Der Gottesbeweis

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Juergen
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Juergen »

Reinhard hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:@Reinhard: Was meinst Du, warum Sempre eine Dickkopf als Avatar hat? :pfeif:
Aber kann man mit dem Pippi-Langstrumpf-Axiom denn wirklich die Welt verstehen ? :auweia:

(erklären kann man sie ja damit vielleicht .... )
2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach' mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt

Hauptsache das Endergebnis stimmt (2x3+3 = 9) ;)
Gruß Jürgen

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

@Heinrich II

Ich beschränke mich wieder auf den zentralen strittigen Punkt:

Heinrich II hat geschrieben:2. Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, aber jede natürliche Zahl ist endlich.
Analog formuliert: Es gibt unendlich viele unterschiedlich lange Dominosteinreihen, aber jede der Dominosteinreihen ist endlich lang.


Um vermeintlich den Beweis gegen den regressus ad infinitum zu widerlegen, behauptest Du 1.) und 2.):

1.) Es gibt keine natürliche Zahl, die nicht endlich ist.
2.) Es gibt eine Dominosteinreihe, die nicht endlich lang ist.


Das kann nicht beides zutreffen, denn: Es gibt eine bijektive Abbildung zwischen den natürlichen Zahlen und den Dominosteinreihen verschiedener Länge. Wir brauchen nur an jede Dominosteinreihe ein Schild heften, auf dem die Länge eingetragen ist.

Folglich gilt entweder a) oder b):

a) Jede Dominosteinreihe ist endlich lang.
b) Nicht jede natürliche Zahl ist endlich.


Fazit: Wenn die natürlichen Zahlen allesamt endlich wären, dann wären auch die Dominosteinreihen allesamt endlich lang. Denn es gibt eine bijektive Abbildung zwischen beiden.


Argumentationsweise, Credits: Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor.
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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Reinhard hat geschrieben:Vielleicht eine Bemerkung zu meiner Vorbildung: zusammen mit den Mathematikern habe ich im Rahmen meines Ingenieurstudiums "Höhere Mathematik" gehört und "Mathematik und heutige Weltbilder". Das ist also durchaus auch mein Metier.
Dann bitte ich natürlich besonders auch Dich um eine qualifizierte Stellungnahme zu meinem vorigen Beitrag.
Zuletzt geändert von Sempre am Freitag 9. März 2012, 04:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »


wikimedia: Mathe für Nicht-Freaks: Vollständige Induktion

Ohne den Finger da am Anfang passiert nichts. Es bewegt sich kein Dominostein ohne ihn, und kein bedingt bewiesener Induktionsschritt wird unbedingt bewiesen, ohne dass am Anfang ein Induktionsanfang unbedingt bewiesen wird.

Die vollständige Induktion betrifft o.B.d.A. sämtliche natürliche Zahlen, so wie sie sämtliche Dominosteine betrifft. Wieviele endlich oder unendlich viele auch immer natürliche Zahlen bzw. Dominosteine das sein mögen.

Das nur zwecks Anschauung, nicht um irgendetwas zu beweisen.
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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:Denn es gibt eine bijektive Abbildung zwischen beiden.
Was soll denn jetzt schon wieder eine "bijektive Abbildung" sein? :hmm:
Entweder sind die hier in Rede stehenden Dominosteine bijektiv mit den natürlichen Zahlen verbunden oder aber nicht. Tertium non datur! 8)

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Reinhard hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Habt ihr Euch eigentlich 'mal gefragt, wie man eine unendlich lange Reihe von Dominosteinen in ein endlich großes Universum hineinbekommt? :blinker:
Oooch ja, auf dieses Argument hatte ich Sempre bereits hier im Vorläuferstrang hingewiesen. :pfeif:
So richtig darauf eingegangen ist er auch damals schon nicht.

Vielleicht eine Bemerkung zu meiner Vorbildung: zusammen mit den Mathematikern habe ich im Rahmen meines Ingenieurstudiums "Höhere Mathematik" gehört und "Mathematik und heutige Weltbilder". Das ist also durchaus auch mein Metier.
:hmm:

Ich sehe gerade, daß ich meine Frage falsch gestellt habe! :tuete:

Für sempre gibt es keine "unendlich lange Reihe von Dominosteinen", für ihn sind alle Reihen von Dominosteinen nur endlich lang; und können auch nur endlich lang sein. "Endlich lang" sind sie, weil sie abzählbar sind. Und weil man für jeden Dominostein eine natürliche Zahl "vergeben" kann (vulgo: sie zählen [Punkt]), sind auch die natürlichen Zahlen lediglich "eine endlich große Menge".

Die Überlegung, daß man jeweils die (und damit auch alle) Reihe(n) von Dominosteinen verlängern kann, indem man einen Dominostein dazustellt, kommt in seiner Vorstellungswelt offenbar gar nicht vor und ist daher auch nicht Gegenstand seines "Induktionsbeweises" ............

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Heinrich II
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

@Sempre
Du verdrehst schon wieder meine Aussagen.

Aber halten wir doch erstmal fest, dass Du Dich in Punkt 3 geirrt hast. Du bist zwar zu stolz das zuzugeben, aber die Behauptung es gäbe nur endlich viele Ketten verschiedener endlicher Längen ist widerlegt. Es gibt davon unendlich viele.

Nun zu Punkt 2: Eine Zahl ist nunmal eine Zahl. Sie kann nicht unendlich sein. Punkt.
Ich habe festgestellt, dass man die Existenz einer unendlich langen Kette nicht per Induktionsargument ausschliessen kann. Die Länge dieser unendlich langen Kette kann ich eben gerade nicht mit einer nat. Zahl angeben. "Unendlich" ist eben keine Zahl, sondern bedeutet nur größer als jede Zahl. Das Längenschild dieser Kette würde lauten "Länger als jede Zahk". Deswegen sage ich ja schon lange, dass Dein Induktionsbeweis kein Ergebnis für eine unendlich lange Ketten bringen kann.

