Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

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Florianklaus
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Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von Florianklaus »

___________________________________________
 
Wegen thematischer Deviation wurden dieser und
die sechzehn folgenden Beiträge aus einem andern
Strang herausgelöst.
___________________________________________

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
ifugao hat geschrieben:Hier die offizielle Erklärung des Bistums im Fall Casanius Kolleg

http://www.erzbistumberlin.de/medien/pr ... erne-unte/
Zitat hier:
Das Opfer wurde aufgefordert, die Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Weitere Opfer wurden und werden gebeten, sich zu melden.


Hier N-tv:
http://www.n-tv.de/panorama/Canisius-Pr ... 446.html
Das betrifft einen anderen Fall – oder genauer, eine Beschuldigung.
Ich habe in diesem Fall erhebliche Zweifel an der Wahrheit der Aus-
sagen des Beschuldigers. Die Untersuchung läuft noch, der Beschul-
digte wurde provisorisch „aus dem Verkehr gezogen“. Wie auch im-
mer die Untersuchung ausgeht, sein Ruf ist vernichtet.
Hierzu will ich noch einmal ergänzen, daß ich natürlich die Wahrheit
nicht kenne. Was bisher bekannt ist, läßt mich aber vorsichtig bleiben.
Für einen öffentlichen De-facto-Schuldspruch reicht es keinesfalls.

Interessant mag in diesem Zusammenhang sein, etwas über den Prie-
ster zu erfahren, der derzeit den „aus dem Verkehr Gezogenen“ ersetzt.
Es handelt sich um einen Pensionär, der nun in der verwaisten Pfarrei
als Administrator fungiert. In seiner früheren Pfarrei von der Verklärung
des Herrn (!) hat er das folgende Bildnis des Herrn über dem Altar auf-
hängen lassen:

Bild

Was ist denn an diesem Corpus so schlimm?

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holzi
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von holzi »

Florianklaus hat geschrieben:Was ist denn an diesem Corpus so schlimm?
Er gefällt mir nicht - und damit ist das schlimm genug. Weitaus schlimmer noch ist, daß er mich an diesen unsäglichen gekreuzigten Frosch erinnert! -> http://diepresse.com/home/kultur/news/38695/index.do :kotz:
Nein, kein Bild hier, ich will nicht, daß allen anderen auch noch das Kotzen kommt!

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Florianklaus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Florianklaus »

holzi hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Was ist denn an diesem Corpus so schlimm?
Er gefällt mir nicht - und damit ist das schlimm genug. Weitaus schlimmer noch ist, daß er mich an diesen unsäglichen gekreuzigten Frosch erinnert! -> http://diepresse.com/home/kultur/news/38695/index.do :kotz:
Nein, kein Bild hier, ich will nicht, daß allen anderen auch noch das Kotzen kommt!

Wenn ein Verstoß gegen persönliche Geschmacksvorlieben schon ausreicht, um ein Bildwerk als "schlimm" an zusehen....... Ich dachte, es gäbe nachvollziehbare theologische oder ästhetische Kritik.

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Marion
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Marion »

Er sieht nicht aus wie ein Mensch, sondern wie eine Mißbildung. Das Kreuz feht auch. Seine Finger sehen aus wie "Effi"

Das ist entartete Kunst und hat nichts mit Geschmacksache zu tun.
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Florianklaus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Florianklaus »

Marion hat geschrieben:Er sieht nicht aus wie ein Mensch, sondern wie eine Mißbildung. Das Kreuz feht auch. Seine Finger sehen aus wie "Effi"

Das ist entartete Kunst und hat nichts mit Geschmacksache zu tun.
Ich finde, er sieht durchaus wie ein Mensch aus. Ich habe schon wesentlich abstrahiertere Christusdarstellungen gesehen. Mißbildungen kann ich nicht erkennen, mir scheint nur die Haltung ungewöhnlich zu sein. Vielleicht soll sie ein Ausdruck des Leidens sein. Die Hände sehen verkrampft aus, irgend etwas anzügliches sehe ich nicht. Mit dem Wort "entartet" kann ich nichts anfangen, es weckt allerdings sehr unangenehme Assoziationen bei mir. Wer ist übrigens "Effi"?
Zuletzt geändert von Florianklaus am Montag 1. Februar 2010, 17:12, insgesamt 1-mal geändert.

