Bischof Mixa und die Flugzeuge...

Aktuelle Themen aus Politik, Gesellschaft, Weltgeschehen.
Benutzeravatar
To-ok-tey
Beiträge: 1
Registriert: Freitag 16. November 2007, 18:19

Beitrag von To-ok-tey »

Leider ist in andern Foren eine offene Diskussion nicht möglich. Darum versuche ich einmal, hier einiges im Zusammenhang wiederzugeben, was dort teilweise gelöscht wurde.

Zunächst wollte ich da nur einen Beitrag von Dr. Alexander Pytlik (Nutzername „Alexius“) bekräftigen; „Alexius“ hatte unter anderem geschrieben:
Fest steht nämlich naturrechtlich, daß nach dem 5. Gebot kein unschuldiges menschliches Leben direkt getötet werden darf. In Fragen des Lebensschutzes ist im übrigen jede kommunale oder staatlich verfaßte Gesellschaft verpflichtet, sich nach dem göttlichen Gesetz auszurichten. Das hat mit der Trennung von Staat und Kirche gar nichts zu tun, sondern mit der Erkenntnis des Naturrechts und den Konsequenzen, wenn es um Leben und Tod geht. Daß in der Frage des strafrechtlichen Schutzes des ungeborenen menschlichen Lebens viele europäische Staaten nicht der klaren Erkenntnis folgen, führt nach der kirchlichen Lehre zu Gesetzen, die nicht befolgt werden dürfen oder müssen. Gesetze, die unschuldiges menschliches Leben zum Abschuß oder zur sonstigen straffreien Tötung freigeben, sind nach kirchlicher Lehre illegal und daher kein Bestandteil des gültigen Rechtes, sei es noch so dick auf Papier geschrieben. Das ungeschriebene Naturrecht ist immer höher einzuschätzen als das positive Recht. Im übrigen landen wir beim Thema auch schnell beim seligen Franz Jägerstätter. Das Befolgen des eigenen rechtgebildeten Gewissens kann auch befehlsverweigernden Piloten niemals abgesprochen werden.
Ich antwortete darauf:
Vielen Dank, Padre. Ich möchte das dick unterstreichen.

Offen gesagt finde ich das Ausmaß der Verwirrung in manchen „neokonservativen“ Kreisen, wie es sich oben teils zeigt, nachgerade entsetzlich. In der Abschußfrage geht es um keine schwierigen Grenzfälle, wo es viel abzuwägen und hin und her zu überlegen gälte. Die Sache ist sonnenklar.
Ein Nachtrag Pytliks irritierte mich dann wieder etwas:
Was ich noch einbringen möchte: das Attentat Claus Schenk Graf von Stauffenbergs gegen den terroristischen "Führer" Adolf Hitler (Stauffenberg hatte ja gestern seinen 100. Geburtstag). Stauffenberg nahm schließlich die Tötung oder Verletzung anderer Anwesender im Besprechungsraum in Kauf, um den Diktator umzubringen. Vier Personen starben, und einige wurden verletzt, Hitler jedoch überlebte. Die Frage beim Abschuß eines gewöhnlichen Personenflugzeugs bleibt in der Tat, ob "man" die anderen Passagiere kollateralmäßig mittöten darf, um eine als sicher geltende Attentatssituation zu beenden.
Ich erwiderte:
Nun verwirrst du mich wieder. Wo bleibt da eine „Frage“? Du hast doch eben selbst die Antwort gegeben:
Fest steht nämlich naturrechtlich, daß nach dem 5. Gebot kein unschuldiges menschliches Leben direkt getötet werden darf.
Das gilt selbstverständlich auch in einer „als sicher geltenden Attentatssituation“ (abgesehen davon, daß solche Sicherheit nie besteht – aber darauf kommt es, wie gesagt, gar nicht an).

(Der Tyrannenmord ist übrigens immer ein Mord und hat darum mit dem Thema nichts zu tun. Franz Jägerstätter war ein Held. Stauffenberg war keiner, sondern ein feiger Mörder.)
Nun schaltete sich der Betreiber von kath.net und dortige Forumsadministrator mit zwei Beiträgen ein (Nutzername „Gandalf“):
Original von To-ok-tey
... In der Abschußfrage geht es um keine schwierigen Grenzfälle, wo es viel abzuwägen und hin und her zu überlegen gälte. Die Sache ist sonnenklar...
Die Sache ist m. E. überhaupt nicht sonnenklar, ganz im Gegenteil.
Original von To-ok-tey
... Nun verwirrst du mich wieder. Wo bleibt da eine „Frage“? Du hast doch eben selbst die Antwort gegeben:
Fest steht nämlich naturrechtlich, daß nach dem 5. Gebot kein unschuldiges menschliches Leben direkt getötet werden darf.

...
Vorsicht und gut durchlesen: Niemals einen unschuldigen Menschen direkt töten!

Ich betonte nochmals das "direkt".

Die tötungsabsicht der unschuldigen Menschen muss gegeben sein und man kann dies m. M. auch so auslegen, dass es eben nicht das Ziel ist, hier Menschen zu töten sondern dies nur als Nebenwirkung in Kauf genommen wird, eben weil der Versuch gemacht wird, ein Unglück zu verhindern (z. B. ein Flugzeug stürzt sich über ein Stadion). Im Rahmen des Selbstverteidigungsarguments würde hier dann ein größeres Übel verhindert, so könnte man das ganze rechtfertigen, wenn moraltheologisch klar ist, dass hier keine direkte Tötungsabsicht besteht. das ist das, was geklärt werden muss.

Und nochmals: Nichtstun ist auch ein Tun und kann manchmal weit schlimmere Folgen haben als Tun.
Dazu nahm ich folgendermaßen Stellung:
Original von Gandalf
Original von To-ok-tey
... Nun verwirrst du mich wieder. Wo bleibt da eine „Frage“? Du hast doch eben selbst die Antwort gegeben:
Fest steht nämlich naturrechtlich, daß nach dem 5. Gebot kein unschuldiges menschliches Leben direkt getötet werden darf.
...
Vorsicht und gut durchlesen: Niemals einen unschuldigen Menschen direkt töten!

Ich betonte nochmals das "direkt".

Die tötungsabsicht der unschuldigen Menschen muss gegeben sein und man kann dies m. M. auch so auslegen, dass es eben nicht das Ziel ist, hier Menschen zu töten sondern dies nur als Nebenwirkung in Kauf genommen wird, eben weil der Versuch gemacht wird, ein Unglück zu verhindern (z. B. ein Flugzeug stürzt sich über ein Stadion). Im Rahmen des Selbstverteidigungsarguments würde hier dann ein größeres Übel verhindert, so könnte man das ganze rechtfertigen, wenn moraltheologisch klar ist, dass hier keine direkte Tötungsabsicht besteht. das ist das, was geklärt werden muss.

Und nochmals: Nichtstun ist auch ein Tun und kann manchmal weit schlimmere Folgen haben als Tun.

G
Zu behaupten, ein Passagierflugzeug abzuschießen sei keine direkte Tötung der Insassen, ist schon ein besonders dreistes Beispiel von Sophismus. Würdest du das auch noch so sehen, wenn ich dein Haus anzündete?

Deine Argumentation liegt exakt auf der Linie der „Güterabwägungen“ der Fristenlöser und Euthanasisten.
Dieser Beitrag ist inzwischen gelöscht. „Gandalf“ erwiderte zunächst:
Original von To-ok-tey
.... Zu behaupten, ein Passagierflugzeug abzuschießen sei keine direkte Tötung der Insassen, ist schon ein besonders dreistes Beispiel von Sophismus. Würdest du das auch noch so sehen, wenn ich dein Haus anzündete?

Deine Argumentation liegt exakt auf der Linie der „Güterabwägungen“ der Fristenlöser und Euthanasisten.
1.) Du verbreitest ziemlich primitiven Quatsch, anders kann man das gar nicht beschreiben. Nimm diesen abstrusen Vorwurf hier schleunigst zurück, das lasse ich mir sicherlich von Dir nicht sagen!

2.) Ich kann nichts dafür, dass Du hier offensichtlich Wissensmängel bzgl. einiger Lehren der kirchlichen Moraltheologie hast. Die Frage ist, ob überhaupt Interesse hast, hier Dein Wissensdefizit aufzufrischen oder nicht.

Oder hast Du nur ohnedies kein Interesse an einer sachlichen Diskussion und möchtest Du hier nur billige Polemik abliefern?
Ich erwiderte:
Nimm den Vorwurf lieber als correctio fraterna ernst, Gandalf, und denke darüber ein paar Tage nach, bevor du losballerst.

Es geht nicht um Polemik, schon gar keine billige, sondern um die äußerst schwerwiegende Situation, daß als besonders kirchentreu auftretende Gläubige aus gewissen politisch-emotionalen Haltungen oder Interessenlagen heraus (sicher ohne sich dessen bewußt zu sein) potentielle Handlungen rechtfertigen, die nach der beständigen Lehre der Kirche und nach dem Naturrecht immer unerlaubt sind, ja schwer sündhaft.

Der Vergleich mit den Güterabwägungsargumenten der Fristenlöser und Euthanasisten trifft genau den Kern des Problems. Wer ungeborene Kinder oder Schwerkranke vor der Tötung schützen will und mit sophistischen Spitzfindigkeiten dem Abschuß unschuldiger Flugzeuginsassen das Wort redet, versündigt sich nicht nur im Flugzeugfall, sondern macht sich auch in allem andern unglaubwürdig, verwirrt die Gläubigen – besondern jene „Kleinen“, von denen der Herr spricht – und fügt der Kirche insgesamt großen Schaden zu.

