Bruder Donald hat geschrieben: ↑Mittwoch 22. September 2021, 11:58
Ich lese und höre aus den schnell zugänglichen, orthodoxen Internetquellen immer nur: "Gottes Wesen und Gottes Energien sind real unterschiedlich, aber diese Unterscheidung trennt nicht die Identität/Einheit/Einfachheit Gottes auf." Daher: Wo ist jetzt hier das Problem?
Solange Dich der Widerspruch in sich nicht stört, ist das in der Tat kein Problem. Der erste Halbsatz macht die Orthdoxen froh, der zweite die Katholiken. Das Problem ist halt nur, daß eine Unterscheidung, insbesondere eine
reale Unterscheidung, die Identität / Einheit / Einfachheit Gottes auftrennt. Das ist was das Wort "Unterscheidung"
bedeutet. Wenn man eine Unterscheidung trifft, dann scheidet man eben etwas in separierbare Untereinheiten. Und wenn die Unterscheidung "real" ist, dann ist die Separation real. Selbstverständlich können wir Worte nach Belieben umdefinieren, aber dann definieren wir eben auch die Aussagen um die mit diesen Worten gemacht werden. Wenn Du dem Problem ausweichen willst, mußt Du eben ein anderes Wort benutzen. Benutzen wir doch einfach mal Erdbeerkuchen.
"Gottes Wesen und Gottes Energien sind real erdbeerkuchenhaft, aber dieser Erdbeerkuchen trennt nicht die Identität / Einheit / Einfachheit Gottes auf."
Problem gelöst.
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 21. September 2021, 19:56
Gott zeigt sich in zwar in seinen Energien, aber sein Wesen bleibt für uns unsichtbar.
Wenn er nur das gesagt hätte, würde es keine Sau interessieren (was nicht heißt, daß es korrekt ist - nur daß es langweilig ist). Leider sagt er aber, daß die Ungeschaffenheit Gottes wortwörtlich sichtbar wird, jedenfalls für Hesychasten. Und ja, ich habe auch nicht wirklich eine Ahnung, was das überhaupt heißen soll... Ich verstehe es aber gerade soviel, daß ich doch "so kann man das nicht sagen" antworten kann.
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 21. September 2021, 19:56
Was Palamas nun im Detail gesagt hat, weiß ich nicht. Ich lese nur irgendwelche orthodoxen Aufarbeitungen. Und was ich so lese, lässt mich keine Problematik erkennen.
Äh, ja. Das ist meistens so, daß wenn Leute ihre Meinung erklären sie nicht sagen "Und hier sind dann also noch die schwerwiegenden Problem an meinen Ansichten, die es möglich machen, sie als falsch zu identifizieren und abzulehnen."
Trisagion hat geschrieben: ↑Dienstag 21. September 2021, 19:56
Wenn ein katholischer Mystiker nun eine Erfahrung macht, was genau erfährt er da? Eine Energie? Eine Person? Den Hl. Geist?
Eine mystische Erfahrung im eigentlichen Sinne ergibt sich, wenn der Heilige Geist in uns seine Gaben zur Wirkung bringt. Es ist das passive Erfahren der direkten Aktivität des Heiligen Geistes in uns. Es kann selbstverständlich als "Energie" bezeichnet werden, und sogar als "ungeschaffene" Energie, denn der Heilige Geist agiert hier. Bis hierhin also kein Problem mit Orthodoxen Konzepten! Nur ist eben die sich ergebende Erfahrung selbst, das Resultat im Menschen, nicht "ungeschaffen" an sich. Das sieht man z.B. daran, daß das Resultat eben auch eine "dunkle Nacht" sein kann, je nach Zustand des Mystikers, obwohl selbstverständlich nichts dunkel ist am Heiligen Geist oder seinen Taten. Aber wie sich das ausdrückt im Menschen, wie das ankommt, ist eben nicht selbst göttlich sondern menschlich, und insofern nicht selber "ungeschaffen". Nebenbei gesehen sieht man hier auch, warum eine allgemeine Verdammungen von "bildlichen oder emotionalen" Zugängen wenig Sinn machen. Nur weil Gott und was er tut "nicht bildlich oder emotional" ist, bedeutet das nicht, daß der konkrete Mensch nicht gerade am effizientesten durch einen bildlichen oder emotionalen Zugang erreicht werden kann. Das hängt eben auch von dem jeweiligen Menschen und seinen Befindlichkeiten ab. (Ich selber bin auch kein Freund von derlei, aber ich bin eben nicht das Maß aller Dinge.)
Das ensprechende Kapitel
bei Aumann ist kompakt und gut lesbar.