civilisation
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von civilisation »

Florianklaus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Er sieht nicht aus wie ein Mensch, sondern wie eine Mißbildung. Das Kreuz feht auch. Seine Finger sehen aus wie "Effi"

Das ist entartete Kunst und hat nichts mit Geschmacksache zu tun.
Ich finde, er sieht durchaus wie ein Mensch aus. Ich habe schon wesentlich abstrahiertere Christusdarstellungen gesehen. Mißbildungen kann ich nicht erkennen, mir scheint nur die Haltung ungewöhnlich zu sein. Vielleicht soll sie ein Ausdruck des Leidens sein. Mit dem Wort "entartet" kann ich nichts anfangen, es weckt allerdings sehr unangenehme Assoziationen bei mir. Wer ist übrigens "Effi"?
Der hier:

Bild

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Florianklaus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Florianklaus »

Danke für die Aufklärung!

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Marion
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Marion »

Florianklaus hat geschrieben:Ich finde, er sieht durchaus wie ein Mensch aus. Ich habe schon wesentlich abstrahiertere Christusdarstellungen gesehen. Mißbildungen kann ich nicht erkennen, mir scheint nur die Haltung ungewöhnlich zu sein.
Die Proportionen stimmen nicht. Der Kopf ist zu groß - der Rumpf zu klein - wie eine Zwergmärchengestalt - mit einem gesundgewachsenen Menschen hat das nichts mehr zu tun.
Florianklaus hat geschrieben:Vielleicht soll sie ein Ausdruck des Leidens sein. Mit dem Wort "entartet" kann ich nichts anfangen, es weckt allerdings sehr unangenehme Assoziationen bei mir.
Das Wort hat aber trotzdem einen Sinn
Florianklaus hat geschrieben: Wer ist übrigens "Effi"?
Das ist effi: Bild

http://www.google.com/search?q=effenber ... =firefox-a
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Florianklaus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Florianklaus »

Marion hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Ich finde, er sieht durchaus wie ein Mensch aus. Ich habe schon wesentlich abstrahiertere Christusdarstellungen gesehen. Mißbildungen kann ich nicht erkennen, mir scheint nur die Haltung ungewöhnlich zu sein.
Die Proportionen stimmen nicht. Der Kopf ist zu groß - der Rumpf zu klein - wie eine Zwergmärchengestalt - mit einem gesundgewachsenen Menschen hat das nichts mehr zu tun.
Florianklaus hat geschrieben:Vielleicht soll sie ein Ausdruck des Leidens sein. Mit dem Wort "entartet" kann ich nichts anfangen, es weckt allerdings sehr unangenehme Assoziationen bei mir.
Das Wort hat aber trotzdem einen Sinn
Florianklaus hat geschrieben: Wer ist übrigens "Effi"?
Das ist effi: Bild

http://www.google.com/search?q=effenber ... =firefox-a

Um die Proportionen abschließend beurteilen zu können, müßte ich das Bildwerk auch aus einer anderen Perspektive betrachten. Fraglich ist m.E. im übrigen, inwieweit unser Herr am Kreuz mit zerschlagenen Beinen noch wie ein gesundgewachsener Mensch aussah.

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Bernado
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Bernado »

Marion hat geschrieben:Er sieht nicht aus wie ein Mensch, sondern wie eine Mißbildung. Das Kreuz feht auch. Seine Finger sehen aus wie "Effi"

Das ist entartete Kunst und hat nichts mit Geschmacksache zu tun.
Bitte Vorsicht. Die Darstellung ist anatomisch richtig - wenn mann die Arme nicht nach vorne, sondern nach hinten verdreht ans Kreuz nagelt - was den Folterknechten durchaus zuzutrauen wäre. Ich sehe das Bild in der Tradition gotischer Kreuzigungsdarstellungen, deren grausamer Realismus ähnliche Eindrücke hervorgebracht hat.

