Heinrich II hat geschrieben:Sempre hat geschrieben:@Heinrich II
Wie beantwortest Du folgende Frage?
Wenn ich von Deiner beidseits unendlich langen Dominosteinreihe einen Dominostein wegnehme. Haben wir dann eine unendlich lange oder eine endlich lange Dominosteinreihe übrig?
Wenn ich eine "Mitte" in meiner Reihe definiere und links und rechts davon jeweils einen Stein wegnehme, bleiben natürlich weiterhin unendlich viele übrig. Ich kann sogar unendlich viele wegnehmen (z.B. jeden zweiten Stein) und es bleiben immer noch unendlich viele übrig. (Immer noch kann ich die Länge nicht mit einer natürlichen Zahl angeben!)
(Im Prinzip ist das Hilberts Hotel. Wie kann ich in einem vollbelegten Hotel mit abzählbar unendlichen vielen Zimmern noch einen oder gar abzählbar unendlich viele Gäste unterbringen.)
Ja, David Hilberts Hotel. Passt hier sehr gut.
Das Hotel mit den abzählbar unendlich vielen Einzelzimmern ist mit den Gästen
G1, G2, G3, ...
voll belegt. Um nun die ebenfalls abzählbar unendlich vielen neuen Gäste
H1, H2, H3, ...
unterzubringen, zieht jeder k-te Gast in das 2k-te Zimmer um und die Neuankömmlinge werden in den freigewordenen Zimmern dazwischen untergebracht:
H1, G1, H2, G2, H3, G3, ...
Das zuvor voll belegte Hotel mit den unendlich vielen Einzelzimmern ist nun immer noch voll belegt.
Nun steht Georg Cantor an der Rezeption, ruft alle Gäste an und bittet sie, die Zimmer zu tauschen. Die neue Ordnung soll so aussehen:
G1, G2, G3, ... H1, H2, H3, ...
Dann führt er eine Umbenennung durch:
alte Namen: G1, G2, G3, ... H1, H2, H3, ...
neue Namen: 1, 2, 3, ... ω, ω+1, ω+2, ...
Die ursprünglichen unendlich vielen Gäste heißen nun 1, 2, 3, ... und die neuangekommenen unendlich vielen Gäste heißen nun ω, ω+1, ω+2, ... Nun lehrt uns der berühmte Mathematiker Hilbert, dass all diese Zahlen immer noch natürliche Zahlen sind. Außerdem sagst Du, Heinrich II, ω sei eine endliche Zahl.
Aber zunächst zu unseren Dominosteinen. Wir nehmen nun statt Hotelzimmern eine Dominosteinreihe, die sowohl links als auch rechts ins Unendliche reicht.
... -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ...
Der Übersichtlichkeit halber benennen wir die Dominosteine um. Der Dominostein 0 heißt nun Dominostein 1. Links und rechts davon vergeben wir die Namen 1 und 2, links und rechts davon 3 und 4 und so fort:
... 7, 5, 3, 1, 2, 4, 6 ...
Nun lassen wir die Dominosteine ihre Positionen wechseln, wir sortieren sie um:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, ...
Die Dominosteinreihe ist nun umsortiert, enthält aber dieselben und daher gleich viele Dominosteine. Bloß die Namen der einzelnen Steine und die Reihenfolge wurden geändert.
Nun gehen wir wie oben Hilbert und Cantor im Hotel vor. Wir bringen weitere abzählbar unendlich viele Dominosteine unter. Nach Umziehen, Hinzufügen und Umbenennen sieht unsere Dominosteinreihe so aus:
1, 2, 3, ... ω, ω+1, ω+2, ...
Nach Hilbert sind nun diese Zahlen allesamt natürliche Zahlen, wie schon oben bei den Hotelzimmern bzw. -gästen. Und Du, Heinrich II, sagst, ω sei eine endliche Zahl. Der berühmte Mathematiker und Begründer der Mengenlehre, Georg Cantor, aber nennt sie
die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl. Logisch, denn links davon stehen bereits unendliche viele Zahlen. Es handelt sich wohlgemerkt bei ω dem berühmten Mathematiker Hilbert folgend um eine natürliche Zahl.
Fazit: Die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl, ist logischerweise keine endliche Zahl, denn sonst wäre es eine Zahl, die größer ist als sie selbst, was offensichtlich Unfug wäre. Diese Zahl ω ist laut Hilbert natürlich und laut Cantor nicht endlich.
Nun fügt es sich, dass unsere Dominosteinreihe - sowohl die, von der ausgegangen wurde, als auch die nach "Verdoppelung" - dem Axiomensystem von Peano genügt, weshalb die Vollständige Induktion angewendet werden kann. Der von mir formulierte Induktionsbeweis ist gänzlich unabhängig von der Reihenfolge und Anordnung der Dominosteine. Die Vollständige Induktion erstreckt sich dabei über alle endlichen Zahlen 1, 2, 3, ... sowie auch über alle nicht endlichen Zahlen ω, ω+1, ω+2, ...