Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

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anneke6
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von anneke6 »

Juergen hat geschrieben:Wenn jemand heilig gesprochen wird, freut sich die ganze Christenheit.
Die ganze Christenheit?
Nein, in einem land nördlich der Alpen fragt man sich:

- Ist das jetzt unfehlbar?
- Muß ich da jetzt dran glauben?
- Haben wir nicht schon genug Heilige?
- Machen wir und nicht die Beziehungen zu den Protestanten kaputt?
- Wurde auch genau geguckt, wie beim neuen Heilige sein Verhältnis zu den Juden war?
- ...

:boese:
Nun mal ehrlich, hast Du bei den vielen Menschen, die JPII, teilweise nicht lange nach ihrem Tod, selig/heiliggesprochen hat, Dich nie gefragt, ob das jetzt notwendig war?
Ich schon, und ich habe kein Problem mit Heiligenverehrung per se.
???

Kilianus
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Kilianus »

anneke6 hat geschrieben: Nun mal ehrlich, hast Du bei den vielen Menschen, die JPII, teilweise nicht lange nach ihrem Tod, selig/heiliggesprochen hat, Dich nie gefragt, ob das jetzt notwendig war?
Ich schon, und ich habe kein Problem mit Heiligenverehrung per se.
Man kann über die Kanonisierungspraxis unter JP II sicherlich diskutieren, man sollte dabei aber zwei Faktoren berücksichtigen.

1. Das 20. Jahrhundert hat Martyrer in lange nicht gekanntem Umfang hervorgebracht. Es ist mit Blick auf die (altkirchliche) Tradition durchaus vertretbar, wenn man sagt, der Papst habe im Fall von Martyrern wenig Abwägungsspielraum; ist das Martyrium als solches unzweifelhaft, dann hat der Papst nach dieser Sicht kein Recht, einer entsprechenden Verehrung die Erlaubnis zu verweigern. Die Frage, ob die Kanonisierung "notwendig", sinnvoll, wünschenswert oder was auch immer ist, stellt sich dann gar nicht erst.

2. Bei aller Kritik an mancher Entwicklung nach dem II. Vaticanum: Daß die Ortskirchen nicht einfach Filialen der Universalkirche sind, daß sie einen eigenen theologischen Stand haben, das sollte eigentlich nicht mehr prinizipiell in Frage zu stellen sein. Und vor diesem Hintergrund hat eine größere Zahl von Seligen durchaus auch eine gewisse Berechtigung. Sie müssen nicht so herausragend sein, daß ihre Strahlkraft über den gesamten Erdkreis reicht. Es ist ok, wenn sie nur in einer Kirchenprovinz oder Diözese verehrt werden, dort aber durch die regionale Nähe besonderes Identifikationspotenzial bieten und zugleich zur Identitätsbildung der Ortskirche beitragen. So wie es beim Heiligen Kilian und seinen Gefährten de facto ja auch der Fall ist.

Kilianus
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Kilianus »

pierre10 hat geschrieben:Obwohl ich nicht katholisch bin, würde ich gerne dazu etwas sagen. Mir scheint, dass diese Heiligsprecherei eine sehr menschliche Geschichte ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott auf Fürsprecher hört, so wie Politiker auf Lobbyisten. Vielleicht entstand diese Geschichte durch das Bedürfnis der Menschen, Gott zu verstehen und dass man dazu, wie auf der Erde, hohe Persönlichkeiten braucht, die vom Allerhöchsten gehört werden, wenn man als ganz Kleiner nicht an die Chance glaubt er-gehört zu werden.

Pierre, ein bisschen ketzerich.........
Um diese Anfrage noch mal aufzugreifen: Sie wirkt auf den ersten Blick durchaus plausibel, der Gedanke greift aber zu kurz. Konsequent zu Ende gedacht, würde sich auf dieser Grundlage aber auch verbieten, daß überhaupt irgend jemand für einen anderen Menschen betet. Denn damit macht man sich ja auch zu seinem Fürsprecher.

Ich halte es für sinnvoller, wenn man da als Gläubiger seinem "natürlichen Reflex" folgt und ganz selbstverständlich für jene betet, die einem nahestehen - und umgekehrt um das Gebet anderer Menschen für einen selbst bittet. Und zwar gerade auch solcher Menschen, denen man eine besondere Nähe zu Gott unterstellt. Nehmen wir dann auch noch den Glauben an ein Leben nach dem Tod ernst, dann ist es nur konsequent, wenn wir auch Verstorbene um diese Form der Unterstützung bitten.

Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Liebe, die nicht an den Grenzen des Todes endet.

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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

Och naja hier auf der Erde gibt es doch den einen oder anderen Klüngel - warum soll es den nicht auch im Himmel geben und man weiss ja nie...
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pierre10
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von pierre10 »

Kilianus hat geschrieben: Um diese Anfrage noch mal aufzugreifen: Sie wirkt auf den ersten Blick durchaus plausibel, der Gedanke greift aber zu kurz. Konsequent zu Ende gedacht, würde sich auf dieser Grundlage aber auch verbieten, daß überhaupt irgend jemand für einen anderen Menschen betet. Denn damit macht man sich ja auch zu seinem Fürsprecher.

Ich halte es für sinnvoller, wenn man da als Gläubiger seinem "natürlichen Reflex" folgt und ganz selbstverständlich für jene betet, die einem nahestehen - und umgekehrt um das Gebet anderer Menschen für einen selbst bittet. Und zwar gerade auch solcher Menschen, denen man eine besondere Nähe zu Gott unterstellt. Nehmen wir dann auch noch den Glauben an ein Leben nach dem Tod ernst, dann ist es nur konsequent, wenn wir auch Verstorbene um diese Form der Unterstützung bitten.

Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Liebe, die nicht an den Grenzen des Todes endet.
Vielleicht sprechen wir von unterschiedlichen Empfindungen. Beten für einen Menschen bedeutet für mich nicht unbedingt Fürsprecher bei Gott zu sein, sondern durch meine Gedanken dem anderen beistehen.

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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

Heilige sind vor allem erst einmal leuchtende Vorbilder, wie es mein ehem. Heimatpfarrer so treffend ausdrückte und hat dabei immer auf die neobarocken Glassfenster meiner Heimatkirche verwiesen. Aber ich denke auf die Vorbildfunktion, ist hier bestimmt schon hingewiesen worden.
Was die Fehlbarkeit der Heiligsprechung betrift, kann ich mir es nicht vorstellen dass eine Heiligsprechung felhbar sein kann. Denn der Aufwand für solch einen Rechtsakt, und das ist er ja letztendlich, ist doch sehr hoch und da sollten die Klippen schon rechtzeitig erkannt werden.
Dass unter Johannes Paul II. die Heiligsprechung etwas inflationär betrieben wurde, ist ja kein Geheimnis und der eine oder andere neue Heilige oder Seeliger ist, für meine Sicht der Dinge, zu schnell kanonisiert worden.
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anneke6
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von anneke6 »

@ Kilianus: Du schreibst von Märtyrern…und ich glaube, es hat tatsächlich viele im 20. Jahrhundert gegeben. Aber es gibt für mich auch problematische Märtyrer.
Ich habe gewisse Probleme, Edith Stein als Märtyrerin. Wurde Edith Stein wirklich wegen ihres Glaubens und nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet? Trotzdem schätze ich sie sehr.
Dann kommen solche wie der hl. Josaphat und der hl. Andreas Bobola, die offenbar wegen ihres Glaubens ermordet wurden — von anderen Christen. Brudermord, sozusagen.
Und dann last but not least Andreas Oxner und Simon von Trient. Wenn ich nun ermordet aufgefunden werde, und es heißt, es waren Feinde des Christentums, aber niemand hat die Tat gesehen — kann man dann behaupten, ich sei eine Märtyrerin? Eher nicht. Was ist der Unterschied?
???

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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

anneke6 hat geschrieben:@ Kilianus: Du schreibst von Märtyrern…und ich glaube, es hat tatsächlich viele im 20. Jahrhundert gegeben. Aber es gibt für mich auch problematische Märtyrer.
Ich habe gewisse Probleme, Edith Stein als Märtyrerin. Wurde Edith Stein wirklich wegen ihres Glaubens und nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet? Trotzdem schätze ich sie sehr.
Dann kommen solche wie der hl. Josaphat und der hl. Andreas Bobola, die offenbar wegen ihres Glaubens ermordet wurden — von anderen Christen. Brudermord, sozusagen.
Und dann last but not least Andreas Oxner und Simon von Trient . Wenn ich nun ermordet aufgefunden werde, und es heißt, es waren Feinde des Christentums, aber niemand hat die Tat gesehen — kann man dann behaupten, ich sei eine Märtyrerin? Eher nicht. Was ist der Unterschied?

Nun, ich denke hier Andreas Oxner und Simon von Trient als Heilige oder Mätyrer zu erwähnen ist doch nicht nötig; zumal sich die Kirche ja, Gott sei Dank, von diesen Märchen verabschiedet hat.
Einen Hinweis auf die Ritualmordlegenden sind nicht hilfreich.
Ist denn in beiden Fällen überhaupt eine Kanonisation erfolgt????

