Glauben, das ist...

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Beitrag von Ewald Mrnka »

Es gibt viele Standpunkte, aber wir halten nur einen, nämlich unseren, Standpunkt für richtig.

"Wer für alles offen ist, der ist nicht dicht".
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11378
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Pierre hat geschrieben:Natürlich hast Du vom christlichen Standpunkt her absolut Recht. Nur.... gibt es nicht auch andere Standpunkte?
Diese kennen wir aber recht gut und sehen auch in der Praxis, dass sie falsch sind.
Du bestreitest ja, dass der Mensch von Natur aus Sünder ist und das ist er auch wenn er sich zum Guten hin bemüht.
Sind dir noch keine Sünder oder sagen wir es mal mit andern Worten keine Menschen begegnet, die unlautere Motive hatten? Mir heute erst wieder einer bei der Arbeit.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Benutzeravatar
thaddaeus06
Beiträge: 109
Registriert: Donnerstag 6. Juli 2006, 18:55
Wohnort: Duderstadt
Kontaktdaten:

Stimmt!

Beitrag von thaddaeus06 »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Es gibt viele Standpunkte, aber wir halten nur einen, nämlich unseren, Standpunkt für richtig.

"Wer für alles offen ist, der ist nicht dicht".
Stimmt; Und "wer alle Fenster öffnet, kühlt aus."
Joachim Kardinal Meisner

Gruß, Johannes

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Beitrag von pierre10 »

Edi hat geschrieben:
Pierre hat geschrieben:Natürlich hast Du vom christlichen Standpunkt her absolut Recht. Nur.... gibt es nicht auch andere Standpunkte?
Diese kennen wir aber recht gut und sehen auch in der Praxis, dass sie falsch sind.
Du bestreitest ja, dass der Mensch von Natur aus Sünder ist und das ist er auch wenn er sich zum Guten hin bemüht.
Sind dir noch keine Sünder oder sagen wir es mal mit andern Worten keine Menschen begegnet, die unlautere Motive hatten? Mir heute erst wieder einer bei der Arbeit.
Ja, lieber Edi, natürlich gibt es Menschen, die, wie Du sagst, unlautere Motive haben, und das ist manchmal sehr milde ausgedrückt. Mir geht es mehr um die Aussage, dass alle Menschen Sünder sind.

Solche Pauschalierungen wie alle und keine werden der Frage nicht gerecht. Natürlich kommt es darauf an was jemand unter Sünde versteht. Vielleicht liegt es auch nur an mir, dass ich mir nicht vorstellen kann, wenn dann von Gott so fehlerhaft geschaffen zu sein.

Dass seine Schöpfung Ausrutscher produzierte, können wir jeden Tag feststellen, da ist der am. Präsident wohl nur ein Symbol.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Fehlerhaft

Beitrag von sofaklecks »

Protest, Pierre:

Der Mensch ist nicht fehlerhaft, er ist mit der Freiheit geschaffen, sich für oder gegen das Gute oder Böse zu entscheiden. Der Mensch ist das einzige Geschöpf, dem es von Gott gegeben ist selbst zu bestimmen, was er wird.

Die Wesen, die deinem Verständnis von Fehlerlosigkeit entsprechen sind die Engel.

Ich hab das einmal aus einem islamischen Gedicht gelernt, das etwa hiess:

Denn zu der Freiheit ist der Mensch von Dir gemacht.
Für den Gehorsam hast Du Deine Engel.


sofaklecks

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Pierre hat geschrieben:Vielleicht liegt es auch nur an mir, dass ich mir nicht vorstellen kann, wenn dann von Gott so fehlerhaft geschaffen zu sein.
Äh nicht Gott hat uns fehlerhaft geschaffen. Im Gegenteil, der Mensch war sehr gut, wie es im Schöpfungsbericht heißt. Aber Er hat auch gewollt, dass wir freiwillig ihm folgen und dienen. Deswegen gibts den freien Willen, aufgrund dessen wir Fehler und Sünden begehen. Daß Er das toleriert (ja wahre Toleranz eben: Duldung einer Fehlentscheidung) liegt daran, dass Er uns nicht als versklavte Marionetten sieht.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Ali
Beiträge: 55
Registriert: Sonntag 16. Juli 2006, 17:13

Beitrag von Ali »

Pierre hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Aber eines berücksichtigst du nicht, dass auch das Böse ins uns vorkommt, weil der Mensch von Natur aus Sünder ist.
Ok, so glaubst Du, ich kann den Menschen nicht als den prinzipiellen Sünder sehen.

Pierre
grüß Gott und hallo,

oft begegne ich hier in Forum das Wort "Sünder oder Erbsünder"
könnt ihr dazu etwas mehr erzählen, wo kommt diese Gedanke her?

lg Ali

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11378
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Pierre hat geschrieben:Ja, lieber Edi, natürlich gibt es Menschen, die, wie Du sagst, unlautere Motive haben, und das ist manchmal sehr milde ausgedrückt. Mir geht es mehr um die Aussage, dass alle Menschen Sünder sind.
Solche Pauschalierungen wie alle und keine werden der Frage nicht gerecht. Natürlich kommt es darauf an was jemand unter Sünde versteht. Vielleicht liegt es auch nur an mir, dass ich mir nicht vorstellen kann, wenn dann von Gott so fehlerhaft geschaffen zu sein.
Pierre kennst du einen vollkommenen Menschen? Einen, der nur und immer gut ist?
Zudem: Du wirst ja die Geschichte des Sündenfalls kennen, dann musst du auch wissen, dass Gott den Menschen so wie er jetzt ist nicht geschaffen hat, sondern das Böse erst durch diesen Fall in die Welt gekommen ist.

Für Ali: wenn du als Muslim, das alte Testament kennst und meiner Meinung nach anerkennen die Muslime das ja, dann müsstest auch von diesem Sündenfall gehört haben.

Wer mit offenen Augen in die Welt schaut, der sieht doch was da vor sich geht, nicht nur im Großen, in der Politik usw. sondern auch im Kleinen. Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen, es wird betrogen auch im Kleinen, es wird gestohlen usw., usw. Selbst da wo Menschen sich bemühen gut zu sein und vielleicht nicht grob sündigen, versagen sie immer wieder und das tut Gott weh.

Und jetzt kommen wir mal zum eignen Inneren: wer kann denn von sich sagen, dass er immer nur gute liebevolle, friedvolle Gedanken, gute und beste Motive und dementsprechende Handlungen aufweist?

Auf Jesus müssen wir schauen und uns mit IHM vergleichen, dann müsste uns einiges auffallen, was uns noch fehlt. Zudem nageln wir mit unseren Sünden den Herrn sozusagen erneut ans Kreuz. Daher sollten wir mit IHM Mitleid haben und das um unserer selbst willen, denn dieses Mitleid befreit von Sünden.

Meine Grosstante sagte immer: ich war noch nie im Gefängnis, habe auch noch nie jemand umgebracht. Ja, ich auch nicht, aber vor Gott gelten auch weniger schwere Sünden als Sünden, die zum geistlichen Tode führen, es kann ein kleiner Diebstahl sein, es kann eine Lüge sein, es kann eine kleine Unlauterkeit sein. Gott sieht das alles und ist damit nicht einverstanden und will, dass wir das bereuen und umkehren. Wieviele alte Leute laufen mit Sünden aus ihrer Jugendzeit herum, die sie noch belasten und unfrei machen? Da hilft es auch nicht, wenn sie in ihrem Leben auch manches Gute getan haben, die Sünden werden nicht dadurch kompensiert.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Beitrag von pierre10 »

Edi hat geschrieben: Pierre kennst du einen vollkommenen Menschen? Einen, der nur und immer gut ist?
Zudem: Du wirst ja die Geschichte des Sündenfalls kennen, dann musst du auch wissen, dass Gott den Menschen so wie er jetzt ist nicht geschaffen hat, sondern das Böse erst durch diesen Fall in die Welt gekommen ist.



