Jahrestag „Humanae vitae“

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Benutzeravatar
umusungu
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 5048
Registriert: Donnerstag 1. Januar 2004, 13:30

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von umusungu »

Stefan hat geschrieben:
Auch ist Erzbischof Müller nicht bereit, den offensichtlichen Zusammenhang zwischen der aktuellen Glaubenskrise und dem Konzil anzuerkennen.
Dieser "offensichtliche Zusammenhang" wird von den Pius-Leuten immer behauptet und gebetsmühlenartig wiederholt.
Es gibt keinerlei Zusammenhang, im Gegenteil, die Glaubenskrise - oder sagen wir besser die Kirchenkrise - hat ganz andere Gründe.
Die Kirchenkrise datiert aus dem Jahre 1968 - mit Veröffentlichung von humanae vitae. Diese Enzyklika markiert den Bruch großer Teile der katholischen Bevölkerung mit der Kirche.

Benutzeravatar
Maurus
Beiträge: 6813
Registriert: Donnerstag 2. März 2006, 12:56
Wohnort: Kurmainz

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Maurus »

umusungu hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:
Auch ist Erzbischof Müller nicht bereit, den offensichtlichen Zusammenhang zwischen der aktuellen Glaubenskrise und dem Konzil anzuerkennen.
Dieser "offensichtliche Zusammenhang" wird von den Pius-Leuten immer behauptet und gebetsmühlenartig wiederholt.
Es gibt keinerlei Zusammenhang, im Gegenteil, die Glaubenskrise - oder sagen wir besser die Kirchenkrise - hat ganz andere Gründe.
Die Kirchenkrise datiert aus dem Jahre 1968 - mit Veröffentlichung von humanae vitae. Diese Enzyklika markiert den Bruch großer Teile der katholischen Bevölkerung mit der Kirche.
Das ist ein genauso monokausaler und damit falscher Ansatz.

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von taddeo »

umusungu hat geschrieben:Die Kirchenkrise datiert aus dem Jahre 1968 - mit Veröffentlichung von humanae vitae. Diese Enzyklika markiert den Bruch großer Teile der katholischen Bevölkerung mit der Kirche.
Du übersiehst dabei völlig, daß diese (wie fast jede) Enzyklika eine Reaktion auf bereits lange (mindestens seit 1960) vorhandene Mißstände war und keineswegs deren Ursache. Da es die meisten Hirten der Ortskirchen versäumt hatten, rechtzeitig vor den moralischen Gefahren der Pille zu warnen, hatte zuletzt Papst Paul den schwarzen Peter.

Benutzeravatar
umusungu
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 5048
Registriert: Donnerstag 1. Januar 2004, 13:30

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von umusungu »

taddeo hat geschrieben: Da es die meisten Hirten der Ortskirchen versäumt hatten, rechtzeitig vor den moralischen Gefahren der Pille zu warnen, hatte zuletzt Papst Paul den schwarzen Peter.
Paul VI. hat nicht gewarnt, sondern generell verboten. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Leider konnte die Kirche danach nicht mehr Einfluß nehmen auf eine verantwortliche Einnahme der Pille. Dieser Weg einer moralisch verantwortbaren Verwendung der Pille war leider verbaut.
Genauso wie Antibiotika die Menschheit von schweren Lasten befreien konnten, konnte dies die Pille: die Last unentwegter -nicht gewollter -Schwangerschaften konnte begrenzt werden.

Mitwirkung in und an Gottes guter Schöpfung im Chemielabor bei der Entwicklung von Antibiotika = sehr gut
Mitwirkung in und an Gottes guter Schöpfung im Chemielabor bei der Entwicklung von Kontrazeptiva = moralisch verwerflich

Beide Entwicklungen zum Wohle der Menschen.....

Der Mensch des 20. und 21. Jahrhunderts macht dies nicht mehr mit!