Edith Stein wurde wegen beidem zur Märtyrerin.

Und Jean d´Arc wurde auch von Christen gemordet und wurde im Nachhinein heiligesprochen; ebenso gibt es Heilige die nie offiziell heiliggesprochen worden und dennoch in der Kirche als Heilige hochverehrt werden - ein Beispiel dafür ist die Hildegard von Bingen
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overkott
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von overkott »

Der hl. Bonaventura verehrte David ja als sehr heilig (Hex 5,19), während er Salomo für weise, weniger aber für tugendhaft hielt.

regina 32
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von regina 32 »

Ich gebe zu, ich habe nicht alles gelesen....

allerdings dachte ich bis dato immer, dass Heiligsprechungen nicht immer nur "reale" Persönlichkeiten betrifft.
Meines Wissens hat auch der Hl. Nikolaus Eigenschaften, die nicht nur ihm gehörten, d.h. er ist eine "Mixtur" aus mehreren früher real existierenden Personen...

oder seh ich das jetzt falsch?

wenn dem so ist, dann denke ich ist eine Heiligsprechung einfach immer symbolisch zu sehen, und weniger "real" aber das ist nur meine persönliche Meinung

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ottaviani
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von ottaviani »

julius echter hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:@ Kilianus: Du schreibst von Märtyrern…und ich glaube, es hat tatsächlich viele im 2. Jahrhundert gegeben. Aber es gibt für mich auch problematische Märtyrer.
Ich habe gewisse Probleme, Edith Stein als Märtyrerin. Wurde Edith Stein wirklich wegen ihres Glaubens und nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet? Trotzdem schätze ich sie sehr.
Dann kommen solche wie der hl. Josaphat und der hl. Andreas Bobola, die offenbar wegen ihres Glaubens ermordet wurden — von anderen Christen. Brudermord, sozusagen.
Und dann last but not least Andreas Oxner und Simon von Trient . Wenn ich nun ermordet aufgefunden werde, und es heißt, es waren Feinde des Christentums, aber niemand hat die Tat gesehen — kann man dann behaupten, ich sei eine Märtyrerin? Eher nicht. Was ist der Unterschied?

Nun, ich denke hier Andreas Oxner und Simon von Trient als Heilige oder Mätyrer zu erwähnen ist doch nicht nötig; zumal sich die Kirche ja, Gott sei Dank, von diesen Märchen verabschiedet hat.
Einen Hinweis auf die Ritualmordlegenden sind nicht hilfreich.
Ist denn in beiden Fällen überhaupt eine Kanonisation erfolgt????

Edith Stein wurde wegen beidem zur Märtyrerin.

Und Jean d´Arc wurde auch von Christen gemordet und wurde im Nachhinein heiligesprochen; ebenso gibt es Heilige die nie offiziell heiliggesprochen worden und dennoch in der Kirche als Heilige hochverehrt werden - ein Beispiel dafür ist die Hildegard von Bingen
ich werde mir die Verehrung des sel. Anderl sicher nicht von einem bischof verbieten lassen der sich von der jüdischen freimaurerei auszeichnen läßt
http://de.wikipedia.org/wiki/Beatus_Andreas

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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

regina 32 hat geschrieben:Ich gebe zu, ich habe nicht alles gelesen....

allerdings dachte ich bis dato immer, dass Heiligsprechungen nicht immer nur "reale" Persönlichkeiten betrifft.
Meines Wissens hat auch der Hl. Nikolaus Eigenschaften, die nicht nur ihm gehörten, d.h. er ist eine "Mixtur" aus mehreren früher real existierenden Personen...

oder seh ich das jetzt falsch?

wenn dem so ist, dann denke ich ist eine Heiligsprechung einfach immer symbolisch zu sehen, und weniger "real" aber das ist nur meine persönliche Meinung

Ich denk man muss zwischen dem rechtsakt der Heiligsprechung und dem als Heilig veehren unterscheiden.
Den Akt des Heilig sprechens gibt es erst seit dem hl. Ulrich; davor wurden Menschen meistens Heilig durch den Akt der Erhebung der Gebeine.
Es gibt also Heilige, die in der Kirche hochverehert sind, ohne dass sie jemals offiziel heiliggesprochen wurden.
Der hl. Christopherus ist vermutlich auch eine Zusammnefassung von verschiedenen Personen und es nicht mehr möglich ist die Wahrheit zu ergründen.
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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

ottaviani hat geschrieben:
julius echter hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:@ Kilianus: Du schreibst von Märtyrern…und ich glaube, es hat tatsächlich viele im 2. Jahrhundert gegeben. Aber es gibt für mich auch problematische Märtyrer.
Ich habe gewisse Probleme, Edith Stein als Märtyrerin. Wurde Edith Stein wirklich wegen ihres Glaubens und nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet? Trotzdem schätze ich sie sehr.
Dann kommen solche wie der hl. Josaphat und der hl. Andreas Bobola, die offenbar wegen ihres Glaubens ermordet wurden — von anderen Christen. Brudermord, sozusagen.
Und dann last but not least Andreas Oxner und Simon von Trient . Wenn ich nun ermordet aufgefunden werde, und es heißt, es waren Feinde des Christentums, aber niemand hat die Tat gesehen — kann man dann behaupten, ich sei eine Märtyrerin? Eher nicht. Was ist der Unterschied?

Nun, ich denke hier Andreas Oxner und Simon von Trient als Heilige oder Mätyrer zu erwähnen ist doch nicht nötig; zumal sich die Kirche ja, Gott sei Dank, von diesen Märchen verabschiedet hat.
Einen Hinweis auf die Ritualmordlegenden sind nicht hilfreich.
Ist denn in beiden Fällen überhaupt eine Kanonisation erfolgt????

Edith Stein wurde wegen beidem zur Märtyrerin.

Und Jean d´Arc wurde auch von Christen gemordet und wurde im Nachhinein heiligesprochen; ebenso gibt es Heilige die nie offiziell heiliggesprochen worden und dennoch in der Kirche als Heilige hochverehrt werden - ein Beispiel dafür ist die Hildegard von Bingen
ich werde mir die Verehrung des sel. Anderl sicher nicht von einem bischof verbieten lassen der sich von der jüdischen freimaurerei auszeichnen läßt
http://de.wikipedia.org/wiki/Beatus_Andreas

Die verehrung ist für die ganze Kirche verboten.

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Die örtlichen Bischöfe haben die Kulte um Anderl von Rinn (1954; 1994) und Simon von Trient (1965) verboten. Eine päpstliche Kommission stellte einen Justizirrtum fest und hob Simons Heiligsprechung auf. Die Seligsprechung Anderls dagegen wurde nicht offen widerrufen. Daher berufen sich die katholischen Kultbefürworter um Melzer weiterhin auf die Entscheidung des Papstes von 1754 und behaupten, dass sie einer nicht revidierbaren Unfehlbarkeitsentscheidung nahekomme. Nachdem Bischof Stecher das Verbot des Anderle-Kults 1985 bekräftigte – „es kann kein Zurück zur Intoleranz früherer Jahrhunderte geben“ – erklärte der Vatikan die Angelegenheit 1988 in einem offiziellen Schreiben für eine „Sache des Bistums Innsbruck“.


http://www.kreuzgang.org/posting.php?mode=edit&f=3&p=26528

Von daher, wie oben ersichtlich, hatte der Fall des Anderl nie gesamtkirchliche Relevanz
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Juergen
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Juergen »

ottaviani hat geschrieben:ich werde mir die Verehrung des sel. Anderl sicher nicht von einem bischof verbieten lassen der sich von der jüdischen freimaurerei auszeichnen läßt
http://de.wikipedia.org/wiki/Beatus_Andreas
Wurde die Erlaubnis zur Verehrung nicht schon 1961 durch Johannes XXIII ausgesetzt?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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ottaviani
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von ottaviani »

nein er hat nur eine reform der liturgischen texte gefordert

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julius echter
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von julius echter »

Ich möchte nur darauf hinweisen, und ich denk dass das hier irgendwo schon gemacht wurde, dass man gerade in den Fällen von Ritualmorden den Tätern oft die verwendung von Blut des Opfers für das Backen der Mazze vorwirft. Und jeder der die Bibel kennt, wird doch wissen dass den Juden jeglicher Verzehr von Blut in auch nur jeder denkbaren Art und Weise streng von Gott verboten wurde.
Was nicht bedeutet dass es unter Juden, aber auch unter Christen, keine Möder etc. gibt
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overkott
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von overkott »

julius echter hat geschrieben:Der hl. Christopherus ist vermutlich auch eine Zusammnefassung von verschiedenen Personen und es nicht mehr möglich ist die Wahrheit zu ergründen.
Ich weiß jetzt nicht, ob der hl. Christophorus in drei Personen subsistiert oder in vielen. Wünschenswert ist, dass nicht nur alle Heiligen in ihm geehrt werden, die Pilgernden und Reisenden Schutz und Hilfe angeboten haben, sondern dass er durch seine Fürbitte auch den Weg zur himmlischen Stadt weist. Seit nach dem Konzil die Zahl der Nothelfer auf 13 reduziert wurde, habe ich den Eindruck, dass das pilgernde Gottesvolk einem falschen Historismus und Materialismus folgend einen geistigen Substanzverlust erlitten hat.