Die froschmäßige Wirkung kommt durch die frontale Aufnahme - und selbst wenn diese Assoziation gemeint sein sollte, könnte sie sich auf Psalm 22 stützen:
Unrevidierte Elberfelder hat geschrieben:7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mann, der Menschen Hohn und der vom Volke Verachtete.
8 Alle, die mich sehen, spotten meiner; sie reißen die Lippen auf, schütteln den Kopf:
9 "Er vertraut auf Jahwe! Der errette ihn, befreie ihn, weil er Lust an ihm hat!"
(...)
15 Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; wie Wachs ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner Eingeweide.
16 Meine Kraft ist vertrocknet wie ein Scherben, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen; und in den Staub des Todes legst du mich.
17 Denn Hunde haben mich umgeben, eine Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt. Sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben;
18 alle meine Gebeine könnte ich zählen. Sie schauen und sehen mich an;
19 Sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Raphael

Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Raphael »

Florianklaus hat geschrieben:......... Fraglich ist m.E. im übrigen, inwieweit unser Herr am Kreuz mit zerschlagenen Beinen noch wie ein gesundgewachsener Mensch aussah.
Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht;
(Johannes 19,33)
Denn das ist geschehen, damit die Schrift erfüllt würde (2.Mose 12,46): »Ihr sollt ihm kein Bein zerbrechen.
(Johannes 19,36)

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Marion
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Marion »

Bernado hat geschrieben: Vorsicht. Die Darstellung ist anatomisch richtig ...
Schau dir den Umfang von Kopf und Taille oder Becken an. Die Proportionen stimmen nicht mit mit einem normal gewachsenen Menschen überein.
Da muss man nicht von der Seite schauen um das festzustellen.
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ifugao
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von ifugao »

Dat Dingens ist scheußlich finde ich mit meinem nur gering ausgebildeten Kunstverstand. :nuckel:
Das liegt aber auch daran, daß ich alle Christusabbildung an Kreuzen entsetzlich finde. Au weia..... jetzt schreien hier bestimmt alle auf.
Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.
Mahatma Gandhi

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Lupus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Lupus »

wie die Schrift sagt: der Schönste aller Menschen, deswegen auch im größten Leid und unter größten Schmerzen noch eine Ahnung von vollendeter Schönheit ausstrahlend!

+L.
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

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Florianklaus
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Florianklaus »

Muß eine Darstellung von Christus unbedingt 100%ig anatomisch richtig sein? Warum?

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Berolinensis
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Berolinensis »

Aber mal abgesehen von der Beurteilung des Korpus: Wo ist denn das Kreuz? Ein Korpus ohne Kreuz ist doch sinnlos.

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Bernado
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Bernado »

Interessant. Wir wiederholen hier eine Diskussion, die vor 8 Jahren schon einmal geführt worden ist.:
http://www.kirche-marzahn.de/index.php? ... &chapter=2
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Berolinensis
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Berolinensis »

Das trifft aber nicht auf meine Frage zu, denn offenbar war der Korpus ursprünglich "an der Rückwand des Altarraums der Kirche an einem aus Ziegelsteinen gemauertem Kreuz aufgehangen".

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Bernado
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:Das trifft aber nicht auf meine Frage zu, denn offenbar war der Korpus ursprünglich "an der Rückwand des Altarraums der Kirche an einem aus Ziegelsteinen gemauertem Kreuz aufgehangen".
Es war auch nicht als Antwort auf Deine Frage gedacht. Aber auch diese Frage ist wohl schon des öfteren hin- und hergewendet worden.

Gegen das Weglassen des Kreuzes hätte ich da Bedenken, wo es dazu dient, den Schrecken der Kreuzigungszene zu mildern und die Grausamkeit des Todes an diesem Schandpfahl zu verdecken. Das kann man aber diesem expressionistischen Werk wirklich nicht vorwerfen. Der Vorwurf, das Kreuzzeichen als zentrales Signum des Christentums verstecken zu wollen, ginge hier ins Leere.

Ich will übrigens nicht sagen, daß ich dieses Kunstwerk als sehr gelungen und überzeugend betrachte - zumal die Positionierung eigentlich nur die totale Frontperspektive zuläßt, in der es tatsächlich auch befremdliche Züge aufweist. Aber vielleicht haben wir das auch manchmal nötig: Das Kruzifix aus seiner ornamentalen Erstarrung herauszusehen, in der es "Schmuck" unserer Zimmerwände oder Anhänger geworden ist, und wieder mehr auf die Ungeheuerlichkeit zu sehen, die diese Hinrichtungsart bedeutet - für jeden, der ihr unterzogen wurde, vor allem aber für den Einen, dessen Unschuld doch außer Zweifel steht. Das Weglassen des Kreuzes nimmt jedenfalls hier davon nichts weg.

Bitte an den Mod: Kann man diesen Exkurs zum Marzahner Kreuz in einen eigenen Thread packen?
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

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ifugao
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von ifugao »

:auweia:
Was ist denn das für ein Hungerhaken?
Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.
Mahatma Gandhi

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anneke6
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von anneke6 »

Gotisch, vermute ich.
???

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Berolinensis
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Re: Mißbrauchsvorwürfe gegen Priester

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Das trifft aber nicht auf meine Frage zu, denn offenbar war der Korpus ursprünglich "an der Rückwand des Altarraums der Kirche an einem aus Ziegelsteinen gemauertem Kreuz aufgehangen".
Es war auch nicht als Antwort auf Deine Frage gedacht. Aber auch diese Frage ist wohl schon des öfteren hin- und hergewendet worden.

Gegen das Weglassen des Kreuzes hätte ich da Bedenken, wo es dazu dient, den Schrecken der Kreuzigungszene zu mildern und die Grausamkeit des Todes an diesem Schandpfahl zu verdecken. Das kann man aber diesem expressionistischen Werk wirklich nicht vorwerfen. Der Vorwurf, das Kreuzzeichen als zentrales Signum des Christentums verstecken zu wollen, ginge hier ins Leere.

Ich will übrigens nicht sagen, daß ich dieses Kunstwerk als sehr gelungen und überzeugend betrachte - zumal die Positionierung eigentlich nur die totale Frontperspektive zuläßt, in der es tatsächlich auch befremdliche Züge aufweist. Aber vielleicht haben wir das auch manchmal nötig: Das Kruzifix aus seiner ornamentalen Erstarrung herauszusehen, in der es "Schmuck" unserer Zimmerwände oder Anhänger geworden ist, und wieder mehr auf die Ungeheuerlichkeit zu sehen, die diese Hinrichtungsart bedeutet - für jeden, der ihr unterzogen wurde, vor allem aber für den Einen, dessen Unschuld doch außer Zweifel steht. Das Weglassen des Kreuzes nimmt jedenfalls hier davon nichts weg.

Bitte an den Mod: Kann man diesen Exkurs zum Marzahner Kreuz in einen eigenen Thread packen?
Den von dir zuerst genannten Vorwurf habe ich gar nicht erhoben. Ich frage mich aber, ob es schon zur Begründung eines Abweichens von einer unvordenklichen Tradition ausreicht, zu sagen, die Abweichung nehme von einem bestimmten Aussagegehalt nichts weg. Das erinnert mich arg an das Totschlag-Argument, das einem gern entgegengehalten wird: "Schad' doch nichts." Aber davon abgesehen: Welchen Sinn hat es, von einer Kreuzigungszene das Kreuz wegzulassen? Für mich ist das erst einmal Effekthascherei, als stellte man St. Martin in Reiterpose aber ohne Pferd dar. Ich wiederhole mich: was soll das?

civilisation
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von civilisation »

Also ich mag dieses Kreuz in der kath. Kirche von Marzahn auch nicht.

Dennoch: Die Beinhaltung der Figur, die offenbar Jesus Christus darstellen soll, könnte durchaus für Kreuzigungsopfer typisch oder mindestens ähnlich sein.

Hier mal eine andere Abbildung, die die Beinhaltung auf einem anderen Bild zeigt:

Bild

Das Bild könnte durchaus auf Raphaels Hinweis auf Joh 19,33 passen ("gebrochene Beine").

Es gab mal eine Untersuchung, die ein Chirurg veröffentlicht hat, nachdem er Experimente mit Leichen am Kreuz vorgenommen hat. Das Buch fliegt hier irgendwo rum. Ich werde vielleicht heute da mal reinschauen und ggf. - soweit erwünscht - dann hier posten.

civilisation
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von civilisation »

anneke6 hat geschrieben:Gotisch, vermute ich.
Eher romanisch?? - Meine Vermutung. Lasse mich aber gerne belehren.

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anneke6
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von anneke6 »

Ich habe mal eine Darstellung gesehen, wo der eine Schächer die Hände, ähnlich wie Christus, vorne am Kreuz hatte, und die vom anderen hinter das Kreuz und dort angenagelt waren. Außerdem waren beide Schächer splitternackt, wohingegen Jesus ein Lendentuch hatte.
???

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Bernado
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von Bernado »

ifugao hat geschrieben::auweia:
Was ist denn das für ein Hungerhaken?
Das ist eine Bemerkung, die ich übel nehme.

@Robert: Nun lass uns aber nicht die ganze Kunstgeschichte durcheinanderrühren oder gleich in den Orkus werfen. Und die Kreuzesdarstellung hat eine lange Geschichte.

Sie fängt damit an, daß es diese Darstellung zunächst gar nicht gibt: solange das Kreuz noch als Galgen an allen Wegkreuzungen stand, scheuten die Christen aus verständlichen Gründen davor zurück, es anders als in äußerster Abstraktion (Markierungskreuz?) zu verwenden. Ihre Gegner übrigens nicht: sie zeigten Christus am Kreuz und setzten ihm auch noch einen Eselskopf auf.

Die frühen Kreuzdarstellungen ab dem 5. Jh sind wohl bewußt abstrakt und nicht-naturalistisch: Sie zeigen einen mit der Tunika bekleideten würdevoll am Kreuz eher stehenden als hängenden, eher lebenden als sterbenden Chrsitus - das wurde dann bald in Form von Auferstehungs- oder Triumphkreuzen weiterentwickelt: Der Herrscher vom Kreuz aus. Theologisch völlig ok - aber nicht umfassend.

In der Gotik wurde dann die Darstellung als Leidensmann dominierend. Tunika und Krone (war aber immer selten) verschwanden, und das Leiden am Kreuz wurde immer eindringlicher dargestellt. Teilweise in schwer erträglicher Intensität zeigen sie den sich aufbäumenden und sterbenden bzw. im Tod verzerrten Christus - die Kunsthistoriker mögen Beispiele benennen.

Ab der Renaissance trat dann ein Typus in den Vordergrund, der den gestorbenen Christus in einem Zustand erträglicher Ruhe zeigt, und diese Darstellung wurde immer mehr abgemildert bis zu der Form, die sich jeder beruhigt im Herrgottswinkel an die Wand hängen konnte, ohne davon besonders aufgestört zuu werden. Die Moderne strebt nun, wie es ihre Art ist, dazu, die Verstörung wieder herzustellen und greift dafür auf den gotischen Typus zurück. Das halte ich grundsätzlich für legitim - solange man kein Dogma daraus macht. Natürlich bleibt es auch legitim, auf den romanischen Typus zurückzugreifen, den Dein Bild repräsentiert - anscheinend aber auch in einer neuen Fassung.
Bild
Ich habe beim Schreiben Google nebenan nach "Kruzifix" suchen lassen und dabei viele interessante moderne Versuche gesehen. Einer (ausgerechnet Diözese Linz, Altenberg) erscheint mir besonders bemerkenswert: Hier hatte man das Bedürfnis, einem barocken Korpus das vermutlich durch die Zeitläufte verlorene Kreuz wiederzugeben und entschied sich für eine verfremdende Lösung, die den Korpus fast zu einem dekorativen Anhängsel des überdimensional dargestellten und farblich abstrahierten Kreuzeszeichens macht. Das springt nicht nur dem barocken Hauptaltar ins Gesicht (möglicherweise absichtlich), es läßt auch die Menschheit des gequälten Christus hinter dem Christussymbol zurücktreten, wie das zweite Bild verdeutlicht.
Bild
Ich denke, hier und in Marzahn haben wir zwei Positionen von beiden Enden des modernen Spektrums, die beide etwas Richtiges aussagen und dabei beide etwas Wichtiges verkleinern. Trotzdem geben beide mehr Anstoß zum Nachdenken als der Standardtypus, den man kaum noch als "Zeichen des Anstoßes" wahnimmt - außer wenn er im Schulzimmer hängt.
Zuletzt geändert von Bernado am Montag 1. Februar 2010, 20:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von julius echter »

dass passt ja überhaupt nicht zusammen - dass kreuz trennt jetzt optisch das hauptschiff vom hochchor - eine sehr schlechte lösung - ich finde das kreuz ist zu dominant
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Bernado
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von Bernado »

civilisation hat geschrieben:Hier mal eine andere Abbildung, die die Beinhaltung auf einem anderen Bild zeigt:

Bild
Diese Art der Darstellung zeigt etwas, was auch hier unserer Diskussion zugrunde liegt: Die Künstler wußten um die Scheußlichkeit der Kreuzigung, scheuten aber vielfach davor zurück, das auch am Bild des gekreuzigten Erlösers zum Ausdruck zu bringen.

Ich halte beides für legitim: Sowohl den Versuch, das Leiden hinter der Würde zurücktreten zu lassen, als auch die Absicht, es rücksichtslos ins Bild zu setzen, "dem Menschen gleich in allem außer der Sünde".

@berolinensis
Tut mir leid, das Fehlen der Kreuzesbalken kann ich bei dieser Darstellung nicht wirklich als Mangel empfinden. Das Abrücken von der Tradition empfinde ich hier nicht als Bruch. Wir erkennen den Gekreuzigten auch so auf den ersten Blick. Und wir wissen aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges oder der bolschewistischen Revolution in Rußland: Um Priester oder Nonnen zu kreuzigen braucht man kein gezimmertes Kreuz - jedes hölzerne Scheunentor tut es auch.

Wahrscheinlich hat man in Marzahn aber gar nicht so gedacht. Vermutlich war der Korpus bei seiner ersten Anbringung vor einem Kreuz befestigt, das aus einer insgesamt in Backstein aufgeführten Wand herausgemauert war. Eine solche Wand hatte man nicht - also nahm man eine andere.
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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:
civilisation hat geschrieben:Hier mal eine andere Abbildung, die die Beinhaltung auf einem anderen Bild zeigt:

Bild
Diese Art der Darstellung zeigt etwas, was auch hier unserer Diskussion zugrunde liegt: Die Künstler wußten um die Scheußlichkeit der Kreuzigung, scheuten aber vielfach davor zurück, das auch am Bild des gekreuzigten Erlösers zum Ausdruck zu bringen.

Ich halte beides für legitim: Sowohl den Versuch, das Leiden hinter der Würde zurücktreten zu lassen, als auch die Absicht, es rücksichtslos ins Bild zu setzen, "dem Menschen gleich in allem außer der Sünde".

@berolinensis
Tut mir leid, das Fehlen der Kreuzesbalken kann ich bei dieser Darstellung nicht wirklich als Mangel empfinden. Das Abrücken von der Traditionbruch empfinde ich hier nicht als Bruch. Wir erkennen den Gekreuzigten auch so auf den ersten Blick. Und wir wissen aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges oder der bolschewistischen Revolution in Rußland: Um Priester oder Nonnen zu kreuzigen braucht man kein gezimmertes Kreuz - jedes hölzerne Scheunentor tut es auch.

Wahrscheinlich hat man in Marzahn aber gar nicht so gedacht. Vermutlich war der Korpus bei seiner ersten Anbringung vor einem Kreuz befestigt, das aus einer insgesamt in Backstein aufgeführten Wand herausgemauert war. Eine solche Wand hatte man nicht - also nahm man eine andere.
Nein, da werden wir uns dann nicht einig. Eine Annagelung an ein Scheunentor ist eben nur das, eine Annagelung; eine Kreuzigung setzt begriffsnotwendig ein Kreuz voraus. Daß man erkennen kann, was gemeint ist, tut m.E. nichts zur Sache, das erkenne ich beim reitenden St. Martin ohne Pferd auch.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

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Re: Statt eines Altarkreuzes – das Marzahner Perathoner-Corpus

Beitrag von civilisation »

In Salzburg befindet sich dieses Kreuz:

Bild

Kruzifix von Jakob Adlhart (1926) im Kolleg St. Benedikt in Salzburg

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