Fragen zum Thema Orthodoxie

Ostkirchliche Themen.
jakob
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Beitrag von jakob »

Wer kann mir mal die Position der orthodoxen Kirche in Bezug auf Ökumene, insbesondere Interkommunion / Kirchengemeinschaft mit der Römischen Kirche und in Bezug auf die lutherischen Gemeinschaften erläutern oder einen sachkundigen Link (deutschsprachig) vermitteln, auch gerne im Kreuzgang ;D

(Andersrum: Werden Katholiken zur Eucharistie zugelassen?)

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Linus
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Beitrag von Linus »

jakob hat geschrieben:(Andersrum: Werden Katholiken zur Eucharistie zugelassen?)
Nein, das war aber langezeit anders. (bis 17xy WIMRE)
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Ergänzend etwas offizielles, namentlich auf dem Landeskonzil der Russischen Kirche anno 2000 veröffentlichtes Dokument.
''Grundprinzipien der Beziehung der Russischen Orthodoxen Kirche zu Andersgläubigen'' hat geschrieben:1. Die Einheit der Kirche und die Sünde menschlicher Spaltungen
1.1. Die Orthodoxe Kirche ist die wahre Kirche Christi, die von unserem Herrn und Retter Selbst geschaffen ist, die Kirche, die vom Heiligen Geist gefestigt und erfüllt ist, die Kirche, über die der Retter Selbst gesagt hat: "Ich werde meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen" (Mt 16,18 ). Sie ist die Eine, Heilige, Allumfassende (Katholische) und Apostolische Kirche, Hüterin und Spenderin der Heiligen Sakramente in der ganzen Welt, "Säule und Feste der Wahrheit" (1 Tim 3,15). Sie trägt die Fülle der Verantwortung für die Ausbreitung der Wahrheit des Evangeliums Christi, ebenso auch die Fülle der Vollmacht, den Glauben zu bezeugen, der "einstmals den Heiligen anvertraut wurde" (Jud 3).

1.2. Die Kirche Christi ist die eine und einzige Kirche (hl. Cyprian von Karthago, "Von der Einheit der Kirche"). Die Einheit der Kirche - des Leibes Christi - gründet darin, daß sie ein Haupt hat, den Herrn Jesus Christus (Eph 5, 23), und daß ein Heiliger Geist in ihr wirkt, der den Leib der Kirche belebt und all ihre Glieder mit Christus, ihrem Haupt, vereint.

1.3. Die Kirche ist die Einheit des "neuen Menschen in Christus". Durch Seine Fleischwerdung und Menschwerdung hat der Sohn Gottes "von Neuem eine lange Aufeinanderfolge menschlicher Wesen begonnen" (hl. Irenäus von Lyon), indem Er ein neues, gesegnetes Volk erschuf, die geistliche Nachkommenschaft des Zweiten Adam. Die Einheit der Kirche überragt jede menschliche und irdische Einheit, sie ist von oben als vollkommene und göttliche Gabe gegeben. Die Glieder der Kirche sind in Christus durch Ihn Selbst geeint, geeint wie Weinreben, in Ihm eingewurzelt und in die Einheit des ewigen und geistlichen Lebens gesammelt.
...
>> weiter <<
Ich denke, das sagt nichts neues, aber ich glaube, hier wurde dieses Dokument, zumindest in deutscher Sprache, noch nicht vorgestellt. Es sagt nun nichts ausgerechnet zur "Ökumene" oder zur Interkommunion mit der Römischen Kirche i.e.S. - Ich muß an der Stelle noch einmal sagen, daß derzeit keine Möglichkeit für römisch-katholische Christen besteht, in der Orthodoxen Kirche an der Eucharistie teilzunehmen. Ich möchte auch leise Zweifel anmerken, daß es angeblich bis ins 17. Jahrhundert wenigstens in nicht unbedeutenden Teilen der Orthodoxen Kirche möglich gewesen sein soll. Das müßte man handfest belegen; ich stoße bei meiner Lektüre immer auf das Gegenteil (zuletzt in der Vita des Hl. Savva von Serbien, der im 13. Jahrhundert lebte; dort ist z.B. die Rede davon, daß der hl. Savva Lateiner (v.a. in und um Bulgarien) und Bogumilen gleichermaßen zur Orthodoxen Kirche zurückrief, wenn er den Lateinern auch, im Gegensatz zu den Bogumilen, eine langwierige Katechese ersparte).
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jakob
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Beitrag von jakob »

Irgendwo (ich glaube bei Wikipedia) habe ich gelesen, dass man

a) sich vor der Teilnahme an der Hl. Kommunion am Samstag vorher beim orth. Priester anmelden muss, und

b) durch die Teilnahme sozusagen automatisch in die Orthodoxe Kirche eintritt.

Letzteres hielte ich übrigens für einen interessanten und nachvollziehbaren Aspekt in der Ökumene: Durch die Teilnahme an der Kommunion bzw. dem Abendmahl der jeweils anderen getrennten Kirche wird man automatisch Mitglied derselben und hat die ursprüngliche verlassen.

Ferner habe ich gelesen, dass die russisch-orthodoxe Kirche 1970 die Zulassung von Lateinern ausnahmesweise gestattet habe, was umgehend zu Protesten der übrigen autokephalen Kirchen geführt habe. Man habe es anschließend richtig gestellt und dies nur für Situationen grösster geistl. Not zugelassen und falls kein Priester der eigenen Kirche in der Nähe sei. Gibt es seitdem nichts Neueres?

Ferner würde mich mal nebenbei interessieren: Kann man die hier Schreibenden in Schubladen stecken vergleichbar mit den Katholischen, zB. liberal, konservativ, traditionalistisch, oder gibt es gar eine WsK-Bewegung für Orthodoxe? (jaja, ich weiss, man kann, aber passen die Schubladen auch nur im Entferntesten???)

Und nicht zuletzt: Wie sieht nun die Möglichkeit für lutherische Christen bzgl. der Teilnahme an der orth. Eucharistie aus? Verboten? Oder gilt die Unmöglichkeit der Teilnahme nur für Lateiner?

viv
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Beitrag von viv »

hab auch schon wieder ne frage:

letzthin stand ich vor der orthodoxen kathedrale in nizza und scheute mich hineinzugehen, weil ich nicht so recht wusste, wie ich mich zu verhalten habe ..... also konkrete frage:

wie verhält man sich beim betreten einer orthodoxen kirche?

(dass zurückhaltend, weiss ich schon, aber wie wäre es richtig? bekreuzigungen, verneigungen, ikonen verehren, und dann in welcher reihenfolge ???)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

jakob hat geschrieben:Irgendwo ... habe ich gelesen, dass man
a) sich vor der Teilnahme an der Hl. Kommunion am Samstag vorher beim orth. Priester anmelden muss
Ja; der Priester muß wissen, wem er die Kommunion verabreicht, oder anders ausgedrückt, er sollte im Bilde über die Vorbereitung der jeweiligen Person sein. Er hat ja die Verantwortung für den Leib und das Blut des Herrn. "Vorbereitung" bezieht sich v.a. auf die Beichte. In kleineren Gemeinden, wie hier in Deutschland, werden unbekannte Personen meiner Erfahrung nach nicht zur Kommunion zugelassen. Sind die Gemeinden richtig groß, oder handelt es sich um Klöster, Pilgerstätten u.ä., so wird direkt vor der Kommunion allen gesagt, daß nur jene zum Kelch schreiten dürfen, die gebeichtet, seit Mitternacht nicht gegessen oder getrunken und den Segen des Beichtvaters dazu haben.
jakob hat geschrieben:b) durch die Teilnahme sozusagen automatisch in die Orthodoxe Kirche eintritt.
Das ist (für solche, deren Taufe anerkannt wird) theologisch sinnvoll und auch sozusagen richtig, tatsächlich wird ein Übertritt letztlich so vollzogen, allerdings hat die Kirche davor für jeden, der woher auch immer übertritt, gewissen Prüfungen gesetzt. Einfach so durch Teilnahme an der Kommunion tritt heut niemand über, wenn ich auch damit einverstanden bin, daß das letztlich der entscheidende Moment ist.
jakob hat geschrieben:Ferner habe ich gelesen, dass die russisch-orthodoxe Kirche 1970 die Zulassung von Lateinern ausnahmesweise gestattet habe, was umgehend zu Protesten der übrigen autokephalen Kirchen geführt habe. Man habe es anschließend richtig gestellt und dies nur für Situationen grösster geistl. Not zugelassen und falls kein Priester der eigenen Kirche in der Nähe sei. Gibt es seitdem nichts Neueres?
Die Zeit, die Du meinst, gab es tatsächlich, und zwar in der "Ära" des Metropoliten Nikodim. Nein, seitdem gibt es nichts Neueres.
jakob hat geschrieben:Ferner würde mich mal nebenbei interessieren: Kann man die hier Schreibenden in Schubladen stecken vergleichbar mit den Katholischen, zB. liberal, konservativ, traditionalistisch, oder gibt es gar eine WsK-Bewegung für Orthodoxe? (jaja, ich weiss, man kann, aber passen die Schubladen auch nur im Entferntesten???)
In Schubladen müssen mich/uns andere stecken, aber was ist letzlich "liberal"? Bei uns kann man eher eine Skala anbringen, die von "ungläubig" über "kleingläubig", "gläubig" bis hin zu "kirchlich" reicht. "Liberal" ist eben ziemlich wenig kirchlich. :) Das Entgegenkommen, das Hinwegsehen über Schwächen und Unzulänglichkeiten anderer, letzten Endes das Mitleid mit jeder Kreatur (nach dem Hl. Isaak dem Syrer) ist aber nicht "liberal". Das ist "kirchlich" in Vollendung.
Aber ein WsK-Äquivalent, nein, Gott bewahre. Sowas ist mir nicht bekannt.

jakob hat geschrieben:Wie sieht nun die Möglichkeit für lutherische Christen bzgl. der Teilnahme an der orth. Eucharistie aus? Verboten? Oder gilt die Unmöglichkeit der Teilnahme nur für Lateiner?
Das Verbot gilt nicht für "Lateiner" pauschal, sondern für Menschen, die ein anderes Verständnis von Eucharistie, Kirche, Sakramenten etc. haben, mit anderen Worten, für solche, die nicht in Gemeinschaft mit der heiligen katholischen und apostolischen Ostkirche stehen. Davon abgesehen sind Lutheraner ja Lateiner.
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Khatja
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Beitrag von Khatja »

Man sollte sich jedenfalls nicht scheuen hineinzugehen, besonders wenn gerade kein Gottesdienst stattfindet. Für wen, wenn nicht für einen solchen Besucher, sollte die Kirche/Kathedrale dann überhaupt geöffnet sein?! ;)

Es gilt eine ganz einfache Regel: man soll sich im Kopf immer den Gedanken behalten, dass man im Hause Gottes ist, und dementsprechend verhält man sich auch. Also meine Empfehlung wäre, sich vor dem Betreten der Kirche zu bekreuzigen und dann mit Ehrfurcht und Liebe hineinzugehen! :freude:

Flo77
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Beitrag von Flo77 »

Khatja hat geschrieben:Man sollte sich jedenfalls nicht scheuen hineinzugehen, besonders wenn gerade kein Gottesdienst stattfindet. Für wen, wenn nicht für einen solchen Besucher, sollte die Kirche/Kathedrale dann überhaupt geöffnet sein?! ;)

Es gilt eine ganz einfache Regel: man soll sich im Kopf immer den Gedanken behalten, dass man im Hause Gottes ist, und dementsprechend verhält man sich auch. Also meine Empfehlung wäre, sich vor dem Betreten der Kirche zu bekreuzigen und dann mit Ehrfurcht und Liebe hineinzugehen! :freude:
Gab es nicht auch noch die Regel, daß sich Frauen das Haar bedecken müssen?
Viele Grüße

Flo

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Linus
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Beitrag von Linus »

Khatja hat geschrieben:Man sollte sich jedenfalls nicht scheuen hineinzugehen, besonders wenn gerade kein Gottesdienst stattfindet. Für wen, wenn nicht für einen solchen Besucher, sollte die Kirche/Kathedrale dann überhaupt geöffnet sein?! ;)

Es gilt eine ganz einfache Regel: man soll sich im Kopf immer den Gedanken behalten, dass man im Hause Gottes ist, und dementsprechend verhält man sich auch. Also meine Empfehlung wäre, sich vor dem Betreten der Kirche zu bekreuzigen und dann mit Ehrfurcht und Liebe hineinzugehen! :freude:
Als Lateiner bin ich aber immer versucht eine Kniebeuge in Richtung Altar zu machen. (und das ist bei Euch ja nicht Usus?) meine Frau macht (weil sie schon ziemliche kniebeschwerden hat) auch bei uns "nur" eine Tiefe Verbeugung ;)
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viv
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Beitrag von viv »

also... ich hab die frage sehr ernsthaft gestellt; mir ist das noch nicht klarer geworden ??

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Viv, die Frage ist ernsthaft beantwortet.

Wenn Du selbst orthodox bist, dann gibt es bestimmte genauere Regeln. Auch die Sache mit der Kopfbedeckung bei Frauen (siehe 1 Kor. 11:5ff.) gilt v.a. für Betende. Es ist aber unsinnig, jemanden, der nicht orthodox ist, mit Dingen wie der Reihenfolge der Verehrung von Ikonen und anderen Elementen der kirchlichen Etikette zu behelligen. Khatjas Antwort ist absolut ausreichend. Wenn Du es willst, kannst Du beim Eintritt gedanklich Psalm 5, Verse 8-9 und 12-13 beten.

Linus hat geschrieben:...Kniebeuge in Richtung Altar...
Mach' doch... es schadet nichts, im Gegenteil! Ich bin mir nicht ganz sicher, was genau Du mit "Kniebeuge" meinst; es gibt hier zwei Arten Verbeugungen (Metanien): kleine (man verneigt sich, so daß man mit dem ausgetreckten Arm den Boden berühren könnte) und große (Knie und Stirn berühren den Boden). Es gibt Tage, an denen sind große Metanien nicht statthaft (Sonntage, Osterzeit, mal grob gesagt).
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Linus
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Beitrag von Linus »

Nietenolaf hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:...Kniebeuge in Richtung Altar...
Mach' doch... es schadet nichts, im Gegenteil! Ich bin mir nicht ganz sicher, was genau Du mit "Kniebeuge" meinst; es gibt hier zwei Arten Verbeugungen (Metanien): kleine (man verneigt sich, so daß man mit dem ausgetreckten Arm den Boden berühren könnte) und große (Knie und Stirn berühren den Boden). Es gibt Tage, an denen sind große Metanien nicht statthaft (Sonntage, Osterzeit, mal grob gesagt).
Kniebeuge: rechter Unterschenkel liegt am Boden auf. (also von Fuß bis Knie) bei ausgesetztem Allerheiligstem (gut das gibts bei euch ja nicht) auch linker Unterschenkel dazu.

Tja, meine Frau macht dann "kleine Metanien" - im Monastischen Bereich spricht man da von der "Venia" (Verbeugung im Chorgestühl mit durchgestreckten Knien und berühren des Bodens mit den Handwurzelknöchelchen, als Strafe für "kleine Vergehen" wie zB zu spät kommen zum Gebet, oder im falschen Ton ansingen.)
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Walter
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Beitrag von Walter »

Hallo viv!
viv hat geschrieben:also... ich hab die frage sehr ernsthaft gestellt; mir ist das noch nicht klarer geworden ??
Khatja das Entscheidene doch sehr klar (und ernsthaft) dargestellt:
Khatja hat geschrieben:Es gilt eine ganz einfache Regel: man soll sich im Kopf immer den Gedanken behalten, dass man im Hause Gottes ist, und dementsprechend verhält man sich auch. Also meine Empfehlung wäre, sich vor dem Betreten der Kirche zu bekreuzigen und dann mit Ehrfurcht und Liebe hineinzugehen! :freude:
Wenn Du es wirklich noch etwas genauer wissen willst, empfehle ich Dir das Buch "Orthodoxes Glaubensbuch". Es ist zwar vergriffen, liegt aber noch z.B. in manchen Kirchen sehr günstig zum Verkauf aus (ich habe es in Weimar für 15 € gesehen). Das Buch behandelt vor allem den "praktischen Aspekt" der Orthodoxie sehr ausführlich mit sehr vielen liebevollen und genauen (teils farbigen) Zeichnungen.
ORTHODOXES GLAUBENSBUCH hat geschrieben:
DAS VERHALTEN IN DER KIRCHE
VOR DEM BETRETEN DER KIRCHE. Wenn orthodoxe Gläubige sich einer Kirche nähern, bekreuzigen sie sich zunächst und machen eine kleine Verbeugung. Dabei schauen sie vor allem auf die Kuppeln und Kreuze der Kirche.

Das Kreuzzeichen soll mit Ehrfurcht gemacht werden. wenn man sich bekreuzigt, so bezeichnet man sich mit dem Symbol des Leidens Christi für die menschlichen Sünden. Deshalb muss man dies mit größter Ehrfurcht und Aufmerksamkeit tun. Ein nachlässiges Ausführen des Kreuzzeichens ist eine Sünde.

IN DER KIRCHE. Wenn wir die Vorhalle betreten, bekreuzigen wir uns noch einmal, da hier schon heilige Ikonen sind. Es ist nicht nötig, jede Ikone zu küssen, aber man sollte sich der Heiligkeit des Ortes bewusst werden und alles Reden unterlassen, dsa sich nicht auf die Kirche bezieht.

Durch die Vorhalle betreten wir die Kirche. Wir gehen einige Schritte nach vorn, um diejenigen nicht zu behindern, die nach uns eintreten, wenden uns zum Altar, d.h. nach Osten, und machen drei Kreuzzeichen mit kleinen Verbeugungen.

Danach kann man zum Kerzentisch gehen, wo Kerzen, Bücher und andere religiöse Gegenstände verkauft werden. Man man Bekannte begrüßen oder einem Geistlichen eine Frage stellen. Wenn Sie aber in eine Kirche kommen, wenn der Gottesdienst schon begonnen hat, sollten sie niemanden begrüßen und bis zum Ende des Gottesdienstes auch nicht sprechen.

Sie können Kerzen, die Sie gekauft haben, zu den Ikonen stellen, aber nur wenn man leicht zu den Kerzenständern gelangen kann. Wenn die Kirche überfüllt ist, ist es besser, die Kerzen weiterzureichen, wobei man die Ikone nennt, zu der man die Kerze stellen möchte. In der Regel steht vor jeder großen Ikone ein Kerzenständer. Auf einem Pult in der Mitte der Kirche liegt die Festtagsikone, auf der das gefeierte Ereignis dargestellt ist (z.B. die Auferstehung des Herren) oder ein Heiliger, dessen Gedächtnis die Kirche an diesem Tag begeht. Gehen sie nach Möglichkeit zuerst zu dieser Ikone, um sie zu küssen. Eine Ikone küsst man auf folgende Weise: Bekreuzigen Sie sich zweimal mit einer kleinen Verbeugung, küssen Sie die Ikone ehrfürchtig und bekreuzigen Sie sich danach noch einmal mit einer Verbeugung.

Wenn der Gottesdienst beginnt, sollten Sie den Platz einnehmen, an dem es für Sie angenehm ist zu beten. Während des Gottesdienst sollte man diesen Platz nicht verlassen.
Eine persönliche Anmerkung: Meiner Erfahrung nach wird zuerst die Christus- und dann die Muttergottesikone geküsst, danach erst der Festtagsikone(n).

LG
Walter
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Walter
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Orthodoxes Glaubensbuch

Beitrag von Walter »

Hier noch die Bilder zum oben zitierten Text:

Bild Bild
Bild Bild

Ich habe sie aus der Online-Version der russischen Originalausgabe:

Bild

Aus der deutschen Übersetzung sind zumindest Inhaltsverzeichnis und Geleitwort online einlesbar.

Viel Spaß beim Lesen! :mrgreen:
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viv
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Beitrag von viv »

@ nietenolaf

das kommt aber sehr salopp rüber: jenes kann nicht schaden und mach doch ... ist das wirklich so gleich_gültig ? ausserhalb des gottesdienstes?
oder ist es schlichtweg die unterscheidung orthodoxe - nichtorthodoxe?

dagegen dein hinweis auf den psalmvers tut wohl! da kann ich was mit anfangen! danke dafür.

@walter

vielleicht findet ja das buch mich?? ;)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Schau mal hier, Viv:

http://www.christlicher-osten.de

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Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

viv hat geschrieben:das kommt aber sehr salopp rüber: jenes kann nicht schaden und mach doch ... ist das wirklich so gleich_gültig ? ausserhalb des gottesdienstes?
oder ist es schlichtweg die unterscheidung orthodoxe - nichtorthodoxe?
Viv, was ist wichtiger, Etikette oder Gebet? Du kommst in die Kirche, um zu beten. Es hat nichts mit den Zeiten oder mit Nichtorthodoxen zu tun. Die Etikette lernst Du früh genug, wenn Du orthodox bist.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Hallo. Ich habe auch mal ein paar Fragen an unsere orthodoxen Kollegen.

Letztens kam eine Bericht im Fernsehen (man sieht beschämenderweise eine gewisse Tendenz bei meiner Informationsbeschaffung), der von altgläubigen Gemeinden in Russland handelte.

So gesellschaftlich gesehen erinnerte mich das sehr an Gruppen wie die Hutterer oder die Amish.

Aber wie ist denn deren Entstehung zu erklären? Im Bericht hieß es, diese hätten einige Reformen der Kirche im 17. Jht. (?) nicht mitgemacht. Als Beispiel wurde genannt die veränderte Bekreuzigung mit drei statt mit zwei Fingern.

Sind die Altgläubigen vielleicht die wahren Orthodoxen und ihr seid die Protestanten? :shock: Mal im Ernst, ihr habt doch schon öfter von der ungebrochenen Tradition der Orthodoxie geredet. Reformen gab es aber offensichtlich doch einige.

Wie steht denn die orthodoxe Kirche zu diesen Altgläubigen? Ähnlich wie wir zu unseren Protestanten (auch wenn sie zahlenmäßig sicherlich nicht so relevant sind)? Negativ? Positiv?
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Walter
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Beitrag von Walter »

HeGe hat geschrieben:Letztens kam eine Bericht im Fernsehen (man sieht beschämenderweise eine gewisse Tendenz bei meiner Informationsbeschaffung), der von altgläubigen Gemeinden in Russland handelte.

So gesellschaftlich gesehen erinnerte mich das sehr an Gruppen wie die Hutterer oder die Amish.

Aber wie ist denn deren Entstehung zu erklären? Im Bericht hieß es, diese hätten einige Reformen der Kirche im 17. Jht. (?) nicht mitgemacht. Als Beispiel wurde genannt die veränderte Bekreuzigung mit drei statt mit zwei Fingern.

Sind die Altgläubigen vielleicht die wahren Orthodoxen und ihr seid die Protestanten? :shock: Mal im Ernst, ihr habt doch schon öfter von der ungebrochenen Tradition der Orthodoxie geredet. Reformen gab es aber offensichtlich doch einige.

Wie steht denn die orthodoxe Kirche zu diesen Altgläubigen? Ähnlich wie wir zu unseren Protestanten (auch wenn sie zahlenmäßig sicherlich nicht so relevant sind)? Negativ? Positiv?
Die Altgläubigen sind (auch in ihren Vorwürfen) von katholischer Seite sehr gut mit den Piusbrüdern zu vergleichen: Es gibt Gespäche mit ihnen, letztendlich sind sie jedoch genauso eine Sekte (auch wenn man den Begriff laut Weltkirchenrat offiziell nicht mehr gebrauchen darf).
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Das folgende hab ich mal irgendwann (vor Jahren) geschrieben, deswegen bürge ich auf die Schnelle auch nicht für 100%ige Korrektheit bis ins Detail (ich bilde mich ja auch...). Ich hoffe, es trifft so halbwegs die Frage des guten HeGe; wo nicht, mögen die anderen "orthodoxen Kollegen" aushelfen. Ich muß gerade weg :)

Nietenolaf hat geschrieben:Vorweg: sie nennen sich selber "Altgläubige". Der Hl. Bischof Feofan der Klausner (Ende 19. Jhd.) erwähnt sie in mehreren seiner Homilien, und sagt (sinngemäß): "Sie sagen, bei uns sei alles neu. In Wahrheit ist bei ihnen alles neu, und bei uns alles alt." Sie heißen im offiziellen Sprachgebrauch "Staroobrjadtzy", das heißt soviel wie "Altritualisten", die nach dem alten Ritual den Gottesdienst Feiernden.

Hintergrund ist tatsächlich eine Reform: aber eine Reform zurück zum Ursprung. Durch Jahrhunderte der Trennung von der griechischen Kirche, hervorgerufen v.a. auch durch den Fall von Konstantinopel und die Hagarenenherrschaft dort, gab es lange Zeit keinen äußeren Maßstab, an dem sich die liturgischen Schriften zu orientieren hatten. Das heißt: die slawische Liturgie ist natürlich eine Übersetzung der griechischen, jedoch waren über die Jahre durch falsche Abschriften viele Ungenauigkeiten hineingekommen, die bei einer Überprüfung Unterschiede zum griechischen Original erkennen ließen. Das waren genau solche Dinge, wie sie oben angesprochen wurden: zweifaches (statt dreifaches) Halleluja bei den Kathismen, grammatische Ungenauigkeiten, das Bekreuzigen mit zwei Fingern, statt mit dreien, und so weiter. Im Wesentlichen betraf es aber die liturgischen Schriften und die Riten bei den Sakramenten. Diese Reform wurde durch den Patriarchen Nikon im Jahr 1653 angefangen.
Der Sinn der Reform war es also, die vorhandenen Schriften wieder dem Original anzugleichen. Solche Versuche gab es auch schon vorher, im 15. Jahrhundert zum Beispiel, aber sie waren nie so rigoros, so verbindlich und wurden deswegen vom Volk kaum wahrgenommen. 1653 kam eine vorerst noch nicht synodal bestätigte Anweisung des Patriarchen, die die Synode 1654 ratifizierte. Vielleicht war es dieses selbständige Vorab-Handeln des Patriarchen, wer weiß, aber es regte sich in manchen Gegenden Unmut gegen diese Reform: die Schriften würden verfälscht, der Sinn würde verdunkelt, man würde mit der Hl. Tradition brechen. Problematisch war auch, daß diese Reform von staatlicherseits auch unter Anwendung von Gewalt durchgedrückt wurde. (Politik mal wieder! In diesem Fall vor allem die Bojaren, die den Zaren mit der Kirche entzweien wollten, wurden zu den wichtigsten Aufwieglern gegen die Reform.)

Resultat war das "große russische" Schisma: ein Teil der Kirche machte die Reformen nicht mit. Sie wurden teilweise bekämpft, nicht eben auf die feine Art. Um 1800 wurden sie von der Russischen Kirche insofern "legalisiert", als daß sie nach den alten Schriften und nach altem Ritus Gottesdienst feiern konnten, solange sie sich der Hl. Synode unterstellten. Um 1905 erlangten sie die "völlige" Freiheit durch das Dekret über die Glaubensfreiheit, das Zar Nikolaus I. ausgab. Bekanntlich währte diese Freiheit nur 12 Jahre, dann ging es jeglicher Kirche in Rußland an den Kragen.
Die Altritualisten sind (noch vor 1800) weiter zerfallen, ähnlich wie der Protestantismus im Westen. Es gab zwei Hauptzweige, nämlich einen namens "Bezpopovtzy", das heißt übersetzt "die Popenlosen", denn sie hatten nach einiger Zeit keine Priester mehr: die alten starben, neue kamen nicht dazu; und sie hatten keinen Bischof, genau wie die Protestanten, konnten also keine Priester mehr weihen. Dann waren da noch die "Popovtzy", die also noch Priester hatten, aber frage mich nicht, woher. Beide Hauptströmungen zerfielen in noch ein gutes Dutzend anderer Gruppen.

Heute bleibt das bestehen, was die Kirche um 1800 verkündete, und was der Zar 1905 sicherstellte: die Altritualisten sind ein Teil der Russischen Kirche mit einer eigenen Hierarchie. Ihnen wird es gewährt, nach ihrem Ritus Gottesdienst zu feiern, ihre eigenen Priester auszubilden; ihnen steht ein Metropolit vor, sie haben kein eigenes Patriarchat.

Alles in allem hat die altritualstische Kirche keine große Bedeutung. Ihre Anhänger sind seeehr konservativ, schon bis zur Unsinnigkeit. Es fällt mir schwer, mir ein aussagekräftiges Bild zu machen, was genau sie vertreten, aber es klingt nicht selten "reaktionär": der Antichrist sitzt schon in Moskau und sonst überall, Bartschneiden ist unheilig, demonstratives Klammern an alte, wenn auch durch fehlerhafte Überlieferung entstandene Formen (z.B. das Bekreuzigen mit zwei Fingern; eine Sache, bei dem die Kirche großherzig genug war, es ihren Gläübigen auch zu gestatten).

Das allerbeste Stück Literatur, das ich je zum Leben der Altgläubigen gelesen habe, war übrigens von Nikolai Les(s)kow "Der versiegelte Engel". Eine herrliche, erbauliche, helle Geschichte, die ich unbedingt empfehle. Sie hat keine Theologie zum Inhalt, oder wenn, dann auf erzählende und erbauliche Form. Es geht dort um eine Gruppe Altgläubige, und wie die so gelebt haben (vermutlich Ende 19. Jhd.).


PS. Nehmt euch den Literaturtip am Ende zu Herzen. Ich bestehe drauf! :)
PPS, ein paar ihrer Eigenheiten: sie tragen keine Krawatten (denn sie betrachten das als Judasschlinge), sie scheren sich nie auch nur andeutungsweise die Bärte, sie lehnen gedruckte Ikonen ab, etc. - also HeGes Vergleich mit den Amish ist gar nicht so verkehrt. Es ist ein gutes Stück Ritual- und Aberglauben dabei.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Nietenolaf hat geschrieben:das Bekreuzigen mit zwei Fingern, statt mit dreien, und so weiter.
Dich wird nicht überraschen, dass der Metropolit der Altgläubigen, der in dem Bericht interviewt wurde, das auf biblische Quellen zurückführte und nicht auf Übersetzungsfehler. Er verwies v.a. auf die berühmte, alte Marienikone mit dem Jesuskind, wo dieser mit zwei Fingern eine segnende Geste macht.
Nietenolaf hat geschrieben:Resultat war das "große russische" Schisma: ein Teil der Kirche machte die Reformen nicht mit. Sie wurden teilweise bekämpft, nicht eben auf die feine Art. Um 1800 wurden sie von der Russischen Kirche insofern "legalisiert", als daß sie nach den alten Schriften und nach altem Ritus Gottesdienst feiern konnten, solange sie sich der Hl. Synode unterstellten. Um 1905 erlangten sie die "völlige" Freiheit durch das Dekret über die Glaubensfreiheit, das Zar Nikolaus I. ausgab.
Unterstellen sie sich heute noch der Hl. Synode? Auch die, die ohne Priester den Gottesdienst feiern? Kann ich mir ja kaum vorstellen.
Nietenolaf hat geschrieben:Die Altritualisten sind (noch vor 1800) weiter zerfallen, ähnlich wie der Protestantismus im Westen. Es gab zwei Hauptzweige, nämlich einen namens "Bezpopovtzy", das heißt übersetzt "die Popenlosen", denn sie hatten nach einiger Zeit keine Priester mehr: die alten starben, neue kamen nicht dazu; und sie hatten keinen Bischof, genau wie die Protestanten, konnten also keine Priester mehr weihen. Dann waren da noch die "Popovtzy", die also noch Priester hatten, aber frage mich nicht, woher.
Die erstere Gruppe war in dem ersten Teil des Berichtes zu sehen. Die verheirateten Frauen und auch ein Teil der anderen weigerten sich, sich überhaupt filmen zu lassen. Alles maschinelle war als sündhaft verboten. Bei der zweiten Gruppe ging das alles etwas moderner zu. Die hatten Fahrzeuge, Traktoren, etc. Dafür berichteten sie aber auch von der Problematik, dass die jungen Leute, die in Mischehen heirateten, aus ihrer Gruppe z.T. gehen würden.
Nietenolaf hat geschrieben:Heute bleibt das bestehen, was die Kirche um 1800 verkündete, und was der Zar 1905 sicherstellte: die Altritualisten sind ein Teil der Russischen Kirche mit einer eigenen Hierarchie. Ihnen wird es gewährt, nach ihrem Ritus Gottesdienst zu feiern, ihre eigenen Priester auszubilden; ihnen steht ein Metropolit vor, sie haben kein eigenes Patriarchat.
Aber, wie oben bereits gefragt, doch wohl nur die, die noch Priester haben? Die anderen scheinen doch wohl die Einheit der Kirche verlassen zu haben. Feiern die auch so etwas wie ein Abendmahl? Oder gibt es da nur "Wortgottesdienste"?
Nietenolaf hat geschrieben:Das allerbeste Stück Literatur, das ich je zum Leben der Altgläubigen gelesen habe, war übrigens von Nikolai Les(s)kow "Der versiegelte Engel". Eine herrliche, erbauliche, helle Geschichte, die ich unbedingt empfehle. Sie hat keine Theologie zum Inhalt, oder wenn, dann auf erzählende und erbauliche Form. Es geht dort um eine Gruppe Altgläubige, und wie die so gelebt haben (vermutlich Ende 19. Jhd.).
Werde ich mir merken. :ja:
Nietenolaf hat geschrieben:PPS, ein paar ihrer Eigenheiten: sie tragen keine Krawatten (denn sie betrachten das als Judasschlinge), sie scheren sich nie auch nur andeutungsweise die Bärte, sie lehnen gedruckte Ikonen ab, etc. - also HeGes Vergleich mit den Amish ist gar nicht so verkehrt. Es ist ein gutes Stück Ritual- und Aberglauben dabei.
Krawatten? Judasschlinge? Weil er sich aufgehängt hat oder wie?

Ansonsten schonmal Danke für die Informationen.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Es unterstellt sich nur ein kleiner Teil der Synode: die es tun, sind volle Glieder der Kirche.
Alle Bespopowzy (die in der Tat keine Liturgie feiern und in unzählige Sekten von einem zum Teil ins Groteske verzerrten Christentum) und zwei Popowzy-Glaubensgemeinschaften halten die kanonischen Orthodoxen für Häretiker ("Nikonianer") und haben außerdem keine eucharistische Gemeinschaft untereinander. Eine Popowzy-Gemeinschaft hat letztes Jahr einen Patriarchen gewählt.
Sie alle gingen zuerst drauf ein, von der apostolischen Sukzession abzufallen.
Popowzy haben allerdings eine Weile "entlaufene Priester" aus der offiziellen Kirche eingesetzt und somit ihre Weihen anerkannt. Doch mußten diese Priester ihren "nikonianischen Häresien" abschwören. Es handelte sich meist um heruntergekommene Priester, denen Maßregelungen drohten und die auf diese Weise davor flüchteten.
Dann schaffte es ein Teil der Popowzy, einen griechichen gemaßregelten Bischof (er durfte keinen Gottesdienst abhalten) dazu zu überreden, bei ihnen mitzumachen. Er wurde von seinem Nikonianertum (die Griechen lebten ja nach dem Ritus, den die Altritualisten bekämpften) "gereinigt" und begründete eine Hierarche.
Ein Teil der Popowzy hat ihn nicht akzeptiert (da ihm das Gottesdienstabhalten verboten war) und bediente sich weiterhin der "entlaufenen Priester".
Sie schafften es aber, in den nachrevolutionären Wirren einen Bischof auf ihre Seite zu ziehen. Er war zu jenem Zeitpunkt nicht gemaßregelt.
Genau diese Gruppe hat letztes Jahr "das Patriarchat wiederhergestellt".
Zuletzt geändert von Alexander am Montag 4. September 2006, 13:07, insgesamt 1-mal geändert.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Du scheinst sie ja nicht besonders zu mögen. ;) Aber wenn sie die apostolische Sukzession und die Kirche verlassen, kann man das auch verstehen.

Und man sieht, dass genau wie bei unseren Protestanten stets die Folge ist, dass ohne eine klare Struktur und ein einheitliches Lehramt, immer wieder neue Abspaltungen entstehen. Ohne gewisse autoritäre Strukturen lässt sich eine Gemeinschaft nicht lange zusammenhalten.

Ich muss zugeben, dass mich bei solchen Gruppen die radikale Lebensweise immer fasziniert. Aber so kann man auch innerhalb der Kirche leben und muss nicht gleich mit ihr brechen.
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Falk
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Beitrag von Falk »

Auch ich hätte da mal eine Frage zur Orthodoxie.
Ich habe mich zuvor jetzt zwar durch alle Seiten dieses Threads und mehrere des Gottesdienst-Threads gelesen, bisher jedoch nichts gefunden, was meine Frage beantworten würde.
Falls ich's übersehen habe, bitte ich um Nachsicht bzw. einen entsprechenden Hinweis, wo ich die Antwort finden könnte.

Also es geht mir um folgendes:

In der römisch-katholischen Kirche wird ja die Überzeugung vertreten, dass es immer wieder Veränderungen in Liturgie und Lehre geben kann (wobei natürlich die Glaubens-Substanz gewahrt bleiben muss).

Das, was ich bisher über die orthodoxe Kirche gehört und gelesen habe, scheint dieser Auffassung jedoch zu widersprechen, denn schon die Bezeichnung "Göttliche Liturgie" und die Behauptung, dass sie seit 1000 Jahren unverändert geblieben sei, sowie auch die Ablehnung der römisch-katholischen "Sonderentwicklungen" in der Glaubenslehre, die es ab dem 2. Jahrtausend gab, lässt den Eindruck entstehen, dass die Orthodoxen Liturgie und Glaubenslehre gewissermaßen seit 1000 Jahren konserviert haben und dies auch als eindeutigen Pluspunkt gegenüber der wandelbaren römischen Kirche ausweisen.

Wenn dem aber so ist, müsste man doch davon ausgehen, dass die Orthodoxen zumindest im 1. Jahrtausend christlicher Zeitrechnung sehr wohl eine Entwicklung und demzufolge auch Veränderungen in Liturgie und Glaubenslehre anerkennen.

Wie erklärt sich also aus orthodoxer Sicht, dass es - vereinfacht gesagt - 1000 Jahre lang Veränderungen in Liturgie und Lehre gab, ab da dann aber bis heute nicht mehr?

Oder habe ich da etwas falsch verstanden, wenn die Sache bei mir so wie beschrieben rüberkam?

Gruß
Falk

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Falk hat geschrieben:...Veränderungen in Liturgie und Glaubenslehre...
Falk, wahrscheinlich hast Du es falsch verstanden, oder es wurde Dir falsch nahegebracht.

Nicht verändert in der Orthodoxie ist der Glaube - es ist derselbe Glaube, wie ihn die Apostel hatten. Es gab im ersten Jahrtausend auch keine Änderung daran.

Die Liturgie als Ausdruck, als Frucht dieses einen Glaubens ist insofern ebenso unverändert, als daß sie von Anfang an dieselbe Wahrheit offenbart, denselben Himmel auf dieselbe Erde herabführt und die Menschen, ja die ganze Welt verklärt. Die Liturgie war und ist die lebendige Orthodoxie, d.h. in der Liturgie wird hymnographisch, ikonographisch, in den diversen Handlungen und überhaupt in allem kirchlichen Bräuchen alles das symbolisch ausgedrückt, was die Kirche glaubt. Insofern ist die Liturgie also eine und dieselbe vom Anbeginn der Zeit. Es ist also nicht egal, ob man den Glauben ändert oder nicht. Das Maß für Orthodoxie ist die Liturgie; sie ist der Moment, in dem durch den Schlüssel des Glaubens das Tor zum Himmelreich geöffnet wird.

Einzelne Handlungen - oft schnellfertig als "Rituale" bezeichnet - sind symbolische Elemente, die den Glauben der Kirche an die eine oder andere ewige, unvergängliche Wahrheit repräsentieren. Diese Handlungen können sich in ihrer Form ändern, ohne dadurch einen anderen Glauben zu repräsentieren. Die symbolische Handlung bestimmt nicht den Glauben, sie "bewirkt" in dem Sinne nichts - es gibt kein "ex opere operato". Sie inkarniert auf die eine oder andere Weise eine jenseitige, unveränderliche Realität.

Diese einzelnen Handlungen sind über die Jahrhunderte natürlich geändert worden. Es ist unzutreffend zu sagen, es habe nach dem 1. Jahrtausend keine Änderung in der Liturgie - an ihren symbolischen Elementen - gegeben. Es gibt heute auch gewisse "innerorthodoxe" Unterschiede, die sich bis ins Zentrum der Liturgie, also die Epiklese, hineinziehen; dort gibt es Änderungen, die nicht älter als 500 Jahre sind (z.B. den Troparion der dritten Hore nach dem Gebet der Epiklese, den es nur noch in den slawischen Liturgien gibt).

Ein aufmerksames (und, ich muß zugeben, dahingehend geschultes) Auge sieht aber in der modernen orthodoxen Liturgie immer noch all das, was es schon zu den Zeiten der Apostel gegeben hat: den Einzug des Bischofs, die Vorbereitung und Auswahl der Gaben durch die Geistlichen, wonach diese auf den Altar gebracht werden, die Belehrung, das Sakrament, das gemeinsame Mahl. Damit verquickt die symbolischen Handlungen, welche die Heilsgeschichte, die bei der Liturgie immer präsente jenseitige Welt der körperlosen Mächte, Jesu Christi Selbst versinnbildlichen. Alles da, alles nachvollziehbar und klar, organisch präsent in einer symbolischen Form. Wir glauben, daß während der Liturgie "die himmlischen Kräfte unsichtbar mit uns dienen, denn der König des Ruhms tritt herbei" - so in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben des hl. Gregorios Dialogos. Derselbe Glaube - dieselbe Liturgie.
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Falk
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Beitrag von Falk »

Nietenolaf hat geschrieben:
Falk hat geschrieben:...Veränderungen in Liturgie und Glaubenslehre...
Falk, wahrscheinlich hast Du es falsch verstanden, oder es wurde Dir falsch nahegebracht.

Nicht verändert in der Orthodoxie ist der Glaube - es ist derselbe Glaube, wie ihn die Apostel hatten. Es gab im ersten Jahrtausend auch keine Änderung daran.

Die Liturgie als Ausdruck, als Frucht dieses einen Glaubens ist insofern ebenso unverändert, als daß sie von Anfang an dieselbe Wahrheit offenbart, denselben Himmel auf dieselbe Erde herabführt und die Menschen, ja die ganze Welt verklärt. ... Insofern ist die Liturgie also eine und dieselbe vom Anbeginn der Zeit. ..
Ein aufmerksames (und, ich muß zugeben, dahingehend geschultes) Auge sieht aber in der modernen orthodoxen Liturgie immer noch all das, was es schon zu den Zeiten der Apostel gegeben hat: .... Derselbe Glaube - dieselbe Liturgie.
Hallo Nietenolaf,

erst mal vielen Dank für deine ausführliche Antwort auf meine Frage.
Nun ist es ja aber durchaus auch Überzeugung der römisch-katholischen Kirche, dass ihr Glaube immer noch der Glaube der Apostel ist und auch die Liturgie von heute alles Wesentliche enthält, was es schon zu den Zeiten der Apostel gegeben hat.
Alle Änderungen die es gab - und bei den "Änderungen" in der Glaubenslehre spricht man ja folgerichtig auch nur von Entfaltung und Erhellung dessen, was einschlussweise schon immer darin enthalten war - haben also aus dieser Perspektive an der Substanz des apostolischen Glaubens nichts verändert.
Trotzdem scheint bei den Orthodoxen diese Entwicklung von Liturgie und Glaubenslehre mit dem ersten Jahrtausend irgendwie als abgeschlossen angesehen zu werden, denn man erkennt ja beispielsweise auch nur die ersten 7 Konzilien an, was wiederum bedeutet, dass man die auf diesen Konzilien gefassten Beschlüsse noch als legitime Entwicklung ansieht, die nötig war, weil sich die Apostel eben zu ihrer Zeit noch nicht so konkret zu den dort behandelten Themen geäußert haben!?

Aus römisch-katholischer Sicht ging es nun aber in gleicher Weise auch nach Vollendung des 1. christlichen Jahrtausends weiter - aus orthodoxer Sicht hingegen ist das - wenn ich richtig verstehe - jedoch nicht so, sondern die weiteren Entwicklungen werden ja größtenteils als Abirrung vom richtigen Glauben bewertet!?

Somit scheint die orthodoxe Sichtweise also doch irgendwie davon auszugehen, dass es nur im ersten Jahrhundert eine legitime Entwicklung bzw. Entfaltung der Glaubenslehre sowie der sie zum Ausdruck bringenden Liturgie gab, ab dem 2. Jahrtausend dann jedoch nicht mehr. Oder?

Viele Grüße
Falk

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Falk hat geschrieben:Oder?
Oder. Es gibt nur die sieben Oekumenischen Konzilien, sprich bis Nikaia des Jahres 787, denn das hängt mit der Charakteristik dessen zusammen, was genau ein Oekumenisches Konzil ist. Dazu zweierlei: zum Einen sind die Oekumenischen Konzilien jene Konzilien gewesen, die unter der Schirmherrschaft des Imperators standen und deren Beschlüsse im Römischen Reich (vulgo Byzanz) als Gesetz galten. Dazu muß man verstehen, was genau mit "Oikumene" gemeint ist. Nimm als Beispiel die Konzilien gegen Paulos Samosata in Antiochien (264 bis 269 a.D.): auf ihnen waren ziemlich viele Bischöfe präsent, Repräsentanten der Cathedrae von Rom, Alexandria, etc., aber diese Konzilien zählen nicht als Oekumenische, obwohl wir heute beide, Falk, den Dynamismus (resp. Adoptianismus) als Häresie ablehnen, man muß also meinen, auch diese Konzilien seien "Oekumenisch" gewesen. Sie haben diese Bezeichnung aber nicht.

Zum Anderen sind die Oekumenischen Konzilien eng verbunden mit dem System der Patriarchalkirchen. So, wie die Lokalkonzilien sich mehr oder weniger auf die Institution der Metropoliten stützte, so stützen sich die Oekumenischen Konzilien auf die Patriarchen; beziehungsweise, sie gehen Hand in Hand, man kann sehen, daß das eine das andere bedingt. Ein Oekumenisches Konzil ist nicht denkbar ohne das Einvernehmen aller Patriarchen. Nachdem Rom sich von der Kirchengemeinschaft mit den Ostkirchen getrennt hatte, war kein Oekumenisches Konzil mehr möglich, weder im Osten, noch im Westen; siehe wieder die eigentliche Bedeutung von "Oikumene"! Ohne das Einvernehmen aller Patriarchen kann es kein Oekumenisches Konzil geben, so dachte die alte Kirche. Das Schisma auf Patriarchenebene beendete die Ära der Ökumenischen Konzilien.

Wenn Du das jetzt so interpretierst, als habe es in der Orthodoxie deswegen keine Fortschritte im theologischen Denken gegeben, so ist dies natürlich unzutreffend. Es gab ja weiterhin Konzilien, auf denen wichtige Regelungen getroffen wurden. Beispielsweise die Verurteilung des Humanismus im 14. Jahrhundert (dazu hier ein geschichtlicher Abriß; das abschließende Konzil zu diesem Thema im Jahr 1351 könnte man theoretisch auch "Oekumenisch" nennen) oder die Verurteilung des Phyletismus anno 1872; diese sind genauso gültig und verbindlich, wie die oben erwähnte Verurteilung des Adoptianismus, welche ja auch nicht auf einem Oekumenischen Konzil geschah.

Es gibt keine Beschränkung auf's erste Jahrtausend. Ganz im Gegenteil ist es ja die Römische Kirche, die die Epoche der Kirchenväter als abgeschlossen ansieht. Diese Meinung gibt es in der Orthodoxie nicht. Man kann große Kirchenväter ohne Probleme auch im zweiten Jahrtausend ausmachen, nehmen wir als Beispiel die hll. Symeon der Neue Theologe oder Gregorios Palamas. Die Orthodoxie lebt, wir haben nur das Verständnis der alten Kirche davon bewahrt, was "Oekumenische Konzilien" sind.
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Beitrag von holzi »

Nietenolaf hat geschrieben:Zum Anderen sind die Oekumenischen Konzilien eng verbunden mit dem System der Patriarchalkirchen. So, wie die Lokalkonzilien sich mehr oder weniger auf die Institution der Metropoliten stützte, so stützen sich die Oekumenischen Konzilien auf die Patriarchen; beziehungsweise, sie gehen Hand in Hand, man kann sehen, daß das eine das andere bedingt. Ein Oekumenisches Konzil ist nicht denkbar ohne das Einvernehmen aller Patriarchen. Nachdem Rom sich von der Kirchengemeinschaft mit den Ostkirchen getrennt hatte, war kein Oekumenisches Konzil mehr möglich, weder im Osten, noch im Westen; siehe wieder die eigentliche Bedeutung von "Oikumene"! Ohne das Einvernehmen aller Patriarchen kann es kein Oekumenisches Konzil geben, so dachte die alte Kirche. Das Schisma auf Patriarchenebene beendete die Ära der Ökumenischen Konzilien.
Jetzt nur mal so als Gedankenspiel: wenn - sagen wir mal Bendedikt XVI., lateinischer Patriarch von Rom zu einem Konzil auch die anderen vier Patriarchen (Konstantinolpel, Antiochien, Jerusalem und Alexandria - soweit ich das noch im Kopf habe) einladen würde und diese kämen, dann wäre das wieder ein ökumenisches Konzil? Das mit der Schirmherrschaft des Imperators werden wir aber wohl nicht so leicht hinkriegen.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Der Imperator ist nicht konstituierend für ein ökumenisches Konzil (das Apostelkonzil in Jerusalem klappte ohne ihn), er sorgte dafür, daß alle gerufenen kommen und die Beschlüsse durchgesetzt werden.
Die Patriarchen sind nicht ausreichend, holzi. Ökumenische Konzilien waren keine Patriarchenkonferenzen.
Ein weiteres Problem: auf den Konzilien wurde nicht einfach beratschlagt und durch einfache Mehrheit entschieden, es wurden zuweilen Irrlehrer gerichtet und verurteilt, ohne unbedingt gleichberechtigt zu sein.
Ein ökumenisches Konzil wäre auch nur möglich, wenn davon ausgegangen wird, daß jeder Bischof, auch der von Rom, der Gerichtbarkeit durch das Konzil untersteht.
Zuletzt geändert von Alexander am Dienstag 30. Mai 2006, 12:13, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
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laß die Furcht
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Beitrag von holzi »

Alexander hat geschrieben:Ein ökumenisches Konzil wäre auch nur möglich, wenn davon ausgegangen wird, daß jeder Bischof, auch der von Rom, der Gerichtbarkeit durch das Konzil untersteht.
O.K., das bedarf dann aber größerer Vorarbeiten, um zu verhindern, dass sich die Anhänger von Athanasius2 zuerst mal mit den "Photianern" kloppen wollen und die Athosfraktion den "Häretischen Papisten" eins auf's Maul geben wollen.
Wird wohl schwierig, aber man sollte das als Ziel anstreben! (Das Konzil natürlich, nicht die Streitereien! :ja: )

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Was genau bedeutet "Moleben"

Beitrag von holzi »

Hallo,

ich bin mehrere Male über das Wort "Moleben" gestolpert und hab mittlerweile soviel rausgekriegt, dass das eine Art "Andacht" (so sagen wir Lateiner zumindest) ist. Heisst es eigenlich der/die oder das Moleben?

In Erwartung der folgenden Erleuchtung harrend
Schönes Wochenende
Holzi

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