Nun, man wäre schon bereits aus rein finanziellen Erwägungen angehalten, die Seelsorge auf das Notwendige zu beschränken und keine Experimente zu fördern, die sich Mandala malen, Yoga-Kurse oder das Verbreiten von esoterischem Weichkäse auf die Fahnen geschrieben haben.taddeo hat geschrieben:Ich verstehe nicht, wie man so blauäugig sein kann zu meinen, daß sich ohne die Kirchensteuer auch nur im mindesten irgendwas an der angeblich "glaubensfeindlichen" Seelsorge ändern würde. Ganz im Gegenteil, dann wäre der Improvisationskunst von Bischöfen und Klerus erst Tür und Tor geöffnet. Jeder würde nur noch das machen, was bei den Leuten ankommt, damit er möglichst noch ein paar freiwillige Spenden mehr kriegt, bzw. das, was ihm im Rahmen seines mickrigen Budgets dann überhaupt noch möglich ist. Italien ist ein Musterbeispiel dafür, wie das geht.
Manfred Lütz hat das einmal so formuliert: Wo katholisch draufsteht, soll auch katholisch drin sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Im Übrigen ist die italienische Mentalität eine doch deutlich andere und daher können italienische Verhältnisse hier in Deutschland nicht abschreckend wirken. Denn eines ist sicher: So wie in Italien wird's in Deutschland nicht werden.
Nun, von zwangsweiser Eintreibung durch den Staat bis hin zu rein freiwilligen Gaben seiner "Kundschaft" ist ja ein weiter Weg.taddeo hat geschrieben:Daß es sich hierzulande Bischöfe und Priester immer noch leisten können, den Glauben halbwegs im Einklang mit der kirchlichen Lehre zu vertreten, liegt vor allem auch daran, daß sie nicht fürchten müssen, deswegen am Hungertuch zu nagen - sowohl persönlich als auch auf Institutionsebene. Der "Neokonservative" kriegt ebenso selbstverständlich sein Gehalt und seine Mittel wie der "Modernist". Kein Kommorant ist auf HartzIV angewiesen, nur weil er die Messe noch nach dem Meßbuch feiert statt in freischwebender liturgischer Exstase. Wer hingegen auf freiwillige Gaben seiner "Kundschaft" angewiesen ist, der muß zwangsläufig auf deren Wünsche eingehen. Und dann gnade uns Gott.
Eine Beitragserhebung wie bei privatwirtschaftlich organisierten Vereinen ist mit keinem großen bürokratischen Aufwand verbunden und würde evtl. sogar noch den einen oder anderen Arbeitsplatz in der Rendantur schaffen, während die staatliche Finanzverwaltung eher ein paar Beamte in den (vorzeitigen) Ruhestand schicken müßte.
Die Kirche trennt ja nicht aufgrund institutionell organisierter Entscheidung die "Spreu vom Weizen". Sondern diese Entscheidung wird lediglich dem einzelnen Gläubigen sehr viel nähergelegt als dies derzeit der Fall ist. Er selber kann direkt und konkret entscheiden, ob er in dem "System Kirche" verbleiben will oder ob es ihm dann doch keinen Euro mehr wert ist.taddeo hat geschrieben:Das schlimmste Argument finde ich das "die Spreu vom Weizen trennen", ehrlich gesagt. Schon im Evangelium heißt es dazu, daß man Unkraut und Weizen zusammen bis zur Ernte wachsen lassen soll, um nicht mit dem Unkraut auch den Weizen auszureißen. Und diese Trennung ist nicht unsere Sache, sondern die des Endgerichts Gottes. Jeder einzelne von uns ist selber genug "Spreu", daß er allen Grund hat, diese Trennung zu fürchten! Es ist ein pharisäisches Gedankengut, das hier rumwabert; katarische Reinheitslehre, die auf einer völlig verqueren theologischen Sichtweise beruht, als ob es eine "reine Lehre" gäbe, die nur 1 : 1 an die Menschen verkündigt werden müßte und dann von den Menschen genauso praktiziert werden könnte. Herrschaftzeiten, das Leben ist eines der härtesten! Jeder, selbst der bestinformierte und gutwilligste Katholik, muß die Lehre im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten praktizieren, und das geht nun mal in 99% aller Fälle nicht bruchlos. Das wußte die Kirche immer schon, und tat immer gut daran, sich dessen bewußt zu bleiben. Und genau deshalb hat sie solche Tendenzen "hier wir Guten - dort die Bösen" immer als Irrlehren verurteilt.
Ärgerlich ist es in jedem Falle, wenn man zwei Dinge bedenkt:
1. Zahlt man keine Kirchensteuer, wird man nicht nur mit der Exkommunikation bedroht, sondern kann sich sicher sein, daß diese auch knallhart durchgezogen wird.
2. Zweifelt man jedoch die Göttlichkeit Jesu an oder an der Jungfrauengeburt oder anderen de fide-Sätzen, wird man auf den Lehrstühlen deutscher Akademien fürstlich besoldet.