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7171
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Protasius »

umusungu hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Da es die meisten Hirten der Ortskirchen versäumt hatten, rechtzeitig vor den moralischen Gefahren der Pille zu warnen, hatte zuletzt Papst Paul den schwarzen Peter.
Paul VI. hat nicht gewarnt, sondern generell verboten. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Leider konnte die Kirche danach nicht mehr Einfluß nehmen auf eine verantwortliche Einnahme der Pille. Dieser Weg einer moralisch verantwortbaren Verwendung der Pille war leider verbaut.
Genauso wie Antibiotika die Menschheit von schweren Lasten befreien konnten, konnte dies die Pille: die Last unentwegter -nicht gewollter -Schwangerschaften konnte begrenzt werden.

Mitwirkung in und an Gottes guter Schöpfung im Chemielabor bei der Entwicklung von Antibiotika = sehr gut
Mitwirkung in und an Gottes guter Schöpfung im Chemielabor bei der Entwicklung von Kontrazeptiva = moralisch verwerflich

Beide Entwicklungen zum Wohle der Menschen.....

Der Mensch des 20. und 21. Jahrhunderts macht dies nicht mehr mit!
Bei der Empfängnisverhütung geht es aber nicht um die Verhinderung einer Krankheit, sondern um den geheiligten Akt der Zeugung. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, auch wenn sie unerwünscht ist. Und das sollte hier genügen, alles weitere steht ja des Langen und Breiten im Sodomstrang.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Benutzeravatar
umusungu
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 5048
Registriert: Donnerstag 1. Januar 2004, 13:30

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von umusungu »

Protasius hat geschrieben:Bei der Empfängnisverhütung geht es aber nicht um die Verhinderung einer Krankheit, sondern um den geheiligten Akt der Zeugung. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, auch wenn sie unerwünscht ist. Und das sollte hier genügen, alles weitere steht ja des Langen und Breiten im Sodomstrang.
Der "geheilgte Akt der Zeugung"wird sehr oft von der Kirche als unmoralisch angesehen.....

Ich möchte Dich einfach mal um eine gedankliche Anstrengung bitten:
a) mit Penicilin wurde die Sterberate durch Infektionen drastisch gesenkt .... in den 40er Jahren
b) die Polio-Schutzimpfung wurde in den 60er Jahren eingeführt

ich nenne nur mal 2 der umwälzenden medizinischen Fortschritte, die die Sterberate erheblich absenkte - gerade auch von Kindern.

Genau in dieser Zeit des medizinischen Fortschritts und der drastischen Senkung der Sterblichkeit wird die Pille entwickelt.
10-Kinder-Familien sind nicht mehr notwendig, um das Überleben von 4 Kindern zu sichern.
Die Frauen können ganz anders ihre intellektuellen Fähigkeiten in die Gesellschaft einbringen.
(Vorher mußten intellektuelle Frauen eigentlich unverheiratet sein: Fräulein als Lehrerin oder Ordensschwestern als Krankenschwestern, Lehrerinnen etc.)
Die Flucht vor vielen ungewollten Mutterschaften war ein großer Nährboden für Berufungen in Schwesterngemeinschaften
Diese Sicht wird viele Gegenstimmen erzielen - stimmt aber.

Benutzeravatar
Melody
Beiträge: 4263
Registriert: Mittwoch 22. März 2006, 16:05
Wohnort: in der schönsten Stadt am Rhein... ;-)

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Melody »

umusungu hat geschrieben:Paul VI. hat nicht gewarnt, sondern generell verboten. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Leider konnte die Kirche danach nicht mehr Einfluß nehmen auf eine verantwortliche Einnahme der Pille. Dieser Weg einer moralisch verantwortbaren Verwendung der Pille war leider verbaut.
Genauso wie Antibiotika die Menschheit von schweren Lasten befreien konnten, konnte dies die Pille: die Last unentwegter -nicht gewollter -Schwangerschaften konnte begrenzt werden.
[Obsolet gewordenenen Hinweis gelöscht.]