Meine Grosstante sagte immer: ich war noch nie im Gefängnis, habe auch noch nie jemand umgebracht. Ja, ich auch nicht, aber vor Gott gelten auch weniger schwere Sünden als Sünden, die zum geistlichen Tode führen, es kann ein kleiner Diebstahl sein, es kann eine Lüge sein, es kann eine kleine Unlauterkeit sein. Gott sieht das alles und ist damit nicht einverstanden und will, dass wir das bereuen und umkehren. Wieviele alte Leute laufen mit Sünden aus ihrer Jugendzeit herum, die sie noch belasten und unfrei machen? Da hilft es auch nicht, wenn sie in ihrem Leben auch manches Gute getan haben, die Sünden werden nicht dadurch kompensiert.
Nun will ich mich nicht herumstreiten, in wie weit Gott......

Mir scheint, dass die Angst vor Strafe (der Menschen, Gottes...) kaum jemand abhält, zu "sündigen", was man auch immer darunter verstehen mag.

Mir scheint es auch wichtig, dass ich vor mir bestehen kann, dass der Gott in mir meine Aktionen befürwortet, oder auch kritisiert.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11378
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Pierre hat geschrieben:Nun will ich mich nicht herumstreiten, in wie weit Gott......

Mir scheint, dass die Angst vor Strafe (der Menschen, Gottes...) kaum jemand abhält, zu "sündigen", was man auch immer darunter verstehen mag.

Mir scheint es auch wichtig, dass ich vor mir bestehen kann, dass der Gott in mir meine Aktionen befürwortet, oder auch kritisiert.
Pierre
Die Angst vor Strafe hält sicher manche ab, aber viele auch nicht.
Schliesslich aber geht es bei dem Thema Gott/Mensch um eine Beziehung, ja sogar am Ende um eine Liebesbeziehung, wo der Mensch Gott nicht verletzen will und ihn die Liebe zu Jesus auch dazu drängt das Sündigen zu unterlassen.
Der Gott in uns ist zunächst das Gewissen, aber wir wir alle wissen, kann das auch abstumpfen, wenn man es immer wieder überhört, dann wird es immer gröber. Erst wenn Gott die Gewissen reinigt und ins unserem Herzen aus dem Gottesfünklein (das man auch als Gewissen sehen kann) eine Flamme wird, dann wird das Gewissen auch wieder gereinigt und es wird sensibler. Das ist ja alles nichts Neues, denn manche Altvorderen haben darüber geschrieben, nur muss man es auch ins Leben bringen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Sein_oder_Nichtsein
Beiträge: 226
Registriert: Mittwoch 26. Juli 2006, 23:39
Wohnort: Helsingör
Kontaktdaten:

Beitrag von Sein_oder_Nichtsein »

Pierre hat geschrieben:
Und ich wiederhole mich: Jede Religion versucht, ihren Gott als den einzig Wahren darzustellen. Ich dagegen denke, dass es nur einen einzigen Gott geben kann, der sich weit, sehr weit über den Querelen der Religionen befindet.


Juden und Heiden hinaus! so duldet der christliche Schwärmer.
Christ und Heide verflucht! murmelt ein jüdischer Bart.
Mit den Christen an Spies und mit den Juden ins Feuer!
Singet ein türckisches Kind Christen und Juden zum Spott.
Welcher ist der klügste? Entscheide! Aber sind diese
Narren in deinem Palast, Gottheit, so geh ich vorbey.
Goethe, CXVI. Venetianisches Epigramm

Sein_oder_Nichtsein
Beiträge: 226
Registriert: Mittwoch 26. Juli 2006, 23:39
Wohnort: Helsingör
Kontaktdaten:

Re: Glauben, das ist...

