Ich versuche mal, das römisch-katholische Messopferverständnis der traditionellen Lehre gemäß kurz aufzuzeigen, so viel ich davon kapiert habe, und womöglich etwas holprig und "blumig"...:
Die Messe ist in ihrem eucharistischen Teil (Feier von Brot und Wein) selbst Opfer, allerdings kein selbstständiges, absolutes Opfer, sondern ein abhängiges, relatives Opfer wegen dessen Identität mit dem Kreuzesopfer Christi. In der Messe handelt in Liebeshingabe derselbe Opferpriester wie damals am Kreuz, nämlich Christus, und dieselbe Opfergabe wird gegenwärtig, nämlich Leib und Blut Christi im Zustand des Geopfertseins – allerdings nun in unblutiger, verklärter Weise und zudem nicht in seiner eigenen Erscheinungsweise, sondern in jenen des verwandelten Brotes und Weines. Also keine „Wiederholung“ des damaligen Opfers, sondern dessen Gegenwärtigsetzung.
Das Kreuzesopfer, die Liebeshingabe Christi wird gegenwärtig, Christus selbst ist gegenwärtig – der Gott und Mensch, ehemals das Kind in der Krippe, später der Gekreuzigte, dann der Auferstandene und Lebendige. Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Er, der Auferstandene und Lebendige, gibt sich in der Messe hin, vergegenwärtigt sein Kreuzesopfer von damals – und für die versammelte Gemeinde ist es daher mehr als ein Gedenken an ein vergangenes Ereignis am Kreuz, sondern ihr Gedächtnis an damals ist untrennbar verknüpft mit der aktuellen Gegenwärtigsetzung dieses damaligen Ereignisses. Das Kreuzesopfer wird gegenwärtig gesetzt, und die Gemeinde antwortet darauf: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir.“ Das damalige und einmalige Opfer wird heilig-erhabene und reale Gegenwart, die Gemeinde feiert diese Gegenwart im Gedächtnis an das damalige und einmalige Opfer.
Das Messopfer ist die der Kirche gewährte Gnade, sich die Kreuzeshingabe Christi hier und jetzt schenken zu lassen, um sie selbst zu ergreifen und für ihren Teil nachzuvollziehen, was Christus an ihrer Statt bereits getan hat
Die Messe ist also einerseits nicht nur symbolische Vergegenwärtigung und Ins-Gedächtnis-Rufung des Kreuzesopfers unter den Zeichen von Brot und Wein, sondern tatsächliche, reale Vergegenwärtigung, sakramentale „Aktualisierung“ des am Kreuz ein für allemal dargebrachten und „allgenugsamen“ Opfers Christi als Inbegriff der in Christus gekommenen Erlösung und von daher selbst erlösendes Opfer. Die Messe ist andererseits eben kein selbstständiges, sondern ein relatives Opfer, aber doch ein tatsächliches, wahres Opfer: Die Liebeshingabe Christi am Kreuz, das einmalige Kreuzesopfer, „lebt“ hier und jetzt inmitten der Gemeinde auf.
Diese Vergegenwärtigung vermehrt als solche auf keinen Fall den Wert des (im vollen Wortsinn) einmaligen Kreuzesopfers Christi, schmälert also keinesfalls das erlösende Handeln Christi am Kreuz – sie hängt ja voll und ganz vom Kreuzesopfer ab.
Dennoch: Das Messopfer hat durchaus einen zusätzlichen Wert, einen Eigenwert, in zweierlei Hinsicht:
1.) Als vergegenwärtiges Kreuzesopfer und wahres, tatsächliches Opfer ist es ein Sühn-Opfer für Lebende und Verstorbene, denen die heilbringende Kraft des Kreuzesopfers Christi auf diese Weise konkret zugewendet ist. Dieser (Eigen-)Wert des Messopfers ist unabhängig von der versammelten Gemeinde und zugleich ein abhängiger, relativer Wert insofern, als er nichts anderes ist als „aktueller Ausfluss“ des einmaligen Eigenwerts des Kreuzesopfers.
2.) Außerdem hat das Messopfer einen weiteren Eigenwert, der vom Opfer Christi bzw. dessen Vergegewwärtigung verschieden ist und an die versammelte Gemeinde gebunden ist und durch deren „Mitopfer“, deren objektive und subjektive Anteilnahme an Werk und Opfer Christi charakterisiert ist (insofern dann doch wieder Bezug hat zu Christi Opfer). Objektiv besteht das Opfer der Kirche in der Darbringung des Herrenleibes, der durch die Trennung der Gestalten von Brot und Wein als im Zustand der Opferhingabe gekennzeichnet ist. Dieses objektive Opfer der Kirche wird „komplettiert“ durch die subjektive Opferhingabe der Versammelten, durch das persönliche Eingehen in die Gesinnung Christi, also z. B. im Sinne der „Verherrlichung Gottes“, des Lobes und Dankes, der Bitte und Sühne.
Im Opfer-Mahl, das dem Opfer folgt, wird der Gekreuzigte und Auferstandene, der Christus der Liebeshingabe, empfangen.
Uli
www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm