was Du hier schilderst, wird in der Jurisprudenz unter dem Begriff Nothilfe subsumiert. Die Nothilfe rechtfertigt eine auf der Tatbestandsebene objektiv falsche Tat; sie rechtfertigt jedoch nur auf der subjektiven Tatbestandsebene.josephus hat geschrieben:Lieber Robert,Robert Ketelhohn hat geschrieben:Was die Sache betrifft, sind oben eigentlich alle wesentlichen Argumente bereits dargestellt. Den einen zentralen Punkt aber, das kardinale Mißverständnis der Abschußbefürworter, will ich doch noch ein weiteres Mal herausstellen und verdeutlichen.
Dies Mißverständnis liegt in der Vorstellung, die Frage, ob eine Tötungshandlung direkt oder indirekt sei, hänge auch davon ab, ob sie als Hauptzweck oder als „Nebenwirkung“ einer Handlung (im Sinnes des „Doppelwirkungs“-Prinzips) gedacht sei.
Das ist falsch. Hier werden zwei Kategorien vermengt, die in Wahrheit in keiner Kausalverbindung miteinander stehen. Tatsächlich sind solche „Nebenwirkungen“ auch direkte Handlungsfolgen. Direkte Handlungsfolge ist diejenige, die der Täter als vorhersehbar eintretenden Erfolg seiner Handlung kennt oder verpflichtet ist zu kennen.
Es kommt nicht darauf an, ob der Täter diesen Erfolg beabsichtigt oder nur in Kauf nimmt. Käme es darauf an, müßten wir in alle Fällen, in welchen die Tötung nicht der alleinige Zweck ist – und das ist sie, außer bei Mord aus Rache, fast nie –, immer jenes „Doppelwirkungs“-Prinzip anwenden und folglich eine Güterabwägung treffen.
wir stolpern hier offenbar über das genauere Verständnis von "direkt" und "indirekt". Dieses ist tatsächlich nicht immer konsistent. Ich verwende den Begriff "direkt" im Sinn von "Evangelium vitae", wo es in Nr. 57 heißt, "daß die direkte, d.h. vorsätzliche Tötung jedes unschuldigen Menschenlebens, besonders in seinem Anfangs- und Endstadium, ein absolutes und schweres sittliches Vergehen darstellt". Somit liegt dann aber eine "indirekte" Tötung außerhalb des gezielten Vorsatzes, woraus sich sehr wohl dann auch der Bezug zum Prinzip der Doppelwirkung einer Handlung ableiten läßt! - Mit der Frage der Vorhersehbarkeit oder der Sicherheit des Eintretens einer Handlungsfolge hat die Unterscheidung "direkt - indirekt" also nicht unmittelbar zu tun. Es geht um die Frage: Wird diese Handlung der Absicht nach angezielt, d.h. bejaht (und damit in ihrer inneren Schlechtigkeit auch zu eigen gemacht), oder aber handelt es sich um eine zwar voraussehbare, aber dennoch nicht gewollte Nebenwirkung einer Handlung, die als solche auf etwas anderes abzielt?
Einen Freibrief für Tötungen jedweder Art sehe ich in meiner Argumentation, in der ich mich bemühe, die Lehre der Kirche zu verdeutlichen und konkret anzuwenden, keineswegs! Eine recht verstandene Anwendung des Prinzips der Doppelwirkung einer Handlung darf und wird auch nicht Leben gegen Leben gewichten, wohl aber darf eine Abwägung gewisser Chancen der Lebensrettung erfolgen, soweit jedenfalls die direkte Tötung Unschuldiger ausgeschlossen bleibt und auch deren indirekte Tötung möglichst vermieden, gleichsam nur als "ultima ratio" (als letzter Ausweg im Sinn einer nicht gewollten Nebenwirkung einer an sich guten Handlung) zugelassen wird.
Nothilfe rechtfertigt jedoch eine objektiv falsche Tat nur dann, wenn es
1. tatsächlich keine anderen Mittel gibt und
2. wenn das eingesetzte Mittel in einem angemessenen Verhältnis zum beabsichtigten "Erfolg" steht.
Der beabsichtigte Erfolg ist hier der Schutz derjenigen, welche nach dem Willen der Terroristen durch den Absturz des entführten Flugzeuges zusätzlich getötet werden sollen.
Es kann aber kein angemessenes Mittel geben, daß jemanden berechtigt, unschuldiges Leben (und darum handelt es sich bei den Insassen des entführten Flugzeugs) zu opfern. Ein Meßgröße für dieses unschuldige Leben gibt es AFAIK im christlichen Verständnis nicht!
Ich bin daher dezidiert der Ansicht, daß Robert in seiner Argumentation zuzustimmen ist, weil Dein Begriffspaar "direkte/indirekte Tötung" zwischen der objektiven und subjektiven Tatbestandsebene eine unzulässige Vermischung herstellt.
Die Insassen im Flugzeug werden notgedrungenerweise direkt getötet und dies ist immer und in allen Fällen verwerflich. Eine indirekte Tötung würde ich so verstehen, daß beim Absturz/Abschuß des Flugzeugs weitere Menschen am Erdboden zu Tode kommen. Die Militärs benutzen hier gerne den euphemisierenden Begriff "Kollateralschaden" ..............