Hallo Natbar,
dem alten franz. Familienrecht, das im Familienrecht wie fast alle kontinentaleuropäischen Rechtssysteme auf dem kanonischen Recht aufbaute, lag der pater familias Begriff zugrunde. Der pater familias war zum Beispiel allein für einen Wohnortwechsel verantwortlich und hatte das letzte Wort bei der Namenswahl des Kindes. Wenn ein Paar heute über den Namen eines Kindes streitet, kann es vor Gericht ziehen, dort gibt es Listen über derzeit aktuelle Namen und der Richter wählt dann nach Gutdünken einen aus. Das mag eine absonderliche Folge der Gleichberechtigung sein. Abgesehen davon, dass ich es als Armutszeugnis für ein Paar empfinde, wenn es sich nicht einmal auf einen Kindesnamen einigen kann, würde ich diese Regelung dennoch allemal einer vorziehen, in der ein Mann nach Gutsherren-Manier von oben herab alles bestimmt.
Ich habe schon viel von Chefs gehört, die ihre Betriebe nach Gutsherren-Manier führen. Bei solchen Menschen werden sogar sachliche Argumente, wenn sie ihnen nicht in den Kram passen, als Widerspenstigkeit gedeutet. Wenn man dies auf die Ehe überträgt, und dann jedes Widerwort als Angriff auf den "Chef" gewertet wird, so wäre die Frau wirklich zu bedauern und ich würde mit ihr nicht tauschen wollen. Und selbst bei gutem Willen des Mannes, der sich vielleicht bewusst ist, dass Paulus auch für ihn vorgesehen hat, dass er seine Frau achten soll: wenn eine Frau sich so verhält, dass sie ein solches beherrschendes Verhalten geradezu erwartet, dann wird er fast zwangsläufig diese Situation ausnutzen und sie zum Haussklaven degradieren. Er fügt sich dann der Rollenerwartung. Dann bestimmt mal wieder das Sein, also die konkreten Lebensumstände, das Bewussstsein.
Meiner Meinung nach kann das nicht gemeint sein. Selbst eine so einfache Regel wie die, dass der Mann bei Streitigkeiten das letzte Wort haben könnte, würde zum selben Resultat führen, denn dann weiß er ja, dass er letztendlich machen kann, was er will.
Auch möchte ich mir gar nicht vorstellen, wie eine Frau leidet, die sich innerlich gegen eine solche Diktatur zur Wehr setzen will, sich aber aus Glaubensgründen zum entgegengesetzten Verhalten genötigt sieht. Dann wird ihr die Liebe, also ein Gefühl anempfohlen, aber das Herz will in die andere Richtung. Infolgedessen entsteht dann auch noch ein schlechtes Gewissen(Zu ebendem Punkt, inwieweit die Liebe als Gebot überhaupt funktionieren kann, hat der Papst in seiner neuen Enzyklika übrigens auch einiges geschrieben).
Was jedoch kann Unterordnung meinen: Ich würde den Problemen ohne "Spiritualität", sondern schlicht und einfach mit Offenheit begegnen. Offensein für die Argumente des anderen und ihnen ihren objektiven Wert zukommen lassen, ist bisweilen schwer genug. Wenn eine Frau der Überzeugung ist, dass sie sich dem Mann unterordnen soll, so soll sie ihm und sich selbst damit keine Rolle zuweisen, sondern sie soll es so interpretieren, dass sie ihre Argumentation mit der gebotenen Härte vorbringt, aber jederzeit bereit ist, auf ihn zuzugehen.
Ich bete jetzt hier nicht einfach nach, was gerade Zeittrend ist, es hat vielmehr tiefere Gründe:
Auch Liebe hat etwas mit Interessenausgleich zu tun, ist also nicht reines Opfer. In die Liebe bringt man sich als ganzer Mensch, also auch mit seinen interessen ein. Nicht ausgezehrte Menschen sind Christen, sondern strahlende. Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch, also der leidenschaftlich Liebende, nicht der duckmäuserisch Sanftmütige. Gott sagt, dass er will, dass die "Menschen heiß oder kalt sind, die Lauen spuckt er aus".
Ohne Eigenliebe keine Nächstenliebe, und Eigenliebe setzt die Wahrnehmung eigener Bedürfnisse und Wünsche voraus. Dies ergibt sich schon aus der ganz simplen Überlegung, dass nicht dienen kann, wer nicht weiß, was einem Menschen gefällt, und so etwas weiß man nur, wenn man es selbst erfahren hat. Das gilt schon für so simple Sachen wie einen Kinofilm: Wer ihn nicht gesehen hat, kann weder darüber sprechen, noch ihn weiterempfehlen. Es gibt auch folgende chassidische Geschichte: Ein Mann kommt zum Rebbe und sagt: Rebbe, was soll ich nur tun? Ich faste jetzt jeden zweiten Tag, und wenn ich esse, esse ich nur Brot und trinke Wasser! Der Rebbe antwortet: Iss Braten! Denn wenn Du selbst Brot isst, und Wasser trinkst, so denkst Du, dass Deine Untergebenen mit Steinen auskommen!
Die Nächstenliebe setzt also die Eigenliebe, das Gutsein zu sich selbst logisch und v.a. psychologisch voraus.
Daher verbietet sich eine einfache Auflösung des "Unterordnungsverhältnisses" zugunsten des Mannes bereits unter dem Gesichtspunkt der Nächstenliebe, weil es ein klarer verstoß gegen die geordnete Eigenliebe wäre.
Insofern stellt sich die Frage des Interessenausgleichs. So etwas lässt sich jedoch nicht theoretisch abhandeln, bzw. nur sehr schwer. Meiner Meinung nach wäre so ziemlich das Maximum, was man - wenn überhaupt- von Unterordnung verlangen kann, wenn eine Frau sich denkt: Na ja, er hat halt mal gern das letzte Wort, dann geb ich ihm halt das Gefühl, auch was zu sagen zu haben, damit er sich besser fühlt. Also vielleicht eher so, dass die Frau ein bißchen nachgiebiger ist, und zwar nicht, weil sie es sein muss, sondern weil sie weiß, dass ihm "Kampf", und Recht haben mehr bedeutet als ihr, und sie ihre Interessen auch anders, sanfter, mit ihren Waffen, durchsetzen kann
(die berühmten Dackelaugen des Mannes, aus denen diese furchtbar tiefe Treue und Trauer spricht vs. die Tränen der Frau, die jeden Mann zum Schmelzen bringen). Oder wie meine Tante mir nach einem Streit mit meinem Onkel mal sagte: Ich krieg ihn schon, nur nett jetzt, ich wart halt, bis er sich wieder beruhigt hat, und dann kommt er meistens schon von selbst...
Wenn dann noch Liebe im Spiel ist, wird ein Schuh draus.
Abgesehen davon kann es sein, dass wir uns diese Gedanken auch völlig unnötig machen, denn neuere Texte zum Beispiel im Kath. Erwachsenenkatechimus gehen ziemlich klar von einer Gleichordnung aus, insofern stellt sich das Problem also nur, wenn man hier päpstlicher sein will, als der Papst:
(Kath. Erwachsenenkatechimus, Bd.II):
In der partnerschaftlichen Liebe erkennen Mann und Frau einander als gleichrangig und gleichwertig an und achten sich in ihrem Mannsein und in ihrem Frausein. In diesem Verständnis der Zuordnung von Mann und Frau wird "die lange Zeit in Gesellschaft und Kirche vorherrschende Betonung der Ehe als Institution zur Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft durch eine Orientierung am Leitbild der partnerschaftlichen Ehe ergänzt" (EF 0.1; vgl. GS 47ff). Zu dieser Neuorientierung, in der "auch eine vorwiegend rechtliche Sicht der Ehe als vertraglicher Institution und die stark patriarchalisch bestimmte Rollenverteilung von Mann und Frau korrigiert" wurde, haben "die Auflösung der Großfamilie alter Prägung, die Trennung von Familie und Arbeitswelt sowie die zunehmende Gleichberechtigung von Mann und Frau beigetragen" (ebd.). In der früheren geschlossenen Gesellschaft war die Ehe in die Großfamilie eingebunden. Die Lebensgemeinschaft der Ehe und Familie war zugleich Wirtschafts- und Produktionsgemeinschaft. In ihr hatte die Weitergabe des Lebens den Vorrang vor der Partnerbeziehung, zumal es eine hohe Kindersterblichkeit gab. Zwar zeigen viele Beispiele, daß die Gattenliebe als hoher Wert gepriesen wird, aber die Erzeugung von Nachkommenschaft zur Erhaltung der Wirtschaftsgemeinschaft war oft wichtiger als die Liebe der Ehegatten.
Im Industriezeitalter änderte sich die Wirtschaftsstruktur. Die Großfamilie wurde aufgelöst. Heirat, eheliches und familiäres Leben werden von nun an nicht mehr durch ökonomische Interessen bestimmt, sondern man heiratet den Partner, den man liebt. Es entsteht die partnerschaftliche Ehe.
Mit den Veränderungen in der Arbeitswelt beginnen auch Frauen, außerhäusliche Arbeiten aufzunehmen und Berufe zu ergreifen, die früher den Männern vorbehalten waren. Erstmals in der Geschichte der Menschheit setzt sich auch praktisch durch, daß Mann und Frau, die gleichwertig und gleichrangig sind, als gleichberechtigt anzuerkennen sind.
Die Anerkennung der Gleichrangigkeit, der Gleichwertigkeit und vor allem der Gleichberechtigung der Frau hat sich auch heute noch nicht in allen Ländern der Erde durchgesetzt. Andere Religionen sehen die Stellung der Frau anders als das Christentum. Selbst im von Judentum und Christentum geprägten Bewußtsein ist das, was wir heute als selbstverständliche Konsequenz des Schöpfungs- und Erlösungsglaubens ansehen, erst in einem langen Prozeß zum Durchbruch gekommen.
Die Bibel deutet das in der damaligen Zeit bestehende Herrschaftsverhältnis zwischen Mann und Frau als eine Folge des Sündenfalls. Nach ihm spricht Jahwe zur Frau: "Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen" (Gen 3,16). - Trotz der untergeordneten sozialen Stellung der Frau und trotz ihrer Einordnung in die Besitztümer des Mannes beruft sich die Bibel für die Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit der Geschlechter auf die ursprüngliche Absicht des Schöpfergottes (vgl. Mk 10,6f). Die rechtliche Durchsetzung der Gleichberechtigung kam in den damaligen patriarchalischen Strukturen der Gesellschaft allerdings noch nicht in den Blick.
Jesus rückte durch sein Verhalten die Würde und Gleichwertigkeit der Frau ins Licht. An seiner Predigt, an seinen Heilungen und an seiner Liebe zu den Menschen haben die Frauen ebenso Anteil wie die Männer. Er nimmt Frauen in seine Begleitung auf und läßt sich von ihnen unterstützen (Lk 8,1-3), tritt für eine verachtete Dirne ein (Lk 7,36-50) und durchbricht die damaligen gesellschaftlichen Schranken (Joh 4,27) und religiösen Tabus (Mk 5,28-34).
In seinen Aussagen über die Ehe (Mk 10,1-12; Mt 5,31f; 19,1-10; Lk 6,16-18) und vor allem im Wort vom Scheidungsverbot (Mk 10,6-9) richtet sich Jesus scharf gegen das jüdische Scheidungsrecht und nimmt Partei für die Würde der Frau. Er stellt heraus, daß die Frau nicht Besitz des Mannes ist und daß der Mann in gleicher Weise zur Treue verpflichtet ist wie die Frau. Damit macht er in den damaligen rechtlichen Strukturen einen unbedingten sittlichen Anspruch geltend, der in der Beziehung der Ehegatten auf die Verwirklichung der Liebesforderung zielt. Diese ist nur möglich, wenn Mann und Frau gleichwertige Partner sind.
Die Absicht Jesu, den gleichen Rang und die gleiche Würde der Frau gegenüber dem Mann zur Geltung zu bringen und die Frauen aus den Fesseln damaliger Anschauungen und Gewohnheiten zu befreien, wird in der Urkirche ernstgenommen. Paulus greift auf die Taufe zurück, in der die bisherigen Unterschiede überwunden und alle Getauften zu einer Einheit in Christus zusammengeführt sind. "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus" (Gal 3,27f). Dieser grundlegende theologische Satz, der die Schöpfungsordnung in der von Christus gebrachten Neuschöpfung neu auslegt, zielt dahin, die bisherigen trennenden Schranken und Hemmnisse zu überwinden.
Die gläubige Erkenntnis in die Praxis umzusetzen war selbst für Paulus nicht leicht (vgl. 1 Kor 11,2-16), obwohl er Frauen zur vollen Teilnahme am Gemeindeleben berief, ja leitende Aufgaben (vgl. Röm 16,1-5 u. a.) und missionarische Tätigkeit (vgl. Röm 16,7) von Frauen anerkannte. In der Zeit nach Paulus gab es auch Tendenzen, Frauen stärker dem häuslichen Bereich zuzuordnen (vgl. 1 Kor 14,34f mit 1 Tim 2,11-15; ferner 1 Petr 3,1-6; Tit 2,5; 1 Tim 5,11-14). Die Mahnung an die Männer, ihre Frauen zu lieben, die auch in römisch-hellenistischer Ethik auftaucht, empfängt in Eph 5,25-32 innerhalb einer christlichen "Haustafel" eine einzigartige Vertiefung: "Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat" (5,25). Das Vorbild der dienenden Liebe Christi mußte die Haltung des Mannes zu seiner Frau verändern: statt patriarchalischer Machtausübung hingebende Liebe. Im übrigen mahnt Eph 5,21 alle Christen, Männer und Frauen: "Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus." - Das hohe Bild der Ehe, das hier entworfen wird, bleibt in der Wirklichkeit dieser Welt gewiß ein nie einholbares Ideal; es deckt aber eine Sicht auf, in der Liebe und Treue in der Ehe nicht unerreichbar erscheinen.
Auch in der Gegenwart wird der Frau nicht immer jene Anerkennung und Achtung gewährt, die ihr zukommt. Mit Recht wehren sich Frauen und Männer aber auch gegen extreme Bewegungen, die den Reichtum der Verschiedenheit der Geschlechter aufzuheben versuchen und so das Bild der Frau in seinen spezifischen Werten verfälschen. Mann und Frau sind zwar gleichwertig, aber nicht gleichartig. Unterordnung, Gegensätzlichkeit oder einseitige Emanzipation werden der Beziehung der Geschlechter nicht gerecht.
Wer meint, wegen der Gleichwertigkeit komme es für die Frau darauf an, dem Mann gleich zu sein, macht fälschlicherweise den Mann zum Maßstab des Menschseins. - Zum vollen Menschsein gehört, daß der Mann ganz Mann und die Frau ganz Frau ist und daß beide einander ergänzen. Trotz mancher Fehleinschätzungen und Fehlhaltungen wird heute die eheliche Gemeinschaft, in der die Eheleute bemüht sind, als gleichwertige Partner zusammenzuleben, als humane Gestalt von Ehe erfahren. Die partnerschaftliche Ehe wird von den Eheleuten als besonderer Raum persönlicher Zuwendung und Geborgenheit erlebt, der zugleich offen ist für die verantwortete Weitergabe des Lebens, aber auch für die Begegnung mit Freunden und Bekannten, für die Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben, für Arbeit und Beruf. "