Evangelii gaudium

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PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Hallo KG’ler,

auch auf die Gefahr hin, ein Faß aufzumachen, das mir am Ende um die Ohren fliegt (was nicht meine Absicht ist), habe ich eine Frage zu Evangelii Gaudium:

Wieso schreibt Franziskus in EG 253:
„[…] der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen.“
Das klingt natürlich sehr schön und ich wünschte mir, dem wäre so. Auch kenne ich selbstverständlich einzelne Muslime, die vollkommen friedfertig leben und mir in manchen Dingen des Lebens auch Vorbild sein sollten.

Doch betreffend der Religion des Islam hielt ich diese bisher für nicht als prinzipiell gewaltfrei angelegt. Hiermit meine ich weniger die persönliche Vita Mohameds, die man ja „zur Not“ noch als zeitgebundenen Zwängen unterworfen verteidigen kann, sondern vielmehr konkrete Handlungsanweisungen aus Koran und Hadiths (schriftliche Auszeichnungen mündlicher Überlieferung).

Laut Wikipedia gibt es unter den unzähligen Hadiths auch solche, die als „top notch“ angesehen werden, als absolut wasserdicht zu gelten haben. Und ganz, ganz oben wiederum rangiert dabei die Hadith-Sammlung Al-Bukhari. Vor allem aus dieser werden in formalen islamischen Rechtsgutachten auch aus gemäßigten Ländern wie Marokko häufiger ziemlich „harte“ Stellen zitiert:

Al-Bukhari (52:260): „Der Prophet sagte: ‚Wenn jemand seine Religion ablegen will, töte ihn.“

Al-Bukhari (61:577): „Ich hörte, wie der Prophet sagte: „In den letzten Tagen der Welt werden junge Menschen erscheinen, die dumme Ideen und Gedanken haben. Sie werden gut sprechen, aber sie werden den Islam verlassen, wie ein Pfeil, der sein Ziel verpasst. Ihr Glaube wird nicht über den Hals hinausgehen. Also töte sie, wo auch immer du sie finden wirst. Diejenigen, die solche Menschen getötet haben, werden am Tag des jüngsten Gerichts eine Belohnung erhalten.“

Al-Bukhari (83:37): „Bei Allah, Allahs Apostel tötete nie jemanden, mit Ausnahme der folgenden drei Situationen: Eine Person, die jemanden unrechtmäßig getötet hatte, eine Verheiratete Person, die Ehebruch beging oder einen Mann, der gegen Allah und seinen Apostel kämpfte, den Islam aufgab und ein Abtrünniger wurde.“

Al-Bukhari (84:57) : „Aussage von Allahs Apostel: ‚Wer immer seine islamische Religion ändern will, töte ihn.“

Ich dachte bisher immer, daß die Lebensgefahr, in die sich Konvertiten aus islamischen Ländern nach ihrer Bekehrung zum Christentum begeben, nicht einer Laune o.a. ihrer Mitbürger entspringt, sondern ihre „wohlbegründete“ Rechtfertigung in diesen und anderen Stellen findet.

Meine Frage: Was also meint der Papst mit a) dem wahren Islam und b) einer angemessenen Interpretation des Koran, die gemäß ihm jeder Gewalt entgegenstünden, genau?

Und wo findet ich die päpstliche/katholische Definition des „wahren Islam“ und einer „angemessenen“ Interpretation des Koran?


Immerhin geht Franziskus ja in seiner Aussage weit, weit über Nostra Aetate hinaus…

Vielen Dank!

PigRace

Ralf

Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Ralf »

Ich halte diese Äußerung auch für kritikwürdig.

Natürlich besitzt der Papst keine Lehrautorität in Sachen Islam.

Und letztlich ist es auch egal, was der "wahre Islam" ist - wenn Andersgläubige von Muslimen unterdrückt und verfolgt werden aufgrund einer Interpretation des Islam, die sie für wahr halten, dann ist die Theorie vollkommen egal.

Theologische Dialoge mit Muslimen halte ich insgesamt für wenig zielführend. Man kann über gesellschaftspolitisches sprechen und auch lokale Zweckallianzen bilden (ebenso wie mit Juden) z.B. zum Thema Adoptionsrecht für Homosexuelle, grassierende Perspektivlosigkeit für Jugendliche, Gewalt in Stadtvierteln oder so etwas, aber mangels autoritativem Ansprechpartner im Islam drehen sich alle anderen interreligiösen Gespräche im Kreis und führen im praktischen Leben zu keiner substantiellen Verbesserung.

Innerislamisch mag es sinnvolle Dialoge geben, aber das sollen die selber deichseln.

KlausLange
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von KlausLange »

PigRace hat geschrieben:Hallo KG’ler,

auch auf die Gefahr hin, ein Faß aufzumachen, das mir am Ende um die Ohren fliegt (was nicht meine Absicht ist), habe ich eine Frage zu Evangelii Gaudium:

Wieso schreibt Franziskus in EG 253:
„[…] der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen.“
Ja, das und seine pauschalen Äußerungen zu den kontrollierten Sakramenten (wenns mal so wäre) sind für mich klare low lights des Schreibens.

Als ich zum Beispiel den oben zitierten Satz gelesen habe, war mein erster Gedanke: "Bull shit!"

Manchesmal wünsche ich mir schon den emeritierten Papst zurück...

ad_hoc
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von ad_hoc »

Ralf hat geschrieben:Ich halte diese Äußerung auch für kritikwürdig.

Natürlich besitzt der Papst keine Lehrautorität in Sachen Islam.

Und letztlich ist es auch egal, was der "wahre Islam" ist - wenn Andersgläubige von Muslimen unterdrückt und verfolgt werden aufgrund einer Interpretation des Islam, die sie für wahr halten, dann ist die Theorie vollkommen egal.

Theologische Dialoge mit Muslimen halte ich insgesamt für wenig zielführend. Man kann über gesellschaftspolitisches sprechen und auch lokale Zweckallianzen bilden (ebenso wie mit Juden) z.B. zum Thema Adoptionsrecht für Homosexuelle, grassierende Perspektivlosigkeit für Jugendliche, Gewalt in Stadtvierteln oder so etwas, aber mangels autoritativem Ansprechpartner im Islam drehen sich alle anderen interreligiösen Gespräche im Kreis und führen im praktischen Leben zu keiner substantiellen Verbesserung.

Innerislamisch mag es sinnvolle Dialoge geben, aber das sollen die selber deichseln.
:ikb_thumbsup: :ikb_thumbsup:

Gruß, ad_hoc
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Edi
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Edi »

PigRace hat geschrieben:Hallo KG’ler,

auch auf die Gefahr hin, ein Faß aufzumachen, das mir am Ende um die Ohren fliegt (was nicht meine Absicht ist), habe ich eine Frage zu Evangelii Gaudium:

Wieso schreibt Franziskus in EG 253:
„[…] der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen.“
Genau dieses Märchen wird uns doch laufend von Anhängern des Islam in unseren Breitengraden erzählt und der Papst plappert das nur nach. Die Fakten sehen doch grossteils anders aus und zwar mehr oder weniger fast überall auf der Welt, wo der Islam heute etwas zu sagen hat. Gewiss gab es auch zu manchen Zeiten zwischen Christen und Muslimen eine friedliche Zeit und in wirtschaftlichen Dingen auch eine Zusammenarbeit. Aber selbst in der relativ moderaten Türkei werden Christen bis heute mehr oder weniger unterdrückt. Auch hat sich der Islam in der Vergangenheit doch auch vielfach mit Waffengewalt verbreitet. Warum gibt es heute nur noch relativ wenige Christen in Nordafrika? So friedlich wie man uns weis machen will, ist der Islam nicht. Das müsste eigentich auch der Papst wissen. Solange der Islam in der Minderheit ist, gibt er sich moderat und selbst da werden immer mehr Ansprüche gestellt, wenn andere zu viel nachgeben.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
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der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Vielen Dank für alle Antworten!

Das „positivste“ an dieser anscheinend sachlich falschen Aussage Franziskus‘ ist wohl, daß man davon ausgehen kann, daß Evangelii Gaudium wirklich „100% Franziskus“ ist, d.h. frei von etwaigen ihm gegen seinen Willen aufgezwungenen Grenzen. Denn ich halte es für praktisch ausgeschlossen, daß diese Aussage zum Islam durchgewunken worden wäre, wenn das Apostolische Schreiben vor Veröffentlichung vatikanischen Experten zum inhaltlichen Gegenlesen gegeben worden wäre.

VG

PigRace

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Florianklaus
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Florianklaus »

Was soll der Papst denn zum Islam sagen? Daß es eine gewaltbereite Religion ist? Damit würde er die gemäßigten Muslime verprellen und die anderen provozieren, noch härter gegen christliche und andere Minderheiten vorzugehen.

PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Florianklaus hat geschrieben:Was soll der Papst denn zum Islam sagen? Daß es eine gewaltbereite Religion ist?
Hi Florianklaus,

nein, das wäre wohl eher unklug bzw. in dieser klaren Form ein großes Risiko für die in islamischen Ländern lebende Christenminderheit. Aber diesen letzten Halbsatz aus EG 253 einfach ganz wegfallen zu lassen, ersatzlos zu streichen, wäre in meinen Augen die bessere Lösung gewesen. So bleibt nun einmal eine anscheinend sachlich falsche Aussage "für immer und ewig" in Evangelii Gaudium enthalten. Daher werden in Zukunft interessierte Kreise immer auch darauf verweisen können: "Selbst der/Euer Papst hat gesagt, daß der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans jeder Gewalt entgegen stehen."

Das finde ich bedauerlich. :nein:

Zumal Franziskus sich nicht die kleinste Mühe zur Begründung dieser Aussage gemacht hat. Sie steht trotz ihrer enormen Tragweite ziemlich einsam im Raum herum...

PigRace

ad_hoc
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von ad_hoc »

Florianklaus hat geschrieben:Was soll der Papst denn zum Islam sagen? Daß es eine gewaltbereite Religion ist? Damit würde er die gemäßigten Muslime verprellen und die anderen provozieren, noch härter gegen christliche und andere Minderheiten vorzugehen.
Ja lügt der Papst stattdessen? Oder weiß er es nicht besser? Benötigt er keinen Korrekturleser?

Jedenfalls passt auch diese Aussage nahtlos zu einigen anderen, besser nichtgeäußerten, Aussagen.
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martin v. tours
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von martin v. tours »

PigRace hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Was soll der Papst denn zum Islam sagen? Daß es eine gewaltbereite Religion ist?
Hi Florianklaus,

nein, das wäre wohl eher unklug bzw. in dieser klaren Form ein großes Risiko für die in islamischen Ländern lebende Christenminderheit. Aber diesen letzten Halbsatz aus EG 253 einfach ganz wegfallen zu lassen, ersatzlos zu streichen, wäre in meinen Augen die bessere Lösung gewesen. So bleibt nun einmal eine anscheinend sachlich falsche Aussage "für immer und ewig" in Evangelii Gaudium enthalten. Daher werden in Zukunft interessierte Kreise immer auch darauf verweisen können: "Selbst der/Euer Papst hat gesagt, daß der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans jeder Gewalt entgegen stehen."

Das finde ich bedauerlich. :nein:

Zumal Franziskus sich nicht die kleinste Mühe zur Begründung dieser Aussage gemacht hat. Sie steht trotz ihrer enormen Tragweite ziemlich einsam im Raum herum...

PigRace
Das ist der Punkt um den es geht! Papst Franz hätte nicht sagen müssen das der Islam eine gewaltbereite Religion ist, aber er hätte zumindest, in wohl überlegten Worten, auf die Probleme von Christen in muslimischen Ländern hinweisen können.
Den Persilschein, den er dem Islam ausgestellt hat, finde ich nicht gut.
Grundsätzlich fand ich es eher befremdlich das der Papst in einem Dokument Namens " Evangelii Gaudium " erklärt, was der Islam ist oder nicht ist.
Wäre ich Muslim, fände ich dies eine Anmassung. Ich möchte als Christ auch keinen Kommentar von einem Obermufti lesen wie wir die Bibel richtig zu verstehen haben und wie oder was der christliche Glaube ist.
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Benedikt

Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Benedikt »

Wie wärs, wenn man mal den ganzen Abschnitt lesen würde, anstatt kontextfrei Halbsätze zu zerreißen:
252. In dieser Zeit gewinnt die Beziehung zu den Angehörigen des Islam große Bedeutung, die heute in vielen Ländern christlicher Tradition besonders gegenwärtig sind und dort ihren Kult frei ausüben und in die Gesellschaft integriert leben können. Nie darf vergessen werden, dass sie » sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird «.[198] Die heiligen Schriften des Islam bewahren Teile der christlichen Lehre; Jesus Christus und Maria sind Gegenstand tiefer Verehrung, und es ist bewundernswert zu sehen, wie junge und alte Menschen, Frauen und Männer des Islams fähig sind, täglich dem Gebet Zeit zu widmen und an ihren religiösen Riten treu teilzunehmen. Zugleich sind viele von ihnen tief davon überzeugt, dass das eigene Leben in seiner Gesamtheit von Gott kommt und für Gott ist. Ebenso sehen sie die Notwendigkeit, ihm mit ethischem Einsatz und mit Barmherzigkeit gegenüber den Ärmsten zu antworten.