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anneke6
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von anneke6 »

Wie würdest Du denn reagieren, wenn Bonaventura die Ehre der Altäre aberkannt würde?
???

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Peregrin
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Peregrin »

julius echter hat geschrieben:Ich möchte nur darauf hinweisen, und ich denk dass das hier irgendwo schon gemacht wurde, dass man gerade in den Fällen von Ritualmorden den Tätern oft die verwendung von Blut des Opfers für das Backen der Mazze vorwirft. Und jeder der die Bibel kennt, wird doch wissen dass den Juden jeglicher Verzehr von Blut in auch nur jeder denkbaren Art und Weise streng von Gott verboten wurde.
Ja und? Daß Ritualmörder nicht unbedingt der jüdischen Orthodoxie angehören, ist doch eh klar. Wenn es die gegeben hat oder gibt, dann handelt es sich um Sekten mit einer eigenwilligen Auslegung der Schriften, die gewisse blutige Opfer aus dem Tempelkult (und da wurde ordentlich gespritzt, von wegen jüdische Blutscheue!) in pervertierter Form wieder in Betrieb genommen hätten. Ob die dann Mazzes draus gemacht haben oder nicht und was sie sich allenfalls dabei gedacht haben, ist wieder eine andere und höchst sekundäre Frage.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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overkott
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von overkott »

anneke6 hat geschrieben:Wie würdest Du denn reagieren, wenn Bonaventura die Ehre der Altäre aberkannt würde?
Er musste ohnehin 200 Jahre auf seine Heiligsprechung warten und 100 weitere Jahre bis zur Anerkennung als Kirchenlehrer. Wenn diese Vorbereitungszeit der Kirche für eine reifliche Überlegung nicht ausreichte, dann weiß ich's nicht. Ich würde ihn Allerheiligen jedenfalls weiter verehren.

Kilianus
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Kilianus »

pierre10 hat geschrieben: Vielleicht sprechen wir von unterschiedlichen Empfindungen. Beten für einen Menschen bedeutet für mich nicht unbedingt Fürsprecher bei Gott zu sein, sondern durch meine Gedanken dem anderen beistehen.

Pierre
Lieber Pierre,

es geht nicht um unterschiedliche Empfindungen. Es geht um Terminologie, um unterschiedliche Definitionen des Begriffs "beten", das bei Dir offensichtlich auch ganz ohne Gott gehen soll. Einem anderen "durch seine Gedanken beizustehen", das entspricht letztlich dem aufmunternden, aber rein säkularen und auch einem Hardcore-Atheisten problemlos möglichen "Ich denk' an Dich".

Für viele Menschen ist das wohl doch etwas anderes als "Ich bete für Dich". Ich würde dafür plädieren, beides auseinanderzuhalten. Damit würde schon rein sprachlich viel schneller deutlich, daß Dein Problem nicht auf der Ebene der Heiligenverehrung liegt, sondern schon eine Stufe vorher: Du hast ein Problem mit dem christlichen (Fürbitt-)Gebet überhaupt.

(Was ich nicht überhaupt nicht als Vorwurf meine. Ketzerische Fragen zu stellen ist schließlich Deine fruchbare Aufgabe in diesem Forum. :ja: )

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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von LaudaSion »

Juergen hat geschrieben: Nein, in einem land nördlich der Alpen fragt man sich:

- Ist das jetzt unfehlbar?
- Muß ich da jetzt dran glauben?
- Haben wir nicht schon genug Heilige?
- Machen wir und nicht die Beziehungen zu den Protestanten kaputt?
- Wurde auch genau geguckt, wie beim neuen Heilige sein Verhältnis zu den Juden war?
- ...