[E]
s gibt m. E. keine "verantwortliche Einnahme der Pille". Das Ding ist gesundheitlich hochgefährlich und hat moralisch alles auf den Kopf gestellt und die Frau zur jederzeit verfügbaren Ware degradiert.

Im übrigen gibt es NFP (= Natürliche Familienplanung).
HV halte ich außerdem für eine ganz ausgezeichnete Enzyklika!
Zuletzt geändert von Hubertus am Mittwoch 20. März 2013, 06:24, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Obsolet gewordenenen Hinweis gelöscht.
Ewa Kopacz: «Für mich ist Demokratie die Herrschaft der Mehrheit bei Achtung der Minderheitenrechte, aber nicht die Diktatur der Minderheit»

Benutzeravatar
Hubertus
Beiträge: 15232
Registriert: Montag 3. Mai 2010, 20:08

Re: Jahrestag „Humanae vitae“

Beitrag von Hubertus »

[Nur zu Mod.zwecken.]
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von taddeo »

umusungu hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Da es die meisten Hirten der Ortskirchen versäumt hatten, rechtzeitig vor den moralischen Gefahren der Pille zu warnen, hatte zuletzt Papst Paul den schwarzen Peter.
Paul VI. hat nicht gewarnt, sondern generell verboten. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Leider konnte die Kirche danach nicht mehr Einfluß nehmen auf eine verantwortliche Einnahme der Pille. Dieser Weg einer moralisch verantwortbaren Verwendung der Pille war leider verbaut.
Paul VI. hat getan, was alle anderen Hirten vor ihm auch hätten tun müssen, aber (aus Feigheit?) nicht getan haben.
Eine "moralisch verantwortbare Verwendung der Pille" gibt es nur dort, wo sie NICHT als Kontrazeptivum verwendet wird (das hatte schon der Schering-Konzern bei der Einführung so deklariert, damit es nicht so auffällt). Das ist aber nur ein marginaler Prozentsatz aller Verschreibungen.

Dein Vergleich Antibiotika/Pille ist übrigens so unterirdisch, daß ich eine solch absurde Argumentation nicht mal Dir zugetraut hätte; man kann es also kaum anders denn als bewußte Provokation auffassen.
Freilich sind beides Produkte der chemischen Industrie. Aber das eine dient nur dem Leben, das andere nur der Verhinderung des Lebens. Daher ist das eine moralisch anders zu bewerten als das andere. Um das zu kapieren, muß man ja wohl nicht besonders intellektuell sein.

Stefan

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Stefan »

umusungu hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:
Auch ist Erzbischof Müller nicht bereit, den offensichtlichen Zusammenhang zwischen der aktuellen Glaubenskrise und dem Konzil anzuerkennen.
Dieser "offensichtliche Zusammenhang" wird von den Pius-Leuten immer behauptet und gebetsmühlenartig wiederholt.
Es gibt keinerlei Zusammenhang, im Gegenteil, die Glaubenskrise - oder sagen wir besser die Kirchenkrise - hat ganz andere Gründe.
Die Kirchenkrise datiert aus dem Jahre 1968 - mit Veröffentlichung von humanae vitae. Diese Enzyklika markiert den Bruch großer Teile der katholischen Bevölkerung mit der Kirche.
Ich möchte zum einen anmerken, dass der Threadtitel das Thema verbiegt.
Es ging nicht um Humanae Vitae, sondern um die Gründe für die Glaubenskrise (aus der natürlich auch eine Kirchenkrise resultiert).

Zum anderen sind die Gründe wohl nicht monokausal, sondern vielschichtig.
Tatsache ist, dass die Gemeinschaften der Tradition zuvorderst die Liturgiereform und in der Folge die Fehlinterpretationen und Banalisierungen des 2. Vatikanums als Ursache der der Glaubenskrise ansehen. Ich verstehe nicht, warum man sie nicht einfach gewähren lässt, da sie nichts anderes glauben und tun wollen, als Katholiken 2000 Jahre vorher getan haben.

Humanae Vitae ist in der Tat der katholische Gegenpol zum Sexismustrend der späten 60er Jahre gewesen, in der die Rolle der Sexualtität von Mann und Frau zunehmend auf die Lustbefriedigung reduziert wurde - mit den bekannten Folgen. Ehescheidungen, Singlevereinsamung, Legalisierung der Prostitution, Verharmlosung von Homosexualität bis hin zum Totalangriff auf das katholische Eheverständnis durch die Imitation in Form von sog. "Homoehen".

Die eigentlich Krise ist nicht durch humanae vitae entstanden, sondern durch die Unterminierung seitens der Kleriker, die in offenen Widerspruch zum Lehramt getreten sind.
Die Hirten haben sich von der Herde abgewendet, und ihr eigenes Süppchen gekocht. War Humanae vitae noch Teil des nachkonziliaren Lehramts, war die fehlende Rezeption Folge einer Glaubenskrise des Klerus.

Aber es gibt ja wie gesagt noch sehr viele andere Ursachen.

Benutzeravatar
Heinrich II
Beiträge: 414
Registriert: Montag 30. Januar 2012, 18:27
Wohnort: Bistum Mainz

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Heinrich II »

taddeo hat geschrieben: Eine "moralisch verantwortbare Verwendung der Pille" gibt es nur dort, wo sie NICHT als Kontrazeptivum verwendet wird (das hatte schon der Schering-Konzern bei der Einführung so deklariert, damit es nicht so auffällt).
Sehr interessant. Gibt es dazu eine Quelle, wo man das nachlesen kann?
Wer euch ein anderes Evangelium verkündet, als ihr angenommen habt, der sei verflucht. Geht es mir denn um die Zustimmung der Menschen, oder geht es mir um Gott?

Benutzeravatar
Melody
Beiträge: 4263
Registriert: Mittwoch 22. März 2006, 16:05
Wohnort: in der schönsten Stadt am Rhein... ;-)

Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Melody »

Heinrich II hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Eine "moralisch verantwortbare Verwendung der Pille" gibt es nur dort, wo sie NICHT als Kontrazeptivum verwendet wird (das hatte schon der Schering-Konzern bei der Einführung so deklariert, damit es nicht so auffällt).
Sehr interessant. Gibt es dazu eine Quelle, wo man das nachlesen kann?
Nichts Offizielles, aber hier wird es z. B. auch beiläufig erwähnt: http://de.muvs.org/topic/die-pillenstor ... evolution/
Daher führt Schering die Pille als ‚Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen’ ein, unter dessen Nebenwirkungen die Unfruchtbarkeit während der Einnahme aufgeführt ist.
Ich hab sie offiziell auch aus diesem Grund genommen und bekam sie daher erstattet...


Nachtrag:
Aus dem gleichen Artikel:
Die katholische Kirche erlaubt die Pille als Medikament für Zyklusstörungen.
Stimmt das echt???
Es gibt doch sicherlich auch andere Medikamente gegen Zyklusstörungen?!
Naja, gut, mag sein, dass es die damals (noch) nicht gab?! :achselzuck: :hmm:


PS: Auch in diesem Artikel steht es: http://www.handelsblatt.com/archiv/6-j ... 764-2.html
Dass sich das Erfolgsrezept im liberalen Australien nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen lassen würde, war dem Schering-Vorstand klar. Aber einen Versuch sollte es geben - mit einem kleinen Trick. Als das Präparat 1961 eingeführt wird, preist es der Beipackzettel als Medikament zur Behebung von Zyklusstörungen. Die Verhütungswirkung ist nur unter den Nebenwirkungen erwähnt. Außerdem empfiehlt Schering den Ärzten, die Pille nur verheirateten Frauen mit Kindern zu verschreiben. Der Konzern wollte nicht in den Ruf geraten, die Promiskuität unter Jugendlichen zu fördern.
Ewa Kopacz: «Für mich ist Demokratie die Herrschaft der Mehrheit bei Achtung der Minderheitenrechte, aber nicht die Diktatur der Minderheit»

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema