Hallo Theologen,
Man hält mit vor, daß die Perikope mit der Ehebrecherin aus Johannes 8, 3-11 nicht in alten Schriften vorkommt.
Sie sei eine Fälschung.
Was ist darüber bekannt?
Um welche Schriften handelt es sich?
Gibt es im Internet eine kompetente Darstellung des Sachverhalts?
Was soll ich sinnvollerweise antworten?
Gruß
josef
Die Perikope mit der Ehebrecherin, ein später Einschub?
Re: Die Perikope mit der Ehebrecherin, ein später Einschub?
Aus meiner textkritischen griechischen Bibel von Nestle-Aland geht hervor, dass die ältesten Zeugen die Perikope nicht bieten (P66.75, [Aleph], A, B, C, L, N, T, W, [Delta], [Theta], ...)Rudolf Schnackenburg, HThK NT hat geschrieben:Die Perikope hat jedenfalls kaum vor dem 3. Jh. Eingang in den Vier-Evangelien-Kanon gefunden.
Schnackenburg hält die Perikope für historisch, da die hier geschilderte Haltung Jesu mit seiner sonst (in den synoptischen Evangelien) überlieferten Haltung übereinstimmt.
Dass diese Perikope so lange nicht in den Kanon aufgenommen wurde, könnte daran liegen, dass sie anstößig wirkte (Straffreiheit für das Sündigen...)
Offensichtlich hat Jesus vieles gesagt oder getan, was vielleicht eine Zeitlang überliefert wurde, aber niemals in die Evangelien Eingang fand (z.B. Apg 20,35: "Geben ist seliger als Nehmen").
Re: Die Perikope mit der Ehebrecherin, ein später Einschub?
Ganz gewiss, siehe auch Joh. 21,25: "Es sind noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären."Samuel hat geschrieben:Offensichtlich hat Jesus vieles gesagt oder getan, was vielleicht eine Zeitlang überliefert wurde, aber niemals in die Evangelien Eingang fand (z.B. Apg 20,35: "Geben ist seliger als Nehmen").
- Robert Ketelhohn
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Die Perikope beginnt eigentlich übrigens schon mit Jo 7,53. Richtig ist,
daß einige alte Zeugen sie nicht kennen. Natürlich sind es wieder einmal
die berühmten Codices Sinaiticus, Vaticanus und Alexandrinus, und wel-
che die neuere Exegese (gegen die Tradition) so viel baut; freilich auch
eine Reihe weiterer Zeugen, darunter auch alte Übersetzungen und Zita-
tionen bei Kirchenvätern.
Andererseits ist auch die Perikope von der Ehebrecherin sehr alt., nach
Tischendorf wenigstens seit dem dritten Jahrhundert nachweisbar. Und
weiter lassen sich ja auch die Codices, in welchen die Ehebrecherin fehlt,
nicht zurückverfolgen, im Gegenteil, sie sind jünger.
Darum scheint das Vorhandensein jener Perikope zunächst keine Alters-
frage zu sein, sondern daran zu liegen, welchem Rezensionsstrang eine
Handschrift angehört. Dabei bleibt wahr, daß etwa im dritten und vierten
Jahrhundert, soweit es nachvollziehbar ist, die Zeugen ohne Ehebrecherin
noch zahlreicher zu sein scheinen als diejenigen, die den Bericht enthalten.
Erst dann kehrt sich das Bild um, bis schließlich die Form mit dieser Peri-
kope allein herrschend wird.
Das läßt sich zwar mit einer nachträglichen Einfügung erklären, aber auch
mit einer Streichung, die später sukzessive beseitigt wurde. Bemerkens-
wert ist, daß die Perikope von der Ehebrecherin ihrerseits äußerst varian-
tenreich ist, wobei die verschiedenen Lesarten sich wohl auf zwei Grundty-
pen zurückführen lassen, von denen man annehmen kann, daß sie bereits
eine längere Überlieferungsgeschichte hinter sich hatten, als sie hier in der
einen, dort in der andern Form in den johanneischen Text eingefügt wurden.
daß einige alte Zeugen sie nicht kennen. Natürlich sind es wieder einmal
die berühmten Codices Sinaiticus, Vaticanus und Alexandrinus, und wel-
che die neuere Exegese (gegen die Tradition) so viel baut; freilich auch
eine Reihe weiterer Zeugen, darunter auch alte Übersetzungen und Zita-
tionen bei Kirchenvätern.
Andererseits ist auch die Perikope von der Ehebrecherin sehr alt., nach
Tischendorf wenigstens seit dem dritten Jahrhundert nachweisbar. Und
weiter lassen sich ja auch die Codices, in welchen die Ehebrecherin fehlt,
nicht zurückverfolgen, im Gegenteil, sie sind jünger.
Darum scheint das Vorhandensein jener Perikope zunächst keine Alters-
frage zu sein, sondern daran zu liegen, welchem Rezensionsstrang eine
Handschrift angehört. Dabei bleibt wahr, daß etwa im dritten und vierten
Jahrhundert, soweit es nachvollziehbar ist, die Zeugen ohne Ehebrecherin
noch zahlreicher zu sein scheinen als diejenigen, die den Bericht enthalten.
Erst dann kehrt sich das Bild um, bis schließlich die Form mit dieser Peri-
kope allein herrschend wird.
Das läßt sich zwar mit einer nachträglichen Einfügung erklären, aber auch
mit einer Streichung, die später sukzessive beseitigt wurde. Bemerkens-
wert ist, daß die Perikope von der Ehebrecherin ihrerseits äußerst varian-
tenreich ist, wobei die verschiedenen Lesarten sich wohl auf zwei Grundty-
pen zurückführen lassen, von denen man annehmen kann, daß sie bereits
eine längere Überlieferungsgeschichte hinter sich hatten, als sie hier in der
einen, dort in der andern Form in den johanneischen Text eingefügt wurden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
Hallo Theologen,
Danke für Eure Ausführungen.
Ich habe die folgende Antwort gegeben:
Gruß
josef
Danke für Eure Ausführungen.
Ich habe die folgende Antwort gegeben:
- Zur Zeit als die frühen Schriften geschrieben wurden, lebten noch Viele der Augen-und Ohrenzeugen des Wirkens und Lehrens JESU CHRISTI - ihr Zeugnis war der Urkirche maßgebend, nicht das schriftlich Niedergeschriebene. Niedergeschrieben wurde oft nur eine Auswahl.
So bekundet Johannes in seinem Evangelium 21,25 daß er nur ein Auswahl des Wirkens und Lehrens JESU CHRISTI niedergeschrieben hat:- .25 Es sind noch viele andere Dinge, die JESUS getan hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären.
Für die Annahme, sie sei nicht bekannt gewesen und von Kopisten erfunden, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt.
Gruß
josef