Im Zusammenhang der Punkte 1,2 und 3 zeigt sich Dein Fehler.
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Heinrich II
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

@Raphael

Ich denke, dass Du recht hast. Sempre glaubt nicht an die Existenz einer unendlich langen Kette so wie andere nicht an Gott glauben. Nur aus unserem endlichen Horizont heraus können wir die mögliche (aber für mich selbst auch nicht sehr wahrscheinliche) Existenz einer unendlich langen (Kausal-) Kette eben nicht widerlegen. Schon gar nicht per Induktion.
Zuletzt geändert von Heinrich II am Freitag 9. März 2012, 11:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Juergen
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Spannend! :daumen-rauf:

Interessant finde ich besonders die Erwähnung des "geometrischen Gottesbeweises" des Nikolaus von Kues. Er beweist nämlich, daß die Schöpfung eine Vieleck mit unendlich vielen Ecken ist, während Gott der vollkommene Kreis ist! :doktor:

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Heinrich II hat geschrieben:Du bist zwar zu stolz das zuzugeben
Ich habe nichts zuzugeben.

Kompaktes Wörterbuch des Unendlichen hat geschrieben:[...] lauter unendlich große Zahlen - die von Cantor so bezeichneten Transfiniten Ordinalzahlen. Eine Ordinalzahl ist Bestandteil einer geordneten Zahlenmenge, also einer Menge, bei der man für jedes Element entscheiden kann, ob es größer oder kleiner ist als ein anderes. Die Menge der Natürlichen Zahlen zum Beispiel ist eine geordnete Menge. Auch die Menge der Wände des Berges On [lies: die Menge der Dominosteinreihen; Anm. Sempre] ist eine solche, denn für zwei beliebige Wände [Reihen] lässt sich leicht entscheiden, welche der beiden höher liegt [welche der beiden länger ist]. Die Menge aller Punkte einer Ebene dagegen ist nicht geordnet, denn für solche Punkte gibt es keine Größenunterschiede. Eine Zahlenmenge, die sich auf einem Zahlenstrahl, d.h. entlang einer Linie darstellen lässt, ist offensichtlich geordnet. Denn hier kann man für jedes Zahlenpaar entscheiden, dass die auf dem Strahl weiter rechts liegende Zahl die größere ist. Was aber passiert, wenn beide Zahlen unendlich groß sind?

Cantor ging dieses Problem an, indem er über die endlichen Zahlen hinaus einfach weiterzählte. Er markierte auf dem Zahlenstrahl die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl, mit dem Symbol ω. Damit ist das Ende des Zahlenstrahls jedoch noch lange nicht erreicht. Folgerichtig kann man ab ω mit ω+1, ω+2, ... weiterzählen, bis man bei ω+ω = ω∙2 ankommt:
1, 2, ... ω, ω+1, ω+2, ... ω∙2, ω∙2+1, ω∙2+2, ...
[...]

Seltsame Rechenregeln

Ähnlich wie die unendlichen Kardinalzahlen gehorchen auch die ω-Zahlen speziellen Rechenregeln. ω+1 ist größer als ω, aber 1+ω = ω! Denn da ω größer ist als jede endliche Zahl, ist ω auch größer als 1 plus eine endliche Zahl, was ja wieder eine endliche Zahl ergibt. Ebenso kann man sich überlegen, dass 2∙ω = ω, aber ω∙2 > ω. Die Kommutativität (Vertauschbarkeit der Reihenfolge) von Addition und Multiplikation gilt nur für endliche Zahlen.
Anstelle des Symbols ω wird nun oft das Symbol ∞ verwendet und etwa geschrieben ∞ = ∞ + 1 oder ∞ = 2 * ∞.

Siehe z.B. dort: Cantors Unendlichkeit

Heinrich II hat geschrieben:2. Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, aber jede natürliche Zahl ist endlich.
Das sieht der Mathematiker mit Georg Cantor anders.

Heinrich II hat geschrieben:Die Länge dieser unendlich langen Kette kann ich eben gerade nicht mit einer nat. Zahl angeben. "Unendlich" ist eben keine Zahl, sondern bedeutet nur größer als jede Zahl.
Heinrich II hat geschrieben:Das Längenschild dieser Kette würde lauten "Länger als jede Zahl".
Georg Cantor hätte ω drangeschrieben, und an die nächstgrößere Kette ω + 1 usf. Heute in Mode ist dementsprechend ∞, ∞ + 1, ...

Nach Georg Cantor hat die Menge der unterschiedlich langen Dominosteinreihen dieselbe Mächtigkeit wie die Menge der natürlichen Zahlen. Das bedeutet, dass es für jedes Längenschild eine natürliche Zahl gibt.
Heinrich II hat geschrieben:Das Längenschild dieser Kette würde lauten "Länger als jede Zahl".
Nein, es muss lauten "Länger als jede endliche Zahl".
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Juergen
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Juergen »

*gelöscht*

*ich geb's auf - hat eh keinen Sinn*
Zuletzt geändert von Juergen am Freitag 9. März 2012, 19:28, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Juergen hat geschrieben:Was ihr hier "beweisen" wollt, ist mich immer noch nicht klar.
Ich habe gezeigt, wie man per Vollständiger Induktion beweisen kann, dass eine Reihe träger, passiver Dominosteine nicht von selbst in Bewegung gerät, ganz egal, wie lang die Reihe ist, und sei sie unendlich lang, mit Anfang ohne Ende, ohne Anfang mit Ende oder ohne Anfang und ohne Ende.

Heinrich II versucht sich vergeblich in Einwänden dagegen.

Juergen hat geschrieben:Mir scheint aber, daß ihr zuerst mal in die falsche Richtung diskutiert.

Die Diskussion scheint mit in die Richtung zu gehen, daß Dominostein 1 den Stein 2 anstößt, der Stein 3 anstößt etc.
Die Benummerung der Dominosteine spielt keine Rolle, auch nicht, wenn die Reihe in beide Richtungen unendlich lang ausgedehnt ist:

... 9,7,5,3,1,2,4,6,8 ...

Juergen hat geschrieben:Man muß aber umgekehrt denken:
Wir sehen, daß Stein 1 umfällt. Dieser wurde von Stein 2 angestoßen, dieser wurde von Stein 3 angestoßen usw.

Die Frage ist also, ob es den Stein mit der Nummer "unendlich" gibt, der die ganze Kette in Bewegung gesetzt hat, oder ob es diesen Stein nicht gibt.
Der vorgelegte Induktionsbeweis beweist nicht, dass es einen Stein mit der Nummer unendlich gibt. Er nimmt hypothetisch an, dass es beliebig lange, unendlich lange Reihen gebe, und beweist, dass diese nicht ohne Anstoß in Bewegung sein könnten.

