde es – jedenfalls auf den Zeitskalen des Universums keinen Unterschied machen, wo ich einen Nullpunkt hinsetze, weil es keinen Zeitpunkt gibt, der vor anderen ausgezeichnet wäre, so daß jeder Nullpunkt willkürlich wäre.
Das stellt nach meinem Dafürhalten aber kein Problem dar: wenn ich die Menge
Z der ganzen Zahlen betrachte, kann ich mir eine Abbildung vorstellen, bei der ich jede Zahl um einen festen ganzzahligen Wert verschiebe, bspw.
z →
f(z) = z + 2 für alle ganzen Zahlen
z aus der Menge
Z. Das ist effektiv eine Verschiebung des Nullpunkts. Wenn ich diese Abbildung auf alle ganzen Zahlen anwende, bekomme ich aber letztlich wieder die Menge der ganzen Zahlen heraus,
f(
Z) =
Z, denn jede ganze Zahl wird auf eine andere ganze Zahl abgebildet, und jede ganze Zahl hat eine andere ganze Zahl, die auf sie abgebildet wird. Das gleiche Spiel kann ich natürlich auch mit rationalen oder reellen Zahlen treiben.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009