253. Um den Dialog mit dem Islam zu führen, ist eine entsprechende Bildung der Gesprächspartner unerlässlich, nicht nur damit sie fest und froh in ihrer eigenen Identität verwurzelt sind, sondern auch um fähig zu sein, die Werte der anderen anzuerkennen, die Sorgen zu verstehen, die ihren Forderungen zugrunde liegen, und die gemeinsamen Überzeugungen ans Licht zu bringen. Wir Christen müssten die islamischen Einwanderer, die in unsere Länder kommen, mit Zuneigung und Achtung aufnehmen, so wie wir hoffen und bitten, in den Ländern islamischer Tradition aufgenommen und geachtet zu werden. Bitte! Ich ersuche diese Länder demütig darum, in Anbetracht der Freiheit, welche die Angehörigen des Islam in den westlichen Ländern genießen, den Christen Freiheit zu gewährleisten, damit sie ihren Gottesdienst feiern und ihren Glauben leben können. Angesichts der Zwischenfälle eines gewalttätigen Fundamentalismus muss die Zuneigung zu den authentischen Anhängern des Islam uns dazu führen, gehässige Verallgemeinerungen zu vermeiden, denn der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen.
Das liest sich anders als hier dargestellt und ist so zu verstehen, dass der Papst den Dialog nur mit den Moslems führen will, die dieser gewaltfreien Interpretation des Korans folgen.

PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Benedikt hat geschrieben:Wie wärs, wenn man mal den ganzen Abschnitt lesen würde, anstatt kontextfrei Halbsätze zu zerreißen:

Das liest sich anders als hier dargestellt und ist so zu verstehen, dass der Papst den Dialog nur mit den Moslems führen will, die dieser gewaltfreien Interpretation des Korans folgen.
Hi Benedikt,

Du hast natürlich recht, daß man nicht nur einen Halbsatz, sondern auch den Kontext immer betrachten sollte, in welchem er steht. Und ich hoffe (und denke mal), daß das die meisten Foranten in diesem Thread getan haben.

Ich hatte von dem Komplettzitat von EG 252 und 253 abgesehen, weil ich den genannten letzten Halbsatz dadurch nicht anders lese/verstehe. Vor allem lese ich ihn nicht in Deinem Sinn, egal wie ich es drehe und wende.

Woraus genau ziehst Du Deine Schlußfolgerung? Aus dem Punkt „entsprechende Bildung der Gesprächspartner“? Diesen Punkt halte ich darauf gemünzt, daß beide Seiten über präzise Kenntnis der (im Detail doch sehr unterschiedlichen!) gegenseitigen Interpretation der „Rollen“ Jesu, Marias, Abrahams etc. verfügen. Sonst würde man ja aneinander vorbeizureden drohen…

Oder meinst Du einen anderen Punkt?

Auch ist zu bedenken, daß die Behauptung, Franziskus wolle den Dialog auf „gewaltfreie Islaminterpreten“ des Koran beschränken a) den Kreis seiner Diskutanten sehr einschränkt und b) diese aus ihrer Sicht fast als Apostaten (siehe obige Hadiths) durchgehen müßten…

PigRace

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Samuel
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Samuel »

Hallo zusammen,

ich bin beim Durchackern von EG auch gerade bis 254 gekommen und habe mich nun etwas eingehender über den Islam als friedliche Religion informiert.
Ein Hauptproblem scheint zu sein, dass nach islamischer Rechtsauffassung auf Apostasie die Todesstrafe steht, d.h. wenn ein Moslem Christ wird, so wird er in einigen Ländern dafür zum Tod verurteilt; jemand, der einen Apostaten tötet, wird nicht oder kaum bestraft usw. (Siehe etwa IGFM)
Dahinter steht, so wie ich es begriffen habe, die Vorstellung, dass Religion auf jeden Fall eine öffentliche Angelegenheit ist, so dass ein Apostat der Gemeinschaft Schaden zu fügt und also als Verbrecher zu bestrafen ist.
Vergleichbar etwa die Argumentation von Thomas von Aquin: Wenn die Justiz schon Geldfälscher zu Recht mit dem Tod bestraft, dann mit umso mehr Recht solche, die das viel wertvollere Gut, den Glauben, verfälschen (Ketzer).
Nun, Thomas von Aquin ist nicht die Bibel. Im Christentum konnte sich schließlich eine Trennung von Religion und Staat durchsetzen. Im Islam dürfte eine solche aufklärerische Position kaum zu erreichen sein, da die entgegenstehenden Aussagen im Koran und in der Überlieferung sehr fest verankert sind.