[...] daß es "aktual Unendliches" nicht gibt [...] daß es "aktual Unendliches" gibt [...] In dem Punkt versagt aber die Mathematik.
Sie versagt nicht, was die Frage angeht, ob eine unendlich alte Welt ohne Anstoß in Bewegung sein könnte.
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Heinrich II
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

@Sempre

Lass die Finger von Ordinalzahlen, solange Du noch nicht mal die vollständige Induktion verstehst. Und Cantor kannst Du für Deine Fehler nun wirklich nicht als Kronzeugen nehmen. Überlass die Mathematik bitte den Mathematikern. Es gilt:

Jeder Mathematiker wird Dir bestätigen können, dass Dein Induktionsbeweis falsch ist (- wie ich oben ausführlich ausgeführt habe) und das zusätzlich folgendes gilt:
1. "Unendlich" ist keine natürliche Zahl. (Sondern bedeutet größer als jede Zahl.)
2. Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen. aber jede natürliche Zahl ist endlich. (Denn Zahl kommt von zählen.)
3. Meine Widerlegung ist korrekt
Heinrich II hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben: Wir betrachten alle verschieden langen Dominosteinreihen endlicher, nicht verschwindender Länge. Jeder dieser Reihen können wir eine natürliche Zahl zuordnen. Wir wählen für jede Reihe diejenige natürliche Zahl, die ihre Länge angibt. Sei nun der längsten Reihe die natürliche Zahl N zugeordnet, weil die längste Reihe die Länge N habe. Dann ist N endlich, weil die Länge der Reihe voraussetzungsgemäß endlich ist. N gibt hierbei nicht nur die Länge der längsten Reihe an, sondern gleichzeitig auch die Anzahl aller Reihen, die wir betrachten, d.h. der Reihen endlicher Länge.

Fazit: Es gibt endlich viele verschieden lange Dominosteinreihen endlicher Länge.
Danke für Deine Begründung. Sie lässt sich aber leicht widerlegen. Ich nehme die längste Reihe der Länge N und tue einen weiteren Stein dazu. Schon habe ich eine längere Reihe der Länge N+1.
Das ist übrigens ein Standardargument der Mathematik, das jeder Mathematikstudent im ersten Semester schlafwandelnd in seiner Küche vor dem Kühlschrank bringen kann. Also beste Küchenmathematik.... :kugel: :kugel: :kugel:
Denn: Du hattest behauptet, die längste Reihe hätte die Länge N. Ich habe dies widerlegt.

Wie Reinhard vollkommen korrekt geschrieben hat bedeutet "unendlich" in der Mathematik, dass etwas über alle Grenzen wächst. Du kannst keine Grenzen für die Anzahl der endlichen Reihen angeben. Das und nur das habe ich gezeigt. Ich habe nirgends behauptet, dass N+1 eine Grenze für die längste Reihe ist. (Das wäre tatsächlich ein Taschenspielertrick. Aber Du solltest mal lernen genau zu lesen.)

Natürlich ist N+1 auch keine Grenze für die Länge von endlichen Reihen. Es gibt eben keine. Jeder Versuch eine anzugeben scheitert daran, dass ich immer noch eine längere finde. Da die Anzahl über alle Grenzen wächst, gibt es unendlich viele.

---
Sempre hat geschrieben:Nach Georg Cantor hat die Menge der unterschiedlich langen Dominosteinreihen dieselbe Mächtigkeit wie die Menge der natürlichen Zahlen. Das bedeutet, dass es für jedes Längenschild eine natürliche Zahl gibt.
Ich habe festgestellt, dass man die Existenz einer unendlich langen Kette nicht per Induktionsargument ausschliessen kann. Die Länge dieser unendlich langen Kette kann ich eben gerade nicht mit einer nat. Zahl angeben. Für mein Längenschild gibt es keine natürliche Zahl, weil die Länge außerhalb der Reichweite der natürlichen Zahlen ist.

Nur weil Du unendlich viele Dominosteinreihen überprüfst (nämlich alle endlichen [s. Punkt 3]) kannst Du keine Aussage über meine unendlich lange Kette treffen. Dies ist außerhalb der Reichweite der natürlichen Zahlen (Punkt 1 +2).
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Heinrich II hat geschrieben:Ich habe festgestellt, dass man die Existenz einer unendlich langen Kette nicht per Induktionsargument ausschliessen kann. Die Länge dieser unendlich langen Kette kann ich eben gerade nicht mit einer nat. Zahl angeben. Für mein Längenschild gibt es keine natürliche Zahl, weil die Länge außerhalb der Reichweite der natürlichen Zahlen ist.
Lies Dir doch am besten erst noch einmal den Beweis durch. Er schließt gar nicht die Existenz einer unendlich langen Kette aus. Im Gegenteil: Er nimmt hypothetisch an, dass es unendlich lange Ketten gibt, und kommt keineswegs zum Schluss, dass es sie nicht geben könne. Er kommt hingegen zu dem Schluss, dass nicht nur ein einzelner Dominostein bzw. endlich lange Ketten sondern auch unendlich lange Ketten ohne Anstoß nicht in Bewegung sein können.
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

Juergen hat geschrieben:*gelöscht*
*ich geb's auf - hat eh keinen Sinn*
Wenn es mir nicht so weh tun würde was Sempre hier mit der Mathematik veranstaltet, würde ich auch nichts mehr schreiben. Der Herr hält sich für unfehlbar in mathematischen Fragen, obwohl ihn bereits ein Semester Mathematik eines Besseren belehren würde....
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

@Heinrich II

Wie beantwortest Du folgende Frage?

Wenn ich von Deiner beidseits unendlich langen Dominosteinreihe einen Dominostein wegnehme. Haben wir dann eine unendlich lange oder eine endlich lange Dominosteinreihe übrig?
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

Sempre hat geschrieben:
Heinrich II hat geschrieben:Ich habe festgestellt, dass man die Existenz einer unendlich langen Kette nicht per Induktionsargument ausschliessen kann. Die Länge dieser unendlich langen Kette kann ich eben gerade nicht mit einer nat. Zahl angeben. Für mein Längenschild gibt es keine natürliche Zahl, weil die Länge außerhalb der Reichweite der natürlichen Zahlen ist.
Lies Dir doch am besten erst noch einmal den Beweis durch. Er schließt gar nicht die Existenz einer unendlich langen Kette aus. Im Gegenteil: Er nimmt hypothetisch an, dass es unendlich lange Ketten gibt, und kommt keineswegs zum Schluss, dass es sie nicht geben könne. Er kommt hingegen zu dem Schluss, dass nicht nur ein einzelner Dominostein bzw. endlich lange Ketten sondern auch unendlich lange Ketten ohne Anstoß nicht in Bewegung sein können.
Bitte geh auf meine drei Punkte von oben ein.

