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Zitat:
"Todesstrafe
Wenn der „Katechismus der Katholischen Kirche“ in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Todesstrafe eingeht, so ist dies eingebettet in eine grundsätzliche Stellungnahme zur staatlichen Strafgewalt. Diese wird als notwendig und gerechtfertigt angesehen. Es heißt dazu in Nr. 2266 der neueren Fassung des KKK:
„Der Einsatz des Staates gegen die Ausbreitung von Verhaltensweisen, welche die Rechte des Menschen und die Grundregeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens schädigen, entspricht einer Forderung des Schutzes des Gemeinwohls. Die gesetzmäßige öffentliche Gewalt hat das Recht und die Pflicht, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen. Die Strafe hat vor allem das Ziel, die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wiedergutzumachen. Wird sie vom Schuldigen willig angenommen, gewinnt sie sühnenden Wert. Schließlich hat die Strafe, über die Verteidigung der öffentlichen Ordnung und die Sicherheit der Personen hinaus, eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu beitragen, daß sich der Schuldige bessert.“
Auch bei der Inanspruchnahme der staatlichen Strafgewalt geht es also um den Schutz des Gemeinwohls, d.h. um eine Aktion der Verteidigung des menschlichen Lebens und der mit diesem verbundenen grundlegenden Güter und Werte. Gerechtigkeit im Bereich der Strafgerichtsbarkeit besagt, daß erstens wirklich nur Schuldige bestraft werden und daß diese zweitens ein Strafmaß erhalten, das der Schwere des Verbrechens oder der Verfehlung angemessen ist. Es kann nicht um institutionalisierte Rache gehen, sondern um die Wahrung bzw. Wiederherstellung der Gerechtigkeit. Dementsprechend werden drei Strafzwecke oder Ziele unterschieden: 1. Die Strafe weist durch ihre Verhängung hin auf die Verletzung der für das Zusammenleben notwendigen Grundordnung und trägt dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft Rechnung. 2. Dies durch die Annahme der Strafe anzuerkennen, trägt dazu bei, dieser Ordnung wieder ein Mindestmaß an Achtung und Respekt zu erweisen, wodurch eine entsühnende Wirkung für den Schuldigen eintritt. 3. Schließlich gibt es ein „therapeutisches“ Strafziel: Der Schuldige soll innerlich gewandelt werden und sich bessern und auf diese Weise durch die Übernahme der Strafe wieder zu einem wertvollen Glied der Gesellschaft heranreifen.
Was die zu gewissen Zeiten der Geschichte auch von der Kirche grundsätzlich bejahte Todesstrafe ergibt – heute dringt die Kirche mit dem Papst an der Spitze bekanntlich auf ihre Abschaffung überall dort, wo es sie noch gibt –, so ergeben sich schwerwiegende Probleme und Einwände: Es wird durch die Verhängung der Todesstrafe ein irreversibler Akt gesetzt, der es weder zuläßt, daß ein möglicher Justizirrtum wiedergutgemacht wird noch daß sich ein Schuldiger im nachfolgenden Leben bessert. Allzu oft scheint es, wenn man gerade auch die mediale Aufbereitung öffentlich vollstreckter Todesurteile wie z.B. in den USA verfolgt, daß mit der Aufrechterhaltung der Todesstrafe nicht so sehr einem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft als vielmehr primitiven Rachegelüsten Rechnung getragen wird. So stellt der KKK in Nr. 2267 bezüglich der Todesstrafe zwar fest, daß einerseits gemäß der überlieferten Lehre der Kirche die Todesstrafe nicht absolut auszuschließen sei. Es heißt wörtlich in der neuen deutschen Fassung:
„Unter der Voraussetzung, daß die Identität und die Verantwortung des Schuldigen mit ganzer Sicherheit feststehen, schließt die überlieferte Lehre der Kirche den Rückgriff auf die Todesstrafe nicht aus, wenn dies der einzig gangbare Weg wäre, um das Leben von Menschen wirksam gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen.“
Dann aber folgt die bereits referierte Einschränkung im Hinblick auf eine Bevorzugung gewaltloser und unblutiger Mittel der Verteidigung und der Strafe, wenn sie ausreichen, um den Schutz der Personen und der Gesellschaft gegen ungerechte Angreifer zu gewährleisten. Schließlich heißt es programmatisch, und darauf können sich kirchliche Initiativen zur Abschaffung der Todesstrafe mit Recht stützen:
„Infolge der Möglichkeiten, über die der Staat verfügt, um das Verbrechen wirksam zu unterdrücken und den Täter unschädlich zu machen, ohne ihm endgültig die Möglichkeit der Besserung zu nehmen, sind jedoch heute die Fälle, in denen die Beseitigung des Schuldigen absolut notwendig ist, ‚schon sehr selten oder praktisch überhaupt nicht mehr gegeben’ (Evangelium Vitae, 56).“
Mit diesen Worten ist eine entscheidende Wende in der Haltung der Kirche und auch der Gesellschaft zur Todesstrafe markiert, da man gerade aufgrund der heute möglichen sicheren Verwahrung und Absonderung gefährlicher Verbrecher von der Gesellschaft nach Wegen sucht, den Strafvollzug human zu gestalten und zugleich den Anforderungen der Gerechtigkeit zu entsprechen.
Abschließend sei die Frage gestattet, wieso es unsere Gesellschaft, die gerade in diesem Bereich offensichtlich Fortschritte gemacht hat, auf anderer Ebene wagt, Menschenleben ungestraft zu zerstören: und zwar das unschuldige Leben des ungeborenen Kindes im Mutterschoß, worauf in dieser Sendereihe bereits hingewiesen wurde. Hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, was um der Menschlichkeit des Menschen willen nicht auf Dauer hingenommen werden darf!"