Juergen hat geschrieben:Die hier von Thomas resp. Aristoteles (Physik h, VII, 1, 242a) vorgelegten "Beweise" mögen in ihrer inneren Struktur fehlerfrei sei. Das will hier auch kaum jemand bestreiten, sofern er diese Beweisgänge verstanden hat.
Danke für diese Anmerkung von Deiner Seite. Das ist ein Punkt, in dem sich viele einig sind. Aristoteles, der Apostel Paulus, der hl. Thomas, der große Gottesbeweiskritiker Immanuel Kant, das Vaticanum I., der hl. Papst Pius X., Papst Pius XII., viele weitere, tausend Philosphen, Du und ich. Ich stimme Dir zu: diesbezügliche Einwände diverser Teilnehmer hier, des Internetatheistengurus Volker Dittmar, sowie vieler anderer Internetquellen zeugen nur von sachlichem Unverständnis.
Danke auch für einen Beitrag, der offenbar intendiert, der Sache weiter auf den Grund zu gehen; das endlose Geplänkel um sachfremde Fragen durchbrechend. Raphaels Fragen zu seiner Meinungsfreiheit, LePenseurs Sorgen um meine angebliche Rabulistik und overkotts Allah-Liebe gehören schließlich in den Fruststrang.
Juergen hat geschrieben:Problematisch wird bei denn "fünf Wegen" des Thomas der letzte Satz, welche dann z.B. den unbewegten Beweger als Gott identifiziert.
Raphael hat zurecht mehrfach (!) darauf hingewiesen - und dieser Hinweis wurde weitgehend ignoriert - daß man damit bestenfalls, und das auch nur mit einigem Wohlwollen, einen "Gott der Philosophen" bewiesen hat.
Es wundert mich, dass Dir das -so scheint es hier- entgangen ist: Ja, selbstverständlich beweisen Gottesbeweise lediglich die Existenz und Personalität Gottes - wenn man so will einen "Gott der Philosophen" (womit kirchlicherseits genauer der Gott gemeint ist, den Aristoteles bewies; Paulus und die kirchliche Lehre zielen auf den kausal bewiesenen Gott ab). Das war hier nie strittig, wenngleich Raphael einen gegenteiligen Eindruck zu vermitteln suchte. Lifestylekatholik hat uns extra besucht, um Raphael darauf hinzuweisen, das hier niemand niemals nie behauptet hat, dass mehr als ein Philosophengott beweisbar sei.
Halten wir fest: Die Kirche lehrt die Beweisbarkeit der Existenz und Personalität Gottes mittels der
ratio aufgrund der geschaffenen Dinge. Den Beweis, dass es eine unverursachte Erstursache geben muss, erkennst Du an. Nun wendest Du ein:
Juergen hat geschrieben:Streng genommen hat man nichtmals das [den Gott der Philosophen bewiesen].
Das ist der erste halbwegs ernstklingende Einwand, den ich seit Monaten hier höre. Nur an dieser Stelle hat Kant (= jene von LePenseur genannten tausend Philosphen) seine Brechstange angesetzt. Wenn Du zeigen könntest, dass die Kirche irrt, wenn sie die Beweisbarkeit der Existenz eines personalen Gottes lehrt, hättest Du einen wunden Punkt gefunden.
Es würde sogar bereits ausreichen, wenn Du zeigen könntest, dass die Existenz eines personalen Gottes nicht bewiesen sei (die Beweisbarkeit zu widerlegen dürfte schwieriger sein als die Bewiesenheit zu widerlegen).
Anstelle einer übersichtlichen, eindeutigen und klaren Begründung, warum die Kirche irre, führst Du nun (gar nicht langweilend) an:
Juergen hat geschrieben:Die Wege des Thomas und man kann sogar Anselm hinzu nehmen, bewegen sich von unten nach oben und wollen gleichsam von der Endlichkeit zur Unendlichkeit fortschreiten. Das Argument von Anselm kann man mit Wohlwollen noch so deuten, daß er überwältigt wird und so zumindest einen kleinen Steg zu Gott und der Offenbarung offenhält. Somit geht Anselm auf seinem Weg sogar noch ein Stück weiter.
Die Wege des Thomas schaffen einen Platzhalter, der aber nicht zwingend in der Unendlichkeit und Ewigkeit zu verorten sein muß. Der unbewegte Beweger kann nur dann etwas in der Endlichkeit bewegen, wenn er selbt Teil dieser Endlichkeit ist. Sempre hat auf den Antinomie der reinen vierten Widerstreit verwiesen. In der Antithese finden wir genau auch diesen Gedanken.
All diese "Gottesbeweise" gehen den falschen Weg.
Unser jetziger Papst hat seit seiner Antrittsvorlesung vor 50 Jahren gleichsam nur einen Gedanken: Wie verhält sich der Gott der Philosophen zum Gott des Glaubens? Leider bricht zumeist seine Argumentation dort ab, wo es eigentlich interessant wird. - Aber das ist ein anderes Thema.
Doch schon die Übersetzer der LXX habe mit der Übersetzung der Sebstmitteilung Gottes beim brennenden Dornbusch eine Entscheidung getroffen: "Ich bin der Seiende", übersetzen sie. Das ist genau der Gott der Philosphen, der Gott Platons, die Idee,... hier kann sich der geneigte Denker zurücklehnen und sagen: "Jetzt hab ich Gott".
Doch der unbewegte Beweger ist nur für Gott der unbewegte Beweger und wir erkennen ihn nur durch ihn und seine Selbstmitteilung. "Nur in deinem Lichte schauen wir das Licht", weiß der Psalmist zu sagen (Ps 36). Dann haben wir es aber mit Offenbarung zu tun.
Nicht umsonst habe ich Bonaventura zitiert. Er sieht es prinzipiell ähnlich und sein "Gottesbeweis" ist nach meinem Dafürhalten der bessere Weg.
Man kann den Beweis aber nicht Beweis nennen, denn er beweist nicht, sondern setzt Gott voraus. Er fragt nicht: "Ob Gott ist?", sondern fragt, "Warum kann man Gottes Existenz nicht bestreiten."
Den Gedankengang werde ich nicht näher ausführen, aber letztlich kann man mit Bonaventura sagen: Wenn Gott Gott ist, ist Gott!" - "Si Deus est Deus, Deus est" (De Mysterio Trinitatis, q1 a1).
Ich will das nun im einzelnen nicht kommentieren, sondern lieber nachfragen: Was davon genau zeigt Deiner Auffassung nach in welcher Weise, dass die Kirche irre, wenn sie lehrt, dass die Existenz und Personalität Gottes mittels der
ratio aus den geschaffenen Dingen bewiesen werden kann?
Deine Anmerkung, dass Papst Benedikt seinerzeit genau da abbricht, wo es eigentlich interessant wird, betrifft hier auch Dich selbst. Ich sehe lediglich Kritik an ontologischen Gottesbeweisen. Dass ich solche nicht verteidige, hatte ich angemerkt. Sie betreffen auch nicht die Lehre der Kirche.
Gruß
Sempre