Brief an den Papst
Nordatlantische Föderation für ein erneuertes Priestertum
Wiesbaden-Naurod, 1. September 2003
Wir wenden uns an Sie, sehr verehrter Papst Johannes Paul II., und an Ihre Mitbrüder im Bischofsamt und an alle Gläubigen der römisch-katholischen Kirche.
Heiligkeit, wir halten Sie für einen starken Steuermann des Schiffleins Petri, der in der Lage ist, auch einen anderen Kurs zu steuern, wenn es nötig ist. Von Ihnen wird man die Änderung des Kurses akzeptieren, weil jeder weiß, daß Sie nicht dem Zeitgeist, sondern traditionellen Werten folgen.
I. Änderung des Gesetzes
Wenn wir, verheiratete Priester mit unseren Frauen aus dem nordeuropäischen und nordamerikanischen Raum sowie anderen Ländern, Ihnen zutrauen, in der Gesetzgebung der Lateinischen Kirche die Zugangsbedingungen zum Priestertum zu ändern, so tun wir das in dem festen Glauben, daß Gott diese Änderung will und daß Sie bereit sind, den Willen Gottes zu tun.
Fünf Argumente sind es vor allem, die uns dieses Vertrauen eingeben: (1) Die Rechtsungleichheit zwischen Ost- und Westkirche in den Zugangsbedingungen, (2) der Priestermangel in der Westkirche, (3) die erschreckend vielen Fälle von Pädophilie unter Priestern der Westkirche, (4) die Argumente des Zweiten Vatikanischen Konzils, (5) und die Worte der Heiligen Schrift.
Dürfen wir Ihnen kurz die einzelnen Argumente erläutern?
1. Es ist bekannt, daß die katholischen Kirchen der orientalischen Riten kein Zölibatsgesetz kennen. Es ist niemandem verständlich zu machen, daß in einem Teil der katholischen Kirche in einer so zentralen Frage ein anderes Gesetz gilt als im andern Teil . Ist die Gleichheit aller vor dem Gesetz nicht ein fundamentales Erfordernis jeder Gerechtigkeit und jeder Rechtsordnung? Katholische Gläubige sehen es auch als einen Widerspruch an, daß verheiratete ehemalige protestantische Geistliche zu Priestern des Lateinischen Ritus geweiht werden, während Tausenden zu Priestertum und Ehe berufenen Männern der katholischen Kirche weiterhin der Zölibat auferlegt wird.
2. Der Rückgang der Priesterberufungen ist dramatisch und für sich genommen ein "Zeichen der Zeit" , das wir deuten sollen. In Europa und Nordamerika sind oft mehr als ein Drittel der Pfarreien ohne eigenen Seelsorger. In den Ländern der katholischen Ostkirche beruft Gott verheiratete und unverheiratete Männer zum Priestertum, dort hört man auch nichts von Priestermangel: Ist es nicht selbstverständlich, daß Er auch in der Westkirche verheiratete Menschen beruft, die aber durch das Zölibatsgesetz abgehalten werden?
3. Den schier unüberschaubaren Fällen von Pädophilie in den USA, Mexiko, Irland und vereinzelt auch in anderen europäischen Ländern stehen die 13.000 verheirateten katholischen Diakone in den USA gegenüber, unter denen kein einziger Fall von Pädophilie vorkam. Auch aus den katholischen Ostkirchen hört man nicht von solchen Fällen. Auch wenn das Fehlverhalten der Pädophilie nicht selten auch unter verheirateten Menschen vorkommt, sind die Zahlen aus den USA und den Ostkirchen doch ein starker Hinweis darauf, daß dort, wo den Klerikern die Ehe erlaubt ist, kriminelle Ersatzhandlungen weniger wahrscheinlich sind.
4. Das Zweite Vatikanische Konzil hat im Dekret über "Dienst und Leben der Priester" erklärt, daß "die vollkommene Enthaltsamkeit nicht vom Wesen des Priestertums gefordert wird" , Sie selbst haben das in der Generalaudienz am 7. Juli 1993 wiederholt . Kann man etwas, das nicht notwendig ist, gesetzlich fordern? Ein Gesetz muß notwendig sein, sagt die Theorie des gerechten Gesetzes, sonst ist es ungerecht.
5. Die Heilige Schrift , das Konzil und auch das Kirchenrecht sagen: Der Zölibat ist ein Charisma, eine besondere Gnadengabe von Gott. Die Heilige Schrift sagt aber auch deutlich, daß diese Gnadengabe "nicht allen gegeben" ist : "Ich möchte zwar, daß alle so seien wie ich, aber jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere anders", sagt Paulus . Also kann der Empfänger der einen Gnadengabe, des Charismas der Ehe, nicht zum Empfänger der anderen, des Charismas der Ehelosigkeit, werden oder durch Gesetz dazu gemacht werden. Was Paulus nicht konnte, kann auch ein Papst nicht. Gegen Gottes Gnadengaben kann kein Gesetzgeber Gesetze machen, sonst überfordert er die Untergebenen, welche die Gnadengabe des Zölibats trotz Betens, zu dem das Konzil auffordert , nicht empfangen haben, sondern die Gnadengabe der Ehe.
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Quelle:
http://www.nwn.de/vkpf/