"Unendlich" ist keine natürliche Zahl. Die Induktion bleibt auf den natürlichen Zahlen.
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Heinrich II »

Sempre hat geschrieben:@Heinrich II
Wie beantwortest Du folgende Frage?
Wenn ich von Deiner beidseits unendlich langen Dominosteinreihe einen Dominostein wegnehme. Haben wir dann eine unendlich lange oder eine endlich lange Dominosteinreihe übrig?
Wenn ich eine "Mitte" in meiner Reihe definiere und links und rechts davon jeweils einen Stein wegnehme, bleiben natürlich weiterhin unendlich viele übrig. Ich kann sogar unendlich viele wegnehmen (z.B. jeden zweiten Stein) und es bleiben immer noch unendlich viele übrig. (Immer noch kann ich die Länge nicht mit einer natürlichen Zahl angeben!)

(Im Prinzip ist das Hilberts Hotel. Wie kann ich in einem vollbelegten Hotel mit abzählbar unendlichen vielen Zimmern noch einen oder gar abzählbar unendlich viele Gäste unterbringen.)
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Reinhard
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Reinhard »

Sempre hat geschrieben:Dann bitte ich natürlich besonders auch Dich um eine qualifizierte Stellungnahme zu meinem vorigen Beitrag.
Vielleicht sollte ich doch noch einmal bei den logischen Quantoren ansetzen, denn bereits da geht offenbar bei Dir manchmal schon etwas durcheinander:

1. "Es gibt ein ..." ( ∃ ) bedeutet: es gibt (mindestens) ein Beispiel, wo die Bedingung zutrifft.
      Um das zu beweisen, braucht man nur ein einziges Beispiel angeben, dann ist der Beweis erbracht !
2. "Für alle ..." ( ∀ ) bedeutet: die Bedingung muss wirklich für restlos alle möglichen Elemente zutreffen.
      Der Beweis muss also wirklich alle nur möglichen Elemente erfassen, sonst ist er nicht erbracht !!
      (natürlich gemäß der dafür geltenden Logik, über die man sich im Zweifel noch vorher verständigen müsste)
3. "Es gibt kein ..." ( ∄ ) bedeutet: es gibt definitiv nicht ein einziges Beispiel, wo die Bedingung zuträfe.
      Der Beweis muss also wirklich für alle nur möglichen Elemente zeigen, dass die Bedingung nicht zutrifft, sonst ist er nicht erbracht !!
      (natürlich wieder gemäß der dafür geltenden Logik, über die man sich im Zweifel vorher verständigen müsste)

Konkret gehe ich im Weiteren davon aus, dass bei unseren Betrachtungen hier die binäre Logik gilt. ("entweder-oder", tertium non datur)
Heinrich II hat geschrieben:2. Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, aber jede natürliche Zahl ist endlich.
Das ist wahr, denn
1. es sind die natürlichen Zahlen so definiert, dass für alle dieser Zahlen gilt: der Nachfolger der natürlichen Zahl n ist die Zahl n+1   und   n + 1 ist nicht gleich n
2. gilt für "unendlich" nach "Hilberts Hotel", auf das Du selber oben hingewiesen hattest:   ∞ + 1 ist gleich

Wenn also zu den natürlichen Zahlen gehören würde, dann müsste gelten: gleich + 1 UND gleichzeitig nicht gleich + 1 was ein Widerspruch ist.
Also kann ∞ keine natürliche Zahl sein, was zu beweisen war.
Sempre hat geschrieben:Analog formuliert: Es gibt unendlich viele unterschiedlich lange Dominosteinreihen, aber jede der Dominosteinreihen ist endlich lang.
Diese Abbildung Deiner Dominostein-Reihe ist zwar zulässig, schließt aber den Fall einer unendlich langen Reihe Steine aus !
(denn diesen Fall haben wir ja gerade eben für die natürlichen Zahlen widerlegt. Wenn Du dennoch eine unendlich lange Reihe Dominosteine haben willst, ist diese Abbildung nicht mehr möglich.)
Sempre hat geschrieben:Um vermeintlich den Beweis gegen den regressus ad infinitum zu widerlegen, behauptest Du 1.) und 2.):

1.) Es gibt keine natürliche Zahl, die nicht endlich ist.              Das stimmt, wie wir gerade bewiesen haben.
2.) Es gibt eine Dominosteinreihe, die nicht endlich lang ist.   Du kannst zwar eine unendlich lange Reihe Dominosteine annehmen, aber dann ist die Abbildung im Eimer !

Das kann nicht beides zutreffen, denn: Es gibt eine bijektive Abbildung zwischen den natürlichen Zahlen und den Dominosteinreihen verschiedener Länge. Wir brauchen nur an jede Dominosteinreihe ein Schild heften, auf dem die Länge eingetragen ist.  
Hier verwechselst Du wieder die Menge der natürlichen Zahlen (die ist unendlich groß, es gibt unendlich viele davon) und die einzelnen natürlichen Zahlen selber, denn von denen ist keine unendlich !

Anders ausgedrückt: wenn Du die "bijektive Abbildung zwischen den natürlichen Zahlen und den Dominosteinreihen" als Voraussetzung nimmst,
dann gibt es zwar unendlich viele Varianten solcher Dominosteinreihen, aber keine davon ist unendlich lang !


Folglich gilt entweder a) oder b): ... natürlich nicht, wie gerade oben gezeigt.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Heinrich II hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:@Heinrich II
Wie beantwortest Du folgende Frage?
Wenn ich von Deiner beidseits unendlich langen Dominosteinreihe einen Dominostein wegnehme. Haben wir dann eine unendlich lange oder eine endlich lange Dominosteinreihe übrig?
Wenn ich eine "Mitte" in meiner Reihe definiere und links und rechts davon jeweils einen Stein wegnehme, bleiben natürlich weiterhin unendlich viele übrig. Ich kann sogar unendlich viele wegnehmen (z.B. jeden zweiten Stein) und es bleiben immer noch unendlich viele übrig. (Immer noch kann ich die Länge nicht mit einer natürlichen Zahl angeben!)

