Zum von Gamaliel angesprochenen ordentlichen Lehramt: Wir finden die Lehre der Begierdetaufe bei den Vätern und Päpsten stets gelehrt. Ich zitiere aus dem Lehrbuch der Dogmatik von Bartmann:
Die Begierdetaufe ist das aus vollkommener Liebe und Reue hervorgehende Verlangen nach der Taufe, deren sakramentaler Empfang physisch oder moralisch unmöglich ist. Nach dem Tridentinum kann man nur durch die Sakramente oder durch das Verlangen nach ihnen gerechtfertigt werden (sess. VII, de sacr. in gen. can. 4).
Die Schrift verheißt wiederholt auf Grund der Liebesreue die Rechtfertigung oder die Gabe des Heiligen Geistes, ohne eine andere Vorbedingung zu fordern. "Ich liebe die, welche mich lieben" (Spr 8, 17). "Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt, und ich werde ihn lieben und mich selbst offenbaren" (Jo 14, 21). "Du sollst den Herrn deinen Gott lieben usw. Tue das, und du wirst leben" (Lk 10, 27--28). "Ihr sind viele Sünden vergeben worden, weil sie viel geliebt hat" (Lk 7, 47). Der Zöllner ging "gerechtfertigt" nach Hause (Lk 18, 14). "Die Liebe ist aus Gott, und jeder der liebt, ist aus Gott geboren" (1 Jo 4, 7). Ausdrücklich bezeugt Petrus von Kornelius, daß dieser den Heiligen Geist empfangen habe, bevor er die Taufe empfing (Apg 10, 47; vgl. 44). Paulus lehrt: "Die Erfüllung des Gesetzes ist die Liebe" (Röm 13, 10).
Väter. Sie eifern freilich vielfach gegen den weit eingerissenen Mißbrauch, die Taufe bis auf das Totenbett zu verschieben und sich mit der bloßen Begierdetaufe zu begnügen. Gregor von Nazianz meint, wer sich hier mit dem Verlangen nach der Taufe begnüge, müsse es dort auch mit dem Verlangen nach der Seligkeit (Orat. 40, 23). Augustin stellt zwar den Kornelius als Beispiel der Begierdetaufe hin, erinnert aber daran, daß er gleich darauf auch die Wassertaufe empfangen habe, und daß niemand sei, sei er auch innerlich noch so sehr fortgeschritten, diese verachten dürfe. Habe sie doch Christus selbst aus Demut und uns zum Beispiel empfangen (De bapt. 4, 22; vgl. In Io. 4, 13 u. 13,7).
Aber wenn ein wirklicher Notfall und keine sträfliche Nachlässigkeit vorliegt, wird dem ernstlichen Verlangen nach der Taufe rechtfertigende Kraft zugeschrieben. So sagt Ambrosius in der Trauerrede auf Valentinian II., welcher als Katechumen in Gallien starb: "Ich höre, daß ihr Trauer darüber empfindet, daß er das Sakrament der Taufe nicht empfangen hat. Saget mir, was anders ist in uns als der Wille, als die Bitte? Nun aber hat er längst schon das Verlangen gehabt, daß er, bevor er nach Italien käme, von mir getauft sein wollte, und er meinte, mich dadurch vorzüglich zu größerer Eile zu veranlassen. Sollte er also die Gnade nicht haben, die er begehrt hat, sollte er sie nicht haben, die er verlangt hat? Sicher, wer bittet, der empfängt" (De obit. Valent. 51; M 16, 1374).
Die Scholastik übernahm die Lehre von der Begierdetaufe von den Vütern und bildete sie weiter aus. Bernhard verteidigte sie gegen Abälard. Er beruft sich auf Ambrosius und Augustin und glaubt, daß "durch den bloßen Glauben und das Verlangen nach der Taufe der Mensch könne gerechtfertigt werden" (Ep. 77, 8). Ihm folgt Hugo von St. Viktor. Alexander von Hales prägt den Terminus baptismus flaminis. Innozent III. erklärt, daß sich im Notfall niemand selbst taufen könne, aber durch seinen Glauben an das Sakrament, wenn auch nicht durch das Sakrament des Glaubes, gerettet werde (Schwane III² 616. Schanz 268f). Thomas schreibt: "Wenn der Erwachsene die Taufe aus Verachtung nicht empfängt, kann er nicht selig werden. Wenn aber die Taufe der wirklichen Spendung nach fehlt, jedoch begehrt wird und nicht vollzogen werden kann, weil der Tod zu frühe eingetreten ist, so kann das Heil erreicht werden wegen des Verlangens nach der Taufe, das vom Glauben kommt, welcher durch die Liebe wirkt." Er zitiert dann Ambrosius (S. th. 3, q. 68, a. 2). Auch das Tridentinum lehrt, daß die Rechtfertigung entweder durch das Bad der Wiedergeburt oder durch das Verlangen nach demselben geschehen müsse (sess. VI, c. 4; Denz. 796 [678]; vgl. sess VII, de sacram. in gen. can. 4; sess. XIV, c. 4; Denz. 847[729] 898 [778]).
Diese soeben vorgetragene Wirkung der Begierdetaufe wird heute allgemein als sichere Lehre von den Theologen verteidigt. Allerdings ist die Tatsache des Empfanges nicht so leicht festzustellen als bei den anderen Taufen, der des Wassers oder der des Blutes. Zur äußeren Kirche können die durch das Verlangen Getauften meist nicht gerechnet werden; den christlichen Charakter empfangen sie nicht. Daher begreift sich auch die etwas rigorose Disziplin in der spanischen und römischen Kirche während der ersten fünf Jahrhunderte, die Katechumenen und Büßer, wenn sie vor der Taufe oder Rekonziliation gestorben waren, von den öffentlichen Gebeten auszuschließen. Noch verdient bemerkt zu werden, daß auch derjenige, der bereits vor der Taufe durch die vollkommene Liebe gerechtfertift wurde, wenn er später das Sakrament empfangen kann, auch (necessitate praeepti) verpflichtet ist, es zu empfangen; unterläßt er dieses, so sündigt er schwer und verliert somit die Gnade wieder.
Die Bedingungen aus Vinzenz' von Lerins Commonitorium sind also erfüllt, und die Stelle aus dem Tridentinum wird gemeinhin so verstanden, wie Gamaliel das bereits dargelegt hat.
Die von Marion gesuchte Stelle zur Begierdetaufe bei Innocenz III. ist übrigens ein Brief über die Juden (
Debitum pastoralis officii, wenn das Internet Recht hat), in dem der rosa Elephant, den sie mir ankreidet, kein Moslem, sondern Jude ist.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009