tja, ich hab mich als "Sonstiges" einsortiert.
Mein Vater war ermland-katholisch *g*, meine Mutter lutheranisch, aber sie zog aus Estland zu ihm und er sagte: "Lass Dir Zeit, schau es Dir an, ich draenge Dich zu nichts." Meiner Mutter sagte es am Katholischen zu, dass es nicht so karg zuging, Blumen, Kerzen, Freundlichkeit der Liturgie. Das Latein stoerte sie nicht, war ja sowieso Deutsch auch eine Fremdsprache fuer sie. In unserer Stadt war wiederum die Mehrheit evangelisch, aber sie sagte sich: ein Hindernis weniger, wenn man den Glauben teilt und beschloss, auch katholisch zu werden. Mein Vater war dann auch schon vor meiner Ankunft gefallen, doch wir erfuhren das erst nach Jahren. - rk-getauft wurde ich dann in einer Lage, wo der Geistliche sich schon sorgte, wie man damit 2 Wochen warten kann, denn so lange lebten die andern Babys da nicht mehr. In der Osternacht danach trat auch meine Mutter mit meinem Bruder "bei uns" ein. *g* Wir ueberlebten schliesslich zu viert, durch Zufall mit erheblich mehr Geistlichen um uns herum als andere Leut, aber die Art Religioesitaet von uns war direkt, praktisch, und voller Vertrauen und interkonfessionell unbefangen von vornherein. Damals traten viele "alte Suender" wieder nach reuevoller General-Beichte ueber etwa 12 "1000"-Jahre auch wieder in die Kirche ein. Ein Konvertit fiel da nicht auf.
Wir kamen als Vertriebene in ein Dorf, wo seit Luther keiner katholisch war, aber sehr fromme und zu uns sehr liebe Bauern. Die sahen es als nomal an, dass jeder eine Glauben hat und haben sollte, und machten keine Einwaende zu unserem.
Als Vorschulkind im selben Ort war dies nicht ganz so einfach, weil man am Sandkasten zu viel "Haarstraeubendes ueber Katholische hat munkeln" hoeren: es waren dort eine grosse Menge voerher sehr schlecht behandelte polnische und ukrainische NS-Gefangene nach der Befreiung am Warten auf ihre Auswanderung gewesen, und dafuer 4 Jahre lang aus 7 Doerfern alle Bauern ausquartiert gewesen
- als wir im naechsten Dorf uns schon eine eigene Kirche bauten, zugleich Religions-und Sakramenten-Unterricht generell vom Herrn Pfarrer bekamen, entdeckte ich mein apologetisches Talent, andern zu erlaeutern, was die jeweils anderen glauben *g*
Mich begeisterte die Liturgie, der Inhalt und die Caritas, und mit 10 Jahren suchte ich mir meine kirchlichen Ereignisse alleine aus, nachdem wir in eine Stadt mit Dom umzogen. Vorher wohnte ich einige Monate internatsmaessig bei Franziskanerinnen und fand das sehr erstrebenswert, sich maximal im Glauben fortzuentwickeln. Dort half ich dann auch oefters aus beim Waisenkinder-Unterhalten fuer einige Stunden.
Mit 14 J war eine Volkmission und ich fuehlte mich sehr missioniert, als waer ich zuvor noch nie richtig engagiert gewesen (sic!) - nur fand meine Familie, dass ich begaenne, es zu uebertreiben - so fasziniert war ich dann.
Zugleich kam ich damals aber in ein Internat, das mir sehr gut gefiel, vielleicht weil es wiederum evangelisch geleitet war und man dort keine Meinung darueber hatte, wie katholisch Katholiken zu sein haben *g* also ich war da frei. Sie freuten sich, dass mir das Evangelische auch gut gefiel - wenn es einer ist - und so kamen wir ganz gut zurecht, ich bekam nur den Spitznamen "Heilsarmee", weil ich "meine" Katholen mit List und Beharrlichkeit sonntags zum Kirchenbesuch anfuehrte und weil wir einen baptistischen Bibelkreis abhielten.
Mit 16 J schrieben wir Jahresarbeiten, ich waehlte das Thema der juedischen Geschichte aus, las mich ein, besuchte auch einen Sederabend und eine Bar Mitsvah Feier ("Firmung" bei Juden, je am Sabbath nach des Einzelnen 12.Geburtstag).
Im Studium in ("schwarz-Paderborn)-Muenster konnte ich endlich nach Herzenslust Hl.Messen besuchen, 40 Kirchen!
Im Sinne des uns noch empfohlenen "Studium generale" besuchte ich da auch noch Philosophie und Theologie, was sich einschieben liess, um moeglichst vieles zu lernen, es war Rahner-Zeit und wir hatten hohe Zeiten :.) Ausserdem trafen wir haeufig Baptisten und hatten fruchtbare Gespraeche auch dort, und einen guten Einblick darin, was freikirchliche Froemmigkeit im guten Falle fuer alle beitragen kann - auch originelle Gebete und weise Loesungen fuer Probleme
- in einer Vorlesung bekam ich als Semesterarbeit "Amos - ein Revolutionaer?" auf, las in jenem Jahr 6mal die ganze Bibel immer im Blickpunkt auf diese Fragestellung durch - und war unbemerkt juedisch "zuhause" angekommen.
Beruf und Ausbildung trieben mich dann weiter durch die Welt. Im Zuge einer laengeren Krankheit und seelischen Pruefung ging ich seelisch dann etwa 3 Jahre in "Qarantaene" betreffs Gemeinde-Beteiligung, wenn auch ich betete, aber seit meiner Krankheit nicht mehr mein "geistliches Tagebuch" schrieb. Das hatte ich mit 15J angefangen, ist nicht schlecht. Es waer mir halt nicht recht gewesen, wenn es wer gelesen haette. Wenn man im Krankenhaus liegt, kann man das aber nicht so verhindern, aber ich blieb caritativ eifrig am Ball
- aber ohne etwas von Religionen ueberhaupt noch zu erwaehnen, wurde ich direkt angesprochen, dass ich bestimmt katholisch sei - positiv gemeint

man staune *g*. Nun ja, trotzdem hatte ich damals nicht mehr den Nerv, mir eine Gemeinde zu suchen.
Das haette schiefgehen koennen, denk ich, aber "erst haeltst Du den Sabbath, dann haelt er dich" - eine Stadtteilzeitung flatterte uns ins Haus, da war immer die Rede von so einer "Blauen Kachel" mit erheblichem kulturellem Niveau - fuer jenen Stadtteil, und als ich da mal hinging, stiess ih drauf, dass das die evangelische Kirche dort war, deren Untermieter waren die Katholiken dort auch. Ich meine, man wird denn schon rot - *schaem* wenn man dort erfuhr, dass im Hochhaus mir gegenueber die kath.Gemeinde residierte - ich hatte noch nie die andere Strassenseite beguckt. Also G"TT trug sie mir geradezu nach ...
Nun ging ich erfreut wieder hin, Sammelbeichte, oki - und ward nuetzlich als kath.Lektor und ev.Aushilfs-Organist.
Dann brachte mich der Beruf wieder weg, und da ueberall fehlten kleine Organisten auch, somit sicherte ich es mir, in die Kirche gehn "muessen zu duerfen"

gegen jegliche andersgearteten Wuensche meiner Arbeitgeber. Es war halt immer in einer Diaspora, nur hatte sich geaendert, dass man mehr sogenannte Agnostiker um sich hatte statt Prostestanten. Katholik zu sein, galt nun als voellig bekloppt, irgendwie - also nicht, dass man es ist, sondern wenn man dafuer war, es zu praktizieren.
Schliesslich lebte ich, selbstaendig geworden in einem Ort gegenueber einer 1939 verlassenen Synagoge. Die Hauseigner nutzten sie zu nichts, deckten nur mal das Dach neu und liessen sie trauern. Ich war noch nie in einer Gegend gewesen, die so merklich traurig war, dass sie so ganz verschwunden waren und nie mehr einer wiederkam, um ihre Traurigkeit entgegenzunehmen.
Anlaesslich einer Kalender-Recherche brauchte ich mal jemanden, der mir sagen koennte, wie der Kalender in Israel ist. Mit dem Telefonbuch nicht - mit der Auskunft auch nicht - es waren weit und breit keine Juden-Gemeinden mehr zu identifizieren. Durch einen Verein bekam ich schliesslich die Anschrift eines freundlichen alten Ehepaars mit dem gewuenschten Kalender. Auch dort gab es keine 10 Mann mehr fuer eine Gemeinde.
Nur diese verlassene Synagoge schaute zu mir und ich hoerte sie in meiner Vorstellung beten und singen. Diese Stimmen fehlten nun hier aus den Betern der Gegend, fand ich.
Da liess ich alles stehn und liegen, suchte mir im Kalender das Landesrabbinat und trat ein, um als "Ersatzschaf" zu dienen. Ich ging das voellig offen an, sagte es also auch meinem Pfarrer und meiner Familie sogleich, auch dass ich da keinerlei Aversionen habe gegen mein vorheriges Glaubensleben, nur werde ich es weiter nicht erklaeren, sondern tun. Es hat auch nie jemand beanstandet, dass ich es tat.
- Nu, wenn man so kommt, ist es allerdings nicht so einfach, auch juedischerseits aufgenommen zu werden - gemeinhin lobt man Konvertiten aus Ueberzeugung, traut aber Konvertiten zwecks Heiraten leichter, klar, doch nach 7 Jahren war es vollbracht. Ich bin es ohne Vorbehalt geworden und bedaure es nicht, fuehle mich aber weiterhin freundlich im Katholischen Weltraum auch wohl.
Schalom - Pax
mfG WiT