Heilung des Taubstummen aus der Dekapolis

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Pit
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Beitrag von Pit »

Evangelium nach Markus 7,31-37.

Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis.
Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.
Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel;
danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!
Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden.
Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt.
Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, daß die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Auszug aus der liturgischen Übersetzung der Bibel
Hallo Lea,

ist es schon aufgefallen, daß der Taube, den Jesus heilte, aus dem "Gebiet der Dekapolis" stammte. Das war eine Gegend, in der überwiegend Griechen und Samariter lebten, nach damaliger Auffassung Heiden, Ungläubige, zu mindest aus der Sicht der "Frommen", also der Pharisäer,Saduzäer und Schriftgelehrten.

Gruß, Pit
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Dekapolis war ein „hellenistischer“ Städtebund. Die Einwohner
waren wohl der Herkunft nach keine Samariter und Griechen, sondern
in den Städten der Mehrzahl hellenisierte, also griechisch sprechende
Syrer, daneben gab es überall auch jüdische Minderheiten, wie wir es
ja auch aus der Apostelgeschichte lernen. Auf dem Lande sprach man
wohl eher nicht griechisch, sondern die Sprache des eigenen Herkunfts-
volks. Dort gab es neben Syrern vor allem auch Araber.

Diese kleine Korrektur oder Ergänzung bestärkt deinen Hinweis aller-
dings nur, Pit. Wenn man noch schaut, wo Jesus damals eigentlich her-
kam, wird’s noch interessanter. Er kam nämlich aus dem Gebiet von
Tyrus und Sidon, wo er sich eine Zeitlang aufgehalten hatte, also aus
Syrien. (Heute gehören diese Städte zum Libanon, der ja historisch nur
ein Teil Syriens ist.)

Dort, in Tyrus oder Umgegend, hatte der Herr die Tochter der kanaanäi-
schen Frau von einem Dämon befreit. Wenn er von da (über die Berge
des Libanon!?) in die Dekapolis an den See Genesareth weiterzog, dann
offenbar ins Gebiet von Gadara, welche Stadt zur Dekapolis gehörte.
Ihr unterstand die Südostküste des Sees.

Über den Taubstummen wird zwar nicht gesagt, oder er Jude oder Heide
war. Daß darüber nichts gesagt wird, spricht eher dafür, daß er Jude war.
Aber wie auch immer, Christus bewegt sich hier fast permanent auf heid-
nischem Territorium, und die kanaanäische Frau ebenso wie der Haupt-
mann von Capharnaum (auf der galiläischen Seite des Sees Genesareth)
zeigt den Glauben einzelner Heiden bereits während der Zeit des öffent-
lichen Wirkens Jesu.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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