Raphaela hat geschrieben:Der Titel des Tread sagt doch, dass es um das Verständnis von Luther geht, oder? - Nun gut in dem Fall vor allem, was die Eucharistie betrifft.
Wird er jedoch zum Zitieren herangezogen, wird dass alles nur - wie von Marcus - als Luthers Privatmeinung hingestellt.
Naja, ohne die Privatmeinung von Luther hätte es keine Reformation gegeben und wieviele der evangelischen Christen wären dann heute wohl katholisch?
Also bitte lieber der Kirche statt einer Privatmeinung nachlaufen
Wenn Luther zu Beginn der 20er Jahren des 16. Jahrhunderts die Heiligenanrufung zwar noch befürwortet, aber später, nämlich im Jahre 1537 als antichristlichen Missbrauch bezeichnet und diese Lehrmeinung in einer Bekenntnisschrift steht, kann man nicht einfach sagen, Luther sei für die Heiligenanrufung gewesen. Das wäre ja genauso als würde ein Evangelikaler einem Ex-Evangelikalen, der zur RKK übergetreten ist, immer noch nachsagen, dass seiner Meinung nach der Papst der Antichrist sei, nur weil dieser das vielleicht 10 Jahre vor seiner Konversion mal geäußert hatte.
Das damalige Kirchenvolk samt vieler Priester war zwar besonders volksfrömmig, jedoch auch sehr abergläubig und theologisch kaum gebildet. Nicht umsonst sprach sich das Konzil von Trient dafür aus, durch die Errichtung von Priesterseminaren die theologische und seelsorgerische Bildung künftiger Priester zu erhöhen. Luther erkannte wohl im Laufe der Zeit, dass solange die Heiligenanrufung und –verehrung nicht konsequent aus dem Glaubensleben der damaligen Menschen verdrängt werden, die Menschen den Heiligen zumindest insgeheim mehr Vertrauen schenken als beispielsweise Jesus Christus. Maria und die Heiligen galten eher als die Sanftmütigen, Jesus Christus eher als harter Richter. Ähnlich war es auch damals bei der Messe. Für die damaligen Katholiken bestand der Höhepunkt der Messe nicht etwa im Kommunizieren, sondern die Elevation mitzuerleben. Vor dem Kommunionsempfang hatte man eine „heilige Scheu“, weil man glaubte bzw. Angst davor hatte, den Leib Christi eventuell unwürdig zu empfangen. Außerdem waren einige Gruselgeschichten, was mit Menschen passiert, die den Leib Christi unwürdig empfangen, weit verbreitet.
Luther und seinen Anhängern ging es nicht darum, die Katholische Kirche nach ihrer Privatmeinung zu gestalten. Für sie musste das Rand nicht mehr neu empfunden werden, sondern der Achter wieder ausgebogen werden. Zwingli, Calvin die Täufer und Schwärmer sahen das natürlich anders. Es ging also um die Reorganisation des wahren katholischen Glaubens, wie er von Anfang gelehrt worden ist. Mittelpunkt sollte wieder die Person Christi und der Glaube an den Sohn Gottes sein. In den lutherischen Bekenntnisschriften finden sich nicht umsonst Dutzende Kirchenväterzitate wieder, die aufzeigen sollen, dass man nicht Neues lehrt. Natürlich konnte die Lutheraner nicht die kirchliche Tradition vorbehaltlos anerkennen. Oberster Grundsatz war und ist: „Was Christus treibet“, so dass selbst biblische Abschnitte nicht alle als gleich heilsrelevant bewertet werden. Jeder Lehre und jeder Lehrer muss sich anhand der Bibel, welche die Richtschnur ist, überprüfen lassen können. Etwas was keine biblische Grundlage hat, kann nicht als heilsrelevant gelten.
Nachdem es den Lutheranern endlich gelungen war, den wahren katholischen Glauben wiederherzustellen, traten immer mehr schwarze Schafe in den eigenen Reihen auf. Das waren vor allem die Philippisten und Kryptocalvinisten, die bereits den Grundstein für den heutigen Abfall der Landeskirchen vom wahren Glauben gelegt haben. Später spielte dann noch die preußischen Könige (Calvinisten) mit den Lutheraner böse nach. Sie wurden stets entkatholisiert. Als man in 19. Jahrhundert begann, die „Lutheraner“ mit den Reformierten in Preußen mit Zwang zu vereinigen, konnten die Genuinlutheraner nicht mehr anders handeln, als den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen und viele staatliche Repressalien in Kauf zu nehmen. Das waren die sog. „Altlutheraner“. Spätestens mit der Gründung der EKD, der auch die VELKD und ihre Gliedkirchen angehören und der Unterzeichnung der Leuenberger Konkordie, durch welche die ev.-luth. Landeskirchen letztlich ein kryptocalvnistisches Abendmahlsverständnis annahmen, nahm das landeskirchliche Luthertum in Deutschland sein Ende. In den Landeskirchen gibt es zwar noch einige wenige lutherische Bekenntnisgemeinden und auch noch manche Bekenntnislutheraner. Fakt ist aber, dass seither die SELK die größte lutherische Kirche in Deutschland ist.
Und weil das Luthertum auf das felsige Fundament der Heiligen Schrift bzw. des Evangeliums Christi baut, kann man nicht von einer Privatmeinung Luthers sprechen. Lutherische Bekenntniskirchen sehen sich auch heute noch als Teil der einen heiligen, katholischen und apostolischen Kirche an. Wem dieses Verständnis verlorengegangen ist, der mag zwar Protestant sein, Lutheraner bzw. Katholik ist er jedenfalls nicht.