(Im Prinzip ist das Hilberts Hotel. Wie kann ich in einem vollbelegten Hotel mit abzählbar unendlichen vielen Zimmern noch einen oder gar abzählbar unendlich viele Gäste unterbringen.)
Ja, David Hilberts Hotel. Passt hier sehr gut.

Das Hotel mit den abzählbar unendlich vielen Einzelzimmern ist mit den Gästen

G1, G2, G3, ...

voll belegt. Um nun die ebenfalls abzählbar unendlich vielen neuen Gäste

H1, H2, H3, ...

unterzubringen, zieht jeder k-te Gast in das 2k-te Zimmer um und die Neuankömmlinge werden in den freigewordenen Zimmern dazwischen untergebracht:

H1, G1, H2, G2, H3, G3, ...

Das zuvor voll belegte Hotel mit den unendlich vielen Einzelzimmern ist nun immer noch voll belegt.

Nun steht Georg Cantor an der Rezeption, ruft alle Gäste an und bittet sie, die Zimmer zu tauschen. Die neue Ordnung soll so aussehen:

G1, G2, G3, ... H1, H2, H3, ...

Dann führt er eine Umbenennung durch:

alte Namen: G1, G2, G3, ... H1, H2, H3, ...
neue Namen: 1, 2, 3, ... ω, ω+1, ω+2, ...

Die ursprünglichen unendlich vielen Gäste heißen nun 1, 2, 3, ... und die neuangekommenen unendlich vielen Gäste heißen nun ω, ω+1, ω+2, ... Nun lehrt uns der berühmte Mathematiker Hilbert, dass all diese Zahlen immer noch natürliche Zahlen sind. Außerdem sagst Du, Heinrich II, ω sei eine endliche Zahl.

Aber zunächst zu unseren Dominosteinen. Wir nehmen nun statt Hotelzimmern eine Dominosteinreihe, die sowohl links als auch rechts ins Unendliche reicht.

... -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ...

Der Übersichtlichkeit halber benennen wir die Dominosteine um. Der Dominostein 0 heißt nun Dominostein 1. Links und rechts davon vergeben wir die Namen 1 und 2, links und rechts davon 3 und 4 und so fort:

... 7, 5, 3, 1, 2, 4, 6 ...

Nun lassen wir die Dominosteine ihre Positionen wechseln, wir sortieren sie um:

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, ...

Die Dominosteinreihe ist nun umsortiert, enthält aber dieselben und daher gleich viele Dominosteine. Bloß die Namen der einzelnen Steine und die Reihenfolge wurden geändert.

Nun gehen wir wie oben Hilbert und Cantor im Hotel vor. Wir bringen weitere abzählbar unendlich viele Dominosteine unter. Nach Umziehen, Hinzufügen und Umbenennen sieht unsere Dominosteinreihe so aus:

1, 2, 3, ... ω, ω+1, ω+2, ...

Nach Hilbert sind nun diese Zahlen allesamt natürliche Zahlen, wie schon oben bei den Hotelzimmern bzw. -gästen. Und Du, Heinrich II, sagst, ω sei eine endliche Zahl. Der berühmte Mathematiker und Begründer der Mengenlehre, Georg Cantor, aber nennt sie die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl. Logisch, denn links davon stehen bereits unendliche viele Zahlen. Es handelt sich wohlgemerkt bei ω dem berühmten Mathematiker Hilbert folgend um eine natürliche Zahl.


Fazit: Die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl, ist logischerweise keine endliche Zahl, denn sonst wäre es eine Zahl, die größer ist als sie selbst, was offensichtlich Unfug wäre. Diese Zahl ω ist laut Hilbert natürlich und laut Cantor nicht endlich.

Nun fügt es sich, dass unsere Dominosteinreihe - sowohl die, von der ausgegangen wurde, als auch die nach "Verdoppelung" - dem Axiomensystem von Peano genügt, weshalb die Vollständige Induktion angewendet werden kann. Der von mir formulierte Induktionsbeweis ist gänzlich unabhängig von der Reihenfolge und Anordnung der Dominosteine. Die Vollständige Induktion erstreckt sich dabei über alle endlichen Zahlen 1, 2, 3, ... sowie auch über alle nicht endlichen Zahlen ω, ω+1, ω+2, ...
Zuletzt geändert von Sempre am Samstag 10. März 2012, 05:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Reinhard hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Dann bitte ich natürlich besonders auch Dich um eine qualifizierte Stellungnahme zu meinem vorigen Beitrag.
Vielleicht sollte ich doch noch einmal bei den logischen Quantoren ansetzen, denn bereits da geht offenbar bei Dir manchmal schon etwas durcheinander:

1. "Es gibt ein ..." ( ∃ ) bedeutet: es gibt (mindestens) ein Beispiel, wo die Bedingung zutrifft.
      Um das zu beweisen, braucht man nur ein einziges Beispiel angeben, dann ist der Beweis erbracht !
2. "Für alle ..." ( ∀ ) bedeutet: die Bedingung muss wirklich für restlos alle möglichen Elemente zutreffen.
      Der Beweis muss also wirklich alle nur möglichen Elemente erfassen, sonst ist er nicht erbracht !!
      (natürlich gemäß der dafür geltenden Logik, über die man sich im Zweifel noch vorher verständigen müsste)
3. "Es gibt kein ..." ( ∄ ) bedeutet: es gibt definitiv nicht ein einziges Beispiel, wo die Bedingung zuträfe.
      Der Beweis muss also wirklich für alle nur möglichen Elemente zeigen, dass die Bedingung nicht zutrifft, sonst ist er nicht erbracht !!
      (natürlich wieder gemäß der dafür geltenden Logik, über die man sich im Zweifel vorher verständigen müsste)

Konkret gehe ich im Weiteren davon aus, dass bei unseren Betrachtungen hier die binäre Logik gilt. ("entweder-oder", tertium non datur)
D'accord.

Reinhard hat geschrieben:
Heinrich II hat geschrieben:2. Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, aber jede natürliche Zahl ist endlich.
Das ist wahr, denn
1. es sind die natürlichen Zahlen so definiert, dass für alle dieser Zahlen gilt: der Nachfolger der natürlichen Zahl n ist die Zahl n+1   und   n + 1 ist nicht gleich n

2. gilt für "unendlich" nach "Hilberts Hotel", auf das Du selber oben hingewiesen hattest:   ∞ + 1 ist gleich
Ich hatte dazu weiter oben im Strang bereits zitiert: ω+1 ist größer als ω, aber ω+1 = ω. Dieses scheinbare Dilemma ergibt sich wie folgt (mein vorangehender Beitrag hilft dem Verständnis):

∞ bzw. nach Georg Cantor ω bezeichnet die laufende Nummer eines Elements in einer (an)geordneten Menge. Andererseits symbolisiert ∞ auch die unendliche Anzahl von Elementen einer Menge.

Nun bezeichnet ∞ = ∞ + 1 den Sachverhalt, dass das Hinzufügen weiterer Dominosteine zu einer unendlich langen Dominosteinreihe die Länge der Reihe nicht verändert. Das bringt Hilberts Hotel zum Ausdruck. Hier geht es um eine Anzahl. Obwohl weitere Gäste in einem vollständig belegten Hotel untergebracht werden, bleibt die Anzahl an insgesamt untergebrachten Gästen gleich.

Andererseits gilt auch ∞ < ∞ + 1 bzw. ω < ω + 1, womit allerdings etwas anderes bezeichnet und ausgesagt wird: ∞ ist kleiner als ∞ + 1, d.h. ∞ liegt auf dem Zahlenstrahl weiter links als ∞ + 1. Hier geht es um die Anordnung der Menge. Das mit ω bezeichnete Element ist Vorgänger des mit ω + 1 bezeichneten Elements. ω und ω + 1 sind laufende Nummern.

∞ = ∞ + 1 bezieht sich also nicht auf die Anordnung der Menge. Was die Anordnung der Menge betrifft, gilt ∞ < ∞ + 1.

Die Peano-Axiome, speziell kein Element ist seinem Nachfolgeelement gleich, sind also nicht nur bei endlichen Zahlen 1, 2, 3, ... erfüllt, sondern auch bei unendlichen Zahlen ω, ω + 1, ω + 2, ... sowie 2ω, 2 ω + 1, 2ω + 2, ... usf. bzw. in anderer Notation ∞, ∞ + 1, ∞ + 2, sowie 2∞, 2∞ + 1, 2∞ + 2, ... usf.


Fazit: David Hilberts Hotel zeigt Verflixtes: Es passen weitere Gäste in ein bereits voll belegtes Hotel (∞ + 1 = ∞; ∞ + ∞ = ∞). Georg Cantor führt die Zahl ω (heute oft als ∞ notiert) ein und betont den Unterschied zwischen Anzahl und laufender Nummer. Die Zahl ω ist die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl. Cantor hält die Peano-Axiome ein und die Vollständige Induktion läuft über endliche sowie nicht-endliche Zahlen.


P.S.: Zu Deinen weiteren Ausführungen gerne, wenn in dieser zentralen Frage Klarheit herrscht: Die Vollständige Induktion läuft konform den Peano-Axiomen sowohl über endliche als auch über nicht-endliche Zahlen. Das bestreitet Heinrich II, und das bestreitest Du.
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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Hilbert's Hotel ist gelehrte Torheit. Jedes Kind ( Grundschüler ) weiß, dass diese Idee falsch ist. Mathematikstudenten, die unkritisch Hilbert's Gedankenexperiment folgen, verlernen zu rechnen. Das Hotel-Modell ist irrational. Es lenkt ab. Für die Frage des Gottesbeweises bringt es nicht weiter.

Und doch kann Fromme Mathematik beim Gottesbeweis weiterhelfen. Kardinal Kues hat dazu den Weg geebnet. In seinem besonderen Modell weist Overkott vor allem auf das Verhältnis vom Ganzen ( unendlich ) und seinen Teilen ( endlich ) hin. Dies gilt sowohl für das Verhältnis von Gott und Schöpfung, als auch von Gott und Bibel. Gott beweist oder offenbart sich in seiner Schöpfung im Spiegel der Bibel.

Um Gott und Bibel zu verstehen, gilt es Sprache zu lernen: Sprechen Sie katholisch? Kennen Sie die Vokabeln Geheimnis und Offenbarung? Wissen Sie, was diese Vokabeln bedeuten? Entsprechendes gilt für viele Vokablen, mit denen sich selbst Bischöfe nicht immer leicht tun.

Diese Vokabeln muss man kennen, wenn man Theologie verstehen will. Um bei Gott ein guter und gerechter Mensch zu sein, genügt es, ihm und dem Nächsten mit reinem Herzen zu dienen. Wo Menschen dies im Namen Jesus tun, ist Kirche.

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Reinhard
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Reinhard »

Sempre hat geschrieben:Andererseits gilt auch ∞ < ∞ + 1 bzw. ω < ω + 1, womit allerdings etwas anderes bezeichnet und ausgesagt wird: ∞ ist kleiner als ∞ + 1, d.h. ∞ liegt auf dem Zahlenstrahl weiter links als ∞ + 1. Hier geht es um die Anordnung der Menge. Das mit ω bezeichnete Element ist Vorgänger des mit ω + 1 bezeichneten Elements. ω und ω + 1 sind laufende Nummern.
Wer sagt denn das ???
Nein, wenn Du eine unendlich lange Reihe Dominosteine hast, gibt es davon nur eine*. Und die ist immer unendlich, egal ob Du da noch einen Stein dazu stellst oder weg nimmst. Genauso wie es nur eine Ewigkeit gibt, egal ob da nun eine Stunde hinzu kommt oder weg fällt.
(Ich weiß natürlich, dass "Ewigkeit" nicht zwingend eine "unendlich lange Zeit" meint. Zur Illustration habe ich es dennoch mal so ausgedrückt.)
* Genaugenommen müsste man eventuell sagen, dass diese Aussage unbestimmt ist, denn kann u.U. für jedes Beliebige stehen, dessen Größe alle Grenzen übersteigt.
Sempre hat geschrieben:...
Die Vollständige Induktion läuft konform den Peano-Axiomen sowohl über endliche als auch über nicht-endliche Zahlen. Das bestreitet Heinrich II, und das bestreitest Du.
Was sind unendliche Zahlen ? Verstehst Du überhaupt, was Du da sagst ? Mit welchem Recht operierst Du mit dem Unendlichen, als sei es eine natürliche Zahl ?

Sowohl Heinrich II als auch ich haben die Erkenntnisse der Mathematik bezüglich des Unendlichen nach heutigen Kenntnisstand sauber dargelegt.

Wenn Du hier Neues einführen möchtest, solltest Du mathematisch exakt definieren was Du damit meinst, damit bei Deiner Argumentation nicht im Gewusel doch wieder Taschenspielertricks greifen und die Logik verdreht wird.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Reinhard hat geschrieben:Genauso wie es nur eine Ewigkeit gibt, egal ob da nun eine Stunde hinzu kommt oder weg fällt.
Wo sollte die auch herkommen, wenn nicht aus der Ewigkeit selbst?
(Ich weiß natürlich, dass "Ewigkeit" nicht zwingend eine "unendlich lange Zeit" meint. Zur Illustration habe ich es dennoch mal so ausgedrückt.)
Eigentlich schon. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass unendlich lange Zeit ein Zustand ist. Darüber hinaus ergibt sich neben der Grundbedeutung von Ewigkeit der mehrfache Schriftsinn bei der Lektüre in der Bibel aus den Konnotationen. Statt Fülle der Zeit kann Ewigkeit auch auf Zukunft reduziert sein, etwa bei der Bekräftigung "Jetzt und in Ewigkeit". Darüber hinaus kann Ewigkeit auch pars pro toto sein. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass in Gott als dem Allprinzip ( Allmacht, Allgegenwart in räumlicher und zeitlicher Hinsicht, Ewigkeit ) alles eins ( 1 ) ist. Und was ist ein Synonym für Ein(s)heit? Liebe.

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Reinhard hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Andererseits gilt auch ∞ < ∞ + 1 bzw. ω < ω + 1, womit allerdings etwas anderes bezeichnet und ausgesagt wird: ∞ ist kleiner als ∞ + 1, d.h. ∞ liegt auf dem Zahlenstrahl weiter links als ∞ + 1. Hier geht es um die Anordnung der Menge. Das mit ω bezeichnete Element ist Vorgänger des mit ω + 1 bezeichneten Elements. ω und ω + 1 sind laufende Nummern.
Wer sagt denn das ???
Hatte ich doch angegeben, wer das sagt. Er hier sagt das:
unendliches.net hat geschrieben:Bild

Cantor, Georg, Mathematiker, * 3. 3. 1845 in St. Petersburg, † 6. 1. 1918 in Halle. Cantor war vermutlich der bedeutendste Mathematiker des 19. Jahrhunderts.
[...]
Er begründet fast im Alleingang die Mengenlehre und beweist die abzählbare Unendlichkeit der Rationalen Zahlen, später auch die Nicht-Abzählbarkeit des Kontinuums der Reellen Zahlen.
[...]
Um den übermächtigen Einfluss einzelner Gelehrter, wie seines Erzfeindes Kronecker, zu beschränken, propagiert Cantor den Zusammenschluss der deutschen Mathematiker. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung wird 1890 gegründet, Cantor selbst zum Vorsitzenden gewählt. In den folgenden Jahren kann er erleben, wie seine Mengenlehre allmählich von einer neueren Generation von Mathematikern - Hilbert, Minkowski, Zermelo, Poincaré und anderen - aufgenommen und weiterentwickelt wird.
Wikipedia hat geschrieben:Georg Cantor hatte die Idee, wie man die beiden Konzepte – Zahl als Größe und Zahl als Index – innerhalb der Mengenlehre auf unendliche Mengen verallgemeinern kann; denn während sie für endliche Mengen übereinstimmen, muss man sie für unendliche Mengen unterscheiden.
Zahl als Größe: ∞ = ∞ + 1
Zahl als Index: ∞ < ∞ + 1


Reinhard hat geschrieben:Wenn Du hier Neues einführen möchtest, solltest Du mathematisch exakt definieren was Du damit meinst, damit bei Deiner Argumentation nicht im Gewusel doch wieder Taschenspielertricks greifen und die Logik verdreht wird.
Ich führe nichts Neues ein. Ich versuche nur, möglichst leicht verständlich in der hier gebotenen Kürze darzustellen, was Eure Einwände gegen den Induktionsbeweis gegen den regressus ad infinitum beim Gottesbeweis aus der Bewegung klar widerlegt und was von dem vermutlich bedeutendsten Mathematiker des 19. Jahrhunderts, Georg Cantor, eingeführt worden ist, wozu David Hilbert sagte:
David Hilbert hat geschrieben:Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können.
(David Hilbert,"Über das Unendliche", Math. Ann. 95)

Reinhard hat geschrieben:Sowohl Heinrich II als auch ich haben die Erkenntnisse der Mathematik bezüglich des Unendlichen nach heutigen Kenntnisstand sauber dargelegt.
Sagen wir mal: Nach heutigem Kenntnisstand des Heinrich II und des Reinhard, der vielleicht dem Kenntnisstand Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts entspricht.

Zwecks Verständnis empfehle ich diesen Beitrag, der anschaulich darlegt, wie man zu dem Verständnis gelangt, dass die Zimmernummern in Hilberts Hotel nicht allesamt endlich sein können. Ansonsten findet sich einiges dazu z.B. hier im Netz.
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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:Fazit: David Hilberts Hotel zeigt Verflixtes: Es passen weitere Gäste in ein bereits voll belegtes Hotel (∞ + 1 = ∞; ∞ + ∞ = ∞).
Aber nur, wenn das Hotel der Anzahl nach unendlich viele Zimmer hat! :pfeif:
Eine solch umwerfende Erkenntnis hätte man auch ohne Hilbert haben können, wenn man nur das richtige Verständnis von Unendlichkeit hat ...........
Sempre hat geschrieben:Georg Cantor führt die Zahl ω (heute oft als ∞ notiert) ein und betont den Unterschied zwischen Anzahl und laufender Nummer. Die Zahl ω ist die kleinste Zahl, die größer ist als jede endliche Zahl.
Diese Unterscheidung macht aber die Zahl ω (oder auch ∞) noch nicht zu einer natürlichen Zahl und darum ging's doch die ganze Zeit. :hmm:

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Leo_JA
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Leo_JA »

@ Raphael, Sempre, overkott, Reinhard, Heinrich II

Worin seht ihr die stichhaltigste gedankliche Brücke zwischen dem momentanen Stand eurer Diskussion und dem Beginn des Threads mit dem Spaemann-Zitat? Oder befindet ihr euch auf einer allzu reizvollen Fach-Exkursion ohne Aussicht auf Wiederkehr zum Ausgangspunkt? Ist es dann eher angebracht, ein neues Thema zu beginnen, wenn ich Spaemanns Gedankengang wieder aufgreifen will? Ich frage das, weil ich hier neu bin und mich an die Gepflogenheiten des Forums halten möchte.
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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Leo_JA hat geschrieben:@ Raphael, ..............

Worin seht ihr die stichhaltigste gedankliche Brücke zwischen dem momentanen Stand eurer Diskussion und dem Beginn des Threads mit dem Spaemann-Zitat?
Die gedankliche Brücke liegt darin, daß Mathematiker wie Cantor versucht haben, die Unendlichkeit mathematisierbar zu machen.
Dies gelingt dadurch, daß man Unterscheidungen einführt zwischen der abzählbaren Unendlichkeit und der Unendlichkeit als lfd. Nummer. Letzteres ist gleichsam die unendliche Unendlichkeit. Mit der abzählbaren Unendlichkeit kann man nun - wenn man die hier dargelegten Überlegungen Cantors richtig versteht - bspw. in der Mengenlehre rechnen und zu eindeutigen Ergebnissen gelangen.
Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, daß die Endlichkeit (hier: Abzählbarkeit) wie eine Schicht zwischen der tatsächlichen Unendlichkeit und der erfahrbaren Realität verbleibt.


Beim Gottesbeweis ist die Problematik ähnlich: Eine der herausragenden Eigenschaften Gottes ist seine Unendlichkeit. Es stellt sich also die Frage, wie man sinnvoll über IHN kommunizieren kann, ohne in den undefinierbaren Bereich der Unendlichkeit zu gelangen. Mit dem undefinierbaren Bereich der Unendlichkeit beschäftigt sich die via negativa innerhalb der Theologie.
Die Theologen nutzen für den definierbaren Bereich seiner Unendlichkeit die analogia entis. Damit wird festgelegt, daß auch in menschlicher Sprache über IHN verständlich kommuniziert werden kann; wobei den beteiligten Theologen jeweils bewußt ist, daß IHN diese Worte in humaner Sprache niemals voll umfänglich werden abbilden können. Siehe auch folgendes Dogma des IV. Laterankonzils: Denn zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf kann man keine so große Ähnlichkeit feststellen, daß zwischen ihnen keine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Leo_JA hat geschrieben:@ Raphael, Sempre, overkott, Reinhard, Heinrich II

Worin seht ihr die stichhaltigste gedankliche Brücke zwischen dem momentanen Stand eurer Diskussion und dem Beginn des Threads mit dem Spaemann-Zitat? Oder befindet ihr euch auf einer allzu reizvollen Fach-Exkursion ohne Aussicht auf Wiederkehr zum Ausgangspunkt? Ist es dann eher angebracht, ein neues Thema zu beginnen, wenn ich Spaemanns Gedankengang wieder aufgreifen will? Ich frage das, weil ich hier neu bin und mich an die Gepflogenheiten des Forums halten möchte.
Sicher wird dir aufgefallen sein, Leo_JA, dass die Frage seit Gen 1,1ff. längst beantwortet ist: Gott entspricht sich in der Realität. Gott spricht, und es ist realisiert. Und was er realisiert, ist prinzipiell gut, bis der Mensch kommt und selbst über gut und böse entscheidet, womit die Natur kein Paradiesgarten mehr ist und das Leben Mühlsal und Beschwer.

Gen 1,1 ist die konsequente Antwort auf die Frage nach dem Anfang: Wer ( personal ) oder was ( sachlich, objektiv ) steht am Anfang? Gen 1,1 beantwortet die Frage eindeutig personal. Gott als das Subjekt steht am Anfang. Nicht das Objekt hat das Subjekt gemacht, nicht das Werk den Künstler, nicht der Sohn den Vater, nicht das Geschöpf den Schöpfer, sondern der, der alles gemacht hat, der Allmächtige steht am Anfang.

Im Prinzip ist alles eins: Idee und Realität, Geist und Körper. Dann aber differenziert der dem Körper ( genauer gesagt dem Haupt [ daher auch Hauptwort, Hauptstadt usw. ] ) innewohnende Geist durch Bezeichnen und Benennen. Gott nennt die Dinge beim Namen und ihm gleich tut es der Mensch. Wie der Vater, so der Sohn.

Bei genauer Betrachtung geht es in der Ausgangsfrage jedoch nicht um Gott im Allgemeinen, sondern im Besonderen; nicht darum, ob Gott der Realität entspricht, sondern ob Gott etwas in der Realität entspricht.

Wenn Gott als der Allmächtige und Friedensrichter, die Gegensätze der Welt im Innersten zusammenhält, und als liebender Vater die Familie, dann entspricht in der Realität Gott alles, was der Liebe und dem Frieden dient.

Die Ausgangsfrage ist also theoretisch mit dem Doppelgebot beantwortet. Die praktische Antwort gibt jeder durch gutes Handeln immer wieder aufs Neue.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Leo_JA »

Raphael hat geschrieben:Eine der herausragenden Eigenschaften Gottes ist seine Unendlichkeit.
Ich verstehe, dass der Begriff der Unendlichkeit ein dankbares interdisziplinäres Gesprächsthema von Mathematikern und Theologen hergibt, ähnlich wie Unsterblichkeit eines von Mikrobiologen und Theologen oder wie Unschuld eines von Juristen und Theologen. Der springende Punkt bei Spaemann scheint mir aber das Problem zu sein, eine Tatsachenbehauptung allein durch eine Wesensbestimmung begründen zu können, und das hat auf meinen ersten Blick mit Unendlichkeit nicht mehr zu tun als mit Unsterblichkeit oder Unschuld. Oder geht's auch innerhalb der reinen Mathematik um das Verhältnis von Idee und Realität bzw. erhebt sich auch bei einer der mathematisch beschriebenen Unendlichkeiten die Frage von deren notwendig realer Existenz?
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Leo_JA »

overkott hat geschrieben:Gott spricht, und es ist realisiert.
Ja, das gehört zur in diesem Fall biblisch autorisierten Wesensbeschreibung Gottes. Dass es sich so zugetragen hat, kann man glauben oder auch bestreiten. Oder ist es für jeden logisch Denkenden unbestreitbar?
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