Der Dialogprozess in Paderborn:
Die Anfrage:
Hochwürdiger Herr ….
ich bin Katholik im EB Paderborn, …..
Ich verfolge aufmerksam die Geschehnisse rund um die sog. „Pastoralwerkstatt“ d.h.. im Besonderen Veröffentlichungen darüber.
Auf der Webseite
http://www.pastoralwerkstatt.de finden sich nunmehr „Ergebnisse“ der dreitägigen Tagung, die vor kurzem in Heinz-Nixdorf-Forum in Paderborn stattgefunden hat.
Ich habe diese Ergebnisse (Tafeltexte der Arbeitsgruppen und die Empfehlungen aus den „Erkenntnisorten“) durchgesehen, da tauchen u.a. folgende Stichpunkte auf: (von mir wahllos herausgegriffen):
• Gemeindeleitung durch Laien
• Soziale Notlagen
• Fundraising
• Diakonat der Frauen (ohne Weihe „zweiter Klasse“)
• Entwicklung einer Kirchenapp (wörtlich: mit einer sexy Oberfläche!)
• Finanzielle Versorgung, Mittelbereitstellung durch das EB (fast auf jedem Tafeltext!)
• Persönlicher Referent für jeden PV-Leiter (ohne Verwaltungsaufgaben) !
• Pressereferent für jedes Dekanat
• Nutzung von Kirchenräumen zu außerkirchlichen Veranstaltungen
• In jeder Kirche bleibt eine Zone der kirchlichen Nutzung vorbehalten
(Was soll das sein: Der Altar und drei Meter im Umkreis?)
• Liturgische Nutzung hat im Zweifel Vorrang (Immerhin, möchte man geradezu sagen, welche Zweifel bestehen denn?)
• Es tauchen die Begriffe HA/EA als Pseudonym für hauptamtliche/ ehrenamtliche Mitarbeiter auf (Von Priestern oder Klerus ist
überhaupt nicht die Rede)
• Leiter von PV/PR sind auf Zeit zu wählen.
Aktives Wahlalter ab 14.
• IT-Spezialisten für jedes Pfarrbüro
Um nur einige Punkte wahllos herauszugreifen.
Hingegen tauchen folgende Begriffe, die mir seit meiner Kindheit in fester Beziehung zur katholischen Kirche geläufig sind und die ich dort eher erwartet hätte, überhaupt nicht auf:
• Glaube, Hoffnung. Liebe
• Frömmigkeit
• Heilige Messe
• Altarssakrament
• Kommunionvorbereitung
• Rosenkranzgebet
• Vesper
• Homilie
• Taufe, Beichte, Leib Christi, Firmung, Ehesakrament, Priesterweihe, Krankensalbung
• Requiem
• Ewiges Leben
• Priesterstand, Priesterbild, Berufung
(Auch nur Beispiele)
Daher möchte Ich Ihnen die folgenden Fragen stellen:
1. Gehe ich Recht in der Annahme, daß ich mich im EB Paderborn zukünftig auf kirchliches Leben in einer Form einzustellen habe,
wo diese Begrifflichkeiten nicht mehr existieren, evtl. auch gar nicht mehr benötigt werden ?
2. Ist die Kirche im EB Paderborn in der „Perspektive 214“ als eine Art Sozialverein zu sehen, bzw. wendet sie sich dorthin, der bei
sozialen Notlagen möglichst umgehend Abhilfe schafft, der dazu Fundraising betreibt, der jedem Mitarbeiter/jeder Mitarbeiterin
jedes erdenkliche oder gewünschte finanzielle und/oder logistische Mittel bereitstellt nach dem Motto „Nice to have“ ?
Dann werde ich wohl besser evangelisch.
Dort gibt es das alles, was hier gefordert ist: Es ist seit 5 Jahrhunderten dort erprobt und „bewährt“. Alternativ kann ich auch zu den Piusbrüdern gehen: Dort muss ich nur bereit sein, das andere Extrem zu tolerieren.
Von dem, was katholischer Glaube ist, haben Sie und Ihre Veranstaltung sich aber offensichtlich weit entfernt. Und damit ist die ganze Veranstaltung ein völlig ausser Kontrolle geratenes, unkatholisches Event und ungeeignet, die anstehenden Probleme auch nur zu benennen, geschweige denn zur Lösung zu führen.
Es ist bedauerlich, daß Kirchensteuern dazu dienen müssen, ein derartiges „Wohlfühlfest“ für ein paar handverlesene Ehrenamtliche ohne praktischen Nutzen zu finanzieren.
Stattdessen wurde hier in drei Tagen imho eine Flut von geradezu unsäglichen und unerträglichem „Pastoralsprech“ und Bildern von einer „Wohlfühlveranstaltung mit Ringelpiez“ produziert.
Dieses wurde dann zu „Erkenntnissen“ deklariert, mit dem der Normalgläubige schlichtweg nichts mehr anfangen kann. Ob die Beteiligten selbst daraus einen sinnvollen Nutzen ziehen können, ist für mich ebenfalls fraglich, aber da mögen die Auffassungen verschieden sein. Wahrscheinlich bin ich von diesen Beteiligten nur zu weit entfernt.
Und über die „Ergebnisse“ beweihräuchert man sich nun auch noch selbst und öffentlich im Internet. Ich halte das für außerordentlich bedauernswert und der Aussenwirkung der Kirche für nicht zuträglich.
Ich jedenfalls möchte, solange es mir möglich ist, an Sonntagen und kirchlichen Feiertagen weiterhin die katholische Messfeier besuchen, der ein Priester vorsteht. Dafür bin ich bereit, bei schrumpfender Zahl von Priestern und Gläubigen auch einen entsprechenden Anfahrweg in Kauf zu nehmen.
Von einer Kirche als Sozial- und Wohlfühlverein halte ich nichts.
Mit freundlichen Grüßen
Die Antwort
Sehr geehrter Herr ….
Ihre Mail bzgl. der Pastoralwerkstatt hat mich gerade erreicht. Auf Ihre beiden Fragen kann ich Ihnen ganz einfach antworten: Nein.
Was die "Perspektive 214" insgesamt angeht: Lesen Sie bitte die Hirtenbriefe unseres Erzbischofs, seine diesjährige Liboripredigt, die Tagungsunterlagen für die Pastoralwerkstatt und den öffentlich zugänglich gemachten geplanten Weg zu den diözesanen Rahmenbedingungen für künftiges pastorales Handeln in einem Zusammenhang mit dem Auftrag an die Pastoralwerkstatt.
Erlauben Sie mir zwei Anmerkungen zu Ihrer Mail:
1. Ich verstehe nicht, wie Sie auf die in Ihren beiden Fragen versteckten Annahmen kommen.
2. Ich bitte Sie, sich mir gegenüber für Ihre von mir als herabsetzend empfundenen Aussagen zu meinem Glauben und meiner Tätigkeit für den Erzbischof zu entschuldigen.
Herzliche Grüße aus Paderborn,
fazit:
Der Mann versteht meine Fragen zwar nicht, weiss aber, daß ich mich dafür entschuldigen muss. Na ja.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)