:boese:
:klatsch:
Zu dem viel gehörten Vorwurf der inflationären Heiligsprechung:
Wie hier schon angesprochen, wurde im 20. Jh. sehr viel Märtyrer-Blut vergossen.
Die große (und größer werdende) Zahl der Heiligen sollte ein Grund der Freude für die ganze Kirche angesichts einer immer unheiligeren Welt sein; Sie sind das Salz der Erde.
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Lioba »

Mal 2 Fragen- was ist konkret der Unterschied zwischen advokatus diaboli und promotor fidei ?
Zu aktuellen Heiligen bzw. Seligen. Zu den neueren Seliggesprochenen gehört in unserem Bistum Nikolaus Groß.Ich bin wirklich beeindruckt von seiner Lebensgeschichte und auch als Evangele sehe ich bei ihm ein beeindruckendes Glaubenszeugnis und eine Vorbildfunktion.Eine ehrfurchtsvolle Haltung gegen so ein Leben sollte selbstverständlich sein unabhängig von der Konfession.
Meine italienische Verwandtschaft und Bekanntschaft dagegen steht total auf Padre Pio. [ das ist noch milde ausgedrückt] Selbst wenn nun alle Vorbehalte gen ihn entkräftet sein sollten und alle Wunder echt kann ich mit ihm eigentlich nichts anfangen :achselzuck: Und der ist nun heilig und der stille Märtyrer Groß "nur" selig und kaum einer kennt ihn, verstehe ich nicht, kann mir das jemand erklären.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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LaudaSion
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von LaudaSion »

Lioba hat geschrieben: Und der ist nun heilig und der stille Märtyrer Groß "nur" selig und kaum einer kennt ihn, verstehe ich nicht, kann mir das jemand erklären.
Vielleicht wird er ja noch heiliggesprochen!
Letztlich ist es meiner Einschätzung und Beobachtung nach tatsächlich eine recht subjektive Angelegenheit (und die veränderlich über die Jahre), welchen Heiligen oder Seligen man bewundert, oder besser verehrt.
Gerade auch deshalb ist eine große "Heiligenschar" in aller Verschiedenheit und Aktualität sinnvoll und wünschenswert.
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

julius echter hat geschrieben:Ich möchte nur darauf hinweisen, und ich denk dass das hier irgendwo schon gemacht wurde, dass man gerade in den Fällen von Ritualmorden den Tätern oft die verwendung von Blut des Opfers für das Backen der Mazze vorwirft. Und jeder der die Bibel kennt, wird doch wissen dass den Juden jeglicher Verzehr von Blut in auch nur jeder denkbaren Art und Weise streng von Gott verboten wurde.
Hierzu ist sehr aufschlußreich Ariel Toaff, Pasque di Sangue. Die 2007er Originalausgabe (die
auch in brauchbarer, wenngleich nicht fehlerfreier englischer Übersetzung im Internet kur-
siert). Aber das bloß am Rande, ist ja hier nicht das Thema. Im übrigen gibt es an Benedikts
XIV. oben angeführter Bulle m. E. nichts zu rütteln.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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anneke6
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von anneke6 »

Lioba hat geschrieben:
Meine italienische Verwandtschaft und Bekanntschaft dagegen steht total auf Padre Pio. [ das ist noch milde ausgedrückt] Selbst wenn nun alle Vorbehalte gen ihn entkräftet sein sollten und alle Wunder echt kann ich mit ihm eigentlich nichts anfangen :achselzuck:
Willkommen im Club…ich bin auch kein Pater Pio-Fan — obwohl ich neulich von ihm geträumt habe. Die erste Hälfte der Nacht war ziemlich schlimm; ich hatte einen meiner Anfälle. Dann habe ich eine Tablette genommen und bin wieder in die Heia. Danach habe ich von Pater Pio geträumt. Ich trug eine etwas seltsame Kleidung; Leggings (oder waren das Strumpfhosen?) und einen Mini(mal)rock. Pater Pio war ja bekanntlich ein Verfechter der traditionellen Kleiderregeln; er duldete es nicht einmal, wenn Frauen sich, bevor sie zum ihm beichten kamen, einen Regenmantel überzogen, damit man nicht sah, daß der Rock oberhalb vom Knie aufhörte, oder die Frau gar Hosen trug.) Aber seltsamerweise hat er es in meinem Traum nicht bemerkt, er war ziemlich freundlich drauf.
Lioba…ich denke, bestimmte Heilige sind einfach besonders populär, weil sie viele Menschen ansprechen, das bedeutet aber nicht, daß weniger bekannte Heilige gezwungermaßen weniger heilig wären. Ohne Zweifel ist die kleine Theresia von Lisieux bekannter als die große Theresia von Avila…obwohl letztere nicht umsonst die große heißt und von der "kleinen" auch als solche anerkannt wurde. Die heilige Anna ist populärer als der heilige Joachim — aber schließlich waren sie beide die Eltern von Maria. Wer ein Vorbild im Glauben sucht, der findet auch. Viele Leute sind von Pater Pios Stigmata berührt…mich hat eine viel kleinere Wunde berührt. Als der kleinen Therese der Schleier aufgesetzt wurde, ging die Nadel aus Versehen nicht in den Stoff, sondern in die Haut. Sie beschwerte sich nicht und lief den ganzenden Tag mit einer pieksenden Nadel herum. Für manche Leute klingt das einfach nur albern und profan — aber für mich ist es ein Zeichen für das unauffällige Erdulden von dem, was uns bedrückt — auch wenn es schmerzt.
???

