Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Allgemein Katholisches.
Landmann
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Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Landmann »

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" hatte am 4. November einen grösseren Aufsatz, der online leider nicht zu finden ist. Es ist der "Bericht" eines Redakteurs, der nach eigenen Angaben in der DDR geboren wurde, ohne Religion aufgewachsen ist, und jetzt zu Allerheiligsten zum ersten Mal eine katholische Messe in Ostbayern besucht hat und in der F.A.S. von seiner "Ahnungslosigkeit" berichtet.

So weit, so schlecht. Jedem Normalsterblichen würde ich diese Ahnungslosigkeit abnehmen, aber nicht einem Journalisten der FAZ ... hinter der ja angeblich immer ein kluger Kopf steckt ... Leserseits mag das ja noch zutreffen, aber in den Redaktionsstuben wage ich das inzwischen sehr zu bezweifeln!

Ist die Ignoranz echt, dann frage ich mich, ob die FAZ ihr Geld noch wert ist, vor zwanzig oder dreissig Jahren war sie jedenfalls noch von anderem Kaliber (aber das kann man auch von der ZEIT sagen).

Ist die Ignoranz jedoch geheuchelt, dann ist die FAZ doppelt perfide, denn dann ist die eigentliche Absicht des Schreiberlings UND der Zeitung, die katholische Messe durch den Dreck zu ziehen und sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Der "Autor" hätte sich nämlich -- vor oder nach dem Messbesuch -- auf Wikipedia in Minutenschnelle sachkundig machen können, und dann wäre solch ein scheinheilig-naiver Artikel überhaupt nicht nötig gewesen. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 4.11.2012
Fremd unter Frommen: Geboren in der DDR, aufgewachsen ohne Religion – und an Allerheiligen zum ersten Mal in einer katholischen Messe. So fühlt sich Ahnungslosigkeit an. Von Oliver Kühn

Allerheiligen - ein hoher katholischer Feiertag, und ich mittendrin. Ich bin für .die F.A.S. in einem kleinen ostbayerischen Dorf unweit der tschechischen Grenze. Aufgewachsen bin ich in Rostock, bis zu meinem siebten Lebensjahr war das in der DDR. Kontakt zur Kirche hatte ich nie. Das katholische Erbe kam in unserer Region nur in Spurenelementen vor, erst war es von der Reformation, dann vom real existierenden Sozialismus verdrängt worden. Auch nach der Wiedervereinigung spielte Religion keine Rolle, weder für meine Familie noch für mich. Nun bin ich hier unter Menschen, von denen viele ein Leben ohne Kirche vermutlich gar nicht kennen, für die der Kirchgang am Sonntag von klein auf dazugehörte. Mich, der ich in einer glockenfernen Umgebung aufgewachsen bin, verwirrt schon das viertelstündliche Geläut. Kurz vor halb zehn klingt es wie Sturmläuten.(...)
Dann geht es los, ein Glöckchen ertönt, die Gemeinde erhebt sich, von rechts kommt der Pfarrer, begleitet von fünf Kindern. Das werden wohl die Messdiener sein.
Der Priester trägt ein langes weißes Gewand und darüber eine Art Umhang mit religiösen Symbolen. Die Ministranten haben auch lange weiße Kleider an, unter denen ihre Sportschuhe hervorschauen. Der Pfarrer erklärt die Bedeutung des Feiertages. (...) Als Nächstes beginnt ein Wechselspiel zwischen gesprochenen und gesungenen Passagen. Alle scheinen immer zu wissen, wann gesungen wird. (...) Der Priester geht von seinem Pult weg, und eine Frau liest etwas aus der Bibel vor. Mir ist nicht klar, wer das ist, warum sie das macht und warum gerade sie. Ist sie immer dafür verantwortlich oder wechselt die Gemeinde ab? Und wenn ja, nach welchem Prinzip? -Seltsam.
Der erste Teil des Gottesdienstes ist beendet, sagt der Pfarrer, nun folge die Eucharistiefeier, und I anschließend gehe es in einer Prozession auf den Friedhof. Dort sollen die Gräber mit Weihwasser und Weihrauch gesegnet und ein neues Kreuz geweiht werden. Der Jesus auf dem Kreuz ist vergoldet, der Pfarrer weist nicht einmal darauf hin. Von jetzt an singen die Kirchenbesucher nicht mehr, sondern sprechen im Chor, immer im Wechsel mit dem Pfarrer. Leider verstehe ich die Worte nicht. Das ist beängstigend. (...). Etwas belustigend ist für mich dagegen, dass die Leute ständig aufstehen und sich wieder setzen, einige bleiben auch ganz stehen.
Der Pfarrer tritt an den Altar, verneigt sich, und bekommt von seinen Helfern etwas in seinen goldenen Becher geschenkt. Aus einem ebenfalls goldenen, reichverzierten Schränkchen hinter dem Altar holt er einen noch größeren Becher mit Deckel, dem er eine Oblate entnimmt. Diese legt er neben seinen Becher auf den Altar und verneigt sich vor ihr.
Dann beugt er sich über sie und scheint etwas zu sprechen. Zur Gemeinde sagt er: „Dies ist mein Leib" und „Dies ist mein Blut", zweimal erklingt ein helles Glöckchen. Danach isst der Pfarrer von der Oblate und trinkt aus dem Kelch. Aber warum macht er das? Und warum bekommen die anderen nichts? Während dieser ganzen Zeremonie werden zwei kleine Bastkörbe durch die Reihen gereicht. Die Gemeinde kennt den Zweck der Körbe und wirft Geld hinein. So ist ständig das Klimpern von Kleingeld zu hören. Irgendwie finde ich das unangemessen. Als einer der Körbe bei mir ankommt, sehe ich, dass nicht nur Kleingeld darin liegt. (...)
Der Pfarrer bricht eine Oblate durch, präsentiert sie den Gläubigen und sagt, das sei das Lamm Gottes. Dass aus Brot und Wein der Leib und das Blut Christi geworden sein sollen, als das Glöckchen klingelte, konnte ich noch einigermaßen nachvollziehen, aber was ist nun dieses Lamm Gottes? Wie gerne hätte ich jetzt eine Art Übersetzer, der mir alles erklärt. Irgendwann sagt der Pfarrer: „Lasset uns beten." Jetzt knien sich bestimmt alle hin, denke ich. Doch weit gefehlt, die Gemeinde steht auf und lässt den Pfarrer alleine beten. Erst am Ende sagen alle zusammen „Amen", genau an der richtigen Stelle, die ich wieder verpasst habe.
Als Nächstes stellen sich viele Gottesdienstbesucher im Mittelgang auf. Vom Priester erhält jeder eine Oblate, zu trinken gibt es aber nichts. Die meisten Anwesenden bleiben sitzen; sie wollen wohl nichts. Der Pfarrer bekommt noch einmal nachgeschenkt, schwenkt seinen Kelch und trinkt ihn aus. Danach wischt er ihn mit einem weißen Tuch gründlich sauber. Ich verstehe nicht, warum.
Das also war die Eucharistiefeier. Nun ist auch dieser Teil des Gottesdienstes vorbei, und die Menschen strömen aus der Kirche, um sich auf der Hauptstraße zur Prozession zu sammeln. (...)

Kilianus
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Kilianus »

Für Empörung sehe ich da keinen Anlaß. Ich halte das vom Autor demonstrierte Unwissen nicht für geheuchelt. Die meisten aus der Ex-SBZ stammenden Leute wissen in dieser Hinsicht tatsächlich nichts, auch wenn sie akademische Grade erworben haben. Und davon einmal abgesehen: Solches religiöses Analphabetentum ist längst nicht mehr nur auf die Zone beschränkt.

Natürlich hätte der Autor die intellektuellen Fähigkeiten gehabt, sich das einschlägige Wissen zu beschaffen. Aber darum geht es hier doch gar nicht, im Gegenteil: Es hätte die Versuchsanordnung zerstört. Ich halte seinen bewußt naiven Blick für wertvoll. Er zeigt uns zum Beispiel, daß die Hermeneutiker des Bruchs mit ihrer Forderung nach einer aus sich heraus unmittelbar verständlichen Liturgie gescheitert sind. Er kann uns Hinweise darauf geben, wo die liturgischen Praxis tatsächlich in sich nicht stimmig ist. Denen, die's gewohnt sind, fällt's nämlich meistens gar nicht auf. Es kann für Katholiken au0erdem durchaus wertvoll sein, mal zu schauen, ob sie die von ihm aufgeworfenen Fragen überhaupt beantworten können.

Und vor allem: Er macht uns klar, wie groß die Kluft wirklich ist, die wir überbrücken müssen, falls wir missioniarisch sein (oder uns wenigstens verständlich machen) wollen. Kleines Beispiel aus dem journalistischen Alltag: Ein Priester bekommt ein mit ihm geführtes Interview zwecks Autorisierung vor dem Erscheinen zum Gegenlesen - und fügt nachträglich den Ausdruck "die Stunde von Golgatha" ein. Preisfrage: Wie viele Leser einer gewöhnlichen Tageszeitung wissen, was Golgatha ist und können die Aussage jetzt noch verstehen?

Für eine realistische Einschätzung noch ein weiteres Beispiel: Mittdreißiger, hat katholischen Relgionsunterricht (bei einem bis zum Schluß tridentinisch zelebrierenden Priester) genossen, ist aus der Kirche ausgetreten. "Ach, ich wußte gar nicht, daß Jesus in Bethlehem geboren sein soll. Ich dachte, er wäre in Nazareth zur Welt gekommen. Weil er doch immer Jesus von Nazareth heißt."

Wenzel
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Wenzel »

Die Ahnungslosigkeit resp. Verwirrung des Autors ist sicherlich echt - steigerbar wäre dieses Empfinden noch gewesen, hätte er an Allerheiligen die Hl. Messe an verschiedenen Orten in kath. Kirchen erlebt. Da wäre dann sicherlich zu der Ahnungslosigkeit noch die Frage gekommen, ob es wirklich feststehende Regeln für hl. Messen gibt, ob es sich um beliebige Gestaltung handelt.

Ergänzung: Nicht nur in verschiedenen Orten, sondern auch noch in Messen mit unterschiedlichem Ansatz und Traditionsverständnis
Da würde dann dieser Smily :erschrocken: den Zustand des Journalisten ganz gut treffen

Also jemand mit völliger Ahnungslosigkeit kann da ganz schön im dunkeln tappen, was denn nur wirklich eine kath. Messe ist und warum unterschiedliche Gestaltung und unterschiedlicher Ritus das gleiche / identische meinen und darstellen und das dann da auch noch überall das *gleiche (?) geglaubt wird.


*das gleiche (?) geglaubt wird.
da bin ich mir selbst als Katholik nicht wirklich sicher ob das überall noch so "gleich" ist
Pange, lingua, gloriosi corporis mysterium (Thomas von Aquin)
Westliche Wertegemeinschaft: Kinder- und Alten-Euthanasie, Genderwahn, Homoterror, Abtreibung, Ökowahn, Überwachungsmonströsität, political correctness ....

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Maurus
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Maurus »

Die Diktion erinnert etwas an eine Schülerzeitung, aber:

"Während dieser ganzen Zeremonie werden zwei kleine Bastkörbe durch die Reihen gereicht. Die Gemeinde kennt den Zweck der Körbe und wirft Geld hinein. So ist ständig das Klimpern von Kleingeld zu hören. Irgendwie finde ich das unangemessen." (Hervorhebung von mir)

Er hat etwas Entscheidendes begriffen :klatsch:.

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Peregrin
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Peregrin »

Ostiarier gehören dringend wiedereingeführt.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Protasius
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Protasius »

Ja, ein Ostiarier hätte ihm zum Beispiel zeigen können, wo im Gotteslob der Ablauf der hl. Messe aufgeführt ist (Dunstkreis 350). Dann würde er nicht solchen Blödsinn schreiben wie den, daß der Priester bei der Gabenbereitung eine Hostie esse und Wein trinke ("Wieso bekommen die anderen nichts?"). Und das Problem mit der undeutlichen Aussprache (wir brauchen mehr gesungenes Amt :regel: ) hätte sich dann auch erledigt (modulo Hochgebet, das hätte ihn aus der Bahn werfen können, wenn nicht das zweite verwendet wird).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Gustel
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Gustel »

Ich habe mal zwei andere Texte von Oliver Kühn für die F.A.Z. überflogen. Dieser etwas naiv scheinende Schreibstil ist ihm wohl zu eigen, aber ich denke, dass die Frage, die die Überschrift bildet, beantwortet werden kann mit: Meiner Meinung nach geheuchelt. Beim Lesen des hier veröffentlichten Textes (das ganze Original kenne ich nicht) hatte ich das Gefühl, ein Kind, das sich nicht so recht auszudrücken weiß, beschreibt die Messe - mit dem Unterschied, dass hier - scheint's - ganz bewusst das eigene Nicht-Verstehen noch zum Ausdruck gebracht werden soll: "eine Art Umhang mit religiösen Symbolen",
"eine Frau liest etwas aus der Bibel vor. Mir ist nicht klar [...] warum sie das macht", "Der Jesus auf dem Kreuz ist vergoldet, der Pfarrer weist nicht einmal darauf hin.". Im nachgeahmt kindlich-erstaunten Ton geschrieben, dabei ganz offensichtlich nichts (hinter)fragend (Was ist ganz allgemein der Sinn des Vorlesens eines Textes? Na?), so ein bisschen enttäuscht tuend, ich kann mir geradezu den Schmollmund des Schreiberlings vorstellen.
Die geballte Pseudo-Ahnungslosigkeitszurschaustellung wird dann durch "Dass aus Brot und Wein der Leib und das Blut Christi geworden sein sollen, [...] konnte ich noch einigermaßen nachvollziehen". lächerlich konterkariert.
Kurz zusammengefasst: Anscheinend bewusst übertriebene, also eigentlich geheuchelte Ignoranz.

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Granuaile
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Granuaile »

Der zitierte Text zeigt etwas wesentliches auf, nämlich dass Menschen, die nicht Insider sind, die Liturgie eines christlichen Gottesdienstes und der Sakramentsfeier kaum verstehen. (Dies gilt nicht nur für katholische Gottesdienste; ich bin evangelisch und verstand im Zeitpunkt meiner Konfirmation nicht, was in einem evangelischen Gottesdienst abläuft, weil mir nie jemand im Religionsunterricht erklärte, was die einzelnen Schritte der Liturgie bedeuten. Ich musste mir dieses Wissen später selbst aneignen.)
Der Text ist aber in dieser Form unannehmbar. Von einem Journalist, der einen Anlass besucht, über welchen er berichten will, darf erwartet werden, dass er sich zuvor kundig macht. Dies gilt nicht nur für eine katholische Messe, sondern für jeden Anlass. Es kommt wohl auch kein Journalist auf die Idee, eine Aufführung der Dreigroschenoper im Theater zu besuchen und darüber eine Kritik zu schreiben, ohne sich vorher mindestens rudimentär mit Bertold Brecht und seinem Werk auseinanderzusetzen.

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Gallus
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Gallus »

Granuaile hat geschrieben:Der Text ist aber in dieser Form unannehmbar. Von einem Journalist, der einen Anlass besucht, über welchen er berichten will, darf erwartet werden, dass er sich zuvor kundig macht. Dies gilt nicht nur für eine katholische Messe, sondern für jeden Anlass.
Finde ich nicht. In dem Artikel geht es doch gerade darum, das Verdunsten des Glaubenswissens greifbar zu machen. Also ist es nur sinnvoll, wenn der Journalist sich gerade nicht vorher informiert, sondern seine subjektiven und unvoreingenommenen Eindrücke aufschreibt.

Ich finde den Artikel daher sehr gelungen. Deutlicher kann man doch kaum zeigen, wie weit der Glaubens-Analphabetismus fortgeschritten ist. Jetzt müsste man kirchlicherseits nur noch die richtigen Schlußfolgerungen ziehen.

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ar26
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von ar26 »

Dieser infantile Schreibstil nervt, das Unwissen dürfte zwar etwas überspitzt dargestellt sein, besteht dem Grunde nach aber tatsächlich so, und das nicht nur bei Akademikern aus der Zone.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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Reinhard
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Reinhard »

ar26 hat geschrieben:Dieser infantile Schreibstil nervt, das Unwissen dürfte zwar etwas überspitzt dargestellt sein, besteht dem Grunde nach aber tatsächlich so, und das nicht nur bei Akademikern aus der Zone.
+1   kann ich nur sagen.

Und da wären wir bei dem Punkt der Neukatechese. Wie kann die in einer für Unbeleckte verständlichen Weise geschehen ? - wohl nicht, indem man ihnen den KKK um die Ohren haut.
Aber wie dann ? - mir scheint diese Art Glaubenskurs gar nicht so schlecht als Ansatz. Hat den schon jemand bestellt, oder kennt ihn ?

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Yeti
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Yeti »

Reinhard hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Dieser infantile Schreibstil nervt, das Unwissen dürfte zwar etwas überspitzt dargestellt sein, besteht dem Grunde nach aber tatsächlich so, und das nicht nur bei Akademikern aus der Zone.
+1   kann ich nur sagen.

Und da wären wir bei dem Punkt der Neukatechese. Wie kann die in einer für Unbeleckte verständlichen Weise geschehen ? - wohl nicht, indem man ihnen den KKK um die Ohren haut.
Aber wie dann ? - mir scheint diese Art Glaubenskurs gar nicht so schlecht als Ansatz. Hat den schon jemand bestellt, oder kennt ihn ?
Der Glaubenskurs kann nicht so schlecht sein, gerade weil er sich am "Youcat" orientiert, den ich recht gut kenne und mit dem ich auch im Unterricht arbeite. Diese DVD-Serie allerdings halte ich auch für recht gut, auch wenn die systematische Art und Weise, wie mit grundlegenden religiösen Fragen umgegangen wird, nicht allen gefallen wird. Man kann sich auf der Seite übrigens ein paar Minuten ansehen. Insgesamt vier DVDs (Kurs in 24 Teilen) und ein Arbeitsheft gibt es auch dazu. Natürlich gibt es auch kritische Stimmen zu solchen Veröffentlichungen. "Das Christentum ist eine Religion der Fragen, nicht der Antworten" sagen da manche. :/

Ach ja, wie man Neukatechese betreiben kann? Ich finde, der Priester im Artikel hat gar nicht so falsch angefangen, er hat den Grund erklärt, weshalb man gemeinsam feiert. Ich frage mich aber, ob die Messe nicht an Besinnungsgelegenheiten verliert, wenn man jede Handlung erklärt und warum es zuviel sein soll, dass man sich vorher über das Geschehen informiert. Zum Beispiel den Youcat kostenlos im Vorraum auslegen, das wär mal eine Aktion der Kirche, bei der das Geld sicher gut angelegt wäre.
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Maurus
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Maurus »

Granuaile hat geschrieben:Der zitierte Text zeigt etwas wesentliches auf, nämlich dass Menschen, die nicht Insider sind, die Liturgie eines christlichen Gottesdienstes und der Sakramentsfeier kaum verstehen.
Naja, also für diese Erkenntnis bedurfte es nicht des Artikels. Und ein Problem stellt das auch nicht dar. Ein religiöser Kult ist für einen völlig "Fernstehenden" niemals verständlich. Das ist schlicht nicht möglich. Im Religionsunterricht freilich und in der Sakramentenvorbereitung müsste alles genau erklärt werden. Aber davon hätte der Redakteur auch nichts gehabt.

Granuaile hat geschrieben:Der Text ist aber in dieser Form unannehmbar. Von einem Journalist, der einen Anlass besucht, über welchen er berichten will, darf erwartet werden, dass er sich zuvor kundig macht. Dies gilt nicht nur für eine katholische Messe, sondern für jeden Anlass. Es kommt wohl auch kein Journalist auf die Idee, eine Aufführung der Dreigroschenoper im Theater zu besuchen und darüber eine Kritik zu schreiben, ohne sich vorher mindestens rudimentär mit Bertold Brecht und seinem Werk auseinanderzusetzen.
Vielleicht war aber genau das der Sinn des Artikels: Wie schreibt jemand über das Erlebnis einer Hl. Messe, der davon überhaupt keine Ahnung hat? Freilich ist das missglückt, insbesondere was die dämliche Fragerei hinsichtlich der Lektorin angeht. Wenn ich ins FAZ Verlagsgebäude gehe, dann frage ich mich ja auch nicht, ob der Herr am Empfang da immer sitzt, wer ihn ausgesucht hat und warum er das macht. Da hat der Autor schlicht überzeichnet.

Pilgerer
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Pilgerer »

Granuaile hat geschrieben:Der zitierte Text zeigt etwas wesentliches auf, nämlich dass Menschen, die nicht Insider sind, die Liturgie eines christlichen Gottesdienstes und der Sakramentsfeier kaum verstehen.
Ein Journalist betreibt normalerweise aber nicht nur Selbstreflexion, sondern recherchiert indem er kompetente Leute fragt. Darum hätte der FAZ-Typ, wenn er in der Messe nur Bahnhof versteht, den zuständigen Priester vorher oder nachher interviewen können. Die Antworten hätten dann einen Lernprozess ergeben, der in einem Artikel auch den Lesern zugute gekommen wäre.

In der vorliegenden Form ist der Artikel ein Ausdruck der Verachtung.
Maurus hat geschrieben:Ein religiöser Kult ist für einen völlig "Fernstehenden" niemals verständlich. Das ist schlicht nicht möglich. Im Religionsunterricht freilich und in der Sakramentenvorbereitung müsste alles genau erklärt werden.
Das hängt mit der modernen Bildungsmisere zusammen. Es sollte zur deutschen Allgemeinbildung gehören, über die wichtigsten religiösen Kulte/Liturgien der Katholiken, Protestanten sowie auch des Judentums bescheid zu wissen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Seraph
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Seraph »

Gallus hat geschrieben:
Granuaile hat geschrieben:Der Text ist aber in dieser Form unannehmbar. Von einem Journalist, der einen Anlass besucht, über welchen er berichten will, darf erwartet werden, dass er sich zuvor kundig macht. Dies gilt nicht nur für eine katholische Messe, sondern für jeden Anlass.
Finde ich nicht. In dem Artikel geht es doch gerade darum, das Verdunsten des Glaubenswissens greifbar zu machen. Also ist es nur sinnvoll, wenn der Journalist sich gerade nicht vorher informiert, sondern seine subjektiven und unvoreingenommenen Eindrücke aufschreibt.

Ich finde den Artikel daher sehr gelungen. Deutlicher kann man doch kaum zeigen, wie weit der Glaubens-Analphabetismus fortgeschritten ist. Jetzt müsste man kirchlicherseits nur noch die richtigen Schlußfolgerungen ziehen.
Mir geht es, wie oben schon jemand geschrieben hat: man spürt die Absicht und ist verstimmt. Er übertreibt in der Untertreibung seines Wissens. Der Pfarrer, begleitet von fünf Kindern, das werden wohl die Meßdiener sein. Richtig, werden sie wohl und jeder andere hat sich das auch gedacht (gar nichts ist da "verdunstet"). Dann die Sache mit der Lesung und das mit dem Kreuz und dem vergoldeten Jesus, der doch tatsächlich vergoldet ist, ohne das jemand deswegen eigens darauf hinweist. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.
Ein düsterer Seraph möchte wohl selbst den dreieinigen Gott erschrecken.
(Mother Mary Francis)

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taddeo
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von taddeo »

Pilgerer hat geschrieben:Es sollte zur deutschen Allgemeinbildung gehören, über die wichtigsten religiösen Kulte/Liturgien der Katholiken, Protestanten sowie auch des Judentums bescheid zu wissen.
Es gibt definitiv kein Unterrichtsfach in Deutschland, in dem sowas im Lehrplan stünde.
Im katholischen RU in Bayern etwa lehrt man einigermaßen ausgiebig über das Judentum, eventuell sogar über die eine oder andere Kultzeremonie. Der Protestantismus als solcher kommt praktisch nicht vor, liturgische Details schon gleich gar nicht.
Wenn dann noch einer statt RU Ethik besucht, kriegt er von derlei Religionsgedöns überhaupt nichts mehr mit.

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Protasius
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Protasius »

taddeo hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Es sollte zur deutschen Allgemeinbildung gehören, über die wichtigsten religiösen Kulte/Liturgien der Katholiken, Protestanten sowie auch des Judentums bescheid zu wissen.
Es gibt definitiv kein Unterrichtsfach in Deutschland, in dem sowas im Lehrplan stünde.
Im katholischen RU in Bayern etwa lehrt man einigermaßen ausgiebig über das Judentum, eventuell sogar über die eine oder andere Kultzeremonie. Der Protestantismus als solcher kommt praktisch nicht vor, liturgische Details schon gleich gar nicht.
Wenn dann noch einer statt RU Ethik besucht, kriegt er von derlei Religionsgedöns überhaupt nichts mehr mit.
Kann ich aus meiner Erfahrung nicht ganz bestätigen; Judentum haben wir durchgenommen, der Aufbau der Messe kam in der Sekundarstufe I auch dran; Protestanten habe ich allerdings nur im Relibuch gesehen.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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taddeo
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von taddeo »

Protasius hat geschrieben:Kann ich aus meiner Erfahrung nicht ganz bestätigen; Judentum haben wir durchgenommen, der Aufbau der Messe kam in der Sekundarstufe I auch dran; Protestanten habe ich allerdings nur im Relibuch gesehen.
Daß - je nach Lehrer - mal was über katholischen Kultus drankommt, hab ich als selbstverständlich vorausgesetzt.
Aber daß zB die liturgischen Unterschiede einer katholischen Messe und eines evangelischen (Abendmahl- oder Predigt)gottesdienstes durchgenommen würden, hab ich noch nie gesehen. Und ich kenn den Gymnasiallehrplan eigentlich recht gut, seit ich verheiratet bin. Da lernt man noch eher, wie ne jüdische Hochzeit, das Pessachfest oder Chanukka gefeiert wird.

Pilgerer
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Re: Geheuchelte oder echte Ignoranz bei der FAZ???

Beitrag von Pilgerer »

taddeo hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Es sollte zur deutschen Allgemeinbildung gehören, über die wichtigsten religiösen Kulte/Liturgien der Katholiken, Protestanten sowie auch des Judentums bescheid zu wissen.
Es gibt definitiv kein Unterrichtsfach in Deutschland, in dem sowas im Lehrplan stünde.
Im katholischen RU in Bayern etwa lehrt man einigermaßen ausgiebig über das Judentum, eventuell sogar über die eine oder andere Kultzeremonie. Der Protestantismus als solcher kommt praktisch nicht vor, liturgische Details schon gleich gar nicht.
Wenn dann noch einer statt RU Ethik besucht, kriegt er von derlei Religionsgedöns überhaupt nichts mehr mit.
Das wäre aber nötig, um die kulturelle Bildung der Deutschen zu verbessern. In zehn Jahren Schule kann jeder einmal den Ablauf eines Sabbat-Abendgebets, eines evangelisch-lutherischen Gottesdienstes und einer katholischen Messe kennen lernen sowie die wichtigsten Hintergründe. Dafür lässt sich viel überflüssiger Murks streichen. Diese Inhalte müssen nicht einmal im Reliunterricht vermittelt werden. Der Deutsch-Unterricht ist gut dafür geeignet, und dann würden auch ALLE in den Genuss einer breiten kulturellen Bildung kommen.

Doch auch für Erwachsene könnte es z.B. im Fernsehen mehr Bildungsinhalte geben, wo derartige Themen vermittelt werden.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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