Liturgie: "Reform der Reform" konkret

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Linus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Linus »

Juergen hat geschrieben:Die Frage dabei ist auch: Was ist ein Friedensgruß?
Ursprünglich sicher der Friedenskuss, aber der läßt sich wohl kaum wieder einführen.
Warum nicht. Auch wenn weibliche Golden-Agers meist despektierlich schauen wenn ich meiner Frau den Friedenskuß (Wange an Wange) gebe. Es ist ne Frage der Gewöhnung
Aber wenn der Diakon sagt: "Gebt Euch ein Zeichen des Friedens", und sich dann die Leute die Hand schütteln, frage ich mich doch, ob das Handschütteln überhaupt ein "Zeichen des Friedens" ist. Ich verbinde mit der Geste jedenfalls eine Begrüßung.
:ja:
Ist das Handschütteln eigentlich überall (international) als Friedensgruß üblich - oder ist das mal wieder "typisch deutsch"?
In Malta jedenfalls war es fast überall üblich, daß man sich lediglich zum Banknachbarn hinwendet, diesem freundlich zunickt und "pace" sagt.
ich würde sahrn mitteleuropäisch. In Japan faltet man die Hände vorm Oberkörper neigt diesen dem Nachbarn zu und schweigt dabei.
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Juergen
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Juergen »

Ich denke beim Friedensgruß müßte man ein "international neutrales"-Zeichen, im Sinne eines Zeichens, daß nicht durch etwas anderes belegt ist, finden oder aber mam müßte an dieser Stelle auf kulturelle Unterschiede eingehen und das Zeichen so anpassen, daß es je nach kulturellem Umfeld unterschiedliche Friedensgrüße gibt.

Der Kuß ist - zumindest in Deutschland - doch stark mit der Verbindung zur (sexuellen) Liebe verbunden. :kuss:
Ein Sozialist/Kommunist mag mit dem Kuß jedoch was anderes verbinden.
Und in Frankreich ist "Küßchen rechts, Küßchen links" ein häufige Begrüßungsformel - fast wie bei uns das Händeschütteln. :schmatz:

:kiss:
Gruß Jürgen

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cantus planus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von cantus planus »

Juergen hat geschrieben:Ich denke beim Friedensgruß müßte man ein "international neutrales"-Zeichen, im Sinne eines Zeichens, daß nicht durch etwas anderes belegt ist, finden oder aber mam müßte an dieser Stelle auf kulturelle Unterschiede eingehen und das Zeichen so anpassen, daß es je nach kulturellem Umfeld unterschiedliche Friedensgrüße gibt.
Ich wäre für die freundschaftliche Watschen. Das ist international neutral, hat (als früheres Element des Firmritus) eigene Tradition und ermöglicht eine subtile Abstufung des Friedenswunsches analog zum Krafteinsatz.
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michaelis
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von michaelis »

cantus planus hat geschrieben:Ich wäre für die freundschaftliche Watschen. Das ist international neutral, hat (als früheres Element des Firmritus) eigene Tradition und ermöglicht eine subtile Abstufung des Friedenswunsches analog zum Krafteinsatz.
Und bei entsprechendem Krafteinsatz hat man dann auch direkt 1 bis 2 weitere Gottesdienstteilnehmer "gefriedensgrüßt" (Billardeffekt). :pfeif:

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Linus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Linus »

cantus planus hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Ich denke beim Friedensgruß müßte man ein "international neutrales"-Zeichen, im Sinne eines Zeichens, daß nicht durch etwas anderes belegt ist, finden oder aber mam müßte an dieser Stelle auf kulturelle Unterschiede eingehen und das Zeichen so anpassen, daß es je nach kulturellem Umfeld unterschiedliche Friedensgrüße gibt.
Ich wäre für die freundschaftliche Watschen. Das ist international neutral, hat (als früheres Element des Firmritus) eigene Tradition und ermöglicht eine subtile Abstufung des Friedenswunsches analog zum Krafteinsatz.
:breitgrins: :punk:
und wie macht dann der, der keinen friedensgruß weitergerben will? :vogel: oder :patsch:
oder läuft das dann so?

http://www.youtube.com/v/1tQ4p9qKMFY&hl=de&fs=1&"
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Bernado
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

Florianklaus hat geschrieben:In den evangelisch- hochkirchlichen Messen, die ich früher besucht habe, war es üblich, daß der Zelebrant den Friedensgruß an die Mitwirkenden im Altarraum gegeben hat und diese ihn dann in die im Kirchenschiff versammelte Gemeinde weitergegeben haben (Bei größeren Gottesdiensten sind sie im Mittelgang die Reihen abgegangen). Jeder Gottesdienstbesucher hat nur einmal den Gruß erhalten und ihn auch nur einmal an seinen Banknachbarn weitergegeben (übrigens mit beiden Händen, die jeweils in die offenen Hände des Empfangenden gelegt werden. Für mich wurde so sehr schön deutlich, daß der Friede letztlich von Christus kommt. An die aktuelle Praxis in der katholischen Kirche konnte ich mich bis heute noch nicht so recht gewöhnen, so daß ich jetzt eher zu den "Vermeidern" zähle.
Das entspricht weitgehend der früheren (bis ins 18. Jah) Übung auch in der katholischen Kirche, bei der "die Pax" oft vom Paxtäfelchen begeleitet wurde. Das wurde vom Altar aus in Umlauf gesetzt und von Hand zu Hand weitergereicht und dabei mit einem Kuss oder einer kleinen Verneigung begrüßt.

Ich sage das hier nur zum Zweck der Information und nicht etwa, um diese Form als Ideal für heute zu empfehlen.
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Korbinian
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Korbinian »

Bei den Zisterziensern ist es teilweise üblich, dass nur die, die die Kommunion empfangen wollen, den Friedensgruß weitergeben. Praktisch sieht das so aus, dass sich die betreffenden Mönche in einer Zweierreihe mit Blick zum Altar aufstellen und die ersten beiden von Personen aus dem Altarraum den Frieden zugesprochen bekommen und ihn dann jeweils an die Person hinter sich weitergeben. Eventuell wäre das auch in einer kleinen Gemeinde vorstellbar.
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Linus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Linus »

Korbinian hat geschrieben:Bei den Zisterziensern ist es teilweise üblich, dass nur die, die die Kommunion empfangen wollen, den Friedensgruß weitergeben. Praktisch sieht das so aus, dass sich die betreffenden Mönche in einer Zweierreihe mit Blick zum Altar aufstellen und die ersten beiden von Personen aus dem Altarraum den Frieden zugesprochen bekommen und ihn dann jeweils an die Person hinter sich weitergeben. Eventuell wäre das auch in einer kleinen Gemeinde vorstellbar.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Korbinian »

Kenne das aber auch aus anderen Zisterzienserklöstern, z. B. Langwaden. Scheint mir also aus dem alten Zisterzienserritus zu stammen.
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Bernado
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

Korbinian hat geschrieben:Kenne das aber auch aus anderen Zisterzienserklöstern, z. B. Langwaden. Scheint mir also aus dem alten Zisterzienserritus zu stammen.
Das muß man nicht so eng sehen. Bis vor zweihundert Jahren war diese Praxis in der ganzen Kirche verbreitet - soweit nicht die Kommunionspendung aus der Messe herausgenommen war und nach der Messe oder sogar zu besonderen Anlässen stattfand.

Zisterzienser und andere Orden haben nur manchmal gewisse Dinge etwas länger bewahrt, ein eigener Ritus ist das aber noch nicht.
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Korbinian
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Korbinian »

In diesem konkreten Fall des Friedensgrußes mag das so sein, weil es da ja gar nicht so viele verschiedene Möglichkeiten gibt.
Zu den Ordensriten ist allerdings zu sagen, dass die Zisterzienser bis 1618 ein eigenes Messbuch hatten und auch heute gibt es noch ein eigenes Rituale, in dem sich besonders für die Kartage so manche Änderung zum römischen Ritus findet. Außerdem übernahmen ab 1618 zwar die Kleriker den allgemeinen Ritus, deswegen änderten aber die Mönche im Chorgestühl ihr verhalten während der Litugie noch lange nicht, sodass es zur Überschneidung zweier Riten kam, sich der römische Ritus aber selbstverständlich langsam durchsetzte und nur ein paar "Gebräuche" übrig geblieben sind.

Im Gegensatz zu den Zisterziensern, die ihren Ritus irgendwann aufgegeben haben, haben die Dominikaner ja in der außerordentlichen Form des römischen Ritus bis heute einen wirklichen eigenen Ritus!
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conscientia
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von conscientia »

Bernado hat geschrieben:
incarnata hat geschrieben:Zu den guten Vorschlägen zur reform der reform von Jürgen hinzufügen möchte ich noch:
Verbot von langatmigen Begrüssungs-und Bedanke-Mich Tiraden an Beginn und Ende des Gottesdienstes;das zweite Hochgebet sollte abgeschafft werden,der Friedensgruss von der störenden Stelle an eine weniger störende positioniert werden,die Wandlungsstille wieder eingeführt werden.
Das mit dem Friedensgruß ist so eine Sache. So wie er jetzt oft praktiziert wird, ist er ein Unding, und die Sache wird nicht dadurch besser, daß er gerade deshalb von vielen Messbesuchern als "Gipfel und Höhepunkt" der sonntäglichen Eucharistie empfunden wird.

Aber eine Verschiebung in den Bereich der Gabenbereitung, über die in Rom nachgedacht und die wohl auch von Papst Benedikt erwogen wird, weckt auch Bedenken: Im römischen Ritus war der Friedensgruß immer in die Vorbereitung der Kommunion einbezogen. Ihn wo ganz anders hin zu verschieben, riecht ein wenig nach Liturgie aus dem Geist der Machbarkeit.

Wenn man also den Ort beibehalten sollte, müßte man intensiv über die Art der Durchführung nachdenken, damit es nicht wieder zu den Störungen im Ablauf der Messe kommt, wegen derer der Austausch des Friedensgrußes schon vor über 1000 Jahren auf den Bereich des Altarraums beschränkt wurde.

Auf jeden Fall müßte man sicherstellen, daß wieder versinnbildlicht wird, daß der Friede, den man sich da wünscht, vom Altar ausgeht und nicht vom Banknachbarn. Es gibt Leute, die rufen dann laut und vernehmlich "Paxtäfelchen" - aber so recht vorstellen kann ich mir das auch nicht.
Vielleicht hat es am meisten Sinn, aus dem Friedensgruß an der momentanen Stelle kein Shaking-hands zu machen und gerade einmal den Nachbarn rechts und links die Hand zu reichen, ihnen dabei aber auch richtig in die Augen zu schauen. Das gilt imho auch für den Fall, dass der Friedensgruß, wie es der Papst ja angeblich erwägt, mit Schuldbekenntnis und "Vater unser" schon nach Evangelium (und Predigt) vollzogen wird: Evangelium, Schuldbekenntnis, "Vater unser", Friedensgebet und -gruß. Warum nicht? Den Friedensgruß so ohne weiteres abschaffen wird man nicht mehr können, aber eine Gemeinde lässt sich durchaus dazu anhalten, ihn nicht zum Shaking-hands verkommen zu lassen.

ABER: WARNUNG: Wer lehrt, der Friede "gehe vom Altar aus" und darum müssten die Ministranten den Frieden vom Altar in die Gemeinde bringen, fördert letztendlich die Shaking-hands-Unkultur, weil man ja die Friedensboten (= Messdiener) dann zum Friedenbringen anhält.

Gruß
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Jacinta
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Jacinta »

conscientia hat geschrieben: Vielleicht hat es am meisten Sinn, aus dem Friedensgruß an der momentanen Stelle kein Shaking-hands zu machen und gerade einmal den Nachbarn rechts und links die Hand zu reichen, ihnen dabei aber auch richtig in die Augen zu schauen. Das gilt imho auch für den Fall, dass der Friedensgruß, wie es der Papst ja angeblich erwägt, mit Schuldbekenntnis und "Vater unser" schon nach Evangelium (und Predigt) vollzogen wird: Evangelium, Schuldbekenntnis, "Vater unser", Friedensgebet und -gruß. Warum nicht? Den Friedensgruß so ohne weiteres abschaffen wird man nicht mehr können, aber eine Gemeinde lässt sich durchaus dazu anhalten, ihn nicht zum Shaking-hands verkommen zu lassen.
Das hielte ich für sinnvoll, wenn man ihn schon unbedingt beibehalten muss.
ABER: WARNUNG: Wer lehrt, der Friede "gehe vom Altar aus"
Nicht nur der Friede... Ich habe oft den Eindruck, dass viele Messen zu einem Dialog Priester - Gemeinde verkommen, in dem Gott nur noch stummer und im Grunde überflüssiger Zaungast ist. Sollte sich nicht die Gemeinde (vermittelt durch den Priester am Altar) in der Messe allein zu Gott hinwenden und nicht zu Menschen?
"In necessariis unitas, in non-necessariis libertas, in utrisque caritas."
"Man muss sich aber klarmachen, dass Krisenzeiten des Zölibats auch immer Krisenzeiten der Ehe sind." BXVI.

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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von michaelis »

conscientia hat geschrieben:(...) und gerade einmal den Nachbarn rechts und links die Hand zu reichen, (...)
Wie der Pfarrer meiner Jugendgemeinde mal sehr schön gesagt hat:

"Je mehr Menschen man den Friedensgruß gibt, umso mehr schließt man die anderen aus."

Will sagen: Den Friedensgruß nur den Banknachbarn zu geben ist eine eindeutige symbolische Geste, die daher die ganze Gemeinde meint. Je zahlreicher ich diese Geste aber gebe, umso weniger ist sie noch "symbolisch".

Korbinian
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Korbinian »

Vielleicht wäre es ein Anfang den Friedensgruß ersteinmal ganz weg zu lassen. Im Messbuch steht der Friedensgruß meines Wissens fakultativ und Messen ohne Friedensgruß habe ich als sehr konzentriert erfahren.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von ad-fontes »

Korbinian hat geschrieben:Vielleicht wäre es ein Anfang den Friedensgruß ersteinmal ganz weg zu lassen. Im Messbuch steht der Friedensgruß meines Wissens fakultativ und Messen ohne Friedensgruß habe ich als sehr konzentriert erfahren.
Man bekommt ja fast den Eindruck, als sei der Friedensgruß eine ansteckende Krankheit, wenn man die diesebzüglichen Beiträge hier und dort so liest. Meine Imaginationskraft reicht nur nicht aus, um sich hier grobe Mißtände oder -bräuche vorzustellen..

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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von ad_hoc »

Korbinian hat geschrieben:Vielleicht wäre es ein Anfang den Friedensgruß ersteinmal ganz weg zu lassen. Im Messbuch steht der Friedensgruß meines Wissens fakultativ und Messen ohne Friedensgruß habe ich als sehr konzentriert erfahren.
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Gruß, ad_hoc
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Bernado
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

ad-fontes hat geschrieben: Man bekommt ja fast den Eindruck, als sei der Friedensgruß eine ansteckende Krankheit, wenn man die diesebzüglichen Beiträge hier und dort so liest. Meine Imaginationskraft reicht nur nicht aus, um sich hier grobe Mißtände oder -bräuche vorzustellen..

..so what's wrong with the peace? Bild
Nein, der Friedensgruß ist keine Krankheit, nur ein Symptom.

In manchen Gemeinden geht zum Paternoster ein regelrechtes Aufatmen durch die Reihen: Die Präfation, bei der der Priester da am Altar sein unverständliches und irgendwie vielleicht doch nicht mehr ganz zeitgemäßes Ding gemacht hat, ist endlich zu Ende, beim Vaterunser fassen wir uns jetzt alle an den Händen (soweit wir sie nicht in Orantenstellung priesterlich erheben), und beim Friedensgruß lassen wir Gemeinde Wirklichkeit werden...

Eigentlich wäre gegen den Friedensgruß wenig zu sagen, aber so wie er vielfach praktiziert wird, unterstreicht er die Überbetonung der horizontalen Dimension. Und da vielen Leuten an dieser Überbetonung sehr viel gelegen ist, würde es in solchen Gemeinden tatsächlich kaum möglich sein, die Händeschüttelei einfach wegzulassen. Es gäbe einen kleinen oder großen Aufstand.

Nach 4 Jahrzehnten Tiefflug-Katechese ist der Sensus Fidelium oft nicht mehr das, was er einmal war.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von martin v. tours »

das problem des friedensgrusses ist hauptsächlich ein problem des zeitpunkts.
gerade im kernbereich der heiligen messe,will ich mich auf das geschehen konzentrieren,dann fängt das gerenne und händeschütteln an.
das stört mich.
frage an die experten hier?
liesse sich der friedensgruss "verschieben"???

martin v. tours
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von taddeo »

martin v. tours hat geschrieben:frage an die experten hier?
liesse sich der friedensgruss "verschieben"???

martin v. tours
Frag mal lieber den Experten auf der Kathedra Petri ... ;D

Joseph Ratzinger hat schon vor Jahren festgestellt, daß der Friedensgruß im Bereich der Gabenbereitung besser aufgehoben wäre - Petra hat schon mal drauf hingewiesen im Friedensgruß-Thread (Ratzinger, "Der Geist der Liturgie" S. 146).

Und möglicherweise sind entsprechende Änderungen in der Gottesdienst-Kongregation schon in Arbeit.

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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von cantus planus »

Dem Neokatechumenat wurde diese Praxis ja ausdrücklich gestattet.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:
martin v. tours hat geschrieben:frage an die experten hier?
liesse sich der friedensgruss "verschieben"???

martin v. tours
Frag mal lieber den Experten auf der Kathedra Petri ... ;D

Joseph Ratzinger hat schon vor Jahren festgestellt, daß der Friedensgruß im Bereich der Gabenbereitung besser aufgehoben wäre - Petra hat schon mal drauf hingewiesen im Friedensgruß-Thread (Ratzinger, "Der Geist der Liturgie" S. 146).

Und möglicherweise sind entsprechende Änderungen in der Gottesdienst-Kongregation schon in Arbeit.
Zumindest waren sie in Arbeit. Josef Ratzinger als Kenner der Liturgie weiß natürlich auch, daß eine Verschiebung des Friedensgrußes im Sinne einer Organischen Entwicklung des römischen Ritus problematisch ist - die Pax stand immer im Zusammenhang mit der Kommunion. Nachdem einige Liturgiehistoriker öffentlich daran erinnert haben, scheint der Papst es sich noch einmal zu überlegen.

Er wird wohl abwägen, ob eine Verschiebung mehr praktische Probleme heilt, als sie theoretische Probleme aufwirft. Keine leichte Entscheidung - aber dafür ist er der Papst.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von ad-fontes »

martin v. tours hat geschrieben:das problem des friedensgrusses ist hauptsächlich ein problem des zeitpunkts.
Das einzige, was mir bisher problematisch schien, ist die Aufeinanderfolge von Händeschütteln und Handkommunion.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Jacinta »

ad-fontes hat geschrieben:
martin v. tours hat geschrieben:das problem des friedensgrusses ist hauptsächlich ein problem des zeitpunkts.
Das einzige, was mir bisher problematisch schien, ist die Aufeinanderfolge von Händeschütteln und Handkommunion.
Man muss ja weder das eine noch das andere mitmachen. Meiner Erfahrung nach kann man sich leichter der Handkommunion als dem Friedensgruss entziehen.
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von ad-fontes »

ad-fontes hat geschrieben:
conscientia hat geschrieben:Klar.
Aber dann müsste auch klar sein: der Stand, der um das Jahr 1 herum in West wie Ost erreicht war.
Als Stichtagsregelung? Und alles, was nicht vor dem terminus ante quem da war, gehört verbannt? Kann schnell zu Archäologismus führen.

Man bräuchte klare Kriterien, um einen früheren Zustand als "besser" gegenüber dem des Jahres 1 bewerten als auch spätere Entwicklungen als berechtigt gelten lassen zu können.

Bisher rufen die einen "6!", die anderen "2!" und die dritten "Urkirche!". Wenn's aber auf persönlichen Vorlieben beruht, sind's Geschmacksfragen und über die läßt sich bekanntlich nicht streiten.
viewtopic.php?f=22&t=9129&start=1152

Also, man findet Anhaltspunkte, daß es in einem sehr frühen Stadium der römischen Liturgie drei Lesungen gab, aber deswegen die gesamte tradierte Leseordnung über den Haufen werfen? (Guardini war wohl der erste, der einen mehrjährigen Zyklus forderte, bereits 1942).

Daher meine Frage: Welche Entwicklungsstufe der Liturgie sollte man bei einer Reform (auch bei einer "Reform der Reform") zugrundelegen? Und was sind die Kriterien für Blüte und Verfall?

Erlag nicht schon Karl der Große der Versuchung oder vielmehr dem Phantasma einer "Liturgiereform"*, als er Papst Hadrian um die Übersendung eines Sacramentarium Gregorianum bat und dabei die geniale Leistung des/der Kompilators/en (?) der Gelasiana s. VIII verkannte?

*sicher, die redliche Absicht, den reinen, unverfälschten römischen Brauch einzuführen ist als Wunsch verständlich, doch von woher ist er abschließend zu erfüllen?
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Bernado
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

ad-fontes hat geschrieben: Daher meine Frage: Welche Entwicklungsstufe der Liturgie sollte man bei einer Reform (auch bei einer "Reform der Reform") zugrundelegen? Und was sind die Kriterien für Blüte und Verfall?

Erlag nicht schon Karl der Große der Versuchung oder vielmehr dem Phantasma einer "Liturgiereform"*, als er Papst Hadrian um die Übersendung eines Sacramentarium Gregorianum bat und dabei die geniale Leistung des/der Kompilators/en (?) der Gelasiana s. VIII verkannte?

*sicher, die redliche Absicht, den reinen, unverfälschten römischen Brauch einzuführen ist als Wunsch verständlich, doch von woher ist er abschließend zu erfüllen?
Die Suche nach dem"goldenen Zeitalter" führt m.E. notwendigerweise in die Irre, und das aus mehreren Gründen.

Wir wissen ja gar nicht, was die Sakramentare der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends wirklich wiedergeben: Waren es wortgenaue Messbeschreibungen, waren es Gedächtnisstützen, waren es Aufzeichnungen dessen, was als wünschenswert galt - und wenn ja: für wen und wo?

Hinter dem Archäologismus des 20. Jh. versteckt sich oft genug nur der Wunsch, die eigenen Vorstellungen mit höheren historischen Weihen zu versehen. Dabei scheut man auch keine Inkonsequenz: Die gleichen "Liturgiewissenschaftler", die unentwegt die schlichte Einfachheit des Ritus des 3. Jah. (von dem sie wenig wissen) rühmen, würden wahrscheinlich eher zum Islam konvertieeren, als die ebenso schlichte Strenge der Bußpraxis jener Zeit zu akzeptieren (von der wir deutlich mehr wissen).

Und dann: Wie sollen wir denn mit den historischen Zufügungen, den Jahresringen am Baum des Ritus umgehen? War die "schlichte Einfachheit" der ersten Jahrhunderte Ausdruck von Wahrheit - oder nur Ausfluß der Bedingungen der Illegalität?

Waren die späteren Adaptionen imperialer und dann feudaler Ehrfurchts- und Ehrerbietungsformen nur Wildwuchs aus mangelnder Treue zum Ursprünglichen - oder fügten sie nur in je zeitgemäßem Gewand das hinzu, was schon immer dazu gehört hätte? Und können wird diese Zeitbedingtheiten der Feudalzeit oder des Barock heute einfach wegschneiden -oder landen wir dann zwangsläufig bei der Entsakralisierung?

Wird alles, was heute zur Betonung der "horizontalen" Ebene im Ritus praktiziert wird, eines Tages verworfen werden müssen - oder wird sich auch daraus an einigen Stellen wertvolles Erbe, echter "Zu-Wachs" entwickeln, wenn erst einmal die Übertreibungen und Ungleichgewichte des 20. Jh. überwunden sind?

Falls auch darin Bewahrenswertes gefunden wird, könnte es stellenweise ähnlich aussehen wie manches, was wir aus den ersten Jahrhunderten vermuten - aber es wäre dann kein archäologisches Implantat, sondern Ausdruck einer organischen Entwicklung in der Zeit, die man sich duchaus auch ein wenig im Sinne der Hegelschen Dialektik vorstellen darf.

Zur organischen Entwicklung, die im Prinzip immer nach vorne führt, gibt es in den Formen der Liturgie keine Alternative. Es wäre also darüber nachzudenken, was "organische Entwicklung" ist, wie man sie beschreibt und herbeiführt. Dabei scheint mir eines auf der Hand zu liegen: Jeder Eingriff, der zu seiner Legitimierung und Durchsetzung zu dem Mittel greift, vorherige Entwicklungsstufen zu verbieten oder zu delegitimieren, kann nicht als Ergebnis einer "organischen Entwicklung" anerkannt werden.
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taddeo
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von taddeo »

:ikb_notworthy:

Kilianus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Kilianus »

Bernado hat geschrieben: Jeder Eingriff, der zu seiner Legitimierung und Durchsetzung zu dem Mittel greift, vorherige Entwicklungsstufen zu verbieten oder zu delegitimieren, kann nicht als Ergebnis einer "organischen Entwicklung" anerkannt werden.
Damit habe ich deutliche (Verständnis-?)Probleme. Das klingt für mich so, als würdest Du sämtliche Veränderungen delegitimieren, die sich in 2000 Jahren Liturgiegeschichte so zugetragen haben. Wenn wir von rein additiven Einschüben mal absehen, hat jede Veränderung zur Folge, daß Elemente einer früheren Entwicklungsstufe verschwinden. Und wenn die Veränderung verbindlich ist, dann sind diese Elemente eben auch verboten.

Daß Elemente früherer Entwicklungsstufen wieder abgeschafft wurden, ist jedenfalls prinzipiell keine Erfindung der jüngsten Liturgiereform. Lettner werden jedenfalls schon ein paar Jahre länger nicht mehr gebaut. Ja, sogar abgerissen hat man sie. (Obwohl sie oft ebenso hervorragende Kunstwerke waren wie mancher Hochaltar, der in den letzten Jahrzehnten draufgegangen ist.)

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ad-fontes
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von ad-fontes »

Kilianus hat geschrieben:Und wenn die Veränderung verbindlich ist, dann sind diese Elemente eben auch verboten.
geht auch piktographisch:
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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cantus planus
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von cantus planus »

ad-fontes hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:Und wenn die Veränderung verbindlich ist, dann sind diese Elemente eben auch verboten.
geht auch piktographisch:
:daumen-rauf:
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Niels
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Niels »

cantus planus hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:Und wenn die Veränderung verbindlich ist, dann sind diese Elemente eben auch verboten.
geht auch piktographisch:
:daumen-rauf:
:ja:
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Bernado
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Re: Liturgie: "Reform der Reform" konkret

Beitrag von Bernado »

Kilianus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben: Jeder Eingriff, der zu seiner Legitimierung und Durchsetzung zu dem Mittel greift, vorherige Entwicklungsstufen zu verbieten oder zu delegitimieren, kann nicht als Ergebnis einer "organischen Entwicklung" anerkannt werden.
Damit habe ich deutliche (Verständnis-?)Probleme. Das klingt für mich so, als würdest Du sämtliche Veränderungen delegitimieren, die sich in 2000 Jahren Liturgiegeschichte so zugetragen haben. Wenn wir von rein additiven Einschüben mal absehen, hat jede Veränderung zur Folge, daß Elemente einer früheren Entwicklungsstufe verschwinden. Und wenn die Veränderung verbindlich ist, dann sind diese Elemente eben auch verboten.

Daß Elemente früherer Entwicklungsstufen wieder abgeschafft wurden, ist jedenfalls prinzipiell keine Erfindung der jüngsten Liturgiereform. Lettner werden jedenfalls schon ein paar Jahre länger nicht mehr gebaut. Ja, sogar abgerissen hat man sie. (Obwohl sie oft ebenso hervorragende Kunstwerke waren wie mancher Hochaltar, der in den letzten Jahrzehnten draufgegangen ist.)
Die Verständnis-Probleme dürften sich beheben lassen, wenn Du liest, was ich geschrieben hatte: Nicht "Elemente früherer Entwicklungsstufen", sondern "frühere Entwicklungsstufen". Außerdem hatte ich nicht geschrieben, damit würde die Reform "illegitim", sondern man könne sie nicht mehr als "Ergebnis einer organischen Entwicklung" ansehen. Und schließlich hatte ich nicht von "abschaffen" allein gesprochen, sondern von "delegitimieren" - das geht darüber hinaus.

Die Reform von 1969 hat soviele Einzelelemente abgeschafft und soviele Grundzüge der bestehenden Liturgie verändert, daß man sagen kann, m. E. sogar sagen muß, sie habe eine ganze Entwicklungsstufe betroffen. Gleichzeitig wurde offiziell und inoffiziell alles getan, um die frühere Entwicklungsstufe zu delegitimieren - das geht hin bis zu jenen Theologieprofessoren, die heute behaupten, sie könnten es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, den römischen Kanon zu beten. Damit delegitimieren sie 1700 Jahre Tradition der Kirche - meinen sie. In Wirklichkeit delegetimieren sie durch diesen schismatischen Akt nur sich selbt.

Daraus ergibt sich allerdings noch nicht die Illegitimität der damaligen Reform, sondern nur die Tatsache, daß sie keiner "organischen Entwicklung" entsprang. Sie hat, wie Oberreformer Jean Danielou befriedigt feststellte, dazu geführt, daß "der römische Ritus nicht mehr existiert" und ein neuer an dessen Stelle getreten ist. An der Legitimität dieses Aktes kann man zweifeln, um sich dann vielleicht zähneknirrschend zum Gehorsam zu bequemen - an seiner Klugheit muß man zweifeln, wenn man die heutigen Ergebnisse betrachtet.

Was die Zerstörung der Lettner betrifft, so war das kein unmittelbarer Eingriff in die Liturgie, aber doch in vielfacher Hinsicht eine Barbarei, die ähnlich wie heute die Schleifung der Hochaltäre einer gedanklichen Engführung bezüglich einer im Prinzip sinnvollen Reformidee entsprach. Um hier nicht in eine Diskussion zu geraten, die vielleicht auch schon an anderer Stelle geführt wurde, nur eine ganz kurze Skizze:

Wo ein Hochaltar weit hinten im Chor stand, der von einem Lettner gegen das Hauptschiff abgeteilt wurde, wurde die Messe für das Volk am Kreuzaltar vor dem Lettner oder an einem der Säulenaltäre gefeiert, die den Lettner begrenzten. Der Chor war das, was der Name sagt: Raum für das Chorgebet und die Konventsmesse der Chorherren oder Kanoniker, die an der jeweiligen Kirche stationiert waren. Erst mit dem Abbruch des Lettners samt Kreuzaltar entstand die unglückliche Situation, daß das Volk - das immer noch im Hauptschiff stand und den Chor nicht betrat - so weit vom Altar entfernt stehen mußte. Ein typisches Beispiel dafür, wie eine Reform, die im Prinzip gut gemeint war, ihr Ziel verfehlte und das Gegenteil des gewollten erreichte.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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