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pierre10
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von pierre10 »

Kilianus hat geschrieben: Lieber Pierre,

es geht nicht um unterschiedliche Empfindungen. Es geht um Terminologie, um unterschiedliche Definitionen des Begriffs "beten", das bei Dir offensichtlich auch ganz ohne Gott gehen soll. Einem anderen "durch seine Gedanken beizustehen", das entspricht letztlich dem aufmunternden, aber rein säkularen und auch einem Hardcore-Atheisten problemlos möglichen "Ich denk' an Dich".

Für viele Menschen ist das wohl doch etwas anderes als "Ich bete für Dich". Ich würde dafür plädieren, beides auseinanderzuhalten. Damit würde schon rein sprachlich viel schneller deutlich, daß Dein Problem nicht auf der Ebene der Heiligenverehrung liegt, sondern schon eine Stufe vorher: Du hast ein Problem mit dem christlichen (Fürbitt-)Gebet überhaupt.

(Was ich nicht überhaupt nicht als Vorwurf meine. Ketzerische Fragen zu stellen ist schließlich Deine fruchbare Aufgabe in diesem Forum. :ja: )
Lieber Kilianus,

Danke für den letzten Satz. Aber ohne Gott geht es nicht, nur sehe ich IHN anders als manch anderer, weniger ähnlich dem Menschen, absoluter, und sicher nicht so christlich wie er hier immer wieder beschrieben wird. Die Heiligenverehrung dagegen scheint mir eher ein menschliches Bedürfnis zu befriedigen.

Pierre, mit einem wissenden Lächeln
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maliems
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von maliems »

nach abschaffung des advocatus diaboli kann man nicht mehr davon ausgehen, dass die Kirche ihr urteil genaus gewissenhaft fällt wie vorher. wer wollte das bezweifeln?

vor 3 jahren sagte mir ein fachmann: das einzige, was die kirche bei einer heiligsprechung definiert, ist der heroische tugendgrad.

und diese manifestation bedarf eines wunders, um auch einen beweis des Himmels zu haben.

Interessanterweise definiert die Kirche NICHT, dass der neue Heilige in Gottes Herrlichkeit ist.

(Auch wenn man davon selbstverständlich ausgehen kann)

Heiligsprechung sind da viel formaler und ohne unnötiges Moralin.


Für mich sind formale Heiligsprechungen nach der Abschaffung des Advocatus Diaboli zwar fragwürdiger georden, für viel problematischer halte ich aber den allgemeinen Sprachgebrauch.

Ein Sündenfall von JoPa II: "ökumenisches Martyrologium" ist ein Bruch mit seinem Vorgänger Benedikt XIV, wie er härter nicht hätte sein können. JoPa war umgeben von billigen Ja-Sagern, wahren Verbrechern, die noch heute an der Kurie ihr Unwesen treiben.

Sie warten heute schon daaruf, bei der nächsten Papstwahl mehr Erfolg zu haben.

maliems
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von maliems »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Ob Andreas Oxner (Anderl von Rinn) jemals heiliggesprochen wurde, weiß ich nicht…
Benedikt XIV. hat am 15. Dezember 1752 den im Volk bereits seit langem bestehenden
Kult des seligen Märtyrers Andreas von Rinn bestätigt und ein eigenes Meßformular
und Offizium für ihn eingeführt. Einen Monat später wurde zusätzlich ein vollkommener
Ablaß für Wallfahrten zu den Gebeinen des sel. Andreas an seinem Gedenktag, dem
12. Juli, eingeführt.

Mit der Bulle Beatus Andreas vom 22. Februar 1755 endlich hat Benedikt XIV. das Ver-
fahren als äquipollente Seligsprechung ausführlich begründet. Anlaß war das Begehren
nach formaler Heiligsprechung des Märtyrerkindes. Benedikt bekräftigte neben der Se-
ligsprechung des Andreas von Rinn zugleich auch diejenige des sel. Simon von Trient
und erläuterte dann den weiteren Weg zu einer Heiligsprechung, wozu es allerdings in
beiden Fällen nie kam.

Mit der Darstellung der kanonistischen Fragen erörtert Benedikt in jener Bulle – weil ka-
nonisch erforderlich – auch die Fakten jener Fälle und deren historische Untersuchung
und Überlieferung. In unseren Tagen hat man, Benedikts Feststellungen ignorierend,
kirchlicherseits die Kulte verboten und teilweise die Reliquien der Märtyrer geschändet.
Danke Robert für diese Info.
Benedikt XIV. ist in seinen theologisch-kanonistischen Studien bis heute nicht erreicht worden.
Sein Wort zu diesem Fall kannte ich nicht.

maliems
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von maliems »

LaudaSion hat geschrieben:
Dottore Cusamano hat geschrieben: ... dass der Heiliggesprochene auch tatsächlich im Himmel ist.....
Mhm, ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass die Heiligen "im Himmel", in unmittelbarer Nähe Gottes sind und dort als Fürsprecher auftreten.
Weiß da jemand mehr?
So geht es mir auch.

Das Problem ist wohl nirgendwo detaillliert nachlesbar, die Lösung aber scheint mir zu sein:

Das Volk glaubt...
Die Kirchenleitung ist nur dazu da, die Legitimation des Volksglaubens zu bestätigen oder zu verwerfen.
Dies geschieht durch 1. Tugendrad und 2. Wunder.

Mehr läuft bei einer Heiligsprechung nicht.

Ich zitiere den - wie ich (mangels Alternative?) sage - besten Kanonisten aller Zeiten, Benedikt XIV, der wiederum die Hl. Schrift zitiert:

NUR GOTT KANN IN DIE HERUZEN SCHAUEN.

maliems
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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von maliems »

pierre10 hat geschrieben:Obwohl ich nicht katholisch bin, würde ich gerne dazu etwas sagen. Mir scheint, dass diese Heiligsprecherei eine sehr menschliche Geschichte ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott auf Fürsprecher hört, so wie Politiker auf Lobbyisten. Vielleicht entstand diese Geschichte durch das Bedürfnis der Menschen, Gott zu verstehen und dass man dazu, wie auf der Erde, hohe Persönlichkeiten braucht, die vom Allerhöchsten gehört werden, wenn man als ganz Kleiner nicht an die Chance glaubt er-gehört zu werden.

Pierre, ein bisschen ketzerich.........
Vom (katholischen) theologischen Standpunkt aus ist die Fürbitte durch Heilige natürlich gebunden an die göttliche Vorsehung: Wenn Heilige mit Gott eins sind, werden sie nur darum bitten, was Gott auch zulassen wird.

und da is nix mit ketzerei, lieber ketzer ;D

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Re: Können Heiligsprechungen fehlbar sein?

Beitrag von maliems »

Kilianus hat geschrieben:1. Das 20. Jahrhundert hat Martyrer in lange nicht gekanntem Umfang hervorgebracht. Es ist mit Blick auf die (altkirchliche) Tradition durchaus vertretbar, wenn man sagt, der Papst habe im Fall von Martyrern wenig Abwägungsspielraum; ist das Martyrium als solches unzweifelhaft, dann hat der Papst nach dieser Sicht kein Recht, einer entsprechenden Verehrung die Erlaubnis zu verweigern. Die Frage, ob die Kanonisierung "notwendig", sinnvoll, wünschenswert oder was auch immer ist, stellt sich dann gar nicht erst.

2. Bei aller Kritik an mancher Entwicklung nach dem II. Vaticanum: Daß die Ortskirchen nicht einfach Filialen der Universalkirche sind, daß sie einen eigenen theologischen Stand haben, das sollte eigentlich nicht mehr prinizipiell in Frage zu stellen sein. Und vor diesem Hintergrund hat eine größere Zahl von Seligen durchaus auch eine gewisse Berechtigung. Sie müssen nicht so herausragend sein, daß ihre Strahlkraft über den gesamten Erdkreis reicht. Es ist ok, wenn sie nur in einer Kirchenprovinz oder Diözese verehrt werden, dort aber durch die regionale Nähe besonderes Identifikationspotenzial bieten und zugleich zur Identitätsbildung der Ortskirche beitragen. So wie es beim Heiligen Kilian und seinen Gefährten de facto ja auch der Fall ist.
beide Punkte widersprechem meinem ursprünglichen Empfinden einer zu favorisirenden Zurückhaltung, sie sind aber so sicher begründet, dass ich mich ihnen anschließe.

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