Nun, was ist zu tun? Franziskus fasst dieses heiße Eisen der Apostasie erst gar nicht an, vermutlich, weil er weiß, dass er hier auf taube Ohren stoßen muss. Er bittet nur um freie Religionsausübung für Christen, die ja grundsätzlich vom Islam zugestanden wird, so dass eine Verletzung derselben durch Moslems auch eine Verletzung des Islam bedeutet.
Ich habe derzeit leider keinen Kontakt zu Moslems. Diejenigen, die ich kennen gelernt habe, waren durchaus keine Bösewichte. Ich glaube, es ist grundsätzlich eine gute Idee, den anderen auf seine guten Seiten ansprechen zu wollen, wie dies Franziskus versucht. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat geschrieben:
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) bedauert zwar zutiefst jeden Fall eines Abfalls vom Islam - wir akzeptieren aber auch das Recht, die Religion zu wechseln. Der Koran untersagt jeden Zwang in Angelegenheiten des Glaubens.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

Ralf

Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Ralf »

Florianklaus hat geschrieben:Was soll der Papst denn zum Islam sagen?
Nix. Über Muslime kann er vieles sagen, darf das auch, aber die angebliche Grundlage ihres Handelns sollte er nicht beurteilen.

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Florianklaus
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Florianklaus »

Samuel hat geschrieben: Ich glaube, es ist grundsätzlich eine gute Idee, den anderen auf seine guten Seiten ansprechen zu wollen, wie dies Franziskus versucht.
Das glaube ich auch.

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Peti
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Peti »

Samuel hat geschrieben: Ich glaube, es ist grundsätzlich eine gute Idee, den anderen auf seine guten Seiten ansprechen zu wollen, wie dies Franziskus versucht.
Und wie dies sein Vorgänger in "Licht der Welt" S.122-127
zum Thema "Dialog mit dem Islam" auch getan hat.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Hallo Samuel,

Sie sind Priester, nicht? Ich mag sehr die Art, wie Sie immer wieder ansetzen, Position verstehen zu wollen, die Sie selbst nicht unbedingt teilen (in den Diskussionen um die Alte Messe und den Eindruck über Franziskus‘ Empfinden zu derselben meine ich das so erlebt zu haben). Auch wenn Sie dafür schon mal auf die Mütze bekommen haben – von beiden „Seiten“ – finde ich das wirklich toll von Ihnen.

Danke auch für die interessanten Links.
Samuel hat geschrieben:Franziskus fasst dieses heiße Eisen der Apostasie erst gar nicht an, vermutlich, weil er weiß, dass er hier auf taube Ohren stoßen muss. Er bittet nur um freie Religionsausübung für Christen, die ja grundsätzlich vom Islam zugestanden wird, so dass eine Verletzung derselben durch Moslems auch eine Verletzung des Islam bedeutet.
Hmm… ich finde nicht, daß sich Franziskus Aussage in EG 252 und 253 in dieser Weise auflösen/erklären läßt. Die freie Religionsausübung, die Franziskus einfordert, steht ja nicht nur „geborenen“ Christen, sondern auch aus dem Islam konvertierten Christen zu. Es wäre ja wohl kaum im Sinne der Kirche (und bestimmt weder von Ihnen noch von Franziskus so gemeint!), wenn letztere im Regen stehen gelassen würden. Und wir sind ja nun mal eine missionierende Kirche, wie ich verstehe… Daher betrifft das Problem der Gewalt, die nach islamischer Auffassung „berechtigterweise“ Apostaten droht, zumindest zum Teil auch Christen. Auch wenn das „nur“ einige wenige tausend Menschen sein sollten…
Samuel hat geschrieben:Ich glaube, es ist grundsätzlich eine gute Idee, den anderen auf seine guten Seiten ansprechen zu wollen, wie dies Franziskus versucht.
100% agree, logo! Aber ganz ehrlich: wer würde dem widersprechen?

Die guten Seiten (i.S.v. „Da können wir uns eine Scheibe von abschneiden!“) hat Franziskus ja auch tatsächlich angesprochen: „Es ist bewundernswert zu sehen, wie junge und alte Menschen, Frauen und Männer des Islam fähig sind, täglich dem Gebet Zeit zu widmen und ihren religiösen Riten treu zu bleiben.“

Soweit so gut und so richtig.

Aber wieso darüber hinaus eine Aussage treffen, die zwar gut klingt, aber sachlich eben nicht richtig scheint?

Franziskus kann sich doch auch nur innerhalb der Wahrheit bewegen, wenn er den anderen auf seine guten Seiten anspricht. Und daß der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Koran jeder Gewalt entgegen stehen würden, erschließt sich mir - zumindest Stand heute - nicht als Wahrheit. Leider hilft mir Franziskus auch nicht, dies zu verstehen. Es ist ja nicht so, daß ich seine Erklärungen hierzu nicht erfassen würde. Nein, er liefert einfach gar keine Erklärung.

Was soll das denn? Ich weiß es nicht. :hae?:

@ Florianklaus, Benedikt, Samuel und Peti: Ist das denn für Euch so glasklar, logisch und schon immer wahr gewesen, daß der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Koran jeder Gewalt entgegenstehen? Ist das denn für Euch nicht etwas spektakulär neues?

PigRace

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Peti
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Peti »

Papst Benedikt schreibt dazu in "Licht der Welt":

"In großen Teilen Schwarzafrikas besteht seit Langem ein tolerantes und gutes Miteinander zwischen Islam und Christentum. Wenn ich Bischöfe aus diesen Ländern empfange, berichten sie, es sei einfach eine Gewohnheit, dass sie gegenseitig ihre Feste mitfeiern. Anderswo ist das Verhältnis immer noch geprägt durch Intoleranz und Aggression. Insofern sind die geschichtlichen Situationen auch heute noch sehr unterschiedlich.
Wir müssen jedenfalls versuchen, einerseits das Große unseres Glaubens zu leben und lebendig darzustellen, andererseits das Erbe der anderen zu verstehen. Wichtig ist, das Gemeinsame zu finden und da, wo es geht, in dieser Welt einen gemeinsamen Dienst zu tun."
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Danke Peti für das wunderbare Zitat aus Licht der Welt. :)

Ist das nicht schön? Geht das nicht wie Öl runter?

Was für eine Sprache! OMG, was liebe ich diesen "Benedikt-Stil" im Ausdruck, keine Worte hierfür... :ikb_notworthy:

Und Deinem Zitat stimme ich natürlich vollkommen zu. Sein Sinn, seine Richtigkeit erschließt sich einem ja geradezu spontan, so finde ich.

PigRace

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Samuel
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Kein Zwang in der Religion (Sure 2, Vers 256)

Beitrag von Samuel »

Lieber PigRace,
erst mal vielen Dank für die freundlichen Worte! So etwas geht runter wie Öl! (Und bitte nicht siezen! Die Taufe ist wichtiger als die Priesterweihe!)

Ich meine, dass EG 252/253 von solchen Muslimen, die Apostasie für strafwürdig erachten aber ansonsten den Nicht-Moslems freie Religionsausübung zugestehen, in ihrem Sinne verstanden werden kann. (Ungeachtet dessen, was dies - wie du richtig ausführst - in christlichem Verständnis impliziert.)

Was nun die Hauptaussage angeht, dass der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Koran jeder Gewalt entgegenstehen:

Es gibt auch in der Bibel Aufruf zu Gewalt. Im AT sowieso; und auch das "compelle intrare" (Lk 14,32) wurde seit Augustinus zur Rechtfertigung von Gewalt gegen Andersgläubige gebraucht. Jedoch ist für uns der Schlüssel zum Verständnis der Schrift Jesus Christus, und der hat definitiv Gewaltlosigkeit gelebt und gepredigt. Insofern kann man sicher sagen, dass eine angemessene Interpretation der Bibel jeder religiösen Gewalt entgegensteht.

Was nun den Koran anbelangt, so ist die Lage sicherlich nicht so klar - auch für mich nicht: Werden die kriegerischen Verse durch die friedlichen aufgehoben oder umgekehrt? Wir beobachten heute eine besorgniserregende Zunahme von Fundamentalismus; andererseits war in der Geschichte der Islam wohl sogar toleranter als das Christentum. Ich meine aber schon, dass die überwiegende Mehrheit der Moslems einen friedlichen Islam wünscht.

(Siehe auch wiki)
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

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Samuel
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Samuel »

PigRace hat geschrieben:Danke Peti für das wunderbare Zitat aus Licht der Welt. :)

Ist das nicht schön? Geht das nicht wie Öl runter?

Was für eine Sprache! OMG, was liebe ich diesen "Benedikt-Stil" im Ausdruck, keine Worte hierfür... :ikb_notworthy:
Vielleicht kann man es so ausdrücken:

Um Benedikt zu verstehen muss man seine Schriften lesen.
Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

ad_hoc
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von ad_hoc »

Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
Um dann was zu tun?

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

PigRace
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

ad_hoc hat geschrieben:
Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
Um dann was zu tun?

Gruß, ad_hoc
Klingt gut. Aber nein, das kann nicht der Weg sein. Zum einen sind die „Menschen am Rande der Gesellschaft“ ja weit davon entfernt, eine auch nur annähernd homogene Gruppe zu sein, die einen identischen Blick auf Franziskus ermöglichen würden. Zum zweiten wäre das ja ein sehr, sehr „subjektivistisch-assoziativer“ Approach, der nie wirklich greifbar und belastbar wäre.

Nein, das kann doch nicht der Weg sein, um ein Schreiben des Papstes zu verstehen!

Es ist doch eigentlich ganz einfach. Franziskus sagt nicht, daß er sich einen Islam und eine Interpretation des Koran wünscht (erhofft etc.), die jeglicher Gewalt entgegen stehen.

Nein, er sagt, daß es mit dem wahren Islam und einer angemessene Interpretation des Koran so ist. Punkt.

Keine Zweifel. Keine Verweise. Keine Erklärung.

Und nun „an den Rand der Gesellschaft gehen“ müssen, um zu verstehen, was Franziskus damit gemeint haben könnte? Hmm... das überzeugt mich nicht so wirklich. Das fühlt sich eher nach einem Holzweg an.

PigRace

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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

@ all: Ich hatte den Zentralrat der Muslime in Deutschland um Hilfe in dieser Frage gefragt. Netterweise waren sie sehr, sehr flink mit ihrer Antwort! :daumen-auf:

Vielleicht hilft es ein zumindest ein klein wenig weiter:
Zentralrat der Muslime in der Bundesrepublik hat geschrieben:vielen Dank für Ihre Anfrage.
Es gilt Koranverse brechen Hadithe, deshalb verweisen wir nochmals auf unsere Grundausagen in der PM, an der sich auch im Lichte der von Ihnen entweder nicht (Original in Arabisch) einwandfrei richtig wiedergegeben oder sogar falschen (nicht ihre Schuld) Übermittlungen der Hadithe nichts ändert.
Wir hoffen Ihnen geholfen zu haben
(Hervorhebung durch mich)

PigRace

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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von PigRace »

Soll jetzt nicht zynisch klingen. Aber vielleicht haben wir "Glück" und Franziskus präzisiert oder erklärt diese Aussage irgendwo, irgendwann in einem Interview.

Wenn also jemand über derartiges stolpern sollte, Bitte um kurzen Verweis darauf in diesem Thread!

Lieben Dank! :huhu:

PigRace

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Athanasius0570
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Athanasius0570 »

ad_hoc hat geschrieben:
Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
Um dann was zu tun?

Gruß, ad_hoc
Vielleicht um in ihnen Christus zu begegnen und so die Freude des Evangeliums zu erleben?
Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus. (1 Thess 5, 16-18)

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Samuel
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Samuel »

PigRace hat geschrieben:
Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
...
Nein, das kann doch nicht der Weg sein, um ein Schreiben des Papstes zu verstehen!
Ich hatte das auch nicht in Bezug auf einzelne Aussagen, sondern grundsätzlicher gemeint.

Für Benedikt kann man wohl sagen, dass sein Leitwort die "Wahrheit" ist. Darum meine ich, dass man ihm nahe kommt, wenn man seinem Denken nahe kommt, also seine Schriften liest.
Für Franziskus würde ich sagen, dass das Leitwort eher in die Richtung "Tat" geht. Darum meine ich, dass man ihn weniger durch Denken als vielmehr durch Tun versteht.
EG 272 hat geschrieben:Jedes Mal, wenn wir einem Menschen in Liebe begegnen, werden wir fähig, etwas Neues von Gott zu entdecken.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

ad_hoc
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von ad_hoc »

Athanasius0570 hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:
Um Franziskus zu verstehen müsste man zu den Not leidenden Menschen am Rand der Gesellschaft gehen.
Um dann was zu tun?

Gruß, ad_hoc
Vielleicht um in ihnen Christus zu begegnen und so die Freude des Evangeliums zu erleben?
Warum nur vielleicht?

Um Papst Franziskus zu verstehen, genügen etwas Bildung, Menschenkenntnis, und der Wille, Quellensuche bzw. Materialsammlung zu betreiben und Vergleiche mit früheren und gegenwärtigen Aussagen kompetenter Anderer anzustellen. Dann kommt man zur Erkenntnis, dass im Wesentlichen der Papst sich zum Glauben entsprechend der Bibel und dem Lehramt äußert. Aber man kommt auch zu dem Schluss, dass der Papst ein sehr eigenes und nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmendes Welt- und Kirchenbild besitzt und man seine dsbzgl. Aussagen und Handlungen nicht ohne Bedenken auf sich beruhen lassen darf.

Zu den Armen und Notleidenden muss ich also deshalb nicht gehen. Wenn ich dort hingehe, dann kenne ich meine beiden Aufgaben; die erste, die der gegenwärtige Papst betont, die Hilfeleistung und Unterstützung dieser Menschen und die zweite, die der Papst in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, die Missionierung bzw. Neumissionierung dieser, damit sie zu Gott gelangen.
Das wusste schon der verstorbene Pater Werenfried van Straaten, dass ein Hungriger erst nach dem Erhalt von Essen und sonstiger Unterstützung auch offener dem Glauben gegenüber wird. Halbheiten führen zu nichts.

Gruß, ad_hoc , der eigentlich Samuel damit anschreiben möchte. Wobei mir einfällt, dass man Papst Franziskus kzumindest in einigen Gegebenheiten weder im Denken noch im Handeln versteht.
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Samuel
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Samuel »

ad_hoc hat geschrieben:..und die zweite, die der Papst in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, die Missionierung bzw. Neumissionierung dieser, damit sie zu Gott gelangen.
EG 200 hat geschrieben:Da dieses Schreiben an die Mitglieder der Katholischen Kirche gerichtet ist, möchte ich die schmerzliche Feststellung machen, dass die schlimmste Diskriminierung, unter der die Armen leiden, der Mangel an geistlicher Zuwendung ist. Die riesige Mehrheit der Armen ist besonders offen für den Glauben; sie brauchen Gott, und wir dürfen es nicht unterlassen, ihnen seine Freundschaft, seinen Segen, sein Wort, die Feier der Sakramente anzubieten und ihnen einen Weg des Wachstums und der Reifung im Glauben aufzuzeigen. Die bevorzugte Option für die Armen muss sich hauptsächlich in einer außerordentlichen und vorrangigen religiösen Zuwendung zeigen.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

ad_hoc
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von ad_hoc »

Danke für die Korrektur, Hochwürden.
Es ist schon etwas mühsam, unter all den Plattitüden auch einige Perlen wie die zitierte anzutreffen. Und das darf nicht sein.
Im Vergleich: Zehn fragwürdige Sätze und darunter ein oder zwei gute Aussagen, das verdirbt auch....
Andererseits: Wenn ich etwas Unangenehmes zu sagen habe, dann verpacke ich das auch zwischen zehn angenehme Aussagen.

Gruß, ad_hoc
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Mary
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von Mary »

ad_hoc hat geschrieben:Danke für die Korrektur, Hochwürden.
Es ist schon etwas mühsam, unter all den Plattitüden auch einige Perlen wie die zitierte anzutreffen. Und das darf nicht sein.
Im Vergleich: Zehn fragwürdige Sätze und darunter ein oder zwei gute Aussagen, das verdirbt auch....
Andererseits: Wenn ich etwas Unangenehmes zu sagen habe, dann verpacke ich das auch zwischen zehn angenehme Aussagen.

Gruß, ad_hoc
Der Papst kann es nicht richtig machen, ja?

Erst der Vorwurf, er rede nicht von Mission... dann, dass er es falsch tut.
Das ist schlimm, mitzulesen. Nicht nur Deine Voten.
Who is so great a God as our God? You are the God who does wonders!

veruschka
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Re: Evangelii gaudium

Beitrag von veruschka »

PigRace hat geschrieben:@ all: Ich hatte den Zentralrat der Muslime in Deutschland um Hilfe in dieser Frage gefragt. Netterweise waren sie sehr, sehr flink mit ihrer Antwort! :daumen-auf:

Vielleicht hilft es ein zumindest ein klein wenig weiter:
Zentralrat der Muslime in der Bundesrepublik hat geschrieben:vielen Dank für Ihre Anfrage.
Es gilt Koranverse brechen Hadithe, deshalb verweisen wir nochmals auf unsere Grundausagen in der PM, an der sich auch im Lichte der von Ihnen entweder nicht (Original in Arabisch) einwandfrei richtig wiedergegeben oder sogar falschen (nicht ihre Schuld) Übermittlungen der Hadithe nichts ändert.
Wir hoffen Ihnen geholfen zu haben
(Hervorhebung durch mich)

PigRace

Die Antwort war für mich ohne Ihre konkrete Frage zu kennen im ersten Moment schwer verständlich, aber der Link, den die vom Zentralrat der Muslime setzen, zeigt ausdrücklich, dass sie sich dafür einsetzen, dass es keine Strafe für den Abfall vom Islam geben soll. Offensichtlich gehen sie davon aus, dass es zwar Lehrmeinungen (Hadithe) gibt, die eine Bestrafung fordern, dass der Koran aber keine Bestrafung für Glaubensabfall fordert. D.h., sie sagen, eigentlich hat Franziskus recht, dass der WAHRE Koran keine religiöse Gewalt fordert.

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