Gerhard hat geschrieben: Was ist denn dann mit dem jüngsten Gericht, dass uns allen noch bevorsteht? Bist Du Dir so sicher, dass alle "geretteten" Seelen am jüngsten Tag bei Gott sein dürfen? Ich bin das nicht. ...Hat nicht Kardinal Lehmann einmal davon gesprochen, dass eines Tages die Kirche nicht mehr sein wird? Ist der Kardinal jetzt ungläubig? So weit würde ich nie gehen.
Zum ersten Punkt: In der Tat sieht es Mutter Kirche so, dass sich das ewige Schicksal beim persönlichen Gericht nach dem Tod entscheidet: Himmel oder Fegefeuer - beides läuft auf ewige Gemeinschaft mit Gott hinaus - oder Hölle = Verdammnis. Wie soll das denn anders funktionieren? Gott schenkt dir das ewige Leben und beim Jüngsten Gericht überlegt er es sich nochmal anders? Oder wann sollen die Seelen im Himmel = die Heiligen noch die Gnade verlieren können - sie leben ja schon im Angesicht Gottes!
Zum Jüngsten Gericht heißt es im Katechismus: "(Es) wird bis in die äußersten Folgen an den Tag bringen, was jeder während seines Erdenlebens an Gutem getan oder nicht getan hat." (KKK 1039) Das will wohl heißen, dass das besondere Gericht uns den Mikrokosmos unseres eigenen Lebens und seiner Beziehungen aufzeigt (und das nur jedem persönlich); das endgültige Gericht macht das Ganze für alle sichtbar.
Zum zweiten Punkt:
Kardinal Lehmann hat es bestimmt nicht so gesagt. Mal davon abgesehen macht der Purpur nicht unfehlbar...
Was stimmt - und das hat er bestimmt gemeint - ist, dass die irdische GEstalt der Kirche, die sog. "streitende Kirche", nach der Wiederkunft Christi in der Tat vergangen sein wird. Manches werden wir dann nicht mehr brauchen, ich denke etwa die Sakramente - weil wir ja dann in der unmittelbaren GEmeinschaft mit Gott leben werden. Es braucht keine vermittelnden Zeichen mehr für die Gnade, wenn wir "von Angesicht zu Angesicht" schauen. Auch die "leidende/büßende Kirche" in der Läuterung gibt es dann nicht mehr. Aber damit hat sich die Kirche nur gewandelt - sie ist ganz zu der "triumphierenden" geworden. Bitte richtig verstehen: Das ist der Ostersieg Christi, der dann die Schöpfung durch seine Erlösungstat endgültig heimgeholt hat - bzw. hinsichtlich der Menschen diejenigen, die sich retten ließen.
Und zu den Priesternachwuchszahlen: Natürlich ist es schade, wenn viele Kandidaten doch nicht den Weg schaffen. Aber das ist doch nicht nur Vorbereitung, sondern auch Erprobung! Selbst wer am Abend vor der Weihe ernste Zweifel bekommt, soll um Gottes willen warten! Und bei denen, die keine Zweifel haben, wird nach meiner bitteren ERfahrung noch zu wenig ausgesiebt, zu wenig geprüft. Ich habe konkrete Kandidaten vor Augen, die in einer elitär-klerikalen Traumwelt leben, die nicht in der Lage sind, mit einem Nichtkleriker - schon gar nicht mit einer Frau - ganz normal zu sprechen, geschweige denn zusammanzuarbeiten. Das wird nicht hinterfragt, damit wird der Betreffende nicht konfrontiert. Wenn es dann Probleme gibt - weil man so jemanden auch der geduldigsten Pfarrei nicht zumuten kann - wird man ihn in irgendein Kloster oder Schwesternaltenheim stecken und den Schwestern noch sagen, sie sollen gefälligst froh sein. Das kann nicht richtig sein.
Unser verstorbener Erzbischof erzählte mal, dass sein Regens seinerzeit zu sagen pflegte: "Wenn nicht von denen, die anfangen, ein Drittel geht, muss ich mich fragen, was ICH falsch gemacht habe." Die konkrete Zahl würde ich eventuell anfragen - aber diese Sichtweise würde ich mir heute öfter wünschen.