Beitrag von Sein_oder_Nichtsein »

Pierre hat geschrieben:
in jeder auch unangenehmen Situation zu wissen,
da gibt es etwas in mir, das kraftvoll ist.
Schön gesagt.

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Bergpredigt

Beitrag von sofaklecks »

Es gab eine Zeit, Pierre, da war ich deiner Auffassung.

Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied, eine signifikante Weiterentwicklung durch Christus, die auch derjenige nicht leugnen kann, der an einen Gott der Ringparabel glaubt und das ist die Lehre der Bergpredigt. Ich weiss, auch sie ist im Judentum angelegt. Aber als zentrale Verkündigung ist sie die (oft nicht selbst befolgte) Lehre des Christentums.

Und sie ist nach meiner Auffassung die einzige, die ein Zusammenleben der Menschen ermöglicht.

Auch deshalb bin ich Christ und weder Jude noch Muslim.

sofaklecks

HeGe
Moderator
Beiträge: 15079
Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 18:56

Beitrag von HeGe »

Ali hat geschrieben:grüß Gott und hallo,

oft begegne ich hier in Forum das Wort "Sünder oder Erbsünder"
könnt ihr dazu etwas mehr erzählen, wo kommt diese Gedanke her?

lg Ali
Zur Erbsünde zitiere ich das Kompendium zum KKK, Nr. 75ff.:

75. Worin besteht die erste Sünde des Menschen?
Vom Teufel versucht, ließ der Mensch in seinem Herzen das Vertrauen zu seinem Schöpfer sterben. Im Ungehorsam gegen ihn wollte er 'wie Gott' sein (Gen 3, 5), aber ohne Gott und nicht Gott gemäß. Damit verloren Adam und Eva sogleich für sich und für alle ihre Nachkommen die ursprüngliche Gnade der Heiligkeit und Gerechtigkeit.

76. Was ist die Erbsünde?
Die Erbsünde, in die alle Menschen geboren werden, ist der Zustand des Mangels an der ursprünglichen Heiligkeit und Gerechtigkeit. Sie ist eine Sünde, die wir 'miterhalten', aber nicht 'begangen' haben. Sie ist ein Zustand von Geburt an, nicht eine persönliche Tat. Wegen der Einheit des Ursprungs aller Menschen überträgt sie sich auf die Nachkommen Adams mit der menschlichen Natur, 'nicht durch Nachahmung, sondern durch Fortpflanzung'. Diese Weitergabe ist ein Geheimnis, das wir nicht völlig verstehen können.

77. Welche weiteren Folgen verursacht die Erbsünde?
Infolge der Erbsünde ist die menschliche Natur zwar nicht durch und durch verdorben, aber in ihren natürlichen Kräften verletzt, der Unwissenheit, dem Leiden, und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sünde geneigt. Diese Neigung heißt Konkupiszenz.


Von dieser Erbsünde kann man befreit werden durch das Sakrament der Taufe, d.h. die Taufe im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Zur Sünde weiter hinten im gleichen Buch, Nr. 392:

392. Was ist die Sünde?
Die Sünde ist 'ein Wort, eine Tat oder ein Begehren im Widerspruch zum ewigen Gesetz' (Hl. Augustinus). Die Sünde ist eine Beleidigung Gottes im Ungehorsam gegenüber seiner Liebe. Sie verwundet die Natur des Menschen und beeinträchtigt das menschliche Zusammenleben. In seiner Passion deckt Christus die ganze Schwere der Sünde auf und überwindet sie durch seine Barmherzigkeit.
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

Sein_oder_Nichtsein
Beiträge: 226
Registriert: Mittwoch 26. Juli 2006, 23:39
Wohnort: Helsingör
Kontaktdaten:

Re: Bergpredigt

Beitrag von Sein_oder_Nichtsein »

sofaklecks hat geschrieben:
Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied, eine signifikante Weiterentwicklung durch Christus, die auch derjenige nicht leugnen kann, der an einen Gott der Ringparabel glaubt und das ist die Lehre der Bergpredigt.
Aber sind diese
Narren in deinem Palast, Gottheit, so geh ich vorbey.
Wenn man als Christ für andere religiöse Überzeugungen Verständnis zeigt, ähnelt man eben nicht dem von Goethe bechriebenen Fanatiker, mit dem dieser nichts zu tun haben möchte.

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Re: Bergpredigt

Beitrag von pierre10 »

sofaklecks hat geschrieben:Es gab eine Zeit, Pierre, da war ich deiner Auffassung.

Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied, eine signifikante Weiterentwicklung durch Christus, die auch derjenige nicht leugnen kann, der an einen Gott der Ringparabel glaubt und das ist die Lehre der Bergpredigt. Ich weiss, auch sie ist im Judentum angelegt. Aber als zentrale Verkündigung ist sie die (oft nicht selbst befolgte) Lehre des Christentums.

Und sie ist nach meiner Auffassung die einzige, die ein Zusammenleben der Menschen ermöglicht.

Auch deshalb bin ich Christ und weder Jude noch Muslim.

sofaklecks
Ich finde es toll, dass wir alle auf dem Weg sind, jeder an seiner Stelle, oft überzeugt, gerade diese Stelle ist die richtige, und dann kommt das Morgen, eine andere Stelle und so weiter.
Faszinierend.

Deshalb fühle ich mich bei Gott aufgehoben, wer Er auch sein mag, wie ER auch genannt wird.......

Pierre, mit einem liebevollen Lächeln
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Beitrag von pierre10 »

HeGe hat geschrieben:
Zur Erbsünde zitiere ich das Kompendium zum KKK, Nr. 75ff.:

75. Worin besteht die erste Sünde des Menschen?
Vom Teufel versucht, ließ der Mensch in seinem Herzen das Vertrauen zu seinem Schöpfer sterben. Im Ungehorsam gegen ihn wollte er 'wie Gott' sein (Gen 3, 5), aber ohne Gott und nicht Gott gemäß. Damit verloren Adam und Eva sogleich für sich und für alle ihre Nachkommen die ursprüngliche Gnade der Heiligkeit und Gerechtigkeit.

76. Was ist die Erbsünde?
Die Erbsünde, in die alle Menschen geboren werden, ist der Zustand des Mangels an der ursprünglichen Heiligkeit und Gerechtigkeit. Sie ist eine Sünde, die wir 'miterhalten', aber nicht 'begangen' haben. Sie ist ein Zustand von Geburt an, nicht eine persönliche Tat. Wegen der Einheit des Ursprungs aller Menschen überträgt sie sich auf die Nachkommen Adams mit der menschlichen Natur, 'nicht durch Nachahmung, sondern durch Fortpflanzung'. Diese Weitergabe ist ein Geheimnis, das wir nicht völlig verstehen können.

77. Welche weiteren Folgen verursacht die Erbsünde?
Infolge der Erbsünde ist die menschliche Natur zwar nicht durch und durch verdorben, aber in ihren natürlichen Kräften verletzt, der Unwissenheit, dem Leiden, und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sünde geneigt. Diese Neigung heißt Konkupiszenz.


Von dieser Erbsünde kann man befreit werden durch das Sakrament der Taufe, d.h. die Taufe im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Zur Sünde weiter hinten im gleichen Buch, Nr. 392:

392. Was ist die Sünde?
Die Sünde ist 'ein Wort, eine Tat oder ein Begehren im Widerspruch zum ewigen Gesetz' (Hl. Augustinus). Die Sünde ist eine Beleidigung Gottes im Ungehorsam gegenüber seiner Liebe. Sie verwundet die Natur des Menschen und beeinträchtigt das menschliche Zusammenleben. In seiner Passion deckt Christus die ganze Schwere der Sünde auf und überwindet sie durch seine Barmherzigkeit.
Danke, dass Du diesen Text eingesetzt hast. Aber es ergeben sich Fragen ob der Realität dieser Aussagen.

Genau genommen kann also Mensch garnicht sündenfrei sein, auch ohne irgend etwas "verbrochen" zu haben, lebt er nach diesem Text in Sünde.

Und da es unmöglich scheint, ein ideales, völlig gottergebenes Leben zu führen.........??

Pierre, mit mehr Fragen als Antworten
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11378
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Pierre hat geschrieben:Und da es unmöglich scheint, ein ideales, völlig gottergebenes Leben zu führen.........??
Offenbar ist es doch nicht ganz unmöglich, denn einige Leute haben ja so ein Leben der Gottergebenheit geführt, auch wenn es im Verhältnis zur Gesamtzahl der Menschen auf der Erde nur sehr, sehr wenige waren.
Es lohnt sich gewiss mal eine Biographie solcher Menschen zu lesen. Der heilige Pater Pio, der erst 1968 gestorben ist, war einer von ihnen. Bei ihm kam man nicht sagen, es war einmal in früheren Zeiten und vor hunderten von Jahren so, denn manche unserer Zeitgenossen habe ihn noch gekannt.

Webseite über P.Pio

Bild
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Pierre hat geschrieben:
Danke, dass Du diesen Text eingesetzt hast. Aber es ergeben sich Fragen ob der Realität dieser Aussagen.

Genau genommen kann also Mensch garnicht sündenfrei sein, auch ohne irgend etwas "verbrochen" zu haben, lebt er nach diesem Text in Sünde.
Wenn er getauft ist nicht mehr. Und wenn der Sündenneigung auch nachgegeben wird, gibt es ja immernoch die Beichte

Und da es unmöglich scheint, ein ideales, völlig gottergebenes Leben zu führen.........??
Nun, es gibt dennoch solche Leute, man nennt sie Heilige und Selige. Sie haben in einer Heroischen Weise der Sünde widerstanden.
Pierre, mit mehr Fragen als Antworten
War das jemals andersrum?

Linus, mit einem Grinsen

:D
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Beitrag von pierre10 »

Danke für den Link zu Pater Pio. Spannend.

Aber lass uns nicht von solchen ganz seltenen Ausnahmen reden. Denn mehr als 99% der Menschen haben ganz andere Sorgen, können auch beim besten Willen kein absolut reines, gottnahes Leben führen.

Und genau da ist das Problem.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Pierre hat geschrieben:Aber lass uns nicht von solchen ganz seltenen Ausnahmen reden. Denn mehr als 99% der Menschen haben ganz andere Sorgen, können auch beim besten Willen kein absolut reines, gottnahes Leben führen.

Und genau da ist das Problem.
Nö. das reine gottnahe Leben wie du es nennst, kann man auch als "Normalo" erreichen, schlicht und einfach seine Pflichten getreu, verlässlich, genau und gottergeben tun: Heiligung des Alltags eben - das ist übrigens auch das Ziel, dass das Opus Dei für seine Mitglieder vorgibt. (natürlich durch das wachsen in den Tugenden). Einfach klar und konkret - und gar nicht spekulativ
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Petra
Beiträge: 6157
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 19:30

Beitrag von Petra »

Pierre hat geschrieben:Denn mehr als 99% der Menschen haben ganz andere Sorgen, können auch beim besten Willen kein absolut reines, gottnahes Leben führen.

Und genau da ist das Problem.
Hallo Pierre,

was verstehst du denn unter einem "absolut reinen, gottesnahen Leben"? Ganz praktisch gesehen? Ein Ordensleben? Oder absolute Sündenlosigkeit? :hmm:

LG
Petra

HeGe
Moderator
Beiträge: 15079
Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 18:56

Beitrag von HeGe »

Pierre hat geschrieben:Danke, dass Du diesen Text eingesetzt hast. Aber es ergeben sich Fragen ob der Realität dieser Aussagen.

Genau genommen kann also Mensch garnicht sündenfrei sein, auch ohne irgend etwas "verbrochen" zu haben, lebt er nach diesem Text in Sünde.

Und da es unmöglich scheint, ein ideales, völlig gottergebenes Leben zu führen.........??

Pierre, mit mehr Fragen als Antworten
Nun, wie Linus schon sagte und wie ich ja auch schon schrieb, wird man von der Erbsünde in der Taufe befreit. Danach ist man wohl erst einmal völlig sündenlos. Wie lange hängt dann nur noch von einem selber ab. Es ist allerdings richtig, dass ein Leben völlig ohne Sünde für einen Menschen wohl nahzu unerreichbar ist. Dieses Ideal ist ja unser Herr Jesus Christus, dem wir nacheifern müssen. Und der Weg zum Leben ist ein enger Weg. Auch die Heiligen haben gesündigt. Wenn man sich die Lebensgeschichten von Heiligen wie Benedikt, Bernhard, Franziskus oder Ignatius ansieht, waren das alle bis zu einem gewissen Bekehrungserlebnis Sünder. Vielleicht auch noch danach. Aber man muss die Fähigkeit entwickeln, an seiner eigenen Sündhaftigkeit nicht zu verzweifeln, weiter auf dem Weg der Nachfolge bleiben und seine Hoffnung in ihn setzen, der für unsere Sünden gestorben ist.
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

Benutzeravatar
pierre10
cum angelis psallat Domino
Beiträge: 2297
Registriert: Sonntag 4. September 2005, 06:23

Beitrag von pierre10 »

HeGe hat geschrieben: Nun, wie Linus schon sagte und wie ich ja auch schon schrieb, wird man von der Erbsünde in der Taufe befreit. Danach ist man wohl erst einmal völlig sündenlos. Wie lange hängt dann nur noch von einem selber ab. Es ist allerdings richtig, dass ein Leben völlig ohne Sünde für einen Menschen wohl nahzu unerreichbar ist. Dieses Ideal ist ja unser Herr Jesus Christus, dem wir nacheifern müssen.
Da stellt sich die Frage was wir über die ersten 30 Jahre des Jesus wissen?
Und der Weg zum Leben ist ein enger Weg. Auch die Heiligen haben gesündigt. Wenn man sich die Lebensgeschichten von Heiligen wie Benedikt, Bernhard, Franziskus oder Ignatius ansieht, waren das alle bis zu einem gewissen Bekehrungserlebnis Sünder. Vielleicht auch noch danach. Aber man muss die Fähigkeit entwickeln, an seiner eigenen Sündhaftigkeit nicht zu verzweifeln, weiter auf dem Weg der Nachfolge bleiben und seine Hoffnung in ihn setzen, der für unsere Sünden gestorben ist.
Diesen letzten Absatz habe ich mehrmals gelesen, mir scheint die Hoffnung auf unsere Sündhaftigkeit zu wenig. Hoffnung alleine macht noch keinen Heiligen.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Petra
Beiträge: 6157
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 19:30

Beitrag von Petra »

Die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit ist die Basis jedes Heiligen.

Absolut alltags-sündenfrei möchte ich gar nicht sein. Am Ende würde ich noch stolz werden und dem Nächsten gegenüber hart. Regen-Traufe. Besser nicht.

HeGe
Moderator
Beiträge: 15079
Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 18:56

Beitrag von HeGe »

Pierre hat geschrieben:Diesen letzten Absatz habe ich mehrmals gelesen, mir scheint die Hoffnung auf unsere Sündhaftigkeit zu wenig. Hoffnung alleine macht noch keinen Heiligen.

Pierre
Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes ist das einzige was wir haben. Nur er kann uns retten. Eine Selbsterlösung gibt es nicht.
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11378
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Petra hat geschrieben: Absolut alltags-sündenfrei möchte ich gar nicht sein. Am Ende würde ich noch stolz werden und dem Nächsten gegenüber hart. Regen-Traufe. Besser nicht.
Oh, da hast du eine unrichtige Vorstellung. Wenn nämlich ein Mensch ganz gottnah ist (ich rede nicht von sündenfrei), dann empfindet er seine (objektiv viel geringere) Sündhaftigkeit viel mehr als normale Christen und daher wird er auch nicht hochmütig.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Pierre hat geschrieben: Diesen letzten Absatz habe ich mehrmals gelesen, mir scheint die Hoffnung auf unsere Sündhaftigkeit zu wenig.
Hoffnung auf Sündhaftigkeit? äh da brauchts keine Hoffnung, da genügt die Gewissheit, sie schon zu haben. Leider:/
Hoffnung alleine macht noch keinen Heiligen.
ja, es fehlt noch Glaube und Liebe
1Kor 13,13 hat geschrieben:Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; / doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Petra
Beiträge: 6157
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 19:30

Beitrag von Petra »

Edi hat geschrieben:
Petra hat geschrieben: Absolut alltags-sündenfrei möchte ich gar nicht sein. Am Ende würde ich noch stolz werden und dem Nächsten gegenüber hart. Regen-Traufe. Besser nicht.
Oh, da hast du eine unrichtige Vorstellung. Wenn nämlich ein Mensch ganz gottnah ist (ich rede nicht von sündenfrei), dann empfindet er seine (objektiv viel geringere) Sündhaftigkeit viel mehr als normale Christen und daher wird er auch nicht hochmütig.
Ja, stimmt. :ja:

Aber Beinahe-Sündenfreiheit kann auch so ihre Gefahren haben. Darauf wollte ich hinweisen.

Ali
Beiträge: 55
Registriert: Sonntag 16. Juli 2006, 17:13

Beitrag von Ali »

HeGe hat geschrieben:
Danke HeGe!
jetzt weiß ich wo die Gedanke her kommt und so wie ich verstanden habe, jede christ trägt dieses Last"Erbsünder" bis er/sie getauft ist(?).
wie wird man getauft? bzw. wie alt darf man sein?

Ali
Beiträge: 55
Registriert: Sonntag 16. Juli 2006, 17:13

Beitrag von Ali »

achso ... noch etwas, wie oft darf man sich taufen lassen?

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Ja der Makel der Erbsünde, das ist der Tod, der wird ausgelöscht Ali. Getauft wird man nur einmal. Öfters brauchts das nicht, denn es ist ein ewiges unauslöschliches Zeichen. Getauft kann man in jedem Alter werden. Gegebenenfalls (bes. bei Erwachsenen) ist eine Katechumenatszeit (Vorbereitung auf das Leben als Christ) zu absolvieren. Man benötigt dazu Wasser und die Intention sich taufen zu lassen, bzw. als Taufspender (der selbst im Notfall auch ein Nichtchrist sein kann) die Taufe spenden zu wollen. Durch dreimaliges besprengen, (übergießen der Stirn) oder untertauchen und das gleichzeitige sprechen des Satzes: "NN ich taufe Dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen." wird man getauft. Das ist das jedenfalls notwendige um getauft zu werden. Wenn keine Notlage vorliegt, kommen noch andere Riten hinzu. (Exorzismus, Glaubensbekenntnis, Salbung mit Chrisam, Entzünden der Taufkerze.)

Linus, gerade von einer Taufe kommend

PS. Die Erneuerung der taufgnade erfolgt in der sakramentalen Beichte (= Bekenntnis deiner Sünden, Verfehlungen und Unterlassungen vor einem Priester)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema