Katholischer Gehorsam - Was ist das?

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Marion
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Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Können wir hier bitte Lehren zusammensuchen was genau unter Gehorsam zu verstehen ist?
Raphael hat geschrieben:Ist Dir eigentlich bekannt, daß es neben dem Aquinaten noch andere Heilige der katholischen Kirche gibt? :roll:
Auch andere Kirchenlehrer als unser Thomas sind selbstverständlich gerne gesehen.

Und lasst bitte die FSSPX hier mal kurz raus, auch wenn es noch so in den Fingern juckt. Wenn wir fertig sind und wissen was Gehorsam ist können wir in der Sakramentskapelle prüfen.
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

Marion hat geschrieben:Können wir hier bitte Lehren zusammensuchen was genau unter Gehorsam zu verstehen ist?
Raphael hat geschrieben:Ist Dir eigentlich bekannt, daß es neben dem Aquinaten noch andere Heilige der katholischen Kirche gibt? :roll:
Auch andere Kirchenlehrer als unser Thomas sind selbstverständlich gerne gesehen.

Und lasst bitte die FSSPX hier mal kurz raus, auch wenn es noch so in den Fingern juckt. Wenn wir fertig sind und wissen was Gehorsam ist können wir in der Sakramentskapelle prüfen.
Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!

Gehorsam ist immer und überall derselbe.

Genausowenig wie es eine speziell katholische Moral gibt. Wenn eine Moral gilt, dann gilt diese für alle und jeden; unabhängig davon, welchem religiösen Bekenntnis er folgt oder welchem Glauben er anhängt.


Zur Sache:
Gehorsam ist, wer den Willen eines Anderen erfüllt und seinen eigenen Willen hintan stellt!
Diese Definition impliziert, daß der "Wille des Anderen" von dem Gehorsamen nichts Ungebührliches verlangt, mithin nicht dem natürlichen Sittengesetz (als anderer Begriff für Morallehre) entgegengerichtet ist.

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

Gehorsam ist, wer den Willen eines Anderen erfüllt und seinen eigenen Willen hintan stellt!
Vielleicht kann man noch weiter "kürzen":

==> Gehorsam ist das Befolgen einer Anweisung!

Die Person die Gehorsam leistet...
a) ...befolgt unter bestimmten Bedingungen freiwillig die Anweisung
b) ...befolgt unter bestimmten Bedingungen unfreiwillig die Anweisung
c) ...befolgt die Anweisung bedingungslos

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

...und was den Begriff des "katholischen" Gehorsams betrifft, glaube ich in Ergänzung zu Raphaels Ausführungen CIC CAN 209 bis 214 erwähnen zu dürfen. Und für den Fall, den Gott stets verhüten möge, daß tatsächlich "Ungebührliches verlangt" werden würde, steht sogar ausdrücklich CIC CAN 212 §3 zur Verfügung um auf dieser Basis eine Klärung/Schlichtung/Einigung herbeizuführen.

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Marion
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Raphael hat geschrieben:Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!
Im CIC (Link von Paul Heliosch) wird der Begriff christlicher Gehorsam benutzt. Das wird also schon irgend etwas spezifischereres als der nackte Begriff Gehorsam sein.

Paul Heliosch,
Ich sehe zwar dieses Wort Gehorsam im von dir verlinkten CIC Abschnitt aber keine Erklärung dazu was oder wem und unter welchen Bedingungen nun Gehorsam zu leisten oder zu verweigern ist und auch keine weiterführende Erklärung was Gehorsam bedeutet.
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songul
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von songul »

Marion hat geschrieben:Ich sehe zwar dieses Wort Gehorsam im von dir verlinkten CIC Abschnitt aber keine Erklärung dazu was oder wem
Was verstehst du denn unter Gehorsam?

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Marion
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Raphael hat geschrieben:Zur Sache:
Gehorsam ist, wer den Willen eines Anderen erfüllt und seinen eigenen Willen hintan stellt!
Diese Definition impliziert, daß der "Wille des Anderen" von dem Gehorsamen nichts Ungebührliches verlangt, mithin nicht dem natürlichen Sittengesetz (als anderer Begriff für Morallehre) entgegengerichtet ist.
Mit Hilfe von was muss man prüfen ob etwas Ungebührliches verlangt wird?
songul hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Ich sehe zwar dieses Wort Gehorsam im von dir verlinkten CIC Abschnitt aber keine Erklärung dazu was oder wem
Was verstehst du denn unter Gehorsam?
Mich interessiert was die katholische Lehre darunter versteht damit ich weiß was richtig ist. Mein momentanes Wissen dazu ist möglicherweise nicht geeignet unters Volk gemischt zu werden. Deswegen sage ich es nicht und warte auf Antworten und stelle Fragen
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Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

Marion hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!
Im CIC (Link von Paul Heliosch) wird der Begriff christlicher Gehorsam benutzt. Das wird also schon irgend etwas spezifischereres als der nackte Begriff Gehorsam sein.
Das hängt damit zusammen, daß der CIC kodifiziertes Recht ist.
Kodifiziert heißt: Er ist in Normen gefaßtes positives Recht und gilt für die Mitglieder einer Rechtsgemeinschaft. Diese Rechtsgemeinschaft wird beim CIC aus den Mitgliedern der lateinischen Kirche gebildet.

Meine weiter oben dargelegte Definition ist umfassender, da sie sich auf ungeschriebenes Recht, welches dem positiven Recht vorgelagert ist, bezieht. Dieses vorgelagerte Recht heißt bei Katholiken "Naturrecht", denn es ergibt sich aus den natürlichen (sic!) Gegebenheiten der Schöpfung

Thomas_de_Austria
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Wann tritt der Fall ein, dass es nicht notwendig ist "in allem" zu gehorchen?

1.) Wegen des Gebots einer höheren Gewalt, die der niederen Gewalt widerspricht.

2.) Wenn der Obere dem Untergebenen etwas befiehlt, für das der Obere keine Befehlsgewalt hat.

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

Marion hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!
Im CIC (Link von Paul Heliosch) wird der Begriff christlicher Gehorsam benutzt. Das wird also schon irgend etwas spezifischereres als der nackte Begriff Gehorsam sein.

Paul Heliosch,
Ich sehe zwar dieses Wort Gehorsam im von dir verlinkten CIC Abschnitt aber keine Erklärung dazu was oder wem und unter welchen Bedingungen nun Gehorsam zu leisten oder zu verweigern ist und auch keine weiterführende Erklärung was Gehorsam bedeutet.
Ich denke schon, daß es möglich ist aus CIC CAN 212 §1 eine Antwort abzuleiten, hierzu nochmal den gültigen Originaltext:
CIC CAN 212 §1 hat geschrieben:Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewußtsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen.


Hierzu stelle ich zunächst den obigen Satz mögl. sinnbelassend um und exzerpiere ihn der besseren Übersicht halber zweiteilig:

1.
==> Christlicher Gehorsam besteht darin im Bewusstsein der eigenen Verantwortung das von den geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens Erklärte zu befolgen.

2.
==> Christlicher Gehorsam besteht darin im Bewusstsein der eigenen Verantwortung das von den geistlichen Hirten als Leiter der Kirche Bestimmte zu befolgen.

(einstweilige) Begriffsdefinition
- "Geistliche Hirten in Stellvertretung Christi" = Der Hl. Vater (Bischof in der Eigenschaft als Papst)
- "Geistliche Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens" = Päpste "ex Cathedra"
- "Geistliche Hirten als Leiter der Kirche" = Bischöfe

Meine Interpretation...
...zu 1.
Das von den geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens "Erklärte" bezieht sich auf sog. Dogmen, also Lehrsätze, die vom Papst ex cathedra verkündet sind.
...zu 2.
Das bischöflich "Bestimmte" bezieht sich auf alles andere jenseits des ex cathedra Erklärten
dennoch aber nicht minder zu Befolgenden.

Hinsichtlich der Definition des christlichen Gehorsams folgt daraus jeweils die Kurzform:

Kurzform zu 1.:
==> "Gehorsam ist das vom obersten Hirten (dem Papst) Ex Cathedra Erklärte befolgen"

Kurzform zu 2.:
==> "Gehorsam ist das von den Hirten (den Bischöfen) Bestimmte befolgen"

Dazu ein...
...Beispiel zu 1.:
Der Papst verkündet Ex Cathedra die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel.
==> Der Gehorsam besteht in der gläubigen Annahme dieser Tatsache durch die Gläubigen eines
jeden kirchlich-hierarchischen Standes (Papst => Bischof => Priester => Gläubige),
auch wenn sich diese Tatsache dem Verstehen aufgrund begrenzten Intellekts hartnäckig entzieht.

...Beispiel zu 2.:
Die Gläubigen haben unmittelbar vor dem Empfang der Hl. Kommunion eine Ehrfurchtsbezeugung
vor dem eucharistischen Herrn zu leisten.
==> Der Gehorsam besteht in der Umsetzung der Anweisung durch die Gläubigen eines jeden
kirchlich-hierarchischen Standes (Papst => Bischof => Priester => Gläubige): Es wird folglich
ab sofort eine Ehrfurchtsbezeugung vor dem eucharistischen Herrn - vielleicht da und dort entgegen bisheriger Praxis - geleistet.

Fazit:
Der christliche Gehorsam ist das Befolgen einer bischöflichen Anweisung.

Raimund J.
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raimund J. »

Was macht man, wenn das Gewissen mit dem Gehorsam ringt?
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

Raimund Josef H. hat geschrieben:Was macht man, wenn das Gewissen mit dem Gehorsam ringt?
... da gibt's m.E. keinen Zweifel:
Dem folgen, der den Ringkampf "gewonnen" hat... :roll: - wenn sich jedoch später der vermeintliche "Gewinner" als Fehlentscheidung herausstellt, muß ohne Verzug die Umkehr erfolgen!

Zur - unter ganz bestimmten Umständen bestehenden - Rechtfertigung des sog. "irrenden" Gewissens gibt es übrigens eine ausgezeichnete katholische (verbindlich im Gehorsam zu verinnerlichende) Doku ==> KKK: Das irrende Gewissen
Zuletzt geändert von Paul Heliosch am Freitag 6. August 2010, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.

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ad-fontes
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

Definition nach der Formula Professionis fidei (Versio Germanica, 1960):
Ich erkenne die heilige, katholische und apostolische römische Kirche als aller Kirchen Mutter und Lehrmeisterin an, verspreche und gelobe dem Papst in Rom, dem Nachfolger des Apostelfürsten Petrus und Statthalter Christi auf Erden, aufrichtigen Gehorsam.
Das paßt insofern hierhin, da Robert im "Warum die FSSPX böse ist"-Strang geschrieben hat, er sei nur indirekt dem Papst - durch seinen Ortsbischof - unterstellt, und vor längerer Zeit fragte, "Gehorsam worin?"
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Gamaliel
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!
Im CIC (Link von Paul Heliosch) wird der Begriff christlicher Gehorsam benutzt. Das wird also schon irgend etwas spezifischereres als der nackte Begriff Gehorsam sein.
Das ist richtig bemerkt (Raphael liegt falsch) und Paul H. hat diese Spezifikationen, soweit sie das Kirchenrecht vornimmt, in seiner Darlegung von c. 212 §1 auch ganz gut aufgezeigt.

(Neben diesem bzw. innerhalb dieses "christlichen Gehorsams" des Kirchenrechts, der alle Gläubigen betrifft, wäre noch der "kanonische Gehorsam" zu erwähnen. Er benennt sich nach den Kanones des kirchlichen Gesetzbuchs, die Inhalt und Umfang dieses Gehorsams regeln und zwar im Hinblick auf jene, die bestimmte Dienste und Ämter innerhalb der Kirche ausüben.)

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Gamaliel
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

@Paul Heliosch

Deiner Darlegung zu c. 212 §1 CIC/1983 stimme ich weitgehend zu (lediglich die Zuordnung der Gehorsamsbegriffe zu den einzelnen Personengruppen ist etwas unvollständig).

Ich gliedere den Paragraphen folgendermaßen auf:

Unterscheidung zwischen zwei "Spielarten" des christlichen Gehorsams:

a) Glaubensgehorsam bzw. "Verstandes- und Willensgehorsam"

Bezieht sich auf die:

- Glaubenswahrheiten (Papst & allgemeines Konzil => Unfehlbarkeit)
- jene Lehren, die vom authentischen Lehramt vorgelegt werden (Papst, Partikularkonzil, einzelner Bischof => keine Unfehlbarkeit)

b) Gesetzesgehorsam

Bezieht sich auf Gesetze und Anordnungen der kirchlichen Obrigkeit. Er gilt für alle Gläubigen, in höherem Maße jedoch von denen, die ein kirchliches Amt innehaben (kanonischer Gehorsam).

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Niels
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Niels »

Was mache ich als einfacher Gläubiger, wenn mein Pfarrer seinem Bischof und dem Papst und mein Bischof wiederum selbst dem Papst gegenüber ungehorsam sind und beide - Pfarrer wie Bischof - außerdem häretische Ansichten fördern und/oder selbst vertreten?
:detektiv:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

ad-fontes hat geschrieben:Definition nach der Formula Professionis fidei (Versio Germanica, 1960):
Ich erkenne die heilige, katholische und apostolische römische Kirche als aller Kirchen Mutter und Lehrmeisterin an, verspreche und gelobe dem Papst in Rom, dem Nachfolger des Apostelfürsten Petrus und Statthalter Christi auf Erden, aufrichtigen Gehorsam.
Das paßt insofern hierhin, da Robert (...) vor längerer Zeit fragte, "Gehorsam worin?"
@ad-fontes: Vielen Dank(!) für Deinen diskreten Hinweis auf den "Gehorsam worin?"-Thread. ... es ging Robert damals sogar vielmehr um >>"Unterwerfung" worin?<<

Gestattet, daß ich meine damalige Antwort hier wiederhole:
[url=http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=305123#p305123]Hier[/url] Paul Heliosch hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Wer zur Gemeinschaft der Kirche gehören will, muß sich dem Amt unterwerfen.
Worin?
Was meinst du bitte?
Ich fragte, worin er sich unterwerfen müsse.
In Allem.
Ein bekannter englischer Exeget gibt uns eine erleuchtende Auslegung jener Evangeliumsstelle, in der der Hauptmann von Kapharnaum erklärt: "Auch ich muß Befehlen gehorchen, und ich habe selber Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es" (Lk 7,8). Aufgrund der Tatsache, daß der Hauptmann seinen Übergeordneten, und letztendlich dem Kaiser, unterworfen, das heißt gehorsam ist, kann er Befehle geben, die auf der Autorität des Kaisers gründen. Seine Soldaten gehorchen ihm, weil er seinerseits gehorcht und seinem Übergeordneten unterworfen ist.

Ebenso, denkt er, ist es auch für Jesus Gott gegenüber. Da er in Gemeinschaft mit Gott steht und Gott gehorsam ist, steht die Autorität Gottes hinter seinen Anordnungen. Deshalb kann er seinem Diener auftragen, gesund zu werden, und er wird gesund. Er kann der Krankheit befehlen, ihn zu verlassen, und sie verläßt ihn (vgl. C. H. Dodd, Der Gründer des Christentums).

Es ist die Stärke und die Einfachheit dieses Arguments, die Jesus Bewunderung entlocken und ihn ausrufen lassen, er habe in Israel noch nie einen so großen Glauben vorgefunden. Der Hauptmann hat erkannt, daß die Autorität Jesu und seine Wunder von dessen vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Vater herstammen, wie uns Jesus auch selbst im Evangelium nach Johannes mitteilt:"Er, der mich gesandt hat, ist bei mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich immer das tue, was ihm gefällt" (Joh 8,29).

Der Gottesgehorsam fügt seiner Autorität das Ansehen bei, das heißt eine wirkliche und wirksame und nicht lediglich eine nominale Macht des Amtes, also gewissermaßen eine ontologische und nicht nur eine legale Macht. Der heilige Ignatius von Antiochien gab einem anderen Bischofskollegen den folgenden wunderbaren Rat: "Man tue nichts ohne dein Einverständnis, aber du tu nichts ohne Gottes Einverständnis" (Heiliger Ignatius von Antiochien, Brief an Polykarp 4,1).

Das heißt nun nicht, daß die Bedeutung der Institution und des Amtes heruntergespielt wird oder der Gehorsam des Untergebenen bloß vom Grad der geistlichen Autorität und dem Ansehen des Übergeordneten abhängig wäre, was offenbar das Ende jeden Gehorsams beinhalten würde. Es bedeutet lediglich, daß wer Autorität ausübt, sich so wenig wie möglich oder nur in letzter Instanz auf seinen Titel oder sein Amt stützen sollte, wohl aber so viel als möglich auf die Einheit seines Willens mit dem Willen Gottes, das heißt auf seinen Gehorsam. Der Untergebene hingegen sollte nicht urteilen oder vorgeben zu wissen, ob die Entscheidung des Superiors mit dem Willen Gottes übereinstimmt oder nicht. Er sollte annehmen, daß sie es tut, es sei denn, es handelt sich um einen Auftrag, der offensichtlich seinem Gewissen widerspricht, wie es so manches Mal im politischen Bereich unter totalitären Regimes vorkommt.

Mit dem Gehorsam verhält es sich somit ähnlich wie mit dem ersten Gebot der Liebe: Das erste Gebot bleibt das "erste", weil die Quelle und der Beweggrund von allem die Liebe Gottes ist; das Maß aber, nach dem geurteilt wird, ist das zweite Gebot: "Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht" (1Joh 4,10). Das Gleiche können wir vom Gehorsam sagen: Wenn jemand den sichtbaren Vertretern Gottes auf Erden nicht gehorcht, wie kann er dann behaupten, Gott, der im Himmel ist, zu gehorchen?
Quelle

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Gamaliel
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Niels hat geschrieben:Was mache ich als einfacher Gläubiger, wenn mein Pfarrer seinem Bischof und dem Papst und mein Bischof wiederum selbst dem Papst gegenüber ungehorsam sind und beide - Pfarrer wie Bischof - außerdem häretische Ansichten fördern und/oder selbst vertreten?
:detektiv:
Ohne vorerst genauer auf die Fragen einzugehen, kann auf den obigen Beitrag Thomas_de_Austrias verwiesen werden, in dem er die beiden Grenzen der Tugend des Gehorsams angibt, wie sie der hl. Thomas erwähnt (II-II, q.104, a.5, c.).

Wenn jedoch ein Bischof z.B. in Fragen der Liturgie ungehorsam ist, ermächtigt das die Priester nicht ihm nun jeden Gehorsam aufzukündigen, sondern nur in den Bereichen, wo er von ihnen etwas Unerlaubtes verlangt.

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

Hinsichtlich des christlichen Verständnisses zum Thema Gehorsam könnte vielleicht auch jene Begebenheit auf dem See, für uns heute erhellend werden:

Da schickt also unser Herr Jesus das Boot mit Petrus und dem Rest der Mannschaft voraus zu neuen Ufern und nach einigen Seemeilen kommt das Boot wegen stürmischen Gegenwinds nicht vom Fleck. Petrus und die engsten Vertrauten in ihrer Eigenschaft als ausgewiesene Experten mühen sich die halbe Nacht damit ab wenigstens ein paar Erfolgsmeter den widrigen Umständen abzuringen.

Da sehen Sie Jesus mühelos auf dem See von dem Ort her auf sie zugehen von woher sie sich abgemüht haben. Jesus spricht zu ihnen - sie aber denken, es sei ein Gespenst. Die Vertrauten sehen entsetzt, wie Petrus das "Gespenst" anspricht: "Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme." Und tatsächlich: es ergeht der Befehl! Als sich Petrus anschickt über die Reeling des Bootes zu steigen, schreien einige im Boot angesichts der drohenden Gefahr (nämlich jene des jämmerlichen Ersaufens) entsetzt:

"Petrus, lass ab von Deinem Üblen Tun! Du kannst doch nicht so häretisch sein und dem Befehl eines Gespenstes folgen!?"

Petrus hält kurz inne - aber doch: er spürt, daß er gezogen wird. Er leistet klopfenden Herzens der Anweisung Folge und jenes Klopfen wird lauter als der Sturm. Als Petrus die kräftigen Arme des Herrn spürt, kehrt bei ihm Ruhe ein. Als Petrus und der Herr das Boot wieder besteigen, beruhigt sich auch die Mannschaft, beruhigt sich der Sturm.*

Fazit:
Jesus befiehlt,
Petrus folgt,
Schafe blöken,
Stürme kommen,
Stürme gehen,
ohne IHN läuft nichts!

Raimund J.
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raimund J. »

Interessant wäre es, die Diskussion dahingehend zu erweitern, ob der Gehorsam an sich eine katholische Tugend ist. Eltern, Lehrer, Pfarrer, Vorgesetzten u.s.w. hatte man, so die traditionelle konservative Meinung, zu gehorchen. Trotz grandios gescheiterten antiautoritären Kapriolen in den 70er Jahren, fordern ja heutzutage immer mehr, die Kinder "kess" und "selbstbewusst" zu erziehen, nach dem Motto "lass Dir bloss nichts gefallen".
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

Daß Gehorsam keine speziell "katholische" Tugend ist, hat Raphael bereits eingangs festgestellt:
Raphael hat geschrieben: Gehorsam ist immer und überall derselbe.
(...)
Gehorsam ist, wer den Willen eines Anderen erfüllt und seinen eigenen Willen hintan stellt!
Diese Definition impliziert, daß der "Wille des Anderen" von dem Gehorsamen nichts Ungebührliches verlangt, mithin nicht dem natürlichen Sittengesetz (als anderer Begriff für Morallehre) entgegengerichtet ist.
Daß es Unterschiede in der Anwendung ("Spielarten") des Begriffs "christlicher Gehorsam" gibt, hat Gamaliel aufgezeigt:
Gamaliel hat geschrieben: (...)

Unterscheidung zwischen zwei "Spielarten" des christlichen Gehorsams:

a) Glaubensgehorsam bzw. "Verstandes- und Willensgehorsam"

Bezieht sich auf die:

- Glaubenswahrheiten (Papst & allgemeines Konzil => Unfehlbarkeit)
- jene Lehren, die vom authentischen Lehramt vorgelegt werden (Papst, Partikularkonzil, einzelner Bischof => keine Unfehlbarkeit)

b) Gesetzesgehorsam

Bezieht sich auf Gesetze und Anordnungen der kirchlichen Obrigkeit. Er gilt für alle Gläubigen, in höherem Maße jedoch von denen, die ein kirchliches Amt innehaben (kanonischer Gehorsam).

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Gamaliel
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Nachstehend einige Bemerkungen zur Tugend des Gehorsams gemäß der Lehre des hl. Thomas von Aquin. (Die eine oder andere Ergänzung wird gelegentlich folgen.)
Jedermann ist natürlich aufgerufen diese Ausführungen durch eigene Kenntnisse oder Abhandlungen anderer Kirchenlehrer,… zu bereichern.



Der Gehorsam als Tugend
(vgl. Th v. Aquin, S. th. II-II, q.104 & 105)


1. Begriff des Gehorsams

Der Gehorsam (oboedientia) ist jene sittliche Tugend, die den Willen eines Menschen geneigt macht, den Willen eines anderen Menschen – nämlich des Befehlenden – zu erfüllen (II-II, q.104, a.2, ad3).

Je nachdem, ob der Befehlende Gott oder ein menschlicher Vorgesetzter ist, unterscheidet man:

- oboedientia divina: göttlicher Gehorsam; Gehorsam gegen Gott
- oboedientia humana: menschlicher Gehorsam; Gehorsam gegen Menschen


2. Gegenstand des Gehorsams

Der Gegenstand des G. ist der Befehl eines Vorgesetzten. Der Befehl muß deutlich zum Ausdruck gebracht werden, ein bloßer Wunsch genügt nicht, denn ein Wunsch ist kein Befehl.


3. Beweggrund für den Gehorsam

Das Motiv der Tugend des Gehorsams liegt in der sittlichen Schönheit, die aus der Haltung einer Person hervorleuchtet, wenn sie ihren Willen dem Willen Gottes oder Gottes wegen einem menschlichen Willen unterwirft.
Durch den G. gibt der Mensch Gott dem Herrn einen Teil seiner Handlungsfreiheit, seiner „Willensautonomie“ als Opfer hin (II-II, q.104, a.3, c.).


4. Umfang/Grenzen des Gehorsams

a) Gehorsam gegen Gott

Gott sind alle Menschen in allen Dingen zu G. verpflichtet. Der G. gegen Gott ist ein schrankenloser. Er kann ihm auch völlig unbedenklich geleistet werden, denn alles, was Gott befielt, ist gut (II-II, q.104, a.4).

b) Gehorsam gegen Menschen

- Grundsätzlich ist ein Mensch verpflichtet den rechtmäßigen Befehlen seiner rechtmäßigen Vorgesetzten Gehorsam zu leisten, weil diese letztlich ihre Befehlsgewalt von Gott empfangen haben.

- Der G. gegen Menschen hat zwei prinzipielle Grenzen (II-II, q.104, a.5, c.):

* rechtmäßiger Vorgesetzter, d.h. die Gehorsamspflicht erstreckt sich nur auf den Bereich, in dem man einem betreffenden Vorgesetzten untersteht
* rechtmäßige Befehle, d.h. die Befehle des Vorgesetzten dürfen nichts Unerlaubtes enthalten


5. Gegensätze des Gehorsams

a) Durch Untertreibung, d.h. Verweigerung des Gehorsams („Ungehorsam“)

Man kann genauer unterscheiden zwischen:

- materiellem Ungehorsam = die bloße Tatsache der Übertretung eines Gebotes/Gesetzes, aus unterschiedlichen Gründen (etwa aus Nachlässigkeit, Trägheit, Unachtsamkeit,…)
- formellem Ungehorsam = ein Gebot/Gesetz wird aus grundsätzlicher Verachtung des konkreten Befehls oder gar überhaupt der Befehlsgewalt des Vorgesetzten übertreten („Ich will nicht dienen.“)

b) Durch Übertreibung des Gehorsams („Servilität“)

Dabei beabsichtigt man sich die Gunst des Vorgesetzten zuzuziehen und ist sogar bereit dem fremden Willen in unerlaubten/sündhaften Dingen zu folgen. Es handelt sich um eine hündische Ergebenheit gegenüber dem Vorgesetzten, für die allein die Parole gilt „Befehl von oben“.

Regel: Der Ungehorsam (und damit die Sünde) ist um so größer, je höher der befehlende Vorgesetzte und je bedeutender der mißachtete Befehl ist.


6. Hauptarten des Gehorsams

- bürgerlicher Gehorsam
- christlicher Gehorsam (= katholischer/kirchlicher G.)
- kanonischer Gehorsam
- religiöser Gehorsam (= Gehorsam der Ordensleute kraft des Gehorsamsgelübdes)

Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Mein erster Einspruch: Es gibt keinen speziell katholischen Gehorsam!
Im CIC (Link von Paul Heliosch) wird der Begriff christlicher Gehorsam benutzt. Das wird also schon irgend etwas spezifischereres als der nackte Begriff Gehorsam sein.
Das ist richtig bemerkt (Raphael liegt falsch) und Paul H. hat diese Spezifikationen, soweit sie das Kirchenrecht vornimmt, in seiner Darlegung von c. 212 §1 auch ganz gut aufgezeigt.

(Neben diesem bzw. innerhalb dieses "christlichen Gehorsams" des Kirchenrechts, der alle Gläubigen betrifft, wäre noch der "kanonische Gehorsam" zu erwähnen. Er benennt sich nach den Kanones des kirchlichen Gesetzbuchs, die Inhalt und Umfang dieses Gehorsams regeln und zwar im Hinblick auf jene, die bestimmte Dienste und Ämter innerhalb der Kirche ausüben.)
Nun, Gamaliel, wenn ich falsch gelegen haben sollte, dann weise dies nach! :regel:

Der eine Gehorsam, von dem ich oben sprach und der dort definiert wurde, kann in verschiedene Formen (bürgerlich, christlich, kanonisch oder religiös) überführt werden. Das ändert jedoch nichts am Gehorsam an sich, denn dieser bleibt immer Derselbe, auch wenn er in unterschiedlichen Ausprägungen vorliegt.

Wenn Du demgegenüber den Gehorsam auf einen "christlichen Gehorsam" einschränken wolltest, dann könnten ja die Heiden per Definition gar nicht gehorsam sein. Es ist aber für Jeden augenfällig, daß auch Heiden die Tugend des Gehorsams einüben und ausüben.

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Gamaliel
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Raphael hat geschrieben:Nun, Gamaliel, wenn ich falsch gelegen haben sollte, dann weise dies nach! :regel:
Raphael, ausgerechnet Du… Bild (ich kann nicht mehr) …forderst Nachweise… Bild (ich brauche Sauerstoff) …ein… Bild --- Puuuh, das war eine gelungene Auflockerung!



Dafür gibt’s für Dich einen Auszug aus einem fiktiven Dialog:




Fragesteller: „Rennauto“ – Was ist das? Bild

Schlaumeier: Es gibt keine speziellen Rennautos. Autos sind immer und überall dasselbe!

Bild
Bild
Bild

Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:...........
Nun, Gamaliel, das ist aber nett, daß Du hier Deine Verständnislosigkeit so deutlich demonstrierst. :D

Da ist es ja kein Wunder, wenn "Schwierigkeiten" bei der Kommunikation mit Nicht-FSSPX-lern auftreten ..........

Tatsache ist jedoch, daß die Definition nicht lautete: Alle Autos sind Rennautos!
Sie lautete auch nicht: Gehorsam sind alle Leute, die hören können!

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Marion
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Niels hat geschrieben:Was mache ich als einfacher Gläubiger, wenn mein Pfarrer seinem Bischof und dem Papst und mein Bischof wiederum selbst dem Papst gegenüber ungehorsam sind und beide - Pfarrer wie Bischof - außerdem häretische Ansichten fördern und/oder selbst vertreten?
:detektiv:
Legenda aurea hat geschrieben:Da der hl. Johannes einst in ein Bad ging, sahe er Cerintum einen Ketzer in dem Bade; da sprang er gar schnell aus dem Bade und rief "Wir sollen fliehen, daß das Bad nicht auf uns falle, in dem sich Cerintus badet, der Wahrheit Feind"
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

@ Marion
Marion hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Was mache ich als einfacher Gläubiger, wenn mein Pfarrer seinem Bischof und dem Papst und mein Bischof wiederum selbst dem Papst gegenüber ungehorsam sind und beide - Pfarrer wie Bischof - außerdem häretische Ansichten fördern und/oder selbst vertreten?
:detektiv:
Legenda aurea hat geschrieben:Da der hl. Johannes einst in ein Bad ging, sahe er Cerintum einen Ketzer in dem Bade; da sprang er gar schnell aus dem Bade und rief "Wir sollen fliehen, daß das Bad nicht auf uns falle, in dem sich Cerintus badet, der Wahrheit Feind"
Der Ratschlag aus der legenda aurea ist sicherlich gut, nur müßte man dann - wenn man die Befürchtungen der FSSPX hinsichtlich der Glaubenssituation in der westlichen Welt ernst nähme - direkt und unverzüglich eine Eremitenklause errichten und dort bis zum Lebensende verbleiben! :blinker:

Clementine
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Clementine »

Raphael hat geschrieben:Da ist es ja kein Wunder, wenn "Schwierigkeiten" bei der Kommunikation mit Nicht-FSSPX-lern auftreten ..........
Vielleicht gibt es ja auch sowas mit anderem Vorzeichen? :pfeif:

Und eins kann man Gamaliel hier bestimmt nicht vorwerfen: Wie ein typischer FSSPX-Gläubiger zu diskutieren. Zumindest nicht, was ich darunter verstehe - da mag natürlich jeder auch ein anderes Bild vor Augen haben.
Es gibt drei Arten von Menschen: Haie, Haifischfutter und Menschen, die es gelernt haben mit den Haien zu schwimmen ohne gefressen zu werden.

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Thomas_de_Austria
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Nach den gelungenen Beiträgen Paul Helioschs und Gamaliels zum Begriff des "christlichen Gehorsams", wie er im CIC aufscheint bzw. zur "Tugend des Gehorsams", möchte ich auf die Schnelle noch ein paar allgemeine Bemerkungen hinterherschicken, die durchaus nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben:

Gehorsam differenziert sich tatsächlich in verschiedene Modi desselben aus, wie eben christlicher, kanonischer, bürgerlicher usw. Gehorsam. Ich wüsste jetzt auch nicht, wer behauptet hätte, dass eine bloße Art der Bestimmung, aller anderen Arten bestimmen würde. Was auch offensichtlich unsinnig, ja kontradiktorisch wäre: Eine Art der Bestimmung, wäre dann diese selbst. Es ist auch ganz klar, dass von zwei Dingen – sofern man nicht nur leere Worthülsen drischt oder einfach nur Wörter irgendwie willkürlich verwendet –, von denen derselbe Begriff prädiziert wird, diesen auch dieselbe Bestimmung zukommt und diese natürlich mit sich selbst identisch ist. So sage ich von einem Katholiken, der dem Papst bzgl. der Annahme einer Glaubenslehre gehorsam ist und einem Atheisten, der dem Magistrat bzgl. der Annahme eines Gesetzes gehorsam ist, jeweils aus, dass sie beide gehorsam sind. Beiden kommt die Bestimmung des Gehorsams zu.
Nichtsdestotrotz lässt sich die Bestimmung jeweils nach dem Aspekt, unter dem eine Person gesehen wird (des "Subjekts" des Gehorsams) in die Arten des "katholischen Gehorsams" im Falle der unter dem Aspekt des Katholik-seins gesehenen Person bzw. – dem obigen Beispiel nach – des "bürgerlichen Gehorsams" unter dem Aspekt des Staatsbürger-seins gesehenen Atheisten unterteilen. Weiters bestimmt (bzw. variiert) der Aspekt, unter welchem das Subjekt gesehen wird auch einen der "Teilinhalte" der Definition des Objekts des Gehorsams (nach St. Thomas ist das Objekt des Gehorsams "das stillschweigende oder ausdrückliche Gebot des Vorgesetzten" - man müsste vielleicht noch etwas zum Begriff des "Gebotes" sagen: Der für die Unterstellten zur Befolgung kenntlich gemachte Wille des Vorgesetzten), nämlich den "Vorgesetzten" selbst. Gerade auch eine dem Glauben nach christliche Person (röm.-kath. Konfession) hat in ihrer Eigenschaft als Staatsbürger, nicht denselben Vorgesetzten, wie in ihrer Eigenschaft als röm. Katholik (die Art des Vorgesetzten bedingt dann wiederum die Legitimität seines Willens in den verschiedenen Bereichen, außerdem hängt mit dieser Frage auch die Anzahl der Vorgesetzten und ihre Rangordnung etc. zusammen, was wiederum für die Reichweite und Geltung des Gehorsams von Relevanz ist). Man muss hierzu noch anmerken, dass man sich bzgl. des Aspekts auch täuschen kann bzw. jemand fälschlicherweise unter einen bestimmten Aspekt sehen kann (ich könnte z. B. fälschlicherweise einen Heiden für einen Christen halten oder umgekehrt), was dann wiederum Auswirkungen auf den oben genannten Inhalt der Objektsdefinition hätte usw.*

Kriterium dafür, wann etwas eine eigene Art von Gehorsam ist, ist wohl, nach dem oben Gesagten, das unter einem bestimmten Aspekt als Staatsbürger, Christ, Kanoniker etc. gesehene Subjekt und das jeweils korrekt bestimmte Objekt (also das stillschweigende oder ausdrückliche Gebot des dazugehörigen Vorgesetzten).

Inzwischen haben wir wohl genug brauchbare Bestimmungen gehört, wir sollten jetzt m. M. nach schön langsam dazu übergehen, den Begriff des Ungehorsams näher zu bestimmen und dann anhand konkreter Fälle darzulegen, wann ein etwaiger Ungehorsam legitim oder illegitim ist.

---
Anm.:

* Ob eine Person berechtigterweise unter einem bestimmten Aspekt gesehen wird, hängt davon ab, ob der Aspekt mit den entsprechenden Eigenschaften (die der jeweiligen Person zukommen) korrespondiert.

Raphael

Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Raphael »

Clementine hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Da ist es ja kein Wunder, wenn "Schwierigkeiten" bei der Kommunikation mit Nicht-FSSPX-lern auftreten ..........
Vielleicht gibt es ja auch sowas mit anderem Vorzeichen? :pfeif:

Und eins kann man Gamaliel hier bestimmt nicht vorwerfen: Wie ein typischer FSSPX-Gläubiger zu diskutieren. Zumindest nicht, was ich darunter verstehe - da mag natürlich jeder auch ein anderes Bild vor Augen haben.
Das Spannende an der Position Gamaliel's ist ja, daß er einerseits trefflich über die jahrhundertealte Lehre des Gehorsams zu dozieren weiß, aber andererseits zu einer Grupp-irr-ung gehört, bei der ein identitätsstiftendes Merkmal der Ungehorsam ist.

Positiv gewendet kann man also sagen, daß er mit beiden Beinen in der Welt steht! :pfeif:
Er weiß genau, was Gehorsam bedeutet, benimmt sich jedoch ungehorsam und behauptet sozusagen noch als "Sahnehäubchen" obend'rauf: Das ist wahre Katholizität! :roll:

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Sempre
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:Das Spannende an der Position Gamaliel's ist ja, daß er einerseits trefflich über die jahrhundertealte Lehre des Gehorsams zu dozieren weiß, aber andererseits zu einer Grupp-irr-ung gehört, bei der ein identitätsstiftendes Merkmal der Ungehorsam ist.

Positiv gewendet kann man also sagen, daß er mit beiden Beinen in der Welt steht! :pfeif:
Er weiß genau, was Gehorsam bedeutet, benimmt sich jedoch ungehorsam und behauptet sozusagen noch als "Sahnehäubchen" obend'rauf: Das ist wahre Katholizität! :roll:
Warum machst Du nicht einen neuen Strang auf "Der Gehorsam des Teilnehmers Gamaliel - Theorie und Praxis" und diskutierst das dort?

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Paul Heliosch
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Re: Katholischer Gehorsam - Was ist das?

Beitrag von Paul Heliosch »

@Sempre, mit Verlaub, dem Wunsch kann ich mich nicht anschliessen.
Raphaels Eingabe macht deutlich, daß Ungehorsam identitätsstiftend sein kann und zwar anhand eines aktuellen Beipiels. Damit ging er zwar nicht direkt auf den Wunsch Thomas_de_Austrias ein "darzulegen, wann ein etwaiger Ungehorsam legitim oder illegitim ist.", aber zumindest indirekt indem er den FSSPX-Hinweis Clementines aufnahm, dem zumindest bis dato nicht widersprochen wurde.

Ich persönlich habe bisher das "X" stets für einen (mathematischen) Platzhalter für beliebige Partikulartraditionalismen gehalten. Meine Symphatie für FSSP überwiegt, da sie diesen Platzhalter (in seiner Eigenschaft als identitätsstiftendes Merkmal aufgrund Ungehorsams) nicht benötigt, ...aber diese meine Meinung tut hier nichts zur Sache...

Schliesslich möchte ich hiermit kundtun, daß ich die Eingaben Gamaliels zur Sache sehr schätze!

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