Du trägst hier eine große Verantwortung.
„Gandalf“ löschte daraufhin diesen und meinen vorigen Beitrag und antwortete:
@To-ok-tey: Deinen letzten Beleidigungen sind gelöscht!
Informier Dich zuerst mal ordentlich in den Moralbüchern der Theologie zu dem Thema, bevor Du hier zum Theme postest oder lass es einfach. Deine Trollmeldungen zu dem Thema hier sind ausdrücklich unerwünscht, lass Dir das gesagt sein!
Darauf ich:
Original von Gandalf
@To-ok-tey: Deinen letzten Beleidigungen sind gelöscht!
Informier Dich zuerst mal ordentlich in den Moralbüchern der Theologie zu dem Thema, bevor Du hier zum Theme postest oder lass es einfach. Deine Trollmeldungen zu dem Thema hier sind ausdrücklich unerwünscht, lass Dir das gesagt sein!
Wenn du die Beiträge nicht gespeichert haben solltest und sie noch einmal brauchst, um sie mit deinem geistlichen Begleiter oder Beichtvater zu besprechen, kann ich sie dir gern noch einmal privat zusenden. Sag ggf. einfach Bescheid.
Und wieder „Gandalf“, diesmal in Fettdruck:
Um es mal klarzustellen:

Wer hier zur Sache redet ohne Beleidigungen an andere rüberzuschicken, der soll hier mitreden, alle anderen sollen besser schweigen. Kein Moderator hat hier Lust, ständig hinterherzumoderieren und es gibt für alle diejenigen, die sich an diese Regeln nicht halten, sehr schnell Moderatorenaktionen.

Ich verstehe es nicht, warum manche immer wieder einfach nicht fähig sind, einfach mal ordentlich zur Sache zu reden.
Und noch ’n „Gandalf“:
Original von To-ok-tey
..., um sie mit deinem geistlichen Begleiter oder Beichtvater zu besprechen, kann ich sie dir gern noch einmal privat zusenden. Sag ggf. einfach Bescheid...
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich hier Deinen Unsinn auch mir speichere, es wäre höchstens als anschauliches Beispiel von jmd. der offensichtlich wenig Ahnung von der kirchlichen Moraltheologie hat, tauglich.

By the way: Auf Deine stolzen und hochmütigen Belehrungen verzichte ich hier gerne! Für wen hältst Du Dich eigentlich?
Mich gegen den Vorwurf zu verwahren, ich hätte „Gandalf“ beleidigt, war mir nicht mehr möglich, denn er hatte mein Konto bereits gesperrt. – Es folgen dann in der dortigen Diskussion durchaus noch einige weiterführende Beiträge, so von den Nutzern „Vianney“, „Kanonist“ und „Karl“. Man lese selber nach. „Gandalf“ reagiert durch Hinweis auf ein Buch zur Moraltheologie, das seine Firma zum Kauf anbiete, erklärt Vergleiche mit der Güterabwägungsargumentation in der Abtreibungsfrage für themenfremd und unzulässig und führt im übrigen seine eigene Güterabwägungslinie in Sachen Abschuß fort, indem er die Zahl möglicher Opfer eines Abschusses gegen die eines potentiellen Anschlags gegenrechnet.

Wir können uns über Protestanten à la Bush nicht mehr beschweren, wenn neokonservative Katholiken ungestraft genauso argumentieren.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Also was jetzt tun?
Wenn ich der Pilot bin, darf ich einerseits nicht die Maschine abschießen, weil neben den schuldigen Tätern auch unschuldige Geiseln drin sitzen andererseits nicht das Stadion bombardieren, um den Tätern ihre Tat zu vereiteln, und neben her ebenfalls noch mehr unschuldige zu Opfern.

Die einzige Lösung die mir einfiele: mit dem Eurofighter ins Flugzeug crashen, dann geh ich und ein paar Unschuldige und ein paar Täter drauf, ich werde nicht belangt, nur ein paar "unschuldige" blauorangeschwarze Politiker, die den €-Fighter Deal eingefädelt haben, und jetzt den Scherm aufhaben :mrgreen: :P

Nein Ernst jetzt: Robert wie sollte man reagieren, wie ist deiner Meinung die Lehre der Kirche in diesem Fall?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
Peregrin
Beiträge: 5422
Registriert: Donnerstag 12. Oktober 2006, 16:49

Beitrag von Peregrin »

Linus hat geschrieben: Nein Ernst jetzt: Robert wie sollte man reagieren, wie ist deiner Meinung die Lehre der Kirche in diesem Fall?
Das Stadium räumen lassen.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jetzt nur ganz kurz – weil ich gerade die Kinder ins Bett bringen muß –: Man soll vor allem nicht abwegige, theoretische Extremsituationen konstruieren, um anhand derer dann allgemeingültige Regeln aufzustellen. Das ist eine Falle des Teufels – und derer aus seinem Gefolge, die uns diese Szenarien ständig an die Wand malen, um ihren Polizeistaat und ihre Militärdiktatur bauen zu können, worin der einzelne Mensch nichts mehr gilt, wo Leben Unschuldiger geopfert werden können und die andern gelehrt werden und brav glauben, alles geschehe nur zu ihrer Sicherheit.

Tappt doch nicht in diese Falle, Mann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Vorsicht und gut durchlesen: Niemals einen unschuldigen Menschen direkt töten!

Ich betonte nochmals das "direkt".
Das ist übrigens die nahezu gleiche Interpretation wie Islamisten den Terror vom Koran her rechtfertigen :hmm:

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: ... um ihren Polizeistaat und ihre Militärdiktatur bauen zu können, worin der einzelne Mensch nichts mehr gilt, wo Leben Unschuldiger geopfert werden können und die andern gelehrt werden und brav glauben, alles geschehe nur zu ihrer Sicherheit.

Tappt doch nicht in diese Falle, Mann.
Das ist nicht wirklich ein Argument, da ist kein Schluß ziehbar (mit Verlaub - klingt wie eine V-Theorie (Effekt?) - wären nicht einige mutige Frauen und Männer in die o.a. Falle getappt, wäre ein Flugzeug nicht auf einer Wiese, sondern mitten in Washington zerschellt, Mann.

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

Linus hat geschrieben: ... Nein Ernst jetzt: Robert wie sollte man reagieren, wie ist deiner Meinung die Lehre der Kirche in diesem Fall?
Mich wundert die Eigenart der Aufmüpfigkeit hier immer wieder- einerseits beinharter Gehorsam bishin zum Kadavergehorsam, andererseits äußert ein Bischof dann eine wohlüberlegte Argumentation (Bischof Mixa kann und will sich vor einer Antwort in dieser schwierigen Frage nicht "drücken"), dann weiß Robert besser als ein Vollprofi (Hr. Bischof Mixa) die Lehrmeinung der Kirche - nichts für ungut, aber das wundert mich.

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Maya hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: ... um ihren Polizeistaat und ihre Militärdiktatur bauen zu können, worin der einzelne Mensch nichts mehr gilt, wo Leben Unschuldiger geopfert werden können und die andern gelehrt werden und brav glauben, alles geschehe nur zu ihrer Sicherheit.

Tappt doch nicht in diese Falle, Mann.
Das ist nicht wirklich ein Argument, da ist kein Schluß ziehbar (mit Verlaub - klingt wie eine V-Theorie (Effekt?) - wären nicht einige mutige Frauen und Männer in die o.a. Falle getappt, wäre ein Flugzeug nicht auf einer Wiese, sondern mitten in Washington zerschellt, Mann.
Erstens habe die mutigen Männer und Frauen damals für sich selbst entschieden. Im vorliegenden Diskussionsgegenstand würde man einfach für sie entscheiden.
Auserdem ist das keine Situation die tagtäglich vorkommt und kein allgemeines Ereignis so das sie in einen allgeminen REchtsgrundsatz übergeführt werden müsste.
Das ganze wäre nur pure Anlassgesetzgebung.
Für solche Ausnahmesituationen sieht das Recht genügend möglichkeiten zur Beurteilung vor, so das man getrost auf eine explizite festschreibung verzichten kann.
Ja es wäre höchst bedenklich weil es eben dann den Wert des Menschen festsetzt und seine Würde für unter Umständen "antastbar" erklärt.
Der Damm wäre gebrochen dem uneingeschränkten Ulitarismus Tür und Tor geöffnet.
Für Einzelextremfälle gilt die Epikie nicht aber die Norm.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

FioreGraz hat geschrieben:
Maya hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: ... um ihren Polizeistaat und ihre Militärdiktatur bauen zu können, worin der einzelne Mensch nichts mehr gilt, wo Leben Unschuldiger geopfert werden können und die andern gelehrt werden und brav glauben, alles geschehe nur zu ihrer Sicherheit.

Tappt doch nicht in diese Falle, Mann.
Das ist nicht wirklich ein Argument, da ist kein Schluß ziehbar (mit Verlaub - klingt wie eine V-Theorie (Effekt?) - wären nicht einige mutige Frauen und Männer in die o.a. Falle getappt, wäre ein Flugzeug nicht auf einer Wiese, sondern mitten in Washington zerschellt, Mann.
Erstens haben die mutigen Männer und Frauen damals für sich selbst entschieden. Im vorliegenden Diskussionsgegenstand würde man einfach für sie entscheiden.
Außerdem ist das keine Situation die tagtäglich vorkommt und kein allgemeines Ereignis, sodass sie in einen allgemeinen Rechtsgrundsatz übergeführt werden müsste.
Das Ganze wäre nur pure Anlassgesetzgebung.
Für solche Ausnahmesituationen sieht das Recht genügend Möglichkeiten zur Beurteilung vor, sodass man getrost auf eine explizite Festschreibung verzichten kann.
Ja es wäre höchst bedenklich, weil es eben dann den Wert des Menschen festsetzt und seine Würde für unter Umständen als "antastbar" erklärt.
Der Damm wäre gebrochen dem uneingeschränkten Utilitarismus Tür und Tor geöffnet.
Für Einzelextremfälle gilt die Epikie, nicht aber die Norm.

LG
Fiore
Ich sehe das auch ähnlich - die (theortetische) Frage ist aber eben die, dass der Staat auch über die vielen (unschuldigen) Menschen im Stadion (gegebenenfalls) entscheiden würde (und auf keinen Fall der einzelne Mensch (Pilot).

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Mich wundert die Eigenart der Aufmüpfigkeit hier immer wieder- einerseits beinharter Gehorsam bishin zum Kadavergehorsam, andererseits äußert ein Bischof dann eine wohlüberlegte Argumentation (Bischof Mixa kann und will sich vor einer Antwort in dieser schwierigen Frage nicht "drücken"), dann weiß Robert besser als ein Vollprofi (Hr. Bischof Mixa) die Lehrmeinung der Kirche - nichts für ungut, aber das wundert mich.
Kadavergehorsam suchst mal bei den Protestanten und ihren Vorstehern

Die Lehre der Kirche ist eindeutig
§2268 Das fünfte Gebot verwirft den direkten und wilentlichen Mord als schwere Sünde....
§2269 Das fünfte Gebot untersagt auch, etwas mit der Absicht zu tun, den Tod eines Menschen indirekt herbeizuführen....
(katechismus der kath Kirche)

Soviel auch zu Gandalfs kleinen Moraltheolgischen Blähungen.

LG
Fiore
Zuletzt geändert von FioreGraz am Freitag 16. November 2007, 20:46, insgesamt 1-mal geändert.
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Peregrin hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Nein Ernst jetzt: Robert wie sollte man reagieren, wie ist deiner Meinung die Lehre der Kirche in diesem Fall?
Das Stadium räumen lassen.
Das Stadion zu füllen dauert schon eine Stunde (im Happel ists so.)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Ich sehe das auch ähnlich - die (theortetische) Frage ist aber eben die, dass der Staat auch über die vielen (unschuldigen) Menschen im Stadion (gegebenenfalls) entscheiden würde (und auf keinen Fall der einzelne Mensch (Pilot).
Aber die Diskussion ist unötig, auch irgenwelche Gesetze oder Verodnungen dahingehend. Im Fall der Fälle wird sowieso entschieden.
Das Stadion zu füllen dauert schon eine Stunde (im Happel ists so.)
Naja wenn du alle Notausgänge öffnest dürfte das in einem Bruchteil zu bewerksteligen sein.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

Linus hat geschrieben: ... Das Stadion zu füllen dauert schon eine Stunde (im Happel ists so.)

um 2100 h gehts los. 1:0 für Aut!

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

FioreGraz hat geschrieben:
... Aber die Diskussion ist unötig, auch irgenwelche Gesetze oder Verordnungen dahingehend. Im Fall der Fälle wird sowieso entschieden. ...
Nachzudenken ist nicht unbedingt unnötig - der katholische Bischof Mixa ist nicht Deiner Meinung - Staufenberg war nicht Deiner Meinung (- ist Notwehr (in)direkte Tötung ?) - viele Forumsfreunde sind Anhänger der Todesstrafe - so sonnenklar ist das leider nicht (besonders im letzten Falle)...

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

...der katholische Bischof Mixa ist nicht Deiner Meinung - Staufenberg war nicht Deiner Meinung...
Dafür die Kirche, also was solls.
(- ist Notwehr (in)direkte Tötung ?)
Ja und warum Tötung, diese Wörtchen wird immer gerne genommen wenn die wahrheit herabgespielt werden soll. Solche ine Veordnung oder ein Gesetz wäre staatlich sanktionierter Mord. Ich muß auch damit rechnen jederzeit überfallen zu werden und hab auch keinen Rakentwerfer im Handgepäck um Notfalls der halben Straße das Licht auszublasen.
- viele Forumsfreunde sind Anhänger der Todesstrafe - so sonnenklar ist das leider nicht (besonders im letzten Falle)...
Todesstrafe als Notwehrakt der gesellschaft, man schützt die Gesellschaft vor einer GEfahr, dann ist Todestrafe gerechtfertigt. Aber selbst bei den ungerechtfertigten Rachejustitzmorden in Amerika setzt man nicht präventiv die ganze Sippschaft eines Deliquenten auf den elektrischen Stuhl.
Oder ´wirfst ne Handgrante in ne Bank um eine Geiselnahme zu verhindern?

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Benutzeravatar
Maya
Beiträge: 225
Registriert: Samstag 19. Mai 2007, 18:46
Wohnort: Stumm

Beitrag von Maya »

FioreGraz hat geschrieben:
...der katholische Bischof Mixa ist nicht Deiner Meinung - Staufenberg war nicht Deiner Meinung...
Dafür die Kirche, also was solls.
(- ist Notwehr (in)direkte Tötung ?)
Ja und warum Tötung, diese Wörtchen wird immer gerne genommen wenn die wahrheit herabgespielt werden soll. Solche ine Veordnung oder ein Gesetz wäre staatlich sanktionierter Mord. Ich muß auch damit rechnen jederzeit überfallen zu werden und hab auch keinen Rakentwerfer im Handgepäck um Notfalls der halben Straße das Licht auszublasen.
- viele Forumsfreunde sind Anhänger der Todesstrafe - so sonnenklar ist das leider nicht (besonders im letzten Falle)...
Todesstrafe als Notwehrakt der gesellschaft, man schützt die Gesellschaft vor einer GEfahr, dann ist Todestrafe gerechtfertigt. Aber selbst bei den ungerechtfertigten Rachejustitzmorden in Amerika setzt man nicht präventiv die ganze Sippschaft eines Deliquenten auf den elektrischen Stuhl.
Oder ´wirfst ne Handgrante in ne Bank um eine Geiselnahme zu verhindern?

LG
Fiore
Wusstest Du, dass es der Teufel immer verdammt eilig hat? - ich meine das ernst - eine Deiner Übertragungen ist "Unachtsamkeit", die nervt (Intelligenz gepaart mit "Nebenbei").

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Es gibt nur einen Weg

Beitrag von sofaklecks »

Es gibt nur einen Weg, das Problem zu lösen und der ist die Beseitigung der Ursachen des Terrors.

Liegt dieser in der ungerechten Verteilung der Ressourcen dieser Erde, muss diese geändert werden.

Liegt er in der Verbreitung des Hasses gegenüber Andersdenkenden und Andersgläubigen, muss das beendet werden.

Jeder fängt bei sich an. Die Bergpredigt zeigt den Weg dazu.

Nur kann ich denjenigen, die nicht an diese Wahrheit glauben, ihre Befolgung nicht vorschreiben. Und solange muss ein kleineres Übel in Kauf genommen werden, um ein grösseres zu verhindern. Dass man insoweit aber keine befriedigende Antwort hat, zeigt nur, dass weltliche Massstäbe in eine Sackgasse führen.

Stellt euch vor, eure Familie sei in einem der Türme gewesen und die Flugzeuge hätten über freiem Feld abgeschossen werden können. Würde euch die Antwort des Verfassungsgerichts und der Moraltheologen zufrieden stellen?

sofaklecks

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Beitrag von Esperanto »

Maya hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: ... Nein Ernst jetzt: Robert wie sollte man reagieren, wie ist deiner Meinung die Lehre der Kirche in diesem Fall?
Mich wundert die Eigenart der Aufmüpfigkeit hier immer wieder- einerseits beinharter Gehorsam bishin zum Kadavergehorsam, andererseits äußert ein Bischof dann eine wohlüberlegte Argumentation (Bischof Mixa kann und will sich vor einer Antwort in dieser schwierigen Frage nicht "drücken"), dann weiß Robert besser als ein Vollprofi (Hr. Bischof Mixa) die Lehrmeinung der Kirche - nichts für ungut, aber das wundert mich.
Ach, Bischof Mixa hat keine Ahnung von dem kommenden faschistischen Welteinheitsstaat, der kommen wird.

Kurt
Beiträge: 1486
Registriert: Montag 5. Februar 2007, 22:29

Re: Es gibt nur einen Weg

Beitrag von Kurt »

sofaklecks hat geschrieben:Es gibt nur einen Weg, das Problem zu lösen und der ist die Beseitigung der Ursachen des Terrors.

Liegt dieser in der ungerechten Verteilung der Ressourcen dieser Erde, muss diese geändert werden.

Liegt er in der Verbreitung des Hasses gegenüber Andersdenkenden und Andersgläubigen, muss das beendet werden.
Das heisst also: Wenn ich gegen Christenverfolgung bin, dann brauch ich nur deswegen Terrorist zu werden, und Du beseitigst dann die Ursachen meines Terrorismus, nämlich die Christenverfolgung?
Mein lieber Jurist! :hmm:

Allons
Beiträge: 745
Registriert: Dienstag 30. Oktober 2007, 16:23
Wohnort: Berlin

Re: Es gibt nur einen Weg

Beitrag von Allons »

sofaklecks hat geschrieben: Stellt euch vor, eure Familie sei in einem der Türme gewesen und die Flugzeuge hätten über freiem Feld abgeschossen werden können. Würde euch die Antwort des Verfassungsgerichts und der Moraltheologen zufrieden stellen? sofaklecks
Hi Sofaklecks,
mit ausreichend Abstand zu der Sache erhoffe ich von mir: ja

Klar muß allerdings auch sein, dass solche Angehörige eine 1A Trauerbegleitung erwarten können sollten. Und da haperts ja schon.

Gruß, Allons!

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:1. Angreiferqualität des Sohnes: Das ist ein interessanter Aspekt, den ich gar nicht bedacht habe. Allerdings setzt ein Angriff des Sohnes, der objektiv rechtswidrig aber subjektiv entschuldigt ist, voraus, daß der Sohn beim Festklammern am Vater wirklich bewußt gehandelt hat und nicht affektiv, gewissermaßen reflexartig zugepackt hat. Denn für einen Angriff muss eine bewußte willensgesteuerte Handlung vorliegen.
Nein. Der Angegriffene darf sich immer auch gegen einen fahrlässig, versehentlich oder unbewußt – z. B. im Rausch – handelnden Angreifer wehren. Vom Angegriffenen ist weder praktisch (das geht meist gar nicht) noch moralisch zu verlangen, daß er dies unterscheide.
ar26 hat geschrieben:2. Aus meiner Sicht kommt es auf die Wetterfahne hier nicht an, da die Geschichte recht eindeutig zum Ausdruck bringt, daß nur eine Rettungsmöglichkeit bestand, nämlich wenn der Vater vice versa unter dem Sohn gestanden hätte.
Nimmt man dies als gesetzt, ist der Vater tatsächlich gerechtfertigt.
ar26 hat geschrieben:3. Mich würde interessieren, ob du unter der Bedingung, daß der Sohn kein Angreifer war, sondern reflexartig handelte und die Wetterfahne egal wäre, immer noch den Grenzfall siehst.
Siehe oben. Ich verstehe den Begriff des „Angreifers“ anders.
ar26 hat geschrieben:Wenn der Fall sich tatsächlich zu Mays Lebzeiten abgespielt hat, dann wahrscheinlich vor der Einführung des StGB 1896
Ist das StGB nicht von 1876? – Aber die Geschichte spielt in der Tat auch noch davor.
ar26 hat geschrieben:Aus meiner Sicht lehnt die kath. Morallehre diesen Gedanken aber ab, sofern der andere schuldlos war
Nein. Einen unmittelbar und gegenwärtig Angreifenden darf ich immer abwehren.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

To-ok-tey hat geschrieben:Leider ist in andern Foren eine offene Diskussion nicht möglich …
Nun schaltete sich der Betreiber von kath.net und dortige Forumsadministrator mit zwei Beiträgen ein (Nutzername „Gandalf“):

Vorsicht und gut durchlesen: Niemals einen unschuldigen Menschen direkt töten! Ich betonte nochmals das "direkt".

