Ich bin auch gegen dieTodesstrafe, aber aus einem Grunde, der hier überhaupt nicht zur Sprache gekommen ist. Hier geht es dauernd nur um den Verurteilten. Dessen Schicksal interessiert mich eigentlich eher am Rande. Mich interessiert der Henker.
Dieser ist nämlich ein Mensch (bezeichnenderweise immer nur ein Mann!), der seine Entscheidung zu töten delegiert hat. Das hat er übrigens mit dem Soldaten gemeinsam. Ich bin nicht der Auffassung, dass man überhaupt nicht töten dürfe. Aber ich bin schon der Auffassung, dass man diesen Akt auch vor Gott und sich selbst verantworten muss. Der Henker hat aber überhaupt keine Beziehung zum Delinquenten. Er tötet ohne eigenen Grund, sondern nur auf ein Stück Papier hin, das ein anderer, der Richter, verfasst hat. Dieser stiftet verbindlich zur Tötung an. Aber auch er hat keine Beziehung zum Delinquenten - er darf sie gar nicht haben, sonst ist er ja befangen. Beim Soldaten liegt die Unausweichlichkeit des Tötenmüssens in seiner Eingebundenheit in die menschliche Gemeinschaft, die Krieg führt (Die Beschränkung auf den Verteidigungskrieg ist angesichts des "Präventivschlags" und der "Vorwärtsverteidigung" ja nur ein Feigenblatt. Nach dem WK II. gab es keine Angriffskriege mehr, alle waren irgendwie Verteidigungskriege
). Aber für den Henker gilt das nicht. Er stellt sich zur Verfügung. Und ich stelle die Frage an die Befürworter der Todesstrafe, ob sie denn auch den Beruf des Henkers ausüben würden.
Im Zusammenhang mit Dutroux haben viele angegeben, die Todesstrafe an ihm vollstrecken zu wollen - aber regelmäßig folgte dieser Bereitschaft eine Beschreibung ausgesuchter Folter, die sie für angebracht hielten. Daraus schließe ich auf eine zivilisatorisch unterdrückte Mordlust, die endlich an einem Vogelfreien ausgelebt werden könnte.
Ich bin also strikt dagegen, dass ein Mensch, der mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun hat, beauftragt wird, einen Mitmenschen zu töten.
Es kommt ein zweites hinzu: Die Todesstrafe ist gar keine Strafe. Denn es gibt keinen Bestraften. Voraussetzung für eine Strafe ist das Erleben der Strafe, also die Existenz des Delinquenten. Was dieser erlebt, ist nur die Todesangst vor der Strafe. Diese wird aber durch die Vollstreckung beendet. Die Todesstrafe hebt sich damit selber auf. Dadurch unterscheidet sie sich prinzipiell von allen Strafen.
Übrigens: So ganz neutral steht die Kirche der Todesstrafe nicht gegenüber. Die Mitwirkung an einem Todesurteil und dessen Vollstreckung stellt ein Weihehindernis dar.