Die tötungsabsicht der unschuldigen Menschen muss gegeben sein und man kann dies m. M. auch so auslegen, dass es eben nicht das Ziel ist, hier Menschen zu töten sondern dies nur als Nebenwirkung in Kauf genommen wird, eben weil der Versuch gemacht wird, ein Unglück zu verhindern (z. B. ein Flugzeug stürzt sich über ein Stadion). Im Rahmen des Selbstverteidigungsarguments würde hier dann ein größeres Übel verhindert, so könnte man das ganze rechtfertigen, wenn moraltheologisch klar ist, dass hier keine direkte Tötungsabsicht besteht. das ist das, was geklärt werden muss.

Und nochmals: Nichtstun ist auch ein Tun und kann manchmal weit schlimmere Folgen haben als Tun.

Dazu nahm ich folgendermaßen Stellung:

… Zu behaupten, ein Passagierflugzeug abzuschießen sei keine direkte Tötung der Insassen, ist schon ein besonders dreistes Beispiel von Sophismus. Würdest du das auch noch so sehen, wenn ich dein Haus anzündete? Deine Argumentation liegt exakt auf der Linie der „Güterabwägungen“ der Fristenlöser und Euthanasisten.

Dieser Beitrag ist inzwischen gelöscht. „Gandalf“ erwiderte zunächst:

…1.) Du verbreitest ziemlich primitiven Quatsch, anders kann man das gar nicht beschreiben. Nimm diesen abstrusen Vorwurf hier schleunigst zurück, das lasse ich mir sicherlich von Dir nicht sagen!
2.) Ich kann nichts dafür, dass Du hier offensichtlich Wissensmängel bzgl. einiger Lehren der kirchlichen Moraltheologie hast. Die Frage ist, ob überhaupt Interesse hast, hier Dein Wissensdefizit aufzufrischen oder nicht.
Oder hast Du nur ohnedies kein Interesse an einer sachlichen Diskussion und möchtest Du hier nur billige Polemik abliefern?

Ich erwiderte:

Nimm den Vorwurf lieber als correctio fraterna ernst … Der Vergleich mit den Güterabwägungsargumenten der Fristenlöser und Euthanasisten trifft genau den Kern des Problems. Wer ungeborene Kinder oder Schwerkranke vor der Tötung schützen will und mit sophistischen Spitzfindigkeiten dem Abschuß unschuldiger Flugzeuginsassen das Wort redet, versündigt sich nicht nur im Flugzeugfall, sondern macht sich auch in allem andern unglaubwürdig, verwirrt die Gläubigen – besondern jene „Kleinen“, von denen der Herr spricht – und fügt der Kirche insgesamt großen Schaden zu …


Lassen wir die Art und Weise der Diskussionsführung oder -unterdrückung in anderen Foren einmal außen vor. Inhaltlich halte ich es für dringend geboten, dazu Stellung zu nehmen.

Ich werde und muß dies hier tun – nicht dort –, weil kath.net-Betreiber Gandalf mich in seinem Forum schon vor Jahren ohne Anlaß und Begründung gesperrt hat, nach wiederholten Nachfragen wieder entsperrt, dann erneut ohne Anlaß und Begründung gesperrt, dann mein Konto ganz gelöscht und mir auf Intervention eines mir nicht bekannten Dritten mitgeteilt, mein Konto gebe es ja gar nicht, aber er lade mich ein, mich neu zu registrieren, und mich endlich – nach erfolgter Neuregistrierung – ein drittes Mal gesperrt hat, noch bevor ich überhaupt einen Beitrag verfassen konnte.

Oben wurde zu Recht darauf hingewiesen, daß „Gandalf“ – das ist Roland Noé, ehem. Biermeier, aus Linz – in seiner Argumentation für den Abschuß entführter Passagiermaschinen dem Güterabwägungsmodell folgt, wie es von den Befürwortern der „indizierten“ Abtreibung oder der „Euthanasie“ benutzt wird.

Er hält dies im Falle des Flugzeugabschusses für gerechtfertigt und begründet das mit der sogenannten „Doppelwirkung“ von Handlungen, welche hier zu berücksichtigen sei und dazu führe, daß der gute Zweck der Abwehr eines Angriffs die schlechte Nebenwirkung der Handlung, nämlich die Tötung Unschuldiger, überwiege, so daß der Abschuß erlaubt sei.

Laßt mich zunächst die moraltheologische Erwägung erläutern, die Noé hier seinem politischen Ziel zunutze zu machen versucht. Natürlich gibt es dies Prinzip in der Moraltheologie ebenso wie in der philosophischen Ethik, nicht zuletzt natürlich auch in der Jurisprudenz. Ich gebe ein einfaches Beispiel: Eine fremde Sache ohne Erlaubnis des Besitzers wegzunehmen ist verboten. Wenn ich aber ein Brot stehle, um mein hungerndes Kind zu füttern und so vor Schädigung durch Unterernährung oder gar vorm Hungertod zu bewahren, sieht die Sache ganz anders aus. Der Hauptzweck der Rettung des Kindes könnte die „Nebenwirkung“ – unerlaubte Wegnahme einer fremden Sache – überwiegen.

Was in diesem Beispiel Haupt- und was Nebenwirkung ist und welches das andere überwiegt, brauchen wir hier nicht zu entscheiden. Es kommt nur auf den Punkt an, daß eine Abwägung von Gütern erfolgen muß. Das kann im Einzelfall unter Umständen sehr schwierig sein, in andern Fällen auch sehr unproblematisch und eindeutig. Unterschiedliche Rechtsordnungen können das durchaus auch unterschiedlich regeln.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Ein Bankräuber, Terrorist oder Gefängnisausbrecher (so genau kommt es darauf nicht an) nimmt eine Geisel, verschanzt sich mit ihr und droht sie zu töten. Nun ist es fraglos erlaubt, den Geiselnehmer durch einen gezielten Schuß außer Gefecht zu setzen oder gar zu töten, um die Geisel zu retten. Andererseits ist es unerlaubt, durch den Gebrauch von Schußwaffen unschuldige Menschen auch nur zu gefährden.

Beim Versuch, den Geiselnehmer zu erschießen, wird man auch die Geisel gefährden, denn der Schuß kann durch Versagen des Schützen oder durch eine plötzliche Bewegung des Geiselnehmers oder der Geisel fehlgehen und die Geisel treffen. Wenden wir das oben beschriebene Prinzip an, so müssen wir abwägen. In diese Rechnung hinein gehören ebenso die gegeneinander stehenden Güter wie auch das Risiko, sie zu verletzen.

Grundsätzlich kann man sagen, daß der gute Zweck der Rettung der Geisel die schlechte Nebenfolge ihrer Gefährdung überwiegt. Vorauszusetzen ist, daß entweder der Schütze hinreichende moralische Sicherheit hinsichtlich des zu erwartenden Erfolgs seiner Handlung hat oder daß wegen akuter, gegenwärtiger Bedrohung des Lebens der Geisel durch den Geiselnehmer auch ein erhöhtes Risiko für die Geisel in Kauf genommen werden kann, solange noch begründete Aussicht auf Erfolg besteht.

Nun variieren wir diesen Fall. Darf ich, statt zu schießen, auf den die Geisel festhaltenden Geiselnehmer auch eine Handgranate werfen? – Jeder vernünftige Mensch wird spontan verneinen. Aber weshalb? – Weil die Handgranate den Geiselnehmer wie die Geisel unterschiedslos tötete. Das ist an sich klar. Aber wie kommt das oben angewandte „Doppelwirkungs“-Prinzip hier ins Spiel? Führt hier die Abwägung zur Ablehnung des Granatenwurfs? – Nein. Das ist der entscheidende Punkt. Abwägung führt zum Verzicht auf den gezielten Schuß, wenn kein sicheres Zielen möglich ist. Da ist Abwägung möglich, weil der gezielte Schuß auf den Geiselnehmer erlaubt ist und die bloße Gefährdung der Geisel keine absolut „in sich“ (intrinsecus) schlechte Handlung darstellt.

Der Granatenwurf dagegen ist eine „in sich“ schlechte Handlung, sobald er wissentlich und willentlich auf unschuldige Menschen gerichtet wird. Denn er tötet mit hoher Wahrscheinlichkeit die Menschen, in deren unmittelbarer Nähe die Handgranate detoniert. Darum läge hier eine direkte Tötung Unschuldiger vor, was nach kirchlicher Lehre immer in sich schlecht ist, während utilitaristische Ethikmodelle solche Abwägungen immer erlauben oder gar verlangen und die Möglichkeit in sich schlechter Handlungen nicht aktzeptieren.

Und der Flugzeugabschuß? – Er wirkt offensichtlich ganz wie der Handgranatenwurf, nur noch extremer. Es besteht keine Möglichkeit, das Flugzeug abzuschießen, ohne die unschuldigen Insassen zu töten. Wer hier argumentiert, es handle sich nicht um direkte Tötung, weil eigentlich nur die Tötung der Entführer beabsichtigt sei und Besatzung und Passagiere nur zufällig und bedauerlicherweise mitbetroffen seien, der müßte dasselbe auch im Fall der Handgranate konzedieren.

Um dem denkbaren Einwand zu begegnen, die Handgranate brauche man nicht einzusetzen, da man ja schießen könne, will ich den Fall noch zuspitzen: Nimm an, du seist der Verteidiger und habest keine andere Waffe als die Handgranate. Hilfe kannst du nicht holen. Der Geiselnehmer hat die Geisel bei sich und droht sie unmittelbar zu töten. Darfst du die Granate werfen, um den Mord zu verhindern?

Nimm den vorigen Fall an, aber zusätzlich drohte der Geiselnehmer, durch eine fernzuzündende Bombe das Nachbarhaus mit seinen Bewohnern zu sprengen. Darfst du nun die Granate werfen?

Jeder mag – und muß! – das nach seinem Gewissen entscheiden. Jeder hat aber auch die Pflicht, sein Gewissen recht zu bilden. Utilitaristische Ethiken wägen ohne weiteres Menschenleben nach der Anzahl gegeneinander ab. Da darf ich einen töten, um zwei oder zehn oder eine Milliarde zu retten. Die Kirche lehrt anderes. Ihr zufolge ist die direkte Tötung unschuldiger Menschen immer in sich schlecht und unerlaubt. Eine Abwägung höher- oder minderwertigen menschlichen Lebens oder Menschseins, sei es nach Quantität oder Qualität, ist aus christlicher Sicht ausgeschlossen.

Da Flugzeugabschuß und Handgranatenwurf gleichermaßen mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar alle töten, gegen welche die Handlung tatsächlich gerichtet wird, liegt jeweils direkte Tötung vor, die in sich schlecht ist, sofern die zu Tötenden oder einige von ihnen bekanntermaßen unschuldig sind.

Tatsächlich versucht Noé hier, eine utilitaristische Ethik in die Lehre der Kirche einzuschleusen. Ich vermute stark, daß er die Konsequenzen nicht überblickt. Wie auch, wenn schon Bischof Walter von Augsburg mit seiner ganz unüberlegten Äußerung den sandigen Boden für derlei Verirrungen bereitet hat. Noé greift den Hirtenfehler begierig auf, weil er seiner „neokonservativen“ Grundeinstellung und seiner (für Christen schwer nachvollziehbaren) emotionalen Bindung an die Bush-amerikanische Politik entgegenkommt.

Solchen Anfängen gilt es zu wehren, damit nicht die letzten Dämme brechen: in der Moraltheologie, um die Lehre der Kirche nicht zu beschmutzen; und in der Politik, um die Kirche nicht zu verstricken ins Netz des heraufziehenden, bösen Welteinheitsstaats.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Danke Robert.
MaW: Handle nach den Weisungen deines im Glauben geschulten Gewissens. Und aus.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Ecce Homo
Beiträge: 9540
Registriert: Montag 28. März 2005, 14:33

Beitrag von Ecce Homo »

Siehe Homepage Bistum Augsburg:
Klarstellung zum Abschuss von Terrorflugzeugen
Bischof Mixa: Schwierige moraltheologische Frage

Augsburg. Der katholische Militärbischof der Bundeswehr, Dr. Walter Mixa, hat Meldungen dementiert, wonach er grundsätzlich den Abschuss von Passagierflugzeugen, die von Terroristen entführt und als Waffe eingesetzt werden, befürworte. Mixa hatte in einem Interview der Fuldaer Zeitung am Donnerstag unter anderem gesagt, „Es klingt vielleicht empörend, aber um ein noch viel größeres Unglück wie den Absturz auf ein vollbesetztes Stadion zu verhindern, kann man einen solchen mit vielfachem Tod und Leid verbundenen Schritt für denkbar halten.“ Dies war als grundsätzliche Zustimmung des Militärbischofs zum vorsorglichen Abschuss entführter Flugzeuge gewertet worden. Mixa stellte nun klar, dass er bereits Ende September diesen Jahres darauf hingewiesen habe, dass der Abschuss eines von Terroristen entführten Passagierflugzeugs zur Rettung einer größeren Zahl von Menschenleben eine moraltheologisch äußerst schwierige Frage sei, da bei einem solchen Einsatz das Leben unschuldiger Menschen gegen das Leben anderer unschuldiger Menschen stehe.

Einer solchen Abwägung stehe er sehr zurückhaltend gegenüber. „Um hierzu eine angemessene Position zu entwickeln, muss sich die Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam mit Moraltheologen, Juristen, Politikern und Vertretern der Bundeswehr hinter verschlossenen Türen zu ernsten Überlegungen zusammensetzen“, sagte Mixa in Augsburg. Der Bischof verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Ablehnung des von der rot-grünen Koalition geplanten Luftsicherheitsgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht. Dem Soldat im Einsatz stehe bei einem solchen Befehl in jedem Fall eine Befehlsverweigerung aus Gewissensgründen zu. In dem Interview mit der Fuldaer Zeitung hatte Mixa auch angekündigt, dass sich ein moraltheologisches Seminar der „Akademie für Theologie und Frieden“ zeitnah mit dieser schwierigen Thematik beschäftigen soll.

IBA
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

Benutzeravatar
Peregrin
Beiträge: 5422
Registriert: Donnerstag 12. Oktober 2006, 16:49

Beitrag von Peregrin »

Vielleicht sollte man ein paar Postings aus diesem Zypfel kopieren und ihm einschicken? Könnte eine Menge Arbeit sparen.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich will aus der kath.net-Diskussion wegen der Bedeutung der Sache noch zwei gewichtige Stimmen herausgreifen. Erstens die des Kirchenrechtlers Dr. Alexander Pytlik („Padre Alex“ oder „Alexius“):
„Alexius“ hat geschrieben:Eines aber ist für mich nun absolut sicher: wenn vor einem Flugzeugabschuß nicht die moralische Gewißheit über die Ziele von Terroristen und über den fehlenden Widerstand bzw. Kampf innerhalb des Flugzeuges gegeben ist, darf mit Sicherheit niemals und unter keinen Umständen die Zivilmaschine abgeschossen werden. Insofern wird man verlangen müssen, daß gemäß immer weiterentwickelterer Technologien das Flugzeug gewissermaßen durchröntgent und abgehört werden müßte. Es wird daher derzeit nur ganz selten den konstruierten Fall geben können, daß wirklich ein Abschuß einer Zivilmaschine zu befehlen wäre, wenn man überhaupt davon ausgeht, daß dies von vorneherein erlaubt werden sollte. In der Tat neige auch ich dazu, dies nicht im vorhinein staatlich zu "erlauben", hier liegt das Bundesverfassungsgericht wesentlich näher beim Naturrecht. Daher ist der Satz "Davon abgesehen muß man auch realistisch bleiben: für die einen ist die Rettung aussichtslos, für die anderen eben möglich!" solange reine Vermutung oder sogar Unsinn, als nicht mit moralischer Gewißheit geklärt ist, um was es im Flieger geht.
Das Argument bewegt sich auf einer andern Ebene als das zuvor erörterte. Dr. Pytlik weist zu Recht darauf hin, daß selbst dann, wenn man den Abschuß für den Fall einer konstruierten Extremsituation als erlaubt ansehen sollte, dieser Fall praktisch nicht eintreten kann, weil hinreichende Gewißheit über die Kriterien seines Vorliegens niemals im voraus zu gewinnen ist. Um so gefährlicher, wenn im vorhinein Kriterien aufgestellt werden. Da wird der Mißbrauch buchstäblich herbeigeredet.

Dr. Pytliks Warnung begrüße ich darum ausdrücklich. Dennoch ist leider auch er dem Irrtum unterlegen, es könne überhaupt rechtfertigende Gründe für den Abschuß geben. Er verkennt, daß der Abschuß immer die direkte, also willentliche und gezielte Tötung aller Flugzeuginsassen darstellt.

Man kann nicht eine Handlung setzen, die mit Gewißheit zwei Menschen tötet, und behaupten, weil man nur den einen töten wollte, habe man nur diesen direkt getötet, den andern aber „indirekt“, weil dessen Tötung nicht das eigentliche Handlungsziel gewesen sei; er sei lediglich dabei gewesen und man habe seine Tötung nicht vermeiden können.

Nein, es ist eine einzige Handlung und eine einzige Absicht, nämlich das vorher bekannte Ergebnis der Tötung aller Menschen, gegen welche die Handlung konkret und physisch gerichtet ist.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der zweite Beitrag, auf welchen ich noch eingehen möchte, ist jener von P. Dr. Josef Spindelböck:

„Josephus“ hat geschrieben:Es handelt sich bei der von Bischof Mixa zuerst befürwortend angesprochenen Frage nach der sittlichen Bewertung des gezielten Abschusses eines zum Terrorinstrument umfunktionierten Passagierflugzeuges, in welchem viele Unschuldige sitzen, die dann das Leben verlieren werden, um eine höchst komplexe Frage! Dies hat auch die bisherige Diskussion gezeigt.
Das ist ein unzulässiger Schluß. Nahezu alle Fragen der kirchlichen Lehre könnten heute wegen der um sie entbrennenden Diskussionen als „höchst komplex“ gelten. In Wahrheit sind die Antworten der kirchlichen Lehre meist sehr einfach und klar. – Warum erwähne ich es eigens? – Weil die Versuchung oft groß ist, durch Verkomplizierung an sich einfachster Sachverhalte die einfachen, klaren Antworten der Kirche im Nebel des Relativismus aufzulösen.
„Josephus“ hat geschrieben:Bischof Mixa wollte seine Stellungnahme durchaus nur als Diskussionsbeitrag verstanden wissen, um so in ein Gespräch über das Für und Wider auf der Grundlage der kirchlichen Lehre zu kommen, dass man nämlich einen unschuldigen Menschen niemals direkt töten dürfe (d. h. man darf keinen Mord begehen, 5. Gebot Gottes!). In aller Freiheit ist es also erlaubt, über Mixas erste relativ positive Stellungnahme zur sittlich verantwortlichen Möglichkeit eines solchen Abschusses, die er dann ja relativiert hat, inhaltlich zu diskutieren.
Richtig. Sogar auch scharf zu kritisieren.
„Josephus“ hat geschrieben:Die kirchliche Lehre macht zwar klare Aussagen über die sittlichen Prinzipien (so zum Lebensschutz in "Evangelium vitae" und zur Ablehnung in sich schlechter Handlungen in "Veritatis splendor"); die konkrete Anwendung kann aber sehr schwierig sein, da viele Umstände mitbedacht sein müssen und der Grad der Sicherheit in der Erkenntnis eben dieser relevanten Umstände beträchtlich differieren kann.
Das ist grundsätzlich richtig, worauf ich oben ja hingewiesen habe. Insbesondere wächst die Schwierigkeit, wenn es (a) gerade nicht um absolut in sich schlechte Handlungen geht, wenn also neutrale oder nur relativ zu bewertende Handlungen gegeneinander abzuwägen sind, und in jedem Fall wächst sie (b) mit der Unsicherheit in der »Erkenntnis« der »relevanten Umstände«. Gesetzt, diese Schwierigkeit bestünde hier tatsächlich, dürfte man um so weniger einem Abschuß das Wort reden, da diese Entscheidung Gewißheit hinsichtlich der Erlaubtheit der Handlung voraussetzt.

Anders gesagt: Wer hier von schwierigen und komplexen Problemen redet, darf keinesfalls als Abschußbefürworter auftreten, sondern muß strikt gegen alle Abschußphantasien sein, solange ihm selbst die Sache nicht vollständig klar geworden ist.
„Josephus“ hat geschrieben:Von vornherein ist es natürlich so lange nicht gestattet, ein Passagierflugzeug abzuschießen, als dieses einem ausschließlich friedlichen Zweck dient. In dem Moment, in welchem sich nun ein Terrorist dieses Flugzeuges bemächtigt und mit ausreichender Sicherheit erkennen lässt, er sei fest entschlossen, dieses als "Waffe" gegen andere einzusetzen (z. B. im Sinne von 9/11) …
Zwei Einwände vorab: Erstens sollten wir hier die amerikanischen Anschläge vom Jahr 2001 in keiner Weise heranziehen, da hinsichtlich der tatsächlichen Sachverhalte zu viele grundsätzliche Fragen offen und ungeklärt sind; zweitens ist, wie oben dargestellt, Sicherheit über das, was ein Flugzeugentführer beabsichtigt, prinzipiell erst post factum zu gewinnen und keinesfalls zu einem Zeitpunkt, zu welchem der Abschuß technisch spätestens erfolgen müßte, um den gewünschten Zweck zu erreichen.
„Josephus“ hat geschrieben:… ist er derjenige, welcher Unschuldige gleichsam in Geiselhaft nimmt und für seine Ziele missbraucht. Die Verantwortung für deren Tod liegt allein beim Terroristen, sofern er definitiv entschlossen ist, das Flugzeug als mörderische Waffe einzusetzen, und dies auch zur Durchführung bringt.
Nein, das ist falsch. Die Verantwortung liegt immer bei dem, der die ursächlich den Tod herbeiführende Handlung setzt. Die Frage ist im Einzelfall nur, ob es Rechtfertigungsgründe gibt (oder auch – subjektiv wichtig – Entschuldigungsgründe, welche aber zur Frage der Erlaubtheit nichts beitragen). Wäre P. Josefs Argumentation hier richtig, würde das in der Konsequenz bedeuten, daß es erlaubt sei, einen ohnehin bereits Todgeweihten aktiv zu töten. Mit andern Worten, das ist exakt die Argumentationslinie, die normalerweise von den Befürwortern der „Euthanasie“ benutzt wird.
„Josephus“ hat geschrieben:Es handelt sich eindeutig um den Akt eines Aggressors gegen das Gemeinwohl, dem grundsätzlich im Sinne einer Aktion der Verteidigung begegnet werden darf und muss.
Hier den Begriff des Gemeinwohl einzuführen ist gefährlich, weil das gewissermaßen die Möglichkeit einer Anwendung des Kriegsrechts impliziert. Tatsächlich argumentiert so ja auch das amerikanische Bush-Cheney-Régime und hat mit dieser Begründung nicht nur mehrere ferne Länder mit Krieg überzogen, sondern auch im Innern ein ungeheures Polizeistaats-, Überwachungs- und gar ein weltweit gespanntes KZ- und Foltersystem errichtet. Man sollte merken, wessen Geschäft man da betreibt.

Natürlich ist jedes Verbrechen prinzipiell gegen das Gemeinwohl gerichtet. Will man auch gegen Serientriebtäter mit dem Kriegsrecht vorgehen? Gegen Falschparker? Gegen tatsächliche oder angebliche (vielleicht demnächst „homophobe“) „Volksverhetzer“? – Nein, die Anwendung des Kriegsrechts ist wohlweislich auf tatsächliche Kriege unter Staaten beschränkt. Daß die USA das diesbezügliche Völkerrecht seit Jahrzehnten mißachten – wenn nicht länger –, darf uns nicht in dieselbe Falle führen.

Nach dem zwischenstaatlich geltenden Kriegs- und Völkerrecht könnte in Extremsituationen ein Abschuß von Passagierflugzeugen oder -schiffen (z. B. mit heimlicher militärischer Ladung) gerechtfertigt sein. Aber auch hier ist zu beachten, daß die Kirche sich keineswegs national oder international geltendes positives Recht zueigen macht und gleichsam unbesehen in ihre Morallehre inkorporiert. Vielmehr wäre es, wenn denn Kriegsrecht angewandt werden könnte oder faktisch angewandt würde, Aufgabe der Kirche, mindestens ihre eigenen Gläubigen zu warnen, Handlungen vorzunehmen, die nach dem Naturrecht und der Lehre der Kirche unerlaubt sind, auch wenn irdisches Recht sie erlaubt.

So halten wir es bekanntlich auch in der Frage der Abtreibung oder der Euthanasie. Auch in einem „gerechten Krieg“ gilt darum, daß in sich schlechte Handlungen absolut unerlaubt sind. Für Christen ändert sich an der sittlichen Beurteilung also nicht, je nach dem, ob man auf der Grundlage innerstaatlichen Rechts oder internationalen Kriegsrechts urteilt.
„Josephus“ hat geschrieben:Sollte es tatsächlich zu jener "ultima ratio" kommen, dass zur Vermeidung größeren Schadens und als Aktion der Verteidigung gegenüber diesem Aggressor (der eine Passagiermaschine missbraucht) militärische Gewalt (z. B. in Form des Abschusses) eingesetzt wird, so richtet sich die Absicht allein auf die Verteidigung gegenüber dem Aggressor und nicht auf die Tötung möglicherweise davon mit betroffener Unschuldiger. Diese verlieren zwar durch einen Abschuß des Terror-Flugzeugs höchstwahrscheinlich "indirekt" das Leben, nie aber war es das Ziel, diese zu töten; schon gar nicht war es das Ziel, durch das Mittel ihrer Tötung eine Rettung anderer herbeizuführen.
Noch einmal: Dies ist genau falsch. Der Abschuß ist eine einzige Handlung, und deren vorher bekannter und unabwendbarer Erfolg ist die unterschiedslose Tötung aller Insassen.

Das Argument wäre nur in Situationen zutreffend, wo es möglich ist, die Handlungen gezielt gegen den Aggressor einzusetzen und unbeteiligte Zivilpersonen bzw. unschuldige Dritte vor Beeinträchtigung möglichst zu schützen. Daß im Einzelfall ein Risiko für solche Unschuldigen bleibt, kann dann in Kauf genommen werden, wenn der die Gefährdungshandlung Setzende sich nach Kräften bemüht, die unschuldigen Dritten vor Schaden zu bewahren und zu der Überzeugung gelangt, daß dies sein Bemühen hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
„Josephus“ hat geschrieben:Das Flugzeug hätte nämlich auch dann abgeschossen werden müssen, wenn sich niemand außer dem Terroristen darin befunden hätte, allein deshalb, weil es in den Händen des Terroristen zur „Waffe“ geworden war. d. h. die grundsätzliche Entscheidung zum Abschuß als Aktion der Verteidigung hängt davon nicht ab. Güterabwägungen können nur unter Achtung dieser angesprochenen Prinzipien relevant sein; z. B. wird man fragen dürfen und müssen, wo dieser Abschuß (wenn überhaupt) am besten durchzuführen ist, um nicht noch mehr Menschen zu gefährden als unvermeidbar ist (z. B. möglichst nicht über bewohntem Gebiet).
Das Argument ist ja nun überhaupt nicht durchdacht. Ganz offensichtlich ist es doch ein entscheidender Unterschied, ob sich in dem Flugzeug Unschuldige befinden oder nicht. Wieso greift man denn sonst z. B. bei einem Banküberfall mit Geiselnahme nicht einfach zu? – Richtig, weil man die Geisel schützen will. »Der Geiselnehmer hätte nämlich auch dann festgenommen werden müssen, wenn sich niemand außer ihm in der Bank befunden hätte.« Josef, Josef, das kann dein Ernst nicht sein.
„Josephus“ hat geschrieben:Diese Ausführungen sind als Diskussionsbeitrag zu verstehen …
Ich warne nochmals vor der Problematisierung der (eigentlich sehr klaren) Sache durch fortwährende Berufung auf „Schwierigkeit“, „Diskussionsbedarf“, „Komplexität“ und so weiter. Solche Diskussionen sind immer der stete Tropfen, welcher den Fels der Wahrheit aushöhlt. So war es in Sachen Abtreibung, Euthanasie, Sodomie, Ehescheidung und so fort. Indem diskutiert wird, tritt allmählich Gewöhnung ein. Dann folgen kleine, begrenzte Schritte, dann die nächsten – und nach zwei Jahrzehnten sind neunzig Prozent der Leute hirngewaschen und der Rest mundtot.
„Josephus“ hat geschrieben:… als Exemplifikation des Prinzips der gerechten Verteidigung gegenüber einem ungerechten Angreifer entsprechend dem Prinzip der Doppelwirkung einer Handlung: Die (defensive) Handlung des Abschusses zielt allein auf das zum Terrorinstrument umfunktionierte Flugzeug; die damit (möglicherweise oder wahrscheinlich oder sicher) verbundene Tötung unschuldiger Menschen wird als ganz und gar unerwünschte, aber hier eben leider unvermeidbare negative Wirkung einer an sich erlaubten Handlung (nämlich der Ausschaltung einer Terrorwaffe) in Kauf genommen, da es keine andere Alternative gibt und entsprechend wichtige Güter auf dem Spiel stehen, die geschützt werden müssen (v.a. allem das Leben vieler anderer Unschuldiger).
Obwohl eigentlich schon gesagt, will ich es noch einmal verdeutlichen. (a) Hier wird offensichtlich und ganz ausdrücklich eine Güterabwägung nach dem „Doppelwirkungs“-Prinzip vorgenommen. (b) Diese Güterabwägung wird als zulässig angesehen, weil keine in sich schlechte Handlung (wie es die „direkte“ Tötung eines Unschuldigen wäre) vorliege. (c) Daß die hier aber offensichtlich doch vorliegende Tötung Unschuldiger keine direkte Tötung sei, wird wiederum aus jenem „Doppelwirkungs“-Prinzip abgeleitet.

Das ist ein klassischer Zirkelschluß. Diesen Zirkelschluß zu gebrauchen und dabei nicht zu bemerken – Unbewußtheit setze ich voraus, bösen Willen unterstelle ich keinem Beteiligten –, dazu gehört schon ein gehöriges Maß an Fixierung auf den gewünschten politischen Erfolg. Darum rate ich dringend zu aufrichtiger Selbstbefragung und zum Abklopfen der eigenen politischen Vorstellungswelt auf Schwachstellen und Fehlorientierungen.
„Josephus“ hat geschrieben:Es wird hier nicht Leben gegen Leben verrechnet, sondern dem Aggressor Einhalt geboten. Die Verantwortung für den Tod Unschuldiger trägt letztlich allein der Aggressor!
Im Ernstfall würde mit einem Abschuß genau das getan: Leben gegen Leben verrechnet und dem Aggressor – wer immer das eigentlich sei – der größte Gefallen getan. Die Verantwortung trüge, der das Flugzeug abschösse und der es ihm befähle.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Auch wenn Robert nichts mehr anzufügen ist, im Fall der Fälle wird sowieso irgenwie entschieden und es wird subjektiv immer die flasche Entscheidung sein. Aber das gefährliche ist das man Anlassgesetzgebung betreibt. Fast alle Sicherheitsgesetze seit 9/11 spiegeln das wieder.
Nebenbei besteht ja auch die Problematik wo zieht man die Wägungsgrenze, sind dann in den Pragraphen Verhätniszahlen 1:X oder erfolgt die Wertung nach wichtigkeit der betroffenen Personen? Des weiteren besteht die Gefahr das solch ein Prinzip eines radikalen Ulitarismus in Paragraphen gegossen sehr schnell auch in die restliche Rechtspflege einfliest und Roberts Beispiel von dem Bankräuber und der Handgranate könnte sich auf solche einen Unrechtssatz berufen.
Auserdem nehmen solche "Spezialgesetze" die möglichkeit einer Wertung der Schuld im Rahmen eines Epekie-Ansatzes vorweg und schränken eigentlich die richterliche Wertungstätigkeit ein. Macht man das auf allen Gebieten brauchts keinen Richter mehr sondern einfach nen VerurteilungsPC. Die Justiz würde ihr menschliches Antlitz verlieren da wir alle Sklaven des Gesetzes werden würden, wir würden dazu leben Gesetze zu erfüllen und die Gesetz wären nicht mehr unser Diener als Erzieher, Schutz und Hilfe für das Zusammenleben.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

josephus
Beiträge: 79
Registriert: Dienstag 20. April 2004, 21:53
Wohnort: Kleinhain bei St. Pölten
Kontaktdaten:

Beitrag von josephus »

Robert Ketelhohn hat mich gerade darauf hingewiesen, dass gleichsam als "Crossposting" hier auch auf meinen Beitrag im kath.net - Forum zu dieser "Abschussdiskussion" eingegangen wurde.
Vorweg: Ich sehe keine Problem darin, auch Beiträge von anderswoher hier zu verwerten. Ich habe aber doch eine Bitte, einen Text, worauf man sich bezieht, zuerst einmal in seiner Integrität bekannt zu machen bzw. in diesem Forum auch "abzudrucken", bevor dann Punkt für Punkt darauf eingegangen wird, wie es Robert ja bereits gemacht hat. In diesem Sinn erlaube ich mir, meine Stellungnahme, so wie sie im anderen Forum erfolgt ist, nochmals ungekürzt hier zu präsentieren. Ich habe die Stellungnahme natürlich im Kontext des kath.net-Forums und der dort vorgebrachten Argumente und Einwände formuliert, mich aber zugleich bemüht, eine grundsätzliche Aussage zu treffen, sodass die Argumente auch hier verstehbar sein sollten, auch wenn man sie vielleicht nicht teilt.
Einem Einwand, den Robert vorgebracht hat, möchte ich vorweg begegnen: Ich würde schreiben, die Sache sei sehr komplex, und eine einfache Antwort verbiete sich. Ja, das meine ich tatsächlich! Es kann zwar in bestimmten Prinzipien einfache Antworten geben (und muss es diese auch, z.B. dass es nie erlaubt ist, einen unschuldigen Menschen direkt zu töten), doch es gibt nun einmal komplexe Lebenssituationen, in denen verschiedene Prinzipien in ihrer Anwendung ineinandergreifen müssen und darum eine Abschätzung der Situation und eine Wegweisung für eine konkrete Lösung gar nicht so einfach sein wird.
Auch sehe ich - entgegen zu Roberts Auffassung - keine Gefahr in einer Diskussion; im Gegenteil: Gerade diese scheint mir absolut nötig, um wichtige Klärungen vorzunehmen. Wer Diskussionen von vornherein abwürgt, steht immer unter Ideologieverdacht. Genau dies unterstelle ich Robert natürlich nicht, da er hier in diesem Forum ja eine solche Diskussion auch zuläßt bzw. selber durchführt. Und die Natur der Sache einer solchen Diskussion muss es möglich machen, dass auch Argumente vorgebracht und gehört werden, die der eigenen Position nicht entsprechen.
Die Aussage meiner folgenden Darlegungen gipfelt darin, dass ich meine: Ja, es kann in einer bestimmten Situation darauf hinauslaufen, dass es sittlich vertretbar ist (im Sinn eines an den Geboten Gottes und der Lehre der Kirche geschulten und auf das natürliche Sittengesetz bezogenen Gewissens), einem Aggressor (Terrorpilot in Passagierflugzeug) derart zu wehren, dass ein Abschuss des Flugzeugs zum Zweck der Verteidigung und zur Verhinderung größeren Schadens legitim ist, auch wenn dabei - leider! - unschuldige Menschen sterben müssen. Es handelt sich - so meine These - in diesem Fall nicht um eine direkte Tötung Unschuldiger, sondern um eine unter extremen Umständen zu verantwortende, nicht gewollte, aber zugelassene indirekte Tötung.
Hier nun meine Stellungnahme in vollem Wortlaut, wie sie im kath.net - Forum bereits seit einigen Tagen vorliegt:

Es handelt sich bei der von Bischof Mixa zuerst befürwortend angesprochenen Frage nach der sittlichen Bewertung des gezielten Abschusses eines zum Terrorinstrument umfunktionierten Passagierflugzeuges, in welchem viele Unschuldige sitzen, die dann das Leben verlieren werden, um eine höchst komplexe Frage! Dies hat auch die bisherige Diskussion gezeigt. Bischof Mixa wollte seine Stellungnahme durchaus nur als Diskussionsbeitrag verstanden wissen, um so in ein Gespräch über das Für und Wider auf der Grundlage der kirchlichen Lehre zu kommen, dass man nämlich einen unschuldigen Menschen niemals direkt töten dürfe (d.h. man darf keinen Mord begehen, 5. Gebot Gottes!). In aller Freiheit ist es also erlaubt, über Mixas erste relativ positive Stellungnahme zur sittlich verantwortlichen Möglichkeit eines solchen Abschusses, die er dann ja relativiert hat, inhaltlich zu diskutieren. Die kirchliche Lehre macht zwar klare Aussagen über die sittlichen Prinzipien (so zum Lebensschutz in "Evangelium vitae" und zur Ablehnung in sich schlechter Handlungen in "Veritatis splendor"); die konkrete Anwendung kann aber sehr schwierig sein, da viele Umstände mitbedacht sein müssen und der Grad der Sicherheit in der Erkenntnis eben dieser relevanten Umstände beträchtlich differieren kann. Außerdem ist eine solche Entscheidung natürlich von den direkt Verantwortlichen zu treffen, d.h. vermutlich vom Verteidigungsminister und (mitwirkend oder verweigernd) auch von demjenigen, der einen solchen Abschuss durchzuführen hätte.

Das Grundargument von Bischof Mixa leuchtet mir ein. Ich möchte es näher darstellen, um etwaigen Einwänden leichter begegnen zu können:

Von vornherein ist es natürlich so lange nicht gestattet, ein Passagierflugzeug abzuschießen, als dieses einem ausschließlich friedlichen Zweck dient. In dem Moment, in welchem sich nun ein Terrorist dieses Flugzeuges bemächtigt und mit ausreichender Sicherheit erkennen lässt, er sei fest entschlossen, dieses als "Waffe" gegen andere einzusetzen (z.B. im Sinne von 9/11), ist er derjenige, welcher Unschuldige gleichsam in Geiselhaft nimmt und für seine Ziele missbraucht. Die Verantwortung für deren Tod liegt allein beim Terroristen, sofern er definitiv entschlossen ist, das Flugzeug als mörderische Waffe einzusetzen, und dies auch zur Durchführung bringt. Es handelt sich eindeutig um den Akt eines Aggressors gegen das Gemeinwohl, dem grundsätzlich im Sinne einer Aktion der Verteidigung begegnet werden darf und muss.
Bei solchen Aktionen der Verteidigung ist es stets wichtig, zuerst nach Möglichkeiten zu suchen, noch Schlimmeres zu verhüten und Gewalt, ja Tötung (auch in Notwehr) möglichst zu vermeiden. Ob das im konkreten Fall möglich und sinnvoll ist (z.B. durch militärisches Abdrängen des Flugzeugs), ist eine andere Frage.
Sollte es tatsächlich zu jener "ultima ratio" kommen, dass zur Vermeidung größeren Schadens und als Aktion der Verteidigung gegenüber diesem Aggressor (der eine Passagiermaschine missbraucht) militärische Gewalt (z.B. in Form des Abschusses) eingesetzt wird, so richtet sich die Absicht allein auf die Verteidigung gegenüber dem Aggressor und nicht auf die Tötung möglicherweise davon mit betroffener Unschuldiger. Diese verlieren zwar durch einen Abschuss des Terror-Flugzeugs höchstwahrscheinlich "indirekt" das Leben, nie aber war es das Ziel, diese zu töten; schon gar nicht war es das Ziel, durch das Mittel ihrer Tötung eine Rettung anderer herbeizuführen. Das Flugzeug hätte nämlich auch dann abgeschossen werden müssen, wenn sich niemand außer dem Terroristen darin befunden hätte, allein deshalb, weil es in den Händen des Terroristen zur „Waffe“ geworden war. D.h. die grundsätzliche Entscheidung zum Abschuss als Aktion der Verteidigung hängt davon nicht ab. Güterabwägungen können nur unter Achtung dieser angesprochenen Prinzipien relevant sein; z.B. wird man fragen dürfen und müssen, wo dieser Abschuss (wenn überhaupt) am besten durchzuführen ist, um nicht noch mehr Menschen zu gefährden als unvermeidbar ist (z.B. möglichst nicht über bewohntem Gebiet).

Diese Ausführungen sind als Diskussionsbeitrag zu verstehen, als Exemplifikation des Prinzips der gerechten Verteidigung gegenüber einem ungerechten Angreifer entsprechend dem Prinzip der Doppelwirkung einer Handlung: Die (defensive) Handlung des Abschusses zielt allein auf das zum Terrorinstrument umfunktionierte Flugzeug; die damit (möglicherweise oder wahrscheinlich oder sicher) verbundene Tötung unschuldiger Menschen wird als ganz und gar unerwünschte, aber hier eben leider unvermeidbare negative Wirkung einer an sich erlaubten Handlung (nämlich der Ausschaltung einer Terrorwaffe) in Kauf genommen, da es keine andere Alternative gibt und entsprechend wichtige Güter auf dem Spiel stehen, die geschützt werden müssen (v.a. allem das Leben vieler anderer Unschuldiger). Es wird hier nicht Leben gegen Leben verrechnet, sondern dem Aggressor Einhalt geboten. Die Verantwortung für den Tod Unschuldiger trägt letztlich allein der Aggressor!

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Vielen Dank für den kompletten Beitrag, Josephus. Wenn ich ihn nicht vorab vollständig wiedergegeben habe, so aus urheberrechtlichen Bedenken heraus. Na, da hätte ich einfach vorher anfragen sollen. Für das Versäumnis bitte ich um Entschuldigung.

Was die Sache betrifft, sind oben eigentlich alle wesentlichen Argumente bereits dargestellt. Den einen zentralen Punkt aber, das kardinale Mißverständnis der Abschußbefürworter, will ich doch noch ein weiteres Mal herausstellen und verdeutlichen.

Dies Mißverständnis liegt in der Vorstellung, die Frage, ob eine Tötungshandlung direkt oder indirekt sei, hänge auch davon ab, ob sie als Hauptzweck oder als „Nebenwirkung“ einer Handlung (im Sinnes des „Doppelwirkungs“-Prinzips) gedacht sei.

Das ist falsch. Hier werden zwei Kategorien vermengt, die in Wahrheit in keiner Kausalverbindung miteinander stehen. Tatsächlich sind solche „Nebenwirkungen“ auch direkte Handlungsfolgen. Direkte Handlungsfolge ist diejenige, die der Täter als vorhersehbar eintretenden Erfolg seiner Handlung kennt oder verpflichtet ist zu kennen.

Es kommt nicht darauf an, ob der Täter diesen Erfolg beabsichtigt oder nur in Kauf nimmt. Käme es darauf an, müßten wir in alle Fällen, in welchen die Tötung nicht der alleinige Zweck ist – und das ist sie, außer bei Mord aus Rache, fast nie –, immer jenes „Doppelwirkungs“-Prinzip anwenden und folglich eine Güterabwägung treffen.

Einige Beispiele. Der Besitzer eines Mietshauses will seine baufällige Immobilie abreißen und auf dem Gelände neu bauen. Eine Mietpartei weigert sich auszuziehen. Der Vermieter hat alle Rechtstitel in der Hand und will räumen lassen. Der Mieter aber hat sich verschanzt und weigert sich, die Wohnung zu verlassen. Da läßt der Vermieter von einer Abrißfirma das Gebäude sprengen, unter Inkaufnahme des Todes des Mieters.

Hier haben wir Haupt- und Nebenwirkung und müßten nun, der Argumentation der Abschußbefürworter folgend, eine Güterabwägung treffen, da die Tötungshandlung als „Nebenwirkung“ keine direkte Tötung sei. In diesem Fall wird man wohl das Leben des Mieters als das höhere Gut ansehen, die Tat daher als unerlaubt. Aber wir gelangen zu diesem Ergebnis aufgrund einer utilitaristischen Abwägung.

Was, wenn nun die Abwägung anders ausfällt? – Nehmen wir nun das Beispiel der an Gesundheit oder Leben bedrohten Schwangeren. Die Abtreibung des ungeborenen Kindes ist „nur“ Nebenwirkung, Hauptzweck ist die Rettung oder der Schutz von Gesundheit und Leben der Mutter. Erklären wir in den Bahnen der Argumentation der Abschußbefürworter die „Nebenwirkung“ zu einer nur indirekten, weil nicht hauptsächlich beabsichtigten Tötungshandlung, kommen wir zu dem Resultat, daß die Abtreibung nicht in sich schlecht ist, sondern daß wir Haupt- und Nebenwirkung abwägen müssen und aufgrund dieser Güterabwägung zwischen dem Leben des Kindes und jenem der Mutter entscheiden.

Man kann unschwer unzählige weitere Beispiele ersinnen, in welchen künftig – akzeptieren wir das Prinzip erst – Leben gegen Leben, Mensch gegen Mensch gewoegn und gewichtet werden müßte. Das mag jeder selbst mit Erschrecken weiterspinnen. Es sollte nun deutlich geworden sein, auf welch abschüssige Bahn wir da geraten. Der Irrweg beginnt an jenem Punkt, da die „Nebenwirkung“ als solche für eine indirekte Handlung gehalten wird. Das widerspricht diametral der überlieferten Sittenlehre der Kirche.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

josephus
Beiträge: 79
Registriert: Dienstag 20. April 2004, 21:53
Wohnort: Kleinhain bei St. Pölten
Kontaktdaten:

Beitrag von josephus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Was die Sache betrifft, sind oben eigentlich alle wesentlichen Argumente bereits dargestellt. Den einen zentralen Punkt aber, das kardinale Mißverständnis der Abschußbefürworter, will ich doch noch ein weiteres Mal herausstellen und verdeutlichen.

Dies Mißverständnis liegt in der Vorstellung, die Frage, ob eine Tötungshandlung direkt oder indirekt sei, hänge auch davon ab, ob sie als Hauptzweck oder als „Nebenwirkung“ einer Handlung (im Sinnes des „Doppelwirkungs“-Prinzips) gedacht sei.

Das ist falsch. Hier werden zwei Kategorien vermengt, die in Wahrheit in keiner Kausalverbindung miteinander stehen. Tatsächlich sind solche „Nebenwirkungen“ auch direkte Handlungsfolgen. Direkte Handlungsfolge ist diejenige, die der Täter als vorhersehbar eintretenden Erfolg seiner Handlung kennt oder verpflichtet ist zu kennen.

Es kommt nicht darauf an, ob der Täter diesen Erfolg beabsichtigt oder nur in Kauf nimmt. Käme es darauf an, müßten wir in alle Fällen, in welchen die Tötung nicht der alleinige Zweck ist – und das ist sie, außer bei Mord aus Rache, fast nie –, immer jenes „Doppelwirkungs“-Prinzip anwenden und folglich eine Güterabwägung treffen.
Lieber Robert,
wir stolpern hier offenbar über das genauere Verständnis von "direkt" und "indirekt". Dieses ist tatsächlich nicht immer konsistent. Ich verwende den Begriff "direkt" im Sinn von "Evangelium vitae", wo es in Nr. 57 heißt, "daß die direkte, d.h. vorsätzliche Tötung jedes unschuldigen Menschenlebens, besonders in seinem Anfangs- und Endstadium, ein absolutes und schweres sittliches Vergehen darstellt". Somit liegt dann aber eine "indirekte" Tötung außerhalb des gezielten Vorsatzes, woraus sich sehr wohl dann auch der Bezug zum Prinzip der Doppelwirkung einer Handlung ableiten läßt! - Mit der Frage der Vorhersehbarkeit oder der Sicherheit des Eintretens einer Handlungsfolge hat die Unterscheidung "direkt - indirekt" also nicht unmittelbar zu tun. Es geht um die Frage: Wird diese Handlung der Absicht nach angezielt, d.h. bejaht (und damit in ihrer inneren Schlechtigkeit auch zu eigen gemacht), oder aber handelt es sich um eine zwar voraussehbare, aber dennoch nicht gewollte Nebenwirkung einer Handlung, die als solche auf etwas anderes abzielt?

Einen Freibrief für Tötungen jedweder Art sehe ich in meiner Argumentation, in der ich mich bemühe, die Lehre der Kirche zu verdeutlichen und konkret anzuwenden, keineswegs! Eine recht verstandene Anwendung des Prinzips der Doppelwirkung einer Handlung darf und wird auch nicht Leben gegen Leben gewichten, wohl aber darf eine Abwägung gewisser Chancen der Lebensrettung erfolgen, soweit jedenfalls die direkte Tötung Unschuldiger ausgeschlossen bleibt und auch deren indirekte Tötung möglichst vermieden, gleichsam nur als "ultima ratio" (als letzter Ausweg im Sinn einer nicht gewollten Nebenwirkung einer an sich guten Handlung) zugelassen wird.

Benutzeravatar
Pelikan
Beiträge: 1149
Registriert: Mittwoch 7. Juli 2004, 17:09

Beitrag von Pelikan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Einige Beispiele...
Solche direkt aus dem Leben gegriffenen Szenen sind natürlich immer kernig. Ich habe auch noch ein paar:
2114 1164 14. Licitum est, absoluto desiderio cupere mortem patris, non quidem ut malum patris, sed ut bonum cupientis; quia nimirum ei obventura est pinguis hereditas.
2145 1195 45. Dare temporale pro spirituali non est simonia, quando temporale non datur tamquam pretium, sed dumtaxat tamquam motivum conferendi vel efficiendi spirituale, vel etiam quando tempora1e sit solum gratuita compensatio pro spirituali, aut e contra.
2151 1201 51. Famulus, qui submissis humeris scienter adiuvat herum suum ascendere per fenestras ad stuprandam virginem, et multoties eidem subservit deferendo scalam, aperiendo ianuam, aut quid simile cooperando non peccat mortaliter, si id faciat metu notabilis detrimenti, puta ne a domino male tractetur, ne torvis oculis aspiciatur, ne domo expellatur.
Quelle: Propositiones LXV damnatae in Decr. S. Officii 2